South Africa: Wamkelikile

(isiXhosa für Willkommen)

Heute ist Tag 13 in Südafrika und da 13 meine Lieblingszahl ist, nutze ich diesen Zufall als schwungvolle Einleitung, um der Frage „Wie ist Südafrika?“ gerecht zu werden und ein paar Anekdoten aus meinem bisherigen Alltag zu erzählen. Achtung: Der folgende Text will vor Allem bewegen und erfreuen (movere et delectare) und soll keine Stereotype befördern, auch ist Sprache ein subjektives Konstrukt und ich bitte darum, insbesondere, wenn es um Sprache über sensible Themen wie Rassismus und Geschlechter*rollen geht, zu bedenken, dass es kein Non-Plus-Ultra gibt und eben da Rassismus leider in unser aller Köpfen noch existiert, auch meine Wortwahl kritisch zu hinterfragen und sich einfach persönlich damit auseinanderzusetzen J Denn wer bin ich, als weiße privilegierte Mitteleuropäerin, um zu sagen, was die Norm sein sollte?

 

Aller Anfang ist schwer

Insbesondere, wenn man die Tür zu seinem neuen Zimmer öffnet und entgegen der eigenen Erwartungen feststellt, dass es unmöbliert ist. Positiv formuliert heißt das aber auch, dass ich noch nie so ein aufgeräumtes Zimmer hatte, wie in diesem Moment. Abhilfe schaffen konnte “MULLER’S FURNITURE“ – ein Erbe der Kolonialgeschichte oder nur ein weiteres Beispiel für den Kulturmix in Südafrika? – denn der kleine Rummelladen mit dem deutschen Namen ohne Umlaut liegt in dem Teil der Stadt, in den sich die meisten Studierenden, die durch weiße privilegierte Eltern sozialisiert wurden, nicht bewegen, wenn sie nicht müssen – und wenn doch nur mit Auto. Es handelt sich bei einem Großteil der Gesellschaft am Westkap um eine so genannte „Autofahrgesellschaft“ (Zitat Sarah). Das beste an diesem Teil der Stadt ist im Gegensatz zu dem Teil mit der großen Mall und ihren internationalen Geschäften (z.B. H&M, Game und Body Shop) ist, dass der Preis als Verhandlungsbasis angesetzt ist und ich liebe es zu verhandeln. Auf diese Weise habe ich nun ein neues Doppelbett, einen großen Schreibtisch, eine wunderschöne Lampe, die man in Europa mit „Stehlampe Afrika Design“ betiteln würde und einen Stuhl für rund 250€ ergattert. Die Jungs von Muller haben das ganze auch direkt zu mir nach Hause gebracht und um Gegenzug für die herzhafte Quichevariation, die ich gerade aus dem Ofen geholt hatte, noch eine Glühbirne drauf gelegt. Als bestes Schnäppchen erwies sich jedoch ein etwa 1.50 x 0.90 cm großes Bild, das ich auf der Straße gefunden habe. Nachdem ich mich kurz suchend nach der Besitzerin umsah, versicherte mir Mr.Muller, dass ich das Bild mitnehmen könne. Und das geschah dann auch auf eine unvergessliche Weise an dem windigsten Tag am generell sehr windigen Westkap. Zur Belustigung aller Passanten wurde ich danke des großflächigen Bildes mit jeder Windböe umhergewirbelt und musste nicht nur versuchen halbwegs gerade zu laufen, um nicht überfahren zu werden (der Linksverkehr ist schon so eine Herausforderung), sondern auch das Bild unter meinen Arm quetschen, damit es nicht davon fliegt. Anstatt mich über meine verzweifelte Reaktion zu ärgern, musste ich irgendwann selbst so anfangen zu lachen, dass ich ins Gespräch mit vielen Leuten aller sozialen Schichten und Hautfarben kam, auf meinem Weg durch diese sehr gentrifizierte Stadt… Hilfe wurde mir jedenfalls überall angeboten 🙂

me carrying a painting that I found in the street on the most windy day so far. Struggling with the wind and having fun.

Der Reiz des Neuen

Stellenbosch Flair bei Nacht. In der Weinmetropole gibt es übrigens auch eine Wein Society und jeden Tag Wine Tastings für lau.

Diese Erfahrung, vom Wind getrieben zu werden, hat mich jedenfalls auf die Idee gebracht, Segeln zu lernen. Wie der Zufall will, gibt es an der Stellenbosch University nicht nur einen Schach, Tauch- und Latin Dance Club, sondern auch eine Sailing Society, für die ich mich heute offiziell angemeldet habe. Für einen Jahresbeitrag von rund 55 Euro kann ich ungefähr 2mal im Monat auf Wochenendausflügen Segeln lernen und dann (hoffentlich) am Strand zelten.

Darüberhinaus werde ich aktives Mitglied des Kunstvereins Stellenbosch und hoffentlich bald meine eigenen Vasen töpfern, die dringend notwendig sind, weil es direkt vor meiner Haustür jeden Tag frische Blumensträuße zu kaufen gibt. Kunst ist ein wichtiger Teil in meinem Alltag bisher und ein Werkzeug, das ich zum Empowerment nutzen möchte.

Über NGOs in Stellenbosch kann man sich für soziale Projekt in umliegenden Townships engagieren. Gerne würde ich wieder pädagogisch arbeiten und unterrichten oder eben Methoden aus der Kunstpädagogik nutzen. Ich könnte auch mein Talent für Henna-Tattoos nutzen… Jedenfalls spricht man in den Townships um Stellenbosch isiXhosa, eine Sprache die Klicklaute in den Sprachfluss einbaut. (Hier eine wunderbare Songempfehlung von der „Mama Africa“ Miriam Makeba https://www.youtube.com/watch?v=vhgb60Qsjrs ).

Und damit nicht nur ich etwas vermittle, sondern im Gegenzug mindestens genauso viel lerne, belege ich einen zusätzlichen isiXhosa Sprachkurs bei Mr.Pumlani. Pumlani, so viel habe ich schon gelernt, heißt „Enspannt euch“ auch isiXhosa. In diesem Sinne Pumlani, Leute, der nächste Artikel kommt bald, denn die aufregenden Geschichten häufen sich.

In diesem Moment, Tag 26 noch brandaktuell: Ich sitze gerade am Flughafen von Johannesburg und bin kurz davor meine erste Propeller-Maschine zu besteigen, die mich in die Nähe des Krüger Nationalparks und die Grenze von Simbabwe bringt: Nach Polokwane, Limpopo! Dort arbeite ich die nächste Woche in einem Forschungsprojekt verschiedener deutscher und südafrikanischer Universitäten im Bereich Risikoverhalten in der Landwirtschaft 🙂

 

 

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