Stürmisches Sliven (Tag 98-105)

Wow. Ich sitze im Zug nach Sliven. Die Sonne geht gerade unter. Bulgarische Sonnenuntergänge sind der hammer! Das Abendrot spiegelt sich vor den Bergen in den zahlreichen Fischteichen. Jetzt, wo man den Müll nicht mehr so gut sehen kann wirkt das fast idyllisch. Ich fahre durch Dörfer, über denen beeindruckende Höhlen und Festungen thronen. Und immer wieder Felder von Wedeln. Ich als Expertin kann sagen, dass Bulgarien offiziell das Land mit den meisten Wedelfeldern ist.

Während ich hier sitze, auf dem Sitz, der bei jeder Bewegung federt, und das Schreiben deshalb eine Herausforderung ist, habe ich Mal wieder einen „Wow-Moment“.

Ab und zu passiert das. Ich bin einfach irgendwo, wie jetzt zum Beispiel im Zug nach Sliven und denke mir: Krass, das hier ist mein Leben! Nach solchen Sonnenuntergängen habe ich mich gesehnt. Ich bin wirklich hier, realisiere ich dann. Ich mache ein FSJ im Ausland während einer Pandemie! Das ist doch der Wahnsinn. Wie kann ich das so oft vergessen?

Der Moment ist so friedlich, ich und meine Musik, ein anderes Mädchen und die Kontrolleurin, die sehr darauf achten, dass ich auch richtig umsteige. In Sindel-Raspreditel, was ein Name. Mich erinnert das an die böse Hexe von Rapunzel, aber vielleicht bin ich gerade auch sehr empfänglich dafür. Schließlich habe ich diese Woche mit meinen Schülern Hänsel und Gretel gelesen. Sie haben sogar richtig betont und für mich war es so schön zu sehen, welche Fortschritte sie machen, dass sie jetzt Märchen auf deutsch lesen können.

Wenn ich jetzt so aus dem Fenster schaue kann ich es wieder nicht glauben. Mein Traum ist wahr geworden: Digitalnomadin, im Zug arbeiten und immer unterwegs sein. Eine Vorstellung, die ich in der Vergangenheit sehr romantisiert habe, aber ab und zu ist es wirklich sehr schön ein neues Stück Bulgarien zu entdecken.

Diese Woche habe ich auch eine Ahnung davon bekommen, wie sich das Lebensgefühl im Frühling hier verändern wird. Bei Temperaturen von bis zu 14 Grad, füllen sich die Straßen. Nicht nur mit Menschen, anscheinend gibt es auch bei den Tauben ein comeback. Das ist super ungewohnt nach so langer Zeit des Abstand haltens, dass ich gar nicht klar gekommen bin damit. Auch beim Monument ein voller Parkplatz, Väter, die mit ihren Kleinkindern trainieren sind, Jugendliche mit Hunden, alte Leute und Pärchen. Ich laufe durch den Wald, immer wieder rieche ich Feuer. Es gibt zahlreiche Feuerstellen und ich kann offiziell bestätigen, dass die Grillsaison in Bulgarien anscheinend eröffnet wurde. Alle 100 Meter hört man Hardrock, Kindergeschrei oder Gelächter. Menschen sitzen und stehen um das Feuer und unterhalten sich. Ich fühle mich an meine Kindheit zurück erinnert. Ich laufe weiter, bis ich alle hinter mir gelassen habe. Die Wege sind verschlungen, märchenhaft, so wie die Bäume. Kurz habe ich Angst mich hier zu verlaufen. Aber es ist ja noch lange hell. Ich setze mich auf einen Felsvorsprung und lese mein Buch zu Ende. Es ist sehr windig. Die Äste der Bäume wehen im Wind und ich sitze noch ein wenig, bevor ich beschließe zurück zu gehen. Im Moment sieht alles noch tot aus. Ein paar Kiefern sind wunderschön grün, aber ansonsten ist alles braun. Ich freue mich kurz sehr darauf zu sehen, wie sich die Natur im Laufe des Jahres verändern wird. Zurück in meinem Wohnhaus sehe ich, dass meine Nachbarn gerade eine neue Ladung Holz stapeln. Ganz schön mühsam, denke ich, den ganzen Winter über immer wieder Nachschub zu beschaffen.

Meinen 100. Tag in Bulgarien habe ich mit Soner und Jasmin verbracht. Jasmin und ich sind einmal bis oben in Meinem Wohnblock gelaufen, weil ich doch tatsächlich noch immer nicht wusste, wie viele Etagen es gibt. Jetzt weiß ich es. Es sind 12. Wir haben Brownies gegessen, eine Backmischung, die die beiden mir in einem Glas zum Geburtstag geschenkt haben und die ich jetzt endlich gemacht habe. Außerdem haben wir Stadt, Land, Fluss gespielt. Allerdings mit anderen Kategorien. Es gab nicht Stadt, Land, Fluss, dafür aber ein Wort auf Deutsch, Bulgarisch, Englisch, Türkisch und Französisch. Ganz schön kompliziert. Dann haben wir noch heads up gespielt.

Es ist wirklich witzig mit dem Sitz mit zu wippen. Ich bin einmal durch den gesamten Zug gelaufen, habe aber leider kein eigenes Abteil ergattern können. Langsam bekomme ich Hunger. Ich bin gespannt auf Paulas Wohnung. Über das Badezimmer habe ich schon viele Geschichten gehört.

Jetzt arbeite ich noch ein wenig an meinen Projekten, die ich mir im Moment überlege. Oder, die sehr viel wahrscheinlichere Option: ich schaue einfach ein bisschen aus dem Zugfenster in die Schwärze, höre Musik begleitet vom Zugrattern und genieße es.

So, es erfolgt eine Ergänzung zwei Tage später. Kurz nachdem ich meinen Laptop im Zug ausgemacht habe, bin ich das erste Mal zu früh ausgestiegen. Dabei habe ich noch daran gedacht, wie viel Glück ich bisher hatte, dass ich immer richtig war. Da stand ich also an einem winzigen Bahnhof ein wenig orientierungslos in der Gegend herum. Dank meiner tollen Bulgarischskills konnte ich zumindest den Bahnmitarbeitern am Bahnhof verständlich machen, dass ich nach Sliven möchte und am falschen Bahnhof ausgestiegen bin. Also durfte ich mich zu ihnen in den Kontrollraum setzen, habe meine wenigen bulgarischen Sätze aufgesagt und per Funk wurde durchgegeben, dass der nächste Zug nach Sliven doch bitte an der Station halten soll. Ich war super erleichtert. Mein Rucksack wurde mir sogar noch bis in den Zug hinterhergetragen und alle Leute im Zug haben neugierig geschaut, weshalb der Zug den gestoppt hat.

Im richtigen Zug musste ich dann vor Erleichterung über mein kleines Abenteuer sehr lachen.

In Sliven angekommen, habe ich gleich Paula davon erzählt und wir hatten wie immer viel Spaß.

Im Dunkeln sieht Sliven sehr nach Shumen aus, aber nach einem geselligen Abend und einem absolut stürmischen nächsten Morgen kam am Mittag die Sonne raus und brachte die Berge von Sliven zur Geltung. So schön. Eine Schande, dass ich die ganze Zeit vor dem Computer sitzen muss und dabei die Berge sehen kann. Vor allem wenn man total durchnässt ist vom Regen, ist es wirklich nicht angenehm in einem kalten Klassenzimmer zu sitzen und dort aufmerksam zuzuhören.

Von Paula haben wir noch nachts eine free walking tour bekommen und staunend die „alte Ulme“ betrachtet.

Über Paulas Bad haben wir auch unsere Witze gerissen. Generell wurde bisher viel gelacht.

Heute ist Dienstag und der zweite Seminartag ist rum. Es ist sehr gut, mal wieder zum Reflektieren angeregt zu werden, aber auch anstrengend so lange Zeit vor dem Bildschirm zu sitzen. Jetzt können wir alle unsere Schüler besser verstehen. Zum Glück können wir uns analog auch noch austauschen und haben ein paar sehr gute Gespräche geführt. Trotzdem bin ich absolut fertig, zu wenig schlaf.

 

Human of Shumen

1300 Jahre Bulgarien

Hallo! Ich heiße Preslav. Ich bin 17 Jahre alt und ich lebe in Central Shumen. Von meinem Zimmer aus sehe ich direkt das große massive Denkmal „Schöpfer des bulgarischen Staates“. Dieses Denkmal ist seit seiner Errichtung ein Symbol der Stadt geworden. Jeder Shumen-Bewohner ist stolz auf das Denkmal. Dieses Denkmal, auch bekannt als „1300 Jahre Bulgarien“, ist zweifellos ein architektonischer Komplex, der sowohl für die Stadt als auch für das bulgarische Volk und den bulgarischen Staat von Bedeutung ist. Auch ist es eine der Hauptattraktionen der Stadt.

Die Menschen sind an dieses Denkmal gewöhnt. Sie sehen es jeden Tag, aber über die Geschichte des Denkmals ist wenig bekannt, wie alles begann. Die „Schöpfer des bulgarischen Staates“, auch bekannt als „1300 Jahre Bulgarien“, sind ein architektonischer Komplex, der dem 1300. Jahrestag der Gründung des bulgarischen Staates gewidmet ist. Das Denkmal befindet sich im höchsten Teil der Donauebene – dem Shumen-Plateau – 450 Meter über dem Meeresspiegel und erhebt sich über der Stadt Shumen. Es wurde im November 1981 eröffnet.

Das Denkmal aus dem Zentrum von Shumen

Mit Beschluss vom 23. März 1977 beschloss das Büro des Ministerrates, ein Denkmal zu errichten, das dem bevorstehenden 1300. Jahrestag der Bildung des ersten bulgarischen Staates gewidmet ist. Zu diesem Zweck wurden im Mai 1978 die konzeptionelle Aufgabe, die Auszeichnungen und die Zusammensetzung der Jury bekannt gegeben, die bestimmen sollten, welcher der Antrag stellenden Verbände das geplante Denkmal errichten sollte. Der Wettbewerb fand in zwei Phasen statt.

Das ausgezeichnete Projekt in der ersten und zweiten Runde des Wettbewerbs für das Denkmal “ 1300 Jahre Bulgarien“ in Schumen ist das Werk eines Autorenteams bestehend aus: arch. Blagoy Atanasov, die Bildhauer: Krum Damyanov, Ivan Slavov, ing. Vladimir Stamov.

Anschließend schloss in die Arbeit mit dem Team arch ein. Aneta Kamenova – Bulant, als Mitautorin der Annäherung an das Denkmal, arch. Georgi Gechev für die Entwicklung der Arbeitsgestaltung des Denkmals, die Künstler: Simeon Venov und Vladislav Paskalev, ing. Preslav Hadzhov und ing. Alexander Vassilev.

In den kalten Herbst-Winter-Tagen 1979-1980 wurden 1.000 Bohrlöcher gebohrt, um die Gesteinsmassen in die Luft zu jagen. In einem von ihnen wurde am 31. Januar 1979, wo heute Simeons Komposition steht, eine Kapsel mit einem Testament für zukünftige Generationen gebaut. Die Feier zu diesem Anlass begann mit einem Klingeln. Der Text des Testaments wurde von dem Schauspieler Bogomil Simeonov gelesen.

Das Denkmal wurde am 28. November 1981 eingeweiht. – einige Monate nach dem Tod des Ideologen für die Schaffung dieses Denkmals Lyudmila Zhivkova Kulturminister zu dieser Zeit.

Das Denkmal bildet wichtige Momente der bulgarischen Geschichte vom 7. bis zum 10. Jahrhundert nach. Es besteht aus 8 Betonkörpern, die zwei Halbsäle bilden.

Die Komposition enthält Figuren der bulgarischen Herrscher Asparuh, Tervel, Krum, Omurtag, Boris I und Simeon I. Die größte Skulptur ist dem Schöpfer des bulgarischen Staates gewidmet – Khan Asparuh , der sein Schwert in den Boden sticht und spricht die Worte aus: „Bulgarien wird hier sein! „Unter diesem Himmel, auf dieser Erde.“

Khan Asparuh

Auf einer Höhe von 18 Metern daneben befinden sich die Statuen von Tervel, Krum und Omurtag – die Herrscher, die den bulgarischen Staat als Macht etabliert haben. Um sie herum sind Auszüge aus alten byzantinischen Chroniken abgebildet. Khan Tervel (701 – 721) war der erste bulgarische Diplomat. In der Mitte der Komposition befindet sich die Figur von Khan Krum (803 – 814), der der erste bulgarische Stratege und Gesetzgeber war. Rechts die Skulptur von Khan Omurtag (814-831), bekannt als Baumeister und Philosoph. Es gelang ihm, dem bulgarischen Volk einen 30-jährigen Friedensvertrag mit Byzanz ab 815 zu sichern. Omurtags geschnitzte Worte in der Galerie „Auch wenn ein Mensch gut lebt, stirbt er und ein anderer wird geboren, lassen Sie den später Geborenen, der diese Schrift sieht, Denken Sie daran, für den, der sie gemacht hat. “sind weithin bekannt und werden bis heute zitiert.

Khan Tervel, Khan Krum, Khan Omurtag

Die nächste Statue ist von Prinz Boris I., der einen historischen Verdienst bei der Einführung des christlichen Glaubens in Bulgarien im Jahr 864 hat.

Prinz Boris der Erste

In der Halle „Goldenes Zeitalter“ nimmt die Skulptur des Zaren Simeon einen zentralen Platz ein, da er Bulgarien während seiner Regierungszeit von 893 bis 927 zu einem der größten europäischen Länder machte und es schaffte, das bulgarische Territorium auf drei Meere zu vergrößern: Schwarzes, Ägäis und Adria Meer. Bulgarien befand sich in einem beispiellosen wirtschaftlichen, kulturellen und spirituellen Wohlstand und diese Periode seiner Geschichte ist als „Goldenes Zeitalter“ für den bulgarischen Staat bekannt. Hat ein solides Fundament betreten und ein reiches Erbe angenommen.

In der Halle „Goldenes Zeitalter“ befinden sich neben der Figur von Simeon die von Clemens, Nahum und Angelarius, Bojaren und Kriegern. Die Komposition sollte die Idee der fortschreitenden Entwicklung des Staates darstellen.

Zar Simeon, Clemens, Nahum und Angelarius

Das erste Panel präsentiert die Runenschrift, die „Merkmale und Schnitte“ der Proto-Bulgaren, unter denen das Zeichen der Tangra hervorsticht. Das zweite Feld zeigt das glagolitische Alphabet und das dritte Feld zeigt das kyrillische Alphabet.

Die Gesichter der in der zweiten Tafel dargestellten Figuren haben einen unglücklichen Ausdruck. Dies zeigt, dass die Annahme des Christentums nicht ohne Widerstand verlief.

Die dritte Tafel zeigt die Brüder Cyril und Methodius, ihre Schüler Nahum, Clemens, Angelarius, Sava und Gorazd sowie die Schriftsteller und Erbauer von Simeons Goldenem Zeitalter.

Die Verbindung zwischen der Stadt Shumen und dem Denkmal besteht aus 1300 Stufen, die nachts von hohen Spiralkörpern beleuchtet werden. Dreizehn Standorte werden in unterschiedlichen Entfernungen gebildet. Die Gasse beginnt beim des Dramatheaters „Vasil Drumev“ mit vier Greifen.

Das Denkmal ist für Besucher jederzeit zugänglich.

 

Der bulgarische Wurstkalender (Tag 91-97)

добро утро! Guten Morgen!

Bald bin ich schon 100 Tage in Bulgarien. Wie das gefeiert wird, muss ich mir noch überlegen.

Die letzte Woche war glaube ich die bisher kälteste, seit ich hier bin. Zumindest laut der Klimaanlage in meiner Wohnung, die mir morgens von Tag zu Tag immer ein Grad weniger anzeigt. Im Moment sind es stolze 6 Grad. Wintercampen in der eigenen Wohnung. Deshalb wird jetzt mein Heizstrahler zum essentiellsten Teil der Wohnung. In der letzten Woche habe ich außerdem noch ein paar neue Deutschklassen kennengelernt. Jedes Mal ein Blinddate, also sehr aufregend. Außerdem habe ich es tatsächlich geschafft mich beim Online-Unterricht zu verspäten. Schon ein bisschen peinlich. Trotzdem waren es wieder ein paar gute Stunden und ein paar mittelmäßige. Manchmal klappt es eben einfach nicht so, wie man sich das ganze vorstellt. Generell ist es wirklich kompliziert die deutsche Grammatik zu erklären, weil ich selbst keine Ahnung habe. Über Themen zu diskutieren macht da deutlich mehr Spaß.

Mit Soner und Jasmin habe ich wieder einen ausführlichen Winterspaziergang bei Windstärke Sabine gemacht (wer sich an letztes Jahr erinnert). Von den Beiden habe ich auch noch ein Geburtstagsgeschenk bekommen. Wir haben uns in meiner Wohnung mit Tee aufgewärmt und uns den Masterplan überlegt, wie Jasmin am Flughafen in Varna Yoga unterrichten kann.

Generell ist die Woche wieder super schnell vergangen. Mittlerweile komm ich ganz gut klar mit meinem Zeitmanagement. Zwischen zwei Unterrichtsstunden zu Billa hetzen und dann doch total die Zeit zu vergessen passiert mir aber immernoch manchmal. Pfannen und Auflaufformen sind aber auch wirklich faszinierend. Meine zwei neusten Trophäen. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich darüber so freuen kann. Durch meine neuen Bulgarischkenntnisse ist das Einkaufen noch einfacher geworden. Es war jedoch nie wirklich schwer. Dank der Globalisierung ist meine Sprachbehinderung nie wirklich aufgefallen, außer an der Kasse.

Der Studentski Park ist offiziell zu meinem Lieblingspark geworden. Auch wenn es zur Zeit echt ungemütlich ist draußen zu lesen, bin ich doch ab und zu auf ner Parkbank anzutreffen. Ich freue mich so auf den Frühling wie noch nie zuvor!

Nachdem ich die ganze Woche mehr oder weniger in meiner Wohnung war, habe ich am Freitagabend spontan entschlossen ans Meer zu fahren. So ne Wohnung ist manchmal einfach zu klein zum Denken. Ich hab das Gefühl gehabt mehr Platz zu brauchen. Was gibt es da besseres als die Weite des Meeres?

Also habe ich mich am Samstagmorgen, während die ersten Schneeflocken friedlich gefallen sind, auf den Weg zum Bahnhof gemacht und war schon nach den ersten 100 Metern froh über meine Entscheidung. Gegen die Kälte ist so ne Maske übrigens echt praktisch. Eigentlich habe ich auch nur nach einem Ort gesucht an den ich mit dem Zug fahren kann, weil das Zugfahren irgendwie zu einer Sucht geworden ist. Leider gab es keine Abteile, aber der Zug als ein Ort, an dem man nicht friert (lifehack für den Winter) und superbequem noch dazu ist trotzdem genial. Markante Merkmale auf der Zugstrecke von Schumen nach Varna: der moderne Bahnhof in Mardara mit den 1000 Straßenlaternen, der Berg, der aussieht, als ob er ledrige Elefantenhaut ist, der Bahnhof in Sindel: riesengroß und kein einziges Haus in Sichtweise, 20 Minuten von Varna entfernt die ersten Kräne und Industriehäfen, ein riesiger Schrottplatz auf dem sich zerquetschte Autos türmen. Wirklich alles faszinierend.

Der wunderschöne Bahnhof in Varna

Mein erstes Ziel in Varna? Ein Second-Hand Laden, in dem ich mir endlich Handschuhe kaufen wollte. Allerdings ist das ein hoffnungsloses unterfangen. Es gibt von allem massenhaft Ware, sogar secondhand Wolle habe ich gefunden und gekauft, aber Handschuhe sind anscheinend sehr begehrt hier. Dafür habe ich mal wieder nicht widerstehen können und mir ein neues Kleid gekauft. Immer das Gleiche…wirklich schlimm. Und dann habe ich tatsächlich das erste Mal in Bulgarien eine andere Person aus Deutschland gesehen, oder besser gesagt gehört. Ich bin gerade aus der Umkleide herausgekommen, als ich hinter einer Stange voller Pelzmäntel eine laute Frauenstimme mit Berliner Dialekt vernommen habe, die gerade dabei war während eines Telefonats einen Mantel zu kaufen. Sehr spannend.

Tatsächlich habe ich dieses Mal meine Kamera dabei gehabt und selbst Fotos gemacht. Es lebe die Selbstständigkeit!

In Varna bin ich ein bisschen verzweifelt durch die Gegend gerannt, bis ich eine öffentliche Toilette gefunden habe. Danach bin ich wesentlich entspannter zum Hafen gelaufen und habe mich quer durch die Stadt treiben lassen. Insgesamt bin ich an dem Tag fast 17km gelaufen. Bei Städtetrips unterschätzt man irgendwie immer wie viel Distanz man zurücklegt. Während ich am Hafen entlanggelaufen bin, oder besser gesagt auf der Hafenmauer, dachte ich mir wieder einmal, wie ungern ich im Sommer mit den ganzen Touristen in Varna sein möchte.

Meine geliebten star wars-Giraffen

Die Graffitti-Hafenmauer macht der Berliner Mauer ganz schön Konkurrenz. Ich bin mir sicher im Sommer ist das ein place to be bei vielen Jugendlichen. Mein Ziel am Ende der Mauer, war ein kleiner Leuchtturm. Kunstvoll verziert.

Ich nenne dieses Kunstwerk „Beton-Nixen neben Müll“

Dann ging es den ganzen Weg zurück und entlang dem Strand zum Meergarten. Das Wellenrauschen in den Ohren, wie kann man da nicht glücklich sein?

Zwei Meerkatzen 🙂

Trotz der Kälte waren echt viele Menschen unterwegs. Die zahlreichen geschlossenen Cafés und Restaurants am Strand verderben zwar ein bisschen die Strandidylle, dafür habe ich aber ne sehr coole Rutsche gefunden. Super trostlos, genauso wie ich das mag. Natürlich konnte ich auch nicht der Versuchung der Schatzsuche widerstehen und musste einfach eine Muschel mitnehmen. Aber nur eine!

Während ich die Treppe zum Meergarten hochgestiegen bin habe ich mir schon gesagt, dass ich keine Hoffnungen haben sollte, dass die begehrteste Bank mit dem besten Ausblick frei ist. Ein Blick auf die freie Bank, ich konnte es kaum fassen und schwupps hat das Pärchen vor mir zugeschlagen. Tja, ich habe dafür einen coolen Baum gefunden auf dem ich mein Winterpicknick abgehalten habe.

DIverse Mischung aus Apfel, Käsebrot, Paprika und Müslibällchen

Danach war ich so durchgefroren, dass ich den nächsten Kaffeeautomat aufgesucht habe. Der Park war voll mit Menschen auf ihrem Samstagsspaziergang, Kindern auf Fahrrädern, Rollern und Skateboards und Hunden. Mit meiner neu erworbenen heißen Schoolade habe ich mich wieder an den Strand zurückgezogen und auf einer Stufe vor einem geschlossenen Cafe neben mir Abwasserrohre, dem Meeresrauschen gelauscht, bis ich meine Hände nicht mehr gespürt habe.

Die zwei Schiffe habe ich auch beobachtet und bin in meinen Tagträumen versunken. Sehr beruhigend

Also habe ich mich wieder stadteinwärts begeben und zwei kleinen Jungs zugehört, die Ukulele gespielt und dazu gesungen haben. Herzergreifend. Wie sich herausstellte zwei kleine durchgefrorene New Yorker, die sich mehr Taschengeld verdienen wollen.

Durchgefroren wie ich war konnte ich es kaum erwarten wieder im Zug zu sitzen.

Sogar Abteile!

Aber zu früh gefreut. Leider hatte ich das Abteil nicht für mich allein. Müde und geschafft wie ich war, hatte ich keine Energie mehr mich mit den zwei Frauen in meinem Abteil zu unterhalten, die fälschlicherweise verstanden hatten, dass ich Theaterunterricht gebe, anstatt Deutschunterricht.

Zufrieden damit, dass ich den ganzen Tag draußen verbracht habe und mit dem Bauch voller Grünkern mit Tomatenknoblauchsoße, bin ich eingeschlafen.

Ansonsten wollte ich noch von meiner Erfahrung mit der bulgarischen Fleisch/Wurst-Balkonaufhängung berichten. Das Phänomen trat erstmals anfang Dezember auf, weshalb ich zuerst dachte, es handle sich um die bulgarische Version des Adventskalenders. Mitte Dezember wurde ich dann aufgeklärt, dass diese Annahme meinerseits falsch ist und auf dem Balkon eben der Platz ist um das Fleisch, die Wurst (zu trocknen?) aufzuheben. Jetzt ist es Ende Januar und mein Ausblick ist noch immer der auf einen Balkon voller Würste. Es gibt nichts Schöneres für eine Vegetarierin.

Ab und zu gesellt sich noch die Wäsche dazu. Skurril, aber irgendwie auch ganz lustig und interessant. Jetzt wird es langsam wieder Zeit für mich meinen Unterricht vorzubereiten. Heutiges Thema: wie sind die Deutschen? Ich bin mal gespannt wie sie so sind.

приятен ден! (Prijaten den!) Einen schönen Tag noch!

 

 

Bulgarisch für Anfänger (Tag 84-90)

Zdravey!

Fünf Tage jeweils 5 Einheiten bulgarisch. Langsam bekomme ich ein Gespür für die Sprache. Wird ja auch mal Zeit nach drei Monaten!

Mittlerweile wird es ja schon fast zur Tradition, dass ich diversen Paketen hinterherjage. So also auch diese Woche. Jedoch habe ich festgestellt, dass Soner Recht hat. Packstationen sind wirklich viel unkomplizierter, als ewig auf Postämtern zu warten. Meine Jagd war also eher ein Spaziergang.

Bei frühlingshaften Temperaturen habe ich mich also am Dienstag auf den Weg zu Billa gemacht. Dort ist nämlich die Packstation in der mein Paket auf mich wartete. Ziemlich praktisch.

Unterwegs habe ich mich geärgert, dass ich kein Buch mitgenommen habe. Ich wollte unbedingt die Sonne im Studentski Park genießen. Also habe ich mir zumindest bei Billa, na was wohl?, Mandarinen gekauft und mich dann glücklich im Besitz eines Pakets in den Park gesetzt. Dort habe ich ein paar Jungs beim Scooter fahren zugeschaut. Doch lange konnte ich mich nicht zurückhalten und es ging schnell ans Eingepackte. Meine Vermutung, dass im Paket Grünkern oder Mandeln zu erwarten seien, erwies sich als korrekt. Weil alles so liebevoll eingepackt wurde und weil so wundervolle Sachen im Päckchen waren, GRÜNKERN!, saß ich nun also mit Freudentränen in den Augen im Park. Und zu meinem Glück war sogar ein Buch drin. So konnte ich sofort in der Sonne zu lesen beginnen. An dieser Stelle: Danke Sophia <3. In der Sonne sitzen wird wirklich viel zu sehr unterschätzt finde ich.

Der Verpackungsmüll lag neben mir auf der Bank und dann kam doch tatsächlich auch noch eine Frau, die in der Nähe den Mülleimer leerte und nahm mir meinen Müll auch noch direkt ab. Was für ein Service! Vor lauter Glückshormone und Inspiration habe ich anschließend zuhause Gedichte geschrieben.

Und ich hätte es nicht gedacht, aber ich bin sehr glücklich nach den Ferien jetzt wieder zu unterrichten. Ich glaube sogar, dass die Schüler sich auch gefreut haben. Zumindest wurde ich freudig begrüßt. Aber bei so viel Zeit vor dem Bildschirm, zuerst wurde ich ja in Bulgarisch unterrichtet und dann wurde der Spieß umgedreht und ich habe Deutsch unterrichtet, kann man echt verrückt werden. Mir zumindest ist meine Wohnung manchmal zu klein um klar zu denken. Aus diesem Grund bin ich mit Gulchin, Soner und Zara, Soners Hund, mal wieder zum Monument hochgelaufen. Immer wieder ziehe ich mich zu warm an. Aber dort oben war der Wind so stark, dass ich meine Mütze festhalten musste und es ziemlich schwer war voran zu kommen.

Bei dem eisigen Wind habe ich mich richtig lebendig gefühlt. Natürlich hatte unser Ausflug auch eine Mission: einer Freudin von Soners Mutter sollten wir eine Flasche Wein bringen. Nach einem Wettrennen, bei dem Soner gewonnen hat, trotz Wein im Rucksack, wurde dieser ordentlich abgeliefert und wir machten uns auf den Heimweg.

Die Woche verlief ziemlich routiniert. Sprachkurs, Unterricht, kochen, abspülen, Yoga, einkaufen. Ein paar ups and downs hatte ich auch. Von plötzlicher Orientierungslosigkeit, was soll ich machen?, bis Tatendrang und kreativem overflow, war alles dabei. Klar, gerade ist es für niemanden leicht zu planen und doch versuche ich mich an irgendetwas zu orientieren und ein paar planbare Variabeln in meinem Leben zu haben. So habe ich mich diese Woche ziemlich oft verabredet.

Gleich am Freitag haben Soner und ich einen Filmeabend veranstaltet. Der wurde zu einer richtigen Fressorgie.

Das Popcorn wäre im Kino wohl als Maxi-Eimer durchgegangen
Der Teller gegen das schlechte Gewissen

Da das Film aussuchen immer der anstrengendste Teil ist, haben wir den geschickt umgangen, indem wir Jasmin angerufen haben, damit sie uns einen Film empfiehlt. A midnight sky, war wirklich ein schöner Film. Wir haben super viel nebenher geredet. Meine Bulgarischskills habe ich auch anwenden können. Wir haben Rezensionen für einen bulgarischen Supermarkt in Deutschland auf bulgarisch gelesen. Mit Soners Hilfe und ein bisschen Fantasie, konnte ich diese auch ganz gut lesen. Generell bin ich übrigens der Überzeugung, dass jede/r Freiwillige einen Soner als Assistenten bekommen sollte. So ist das Leben so viel einfacher!

Mit etwas schlechter Laune, da ich dachte, dass es wieder regnet, bin ich am Samstag aufgestanden. Beim Lüften dann die positive Überraschung: Schnee! Perfekt, für meine Verabredung mit Rumy. Allerdings ist der Weg bis zu Rumy, mit schon schmilzenden Schnee, eine echte Herausforderung. Das Überqueren der Straße wurde eher zu einer Flussüberquerung. Außerdem wollte ich einen neuen Weg gehen, habe mich aber verlaufen und bin eine Weile umhergeirrt, bis ich auf eine bekannte Straße gestoßen bin. Viki ist auch zu Rumy gekommen und so saßen wir erst einmal bei Rumy mit Tee aus den Rhodopen, Baniza und haben über Konsum gesprochen. Rumy hat so viele interessante Freunde und sie liest so viel, dass sie immer etwas zu erzählen hat. Wirklich faszinierend. Irgendwann sind wir dann doch noch in den Wald losgezogen.

Rumy hat so recht, wenn sie sagt, dass sie es noch nie bereut hat rauszugehen. Der Anblick der Landschaft hat mich so glücklich gemacht. Und natürlich auch die inspirierenden Gespräche. Wie konnte ich nur vergessen, wie faszinierend alle Leute sind, denen ich bisher hier begegnet bin? Eine totale Bereicherung und definitiv ein Grund, der mich aus meinem down geholt hat.

Bierbrauerei im Schnee. Idyllisch

Nach unserem Spaziergang saßen wir noch eine Weile bei Rumy und dann ging es für mich ab nachhause. Mein Lieblingscousinchen hat mir mal wieder genau das richtige Zitat von Instagram geschickt und der Tag wurde so perfekt beendet.

Sonntags konnte ich mich dann wieder super beim Schach spielen blamieren. Aber zumindest haben Viki und ich Beide bemerkt, dass ich besser werde. Wir haben einen Film geschaut und sehr viel über Filme, Serien und Bücher gesprochen. Abends habe ich noch Berufsberatung bei meinem Bruder gemacht. Aufgaben einer großen Schwester. Und das war auch schon das Wochenende.

Stärkung für das anstrengende Denken beim Schach
Leider habe ich erst jetzt den Adventskranz für geizige entdeckt: 2 Grablichter vor dem Spiegel

Diese Woche wird sich nicht sehr von letzter unterschieden. Vielleicht gibt es wieder eine Paketjagd, zwei verspätete, sehr schöne Geburtstagskarten habe ich heute noch erhalten. Eigentlich ganz schön nicht alles auf einmal zu bekommen. So kann man sich viel länger freuen.

 

Riesige graue Betonbauten in der Abenddämmerung.

Wunderschöne Farben am Himmel.

Viele Leute, die ab und zu stehen bleiben und sich grüßen.

Ein Pferdegespann, viele Autos.

 

Im Hintergrund das Plateau.

Darauf thront das Monument.

Der ganze Stolz der Stadt.

Im Sonnenschein oder Nebel, zieht es wie ein Magnet die Menschen an.

 

Dort oben herrscht eine unheimliche Stille.

Man fühlt sich klein. Unbedeutend.

Aus der Stadt hört man Hundegebell und den Straßenlärm.

Doch alles scheint so weit entfernt.

 

Als ob man über die 1300 Stufen nicht nur auf das Plateau,

sondern in eine andere Welt,

durch ein Portal geschritten ist.

Und jetzt,

über die Dächer der Stadt schaut.

Gold und rot und grau und weiß.

 

Jeden morgen hört man die Möwen.

Aber kein einziges Mal sieht man eine.

 

In der Ferne die Festung.

Bewaldete Hügel.

Im winterlichen Nebel scheint es so,

als ob Schumen in einer Schneekugel ist.

Etwas anderes außerhalb existiert nicht.

 

Sobald man im Wald ist,

ist man ganz für sich.

Eine unglaubliche Ruhe liegt über den Baumkronen.

Unendlich viele Pfade führen durch den Wald.

Jeder zu einem anderen magischen Ort.

Über Moos, an Felsen vorbei.

 

Vor dem Wald die Shumenskobrauerei.

1000 Bierkästen lagern hier

und fügen sich schon fast in die Landschaft ein.

Rauch, der aus dem roten Kamin in den Himmel steigt.

 

Shumen.

 

Human of Shumen

 

Hallo!

Ich heiße Emir. Ich bin 17 Jahre alt und lebe 20 Kilometer nordwestlich von Shumen in Timarevo. Wenn ich in meinen Pflaumengarten außerhalb des Dorfes gehe, erinnert mich die Landschaft dort daran, dass ich an einem der besten Orte der Welt lebe, reich an Geschichte und Natur.
Viele Zivilisationen (Bulgaren, Türken, Römer, Griechen, Walachei usw.) haben ihr Blut für diese schönen Länder vergossen. Ich möchte die älteste Zivilisation vorstellen, die über diese himmlischen Länder geherrscht hat. Die Thraker. Dieser große Stamm hat viele monumentale Dinge für uns zurückgelassen.

In erstem Platz ist die Nekropole von Varna. Der goldene Schatz von Varna stammt aus der Zeit um circa 5000 Jahren v. Chr., lange bevor die Mesopotamier die Verarbeitung von Gold beherrschten. Das 23 Karat Gold wiegt 6 Kilogramm und stammt aus rund 300 Gräbern in der Nähe von Varna.

Danach kommt das „Sveshtari“ Thrakergrab, das circa 70 Kilometer in der Nähe von Shumen ist. Das Grab ist ein Unesco – Welterbe. Alles aus Edelmetallen wurde seit der Antike geplündert. Die im Grab eingeschlossenen Schätze werden durch die entdeckten Knochen von fünf Pferden belegt, die hier geschnitzt wurden, um ihren Meister ins Jenseits zu begleiten. In der Grabkammer wurden zwei Steinbetten, menschliche Knochen und Grabbeigaben gefunden. Neben einem der Betten befindet sich eine skulpturale Fassade eines kleinen Tempels. All dies zeigt die Vergöttlichung des Verstorbenen – eines Herrschers. Das ausgegrabene Grab in der Nähe von Sveshtari ist nicht isoliert. 26 Gräber unterschiedlicher Größe sind 2 km lang erhalten geblieben. Das gesamte Gebiet wurde zum archäologischen Reservat erklärt.

Der Prototyp des Siegels ist auch thrakisch. Das Tonsiegel wurde in der Nähe von Dorf Karanovo gefunden, wo es festgestellt ist, dass seit Jahrhunderten von mehr als 240 Generationen bewohnt wurde. Diese Entdeckung kann man in die meisten Archäologie Lehrbücher finden.

Die Thraker nehmen auch an griechischen Legenden und Mythen teil. Ein Beispiel ist Rhesos aus der homerischen Illias. Der König wird mit seinen schneeweißen Pferden, mit seinem silbernen Wagen und mit seiner goldenen Rüstung, geeignet für die Götter, gezeigt.

Ein weiteres Beispiel ist Orpheus, der thrakische Wurzeln hat. Der Legende nach könnte Orpheus durch seine Harfe alle wilden Tiere zähmen. Die berühmteste Geschichte, in der der Musiker teilnimmt ist “Der Tod von Eurydike“. Eurydike wurde von einem Satyr angegriffen. Bei ihren Bemühungen, der Satyr zu entkommen, fiel Eurydike in ein Vipernnest und erlitt einen tödlichen Biss. Ihr Körper wurde von Orpheus entdeckt, der vor Trauer so traurige Lieder spielte, dass alle Nymphen und Götter weinten. Auf ihren Rat reiste Orpheus in die Unterwelt. Seine Musik erweichte die Herzen von Hades und Persephone, die sich bereit erklärten, Eurydike unter einer Bedingung mit ihm auf die Erde zurückkehren zu lassen: Er sollte vor ihr gehen und nicht zurückblicken, bis beide die Oberwelt erreicht hatten. Orpheus machte sich mit Eurydike auf den Weg; Sobald er jedoch die Oberwelt erreicht hatte, drehte er sich sofort zu ihr um und vergaß in seinem Eifer, dass beide in der Oberwelt sein mussten, damit die Bedingung erfüllt war. Da Eurydike noch nicht in die Oberwelt eingetreten war, verschwand sie zum zweiten Mal, diesmal für immer.

Die Schwäche des Volks war, dass sie sich nicht vereinen konnten. Nur einmal wurden die thrakischen Stammen unter einem gemeinsamen Banner vereint. Der Staat der Odrysen entstand im Südosten Thrakiens und umfasste nach und nach ein weites Gebiet, das von Thrakern und griechischen Polen bewohnt wurde. Es erstreckte sich von den Gebieten zwischen Vardar und Struma im Westen bis zur Donau im Norden, dem Schwarzen Meer im Osten und dem Weißen Meer und dem Marmarameer im Süden.

Trotz ihrer Größe konnten sie den Römern nicht die Stirn bieten. Thrakia ist die vorletzte Provinz, das von Rom dauerhaft erobert wird. Ihr Wunsch nach Freiheit wird auch durch die Legende von Spartacus, der thrakische Rebell-Gladiator, bestätigt. Das Thrakische Reich fiel 46 n. Chr. in römische Hände. Die imperiale Assimilationspolitik romanisierte die Thraker für immer, um vom Erdboden verschwunden zu sein.

 

 

 

 

20 Jahre Karla in Bulgarien! (Tag 77-83)

Okay, ich muss zugeben der Titel dieses Beitrags könnte ein bisschen verwirrend sein. Ich bin nicht schon seit 20 Jahren in Bulgarien, auch wenn es sich schon so anfühlt. Aber ich bin in Bulgarien 20 Jahre alt geworden.

Um genauer zu sein, in Bansko, dem bekanntesten Skiort Bulgariens. Wie ich dort als Nicht-Skifahrerin hingekommen bin? Das ist eine sehr gute Frage.

Aber zuerst einmal zurück zum Anfang. Als erstes die Ankündigung, dass wir nicht wie geplant Paulas Schwester vom Flughafen abgeholt haben. Der zweite verpasste/abgesagte Flug. Um Paula zu trösten ist Pius natürlich gleich die zündende Idee gekommen was wir als Rettung brauchen: irgendetwas mit Pudding drin! Wie es der Zufall so will habe ich an exakt diesem Tag mittags eine Puddingschnecke gebraucht und noch nicht ganz aufgegessen. Also wurde in aller Eile der Tisch gedeckt, ein Rotwein zum Atmen geöffnet und klassische Musik sowie Kerzen angemacht. Das klassische Erste-Hilfe-Set sollte man einmal eine Paula trösten müssen.

Als sie gut versorgt war, ging es für uns andere ans Packen. Für manche von uns war das aufwendiger als für andere. Dann wurde ein Wecker gestellt und Tom und ich machten uns vollbepackt mit je zwei Rucksäcken auf zum Bahnhof. Die anderen konnten noch etwas länger schlafen, da sie den Bus bevorzugen, aber wir fahren doch nicht mit der türkischen Mafia! (Später dann vielleicht doch…) Jedenfalls waren wir uns einig, dass Zug fahren viel komfortabler ist. Im Zug gab es Baniza zum Frühstück und einen Bruschette-Snack. Ein paar Mitreisende haben Musik gemacht und wir haben in Ruhe unsere Bücher gelesen und wurden langsam immer aufgeregter. Gleich steigen wir um in die Rhodopenbahn! Die einzige Schmalspurbahn Bulgariens!

Leider gab es keine Abteile, sondern einen vollen Großraumwaggon. Und dann ging die Fahrt auch schon los. Bei strahlendem Sonnenschein immer weiter hinauf ins Gebirge. Durch viele Tunnel, einem Fluss entlang bis der Zug plötzlich ruckelte und unsanft anhielt. Zuerst einmal nichts verwunderliches, doch dann stiegen immer mehr Leute aus. Neugierig guckte ich also aus dem Fenster und erkannte das Problem: Holzstämme und Äste auf den Gleisen. Bahnmitarbeiter, der Kontrolleur und Mitreisende schafften gemeinsam die Hindernisse zur Seite und nach kurzer Zeit konnte es auch schon weitergehen. Unkompliziert. In Deutschland hätte man bestimmt gewartet, bis die zuständigen Leute auftauchen. Ein wahres Bulgarienabenteuer.

Da es ein wenig stickig im Waggon war, ging ich nach draußen und stand im freien auf dem Verbindungsstück zwischen zwei Waggons. Eine wacklige Angelegenheit und vorallem im Dunkeln des Tunnels ein wenig gruselig. Etwas durchgefroren setzte ich mich wieder auf meinen Platz und schlief zum gleichmäßigen rattern des Zuges, meinem neuen Herzschlag, ein. Jedoch nicht zu lange. Ich wollte auf gar keinen Fall den höchstgelegenen Bahnhof des Balkans, Avramovo auf 1267 Metern, verpassen. An sich ziemlich unspektakulär und auch ansonsten soll alles bei Schnee noch viel schöner sein, aber zumindest hatten wir ab diesem Stopp einen Waggon ganz für uns alleine, was wir ausnutzten und ganz laut Musik hörten. In der Ferne sah man nun die schneebedeckten Berge, wie mit Puderzucker bestäubt. Und so fuhren wir glücklich durch die weite Hochebene, zig Bergdörfer mit mehreren Moscheen (джамия Dschamija) und beobachteten alles, was sich vor dem Zugfenster abspielte. Dabei sahen wir auch unfassbar viel Müll und viele Pferde. Verrückt, diese Kontraste.

In der Dämmerung kamen wir schließlich in Bansko an und beschlossen ein Taksi zum AirBnB zu nehmen. 40 min Fußmarsch mit 15 Kilo Gepäck war uns dann doch zu viel. Die anderen waren nach einer sehr viel kürzeren Busfahrt schon da und somit stand auch bald das Essen auf dem Tisch. (Spoileralarm, diese Woche wird auch italienische Woche genannt). Nach der ersten Stärkung gab es schon ein Krisengespräch. Die Wohnung viel zu eng für so viele Personen. Auch weil das Raumkonzept nicht wirklich ausgenutzt wurde und nicht beide Sofas gleichzeitig ausziehbar waren.  Zur Entspannung ging es also erst einmal in den Spa-Bereich. Sauna, Dampfbad, Whirlpool, schwimmen und die Welt sieht schon wieder besser aus.

Die Nacht habe ich auf dem drahtigsten Sofa der Welt geschlafen, aber zumindest hatten wir eine Spülmaschine, meine Arbeitskraft war also überflüssig, auch wenn die Spülmaschine einem beim Öffnen entgegengefallen ist, haben wir es mehr oder weniger gemeistert. Wie immer, wenn wir in der Gruppe zusammen frühstücken, gab es alles Mögliche zum Essen. Im Anschluss dann die erste Gondelfahrt des Jahres. Leider sind die Preise in Bansko so gar nicht Bulgarisch, weshalb wir die in Sofia zurückgebliebenen noch mit einem Großeinkauf beauftragten. Auch die Fahrt mit der Gondola war eher im Deutschen Preisbereich. Zumindest war die Aussicht sehr schön.

Oben angekommen haben wir uns ein bisschen fehl am Platz gefühlt. Wir standen mitten auf der Piste. Die einzigen Menschen ohne Skier.

Ich dachte, dass man auch einen Wanderweg nutzen kann, aber nein. Also hat ein Teil der Gruppe, darunter ich, ein paar verlassene Ferienhütten ausgekundschaftet, während der andere Teil mehr oder weniger einen Schlitten „geliehen“ hat. Wir hatten alle unseren Spaß.

Zurück im hässlichen Hotel-, Skiausstattungs-, und Tourilädengepflasterten Bansko, entdeckten wir auf dem Weg zum Bahnhof doch tatsächlich auch ein paar schöne alte Häuser.

Ein Glück! Und auch der Blick ins Umland kann sich durchaus sehen lassen. Zusammen mit den Neuankömmlingen Josi und Amelie wollten wir Schlittschuhlaufen gehen. Aber doch nicht für 15 €!!! Ein bisschen geknickt haben wir uns je ein Shumensko gekauft und angeheitert die Stadt erkundet. Dann nocheinmal unsere Einkäufe durch den ganzen Ort getragen und wieder ab in den Spa-Bereich. Wie schon vorhin erwähnt, italienische WOche. Was gab es also zum Essen? Pizza!

Ungeduldig haben Josi, Ami und ich Skispringen geschaut, wobei unser Bauchgrummeln lauter war als alles andere. Das Warten hat sich gelohnt. Super leckere Pizza. Dann wurde die Tanzfläche eröffnet und wir haben getanzt und in meinen Geburtstag reingefeiert. Um 0 Uhr durfte ich meine coolen Geschenke auspacken, und auch wenn die anderen meinen, dass ich mich nicht richtig gefreut habe, das stimmt nicht! Ich habe mich wirklich sehr gefreut! Zur Feier des Tages durfte ich im Bett schlafen, juhu!

Silvesterporridge und ein regnerischer Waldspaziergang über eine Wiese voller Kuhfladen, über den Bach rein in den Wald und dann bergauf, bergab durch den Matsch. Erwachsen wie wir sind wurden dann Bewegungsspiele gespielt. Natürlich um sie mit den Kindern in der Schule zu spielen…

In der Stadt gab es dann Auberginen-, halt Stopp! Natürlich Zuchinibällchen Duner. Auf dem Rückweg sind wir dann Paula und ihrer Schwester über den Weg gelaufen, die nun auch den Weg nach Bansko geschafft hatten. Täglich grüßt das Murmeltier, wieder Spa-Bereich und italienische Woche, also zur Feier des Tages Nudeln mit Pesto. Danach wurde ordentlich gefeiert und gelacht, sodass wir fasst 0 Uhr verpasst hätten. Wir haben es aber noch pünktlich raus geschafft und ganz laut geschrien und uns gefreut. 2021!

In dieser Nacht wurde mir das upgrade Bett wieder weggenommen, aber ich habe eigentlich auch ganz gut auf meiner Isomatte geschlafen. Am Morgen haben wir dann beschlossen einen Tag früher abzureisen, poweraufräumen und Restefrühstück, alle Sachen zusammensuchen und dann vollbepackt noch ein letztes Mal durch die Stadt zum Busbahnhof. Zugfahrt nach Shumen hätte ca 14 Stunden gebraucht, also lieber doch mit dem Bus zurück nach Sofia. Jedoch ist es im Bus deutlich enger, aber auch schneller. Und es wird einem auch schneller schlecht. In dieser Nacht noch eine weitere Stufe niediriger auf der Bequemlichkeitsskala: schlafen in der Küche auf dem Boden. Die schrecklichste Nacht. Morgens wurde dann nur alles schnell zusammengepackt und wir sind zum Bahnhof gehetzt. Unter enormen Zeitdruck von der Metro zum Ticketschalter und dann zum Bahnsteig gerannt, während meine persönlichen Heldinnen des Jahres 2021 Josi und Ami hinter uns hergerannt sind mit Baniza in der Hand. Danke! Ich dachte, ich müsste hungern! Ich glaube das war das beste Baniza, einfach weil ich mich so gefreut habe. Die Fahrt von Sofia Richtung Shumen ist auch wirklich spektakulär. Durch Schluchten und an steilen Felswänden entlang.

Wir haben uns in unserem Abteil ausgebreitet und in Zeiten von Corona ist das nicht Asozial und unhöflich, sondern eine Vorsichtsmaßnahme um gesund zu bleiben. Deshalb haben wir auch wieder laut Musik gehört und uns schlafend gestellt. Masterplan.

Ach wie sehr ich mich gefreut habe auf mein schönes Shumen und meine eigene Wohnung, ohne 9 andere Leute darin. Dennoch war es super seltsam so plötzlich wieder ganz alleine zu sein.

Jetzt muss ich erst einmal wieder in meinen Alltag hineinfinden. Die Schüler haben mir schon geschrieben und es gibt viel zu organisieren. Heute hatten wir endlich unsere ersten Bulgarischstunden. Die ganze Zeit wollte ich auf Französisch reden. Chaos.

Mein heißgeliebtes Yoga kann ich nun auch wieder machen und wenn alles gut läuft ist ab Februar wieder Präsenzunterricht. Bis dahin brauche ich also noch ein paar Ideen für den Online-Unterricht, der heute wieder begonnen hat. Auf meinem Spaziergang heute, habe ich erstaunt festgestellt, dass der Weihnachtsmarkt noch immer geöffnet hat. Vielleicht kaufe ich mir also auch selbst noch einen himmlischen Honig. Dann bin ich für den nächsten Besuch von Paula gut vorbereitet.

 

 

Human of Shumen

Kaffeeparadies

Hallo, ich bin Denislava Dimova von der elften DSD-Klasse. Ich bin vor einem Jahr Tante geworden, aber meine Nichte ist in England weit von mir entfernt. Als sie geboren wurde, ging ich nach England und beobachtete sie ständig, damit ihre Eltern arbeiten konnten. Zu Beginn des Schuljahres kehrte ich nach Bulgarien zurück, aber ich beschloss, während der Schule zu arbeiten, um selbst Geld zu verdienen und Geld für ein Ticket nach England zu sammeln, damit ich bei ihr sein konnte, weil ich will, dass die kleine Prinzessin nicht ohne mich aufwächst und mich nicht kennt. Immerhin habe ich sie als Baby beobachtet, aber im Moment ist sie ein sehr energisches Kind, sie geht alleine und spielt viel, und ich kann nicht mit ihr zusammen sein. Also fand ich einen Job in einem Café in Novi Pazar, obwohl meine Eltern nicht viel zustimmten, weil sie nicht wollten, dass ich in der Schule zurückfalle. Aber ich habe mit beiden gestritten, denn wenn ich nicht damit umgehen konnte und schlechtere Noten hatte, müsste ich aufhören zu arbeiten. Das Café heißt Paradise. Die Stadt ist klein und es gibt nicht viele Cafés und genau aus diesem Grund kommen Leute in meinem Alter, die ich kenne, denn hier kennt jeder jeden. Ich liebe meinen Job, weil ich mit allen befreundet bin und mit niemandem Probleme hatte. Jeden Tag konnte ich es kaum erwarten, die Schule zu beenden und zu gehen. Und Arbeit. Dort ruhte ich mich aus und es war abwechslungsreich.

Aber wie jeder Kellner habe ich einige schlechte Erfahrungen mit dem Servierbrett, mit dem ich die Getränke zu den Kunden trage. Eines Tages musste ich vier Schokoladenshakes mit einem Saft servieren, der sich in einer Glasflasche befindet und im Allgemeinen nicht auf das Servierbrett gelegt werden sollte. Aber es gab so viel Arbeit, und um nicht zu verweilen und unnötige Spaziergänge zur Bar und zurück zu machen, nahm ich alles und ging. Und als ich an den Tisch kam, an dem ich alle auf dem Tablett bedienen musste, fiel ich hin und ein kleiner Junge bekam einen Schokoladenshake. Von Kopf bis Fuß. Ich bin glücklich, dass die Kunden freundlich waren und verstanden haben, dass solche Dinge jedem passieren und es keine Probleme gab.

Insgesamt hat es immer viel Spaß gemacht und ich bin auf wundervolle Kollegen gestoßen. Ich war das einzige Mädchen und alle haben mich befolgt. Ich kann es kaum erwarten, dass die Restaurants wieder öffnen und wieder zu arbeiten und im Sommer mit der Kleinen in England zusammen zu sein. Ich hoffe nur, dass diese Situation mit Covid verschwindet und alles so ist, wie es vorher war.