Español oder Castellano?

Spanisch ist Spanisch und Deutsch ist Deutsch? Ja, nein, eben genau nicht. Da kann man schon schön brav in der Schule spanisches Spanisch gelernt haben… Wenn man dann nach Südamerika bzw. nach Argentinien kommt, dann schaut man am Anfang trotzdem erst mal blöd. Es gibt nämlich doch ganz schön viele Unterschiede zwischen dem Spanisch, das ich gelernt hab, und dem hiesigen; zum Einen von der Grammatik her, zum anderen von der Ausprache und zum dritten vom Wortschatz her.

Die Wörter, die hier benutzt werden, sind ganz andere. Das fällt mir vor allem beim Obst und Gemüse auf. Erdbeere hab ich als fresa kennengelernt. Versteht hier kein Mensch, denn es heißt frutilla. Ein Pfirsich ist kein melocotón, sondern ein durazno. Der Paprika heißt nicht pimiento, sondern morrón. Was ich auch ziemlich witzig finde: „No me mandes fruta“ (wörtlich: Schick mir kein Obst“) bedeutet „Verarsch mich nicht“. Wieso wohl gerade von Obst- und nicht von Rindfleisch-Sendungen die Rede ist, wenn man meint, man wird verarscht??? 😉

In meiner ersten Woche an der Schule hab ich mich bei der Vizedierktorin der Grundschule vorgestellt. Ich hab ein bisschen von mir erzählt, wir haben nett geplaudert. Auf einmal sagt sie, sie findet das bárbaro. Das Wort kannte ich nicht. Ich war ziemlich verunsichert: Bárbaro? Barbarisch? Was hab ich denn jetzt Falsches gesagt? Aber ihr Gesichtsausdruck war so freundlich und wollte einfach nicht zu meiner spontan-Assoziation „barbarisch“ passen. Später bin ich dann drauf gekommen, dass sie meine Idee gar nicht furchtbar, sondern toll fand. Ich würd´s mal frei mit sauguad übersetzen. Die verschiedenen Ausrufe, um Meinungen oder Gefühle zu äußern, unterscheiden sich stark. In Spanien hat man z. B. immer schön cojonudo gesagt, wenn man was toll fand. Hab ich in Argentinien noch nie gehört.

Wenn sich in Spanien junge Leute untereinander angesprochen haben, haben sie (bzw. zumindest viele meiner Bekannten in Cáceres) – je nach Geschlecht – acho/a (kommt von muchacho/a) oder tío/a (was eigentlich Onkel/ Tante bedeutet) gesagt. Wenn man jemanden beleidigen wollte, dann war es ein gilipollas. Hier dagegen spricht man sich mit Che oder Che, boludo/a an. Je nach Kontext, Tonlage, Stimmung und zu wem es gesagt wird ist boludo/a entweder eine Art Liebkosung und Wertschätzung oder ein Schimpfwort. Pelotudo/a dagegen ist eindeutig und nur Schimpfwort.

Was mich nach wie vor verwirrt: USTEDES. Ich meine, ich benutze es ja auch, um nicht jedes Mal, wenn ich VOSOTROS sage, wie ein Alien angeschaut zu werden, aber…. aber…. ganz ehrlich ist es für mich immer noch, als würde ich alle siezen, und wenn sie sechs Jahre alt sind. (Ich weiß, das ist in vielen Ländern in Südamerika so, nicht nur hier.)

Aber von vorne: Im Deutschen sagen wir ja z. B.: Was macht ihr da? Ins spanische Spanisch kann man das auch direkt so übersetzen (das vosotros ist unser IHR). Hier allerdings gibt es keine eigene Form für IHR. Im Plural haben wir im Deutschen ja Verbformen für wir, ihr und sie. Hier gibt es nosotros, ustedes (statt vosotros) und ellos/as.

Bisher hab ich USTED nur benutzt, wenn ich höflich sein wollte: Usted, wenn ich zu einer Person höflich sein wollte, Ustedes, wenn es mindestens zwei Leute waren. Zu allen anderen hab ich du /tu und ihr/vosotros gesagt. Tja, mal damit angefangen, dass du hier auch nicht tu, sondern vos ist, sagt man ustedes, wenn man mit mehreren Personen spricht. Das geht mir so gegen den Strich, dass ich es quasi immer in meinem Kopf nachhallen höre, wenn ich mal wieder eine Gruppe Zweitklässler gefragt habe: „Haben Sie das verstanden?“ Normalerweise denke ich nicht mehr auf Deutsch, wenn ich spreche, aber dieses USTEDES ist was besonderes…

Mal davon abgesehen, gibt es auch noch andere Eigenheiten, zum Beispiel bei den Verbformen und der Betonung.

Die Unterschiede liegen vor allem bei der zweiten Person Singular und beim Imperativ. Das Verb können (poder) z. B., ist ja im Deutschen wie im spanischen Spanisch unregelmäßig. Du kannst hab ich immer mit (tu) puedes übersetzt. Hier sagt man aber (vos) podés. Man hackt bei den Verben einfach das R ab, setzt ein S hin, macht den Akzent auf den letzten Vokal und feddisch. So ist dann du nimmst, nicht mehr tomas (Betonung aufm O), sondern tomás, du zeigst, nicht mehr muestras, sondern mostrás, du kommst nicht mehr vienes, sondern venís, usw.

Beim Imperativ ist´s ähnlich: Statt ven sagt man vení, statt cállate (erstes A betont), callate (zweites A); statt siéntate, sentáte; statt cierra, sagt man cerrá; statt pon, poné; statt muestra, mostrá usw.

Ja, und zum Schluss noch das SCH. Nein, nicht das schwäbische, das rioplatense, also, das SCH der Leute, die in der Nähe vom Río de la Plata wohnen. Doppel-L und Y werden wie SCH ausgesprochen. Ganz anders als im spananischen Spananisch sagt man dann also: „SCHo me SCHamo XY.“, wenn man sich vorstellt.

So, das soll reichen als kleine Übersicht. Der Artikel war wahrscheinlich eh recht Gehirnwinden-anstrengend und/oder einschläfernd für alle Nicht-Spanier (Sorry dafür. Nächstes Mal gibt´s wieder leichtere Kost.)

Achso, nur noch schnell was zur Überschrift (für die, die´s noch nicht wussten): In Spanien wird man (zumindest in den meisten Regionen) gefragt, ob man español spricht. Hier dagegen fragen die meisten, ob man castellano spricht. Spanisch ist ja nicht nur die Sprache der Spanier. Die Bezeichnung español (von España) schließt somit irgendwie ziemlich viele spanisch-sprachige Menschen in gewisser Hinsicht aus. Daher bevorzugen hier viele den Ausdruck castellano.