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Der Countdown läuft

So brach das unerwartete Ende meines Abenteuers an, welches auch der Grund war, wieso ich im Januar und Februar gar nichts mehr auf diesem Blog geschrieben habe.

Jede Sekunde versuchte ich so gut wie möglich auszunutzen um noch so viel zu erleben wie es irgendwie ging.

Die letzten Wochen waren definitiv die besten und schönsten von meinem ganzen Mexikoaufenthalt, aber vermutlich auch – Achtung kitschig – meines Lebens.

Ich glaube noch nie habe ich so viel erlebt und gesehen wie in dieser Zeit.

Jedes Wochenende verbrachte ich an einem anderen Ort und ein Ereignis folgte dem nächsten. Sobald es nur auf das Wochenende zu ging, sprang ich förmlich aus dem Schulbus und direkt in das nächste Taxi, dass mich in einen Park, ein Café oder Museum fuhr, was ich noch nicht kannte.

So verbrachte ich einen herrlichen Tag im Park „Bosque Colomos“. Er ähnelt ein bisschen einem Wald, wo ab und zu eine Statue den Weg säumt, ein burgartiges Gebäude oder plötzlich auch ein chinesischer Garten auftaucht. Wer möchte, kann den Park aber auch auf dem Pferd erkunden, welche man am Haupteingang bei einer Art „Mini-Range“ leihen kann.

Den Tag darauf waren wir in dem Restaurant „Santo Coyote“. Bei meiner Suche nach dem Namen den ich für einen Moment vergessen hatte, wurden mir aber wieder köstliche Gerichte, der vermutlich hunderttausenden Restaurants, Bars und Cafés, die es in Guadalajara gibt, gezeigt. Obwohl ich mich fast nur in Bars, Museen, Cafés oder Restaurants aufgehalten habe, ist es glaube ich unmöglich jemals alle in (der Metropolregion) Guadalajara zu besuchen.

Bei der Konkurrenz muss man also herausstechen! Das tut dieses Restaurant in jedem Fall. Bunt verziert, mit vielen Schnitzereien, Skulpturen, kleinere Bühnen auf denen abends Musik gemacht wird und einer Fläche, die vermutlich Platz für sämtliche Großfamilien Mexikos bietet, erscheint das Essen fast nebensächlich.

An meterlangen Tischen befindet sich alles, was (m)ein Herz begehrt. Mehrere Variationen von scharfen gulaschähnlichen Gerichten, Tacos, Pfannkuchen, Obst in allen Farben und das beste: Alles wird direkt vor deinen Augen frisch zubereitet.

Man hört und liest viel über die mexikanische Küche, aber nichts beschreibt das herrliche Gefühl in eine warme Quesadilla (Maisfladen mit Käse gefüllt) zu beißen.

Steinerne Gefäße in denen das Essen zubereitet und warmgehalten wird.

 

Ich stelle einfach kurz meine Lieblingsgerichte, neben einer simplen Quesadilla vor:

Mole

Bezeichnet eigentlich verschiedene Saucen und die darauf basierende Gerichte und Eintöpfe. Das besondere an Mole sind die verschiedenen Chilisorten kombiniert mit diversen Gewürzen. Deshalb ist es oft recht scharf und intensiv im Geschmack.

Das berühmteste Mole ist vermutlich „Mole Poblano“ aus dem mexikanischen Bundesstaat Puebla. Ich glaube, das ist auch das einzige das ich gegessen habe, welches meiner Meinung auch das gängigste in Guadalajara ist.

Es ragen sich viele Legenden darum, wie das Gericht entstanden ist. Ich habe gehört, dass im 16. Jahrhundert ein Kloster in Puebla, besuch von einem Erzbischof bekommen sollte. Während sie einen Truthahn oder Hähnchen kochten flog einem Mönch/Nonne/Koch/Köchin ausversehen Schokolade in den Kochtopf. Sie hatten aber nicht genug Zeit das Essen erneut zu kochen und servierten es dem Bischof. Der fand`s super und schon war das Mole Poblano geboren.

Ich. Liebe. Mole. So unfassbar sehr, ich kann nicht mal ansatzweise beschreiben, wie toll es ist und vor allem schmeckt.

Durch die Schokolade ist es vermutlich nicht jedermanns Sache, aber diese Note sollte in dem Gericht auch eigentlich nicht dominant sein. Ich persönlich schmecke die farbgebende Bitterschokolade auch gar nicht.

Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder einmal die Köstlichkeit von Mole in seinem Leben auf der Zunge spüren sollte und wenn ihr jetzt Interesse bekommen hat, ermutige ich euch eines der vielen Rezepte, die es im Internet zu finden gibt auszuprobieren.

Nun aber Schluss mit meiner Liebesbekundung und weiter mit dem nächsten Gericht.

 

Tamales

Wenn mich jemand fragt, was ein „Tamales“ ist, sage ich meistens eine gefüllte Riesennudel. Korrekter ist aber Maismehlbrei mit Fleisch-, Käse- oder Gemüsefüllung, zu einem Päckchen eingewickelt in einem (Bananenpalm-) Blatt. Ich habe festgestellt, dass die Konsistenz und der Geschmack wirklich stark variieren und die meisten einfach zum Tamales-Meister ihres Vertrauens gehen, die sich an jeder Straßenecke Guadalajaras aufhalten. Tamales werden im Dampf gegart bis sie eigentlich eine kuchenähnliche Konsistenz haben. Die, die ich aber meistens gegessen habe, waren eher wie eine Nudel. Je nach Koch/Köchin können Tamales auch scharf sein und werden oft mit einer grünen oder roten Salsa (Soße) serviert.

 

Enchiladas

Ein weiteres, tolles Gericht, wofür Mexiko international auch sehr bekannt ist.  In den meisten Fällen kann man zwischen „Enchiladas rojas“ (roter Sauße) oder „Enchiladas verdes“ (grüner Soße) wählen und das Beste… oftmals werden Enchiladas auch mit Mole serviert! Eine typische Beilage ist auch ein Bohnenmus, welches schwer zu beschreiben ist und ehrlich gesagt auch schwer herauszufinden, was drin ist. Auf jeden Fall ist es auch köööstlich.

 

Ach, wenn ich jetzt so darüberschreibe, vermisse ich das mexikanische Essen sehr und werde in nächster Zeit mal meine Familie bekochen.

Eigentlich sollte das auch mein letzter Eintrag werden zum Januar/Februar aber dann werde ich wohl noch einen zu den Ereignissen des Februars machen… oder auch zwei!

Seit gespannt… Es gibt mal wieder eine aufwühlende Flughafen-Story 😀

Neubeginn

Wie in meinem letzten Post angekündigt bin ich nach meiner Rückkehr aus Deutschland bei einer mexikanischen Freundin eingezogen, die ich zufälligerweise kurz vor meiner „Mexiko Pause“ kennengelernt habe.

Was für manch eine/n vermutlich etwas beängstigend klingt, schließlich ist Mexiko wie viele andere lateinamerikanische Länder mit dem Vorurteil „niemandem trauen zu können“ behaftet.

Ich stimme dem teilweise zu. Ich habe mich oft bei einer gewissen Misstrauenshaltung ertappt und auch viele Mexikaner/innen haben mir empfohlen, zunächst nicht allem Glauben zu schenken.

Aber wie bei so vielem, bin ich der Meinung immer eine gewisse Balance zu haben. Ja, Mexiko befindet sich auf der Liste der Länder mit hohem Sicherheitsrisiko. Trotzdem ist es nicht wie in der Netflix-Serie „Narcos“, wo an jeder Ecke wilde Schießereien stattfinden und du im Minuten Takt Drogen angeboten bekommst.

Ich möchte immer so offen wie möglich sein und Gegenden, Menschen, Essen, Tieren und vielem mehr eine Chance geben.

Um die Sorge allerdings aus dem Weg zu räumen: Die Familie zu der ich zog, waren Bekannte meiner (ehemaligen) Gastfamilie.

Auf den ersten Blick schien diese neue Situation nicht ganz so toll. Mein Zimmer war deutlich kleiner, ich teilte mir Bad und Kleiderschrank mit meiner Freundin, von der Wand bröckelte Farbe und Tapete ab und das Zusammenleben mit Ana (meiner Freundin) und ihrem Vater glich eher einer WG als einem klassischen Familienleben.

Es entpuppte sich aber als das Beste, was ich mir hätte wünschen können.

Hatte mich meine ehemalige Gastfamilie bei allem unterstützt, musste ich nun durch häufiges Erfragen selber die neue Bus Route zur Schule herausfinden. Dadurch bemerkte ich auch, was für Fortschritte ich beim Spanischsprechen gemacht hatte!

Nachdem ich also die ersten male noch mit dem Uber (einer Art Taxi) zur Arbeit fuhr, nahm ich bald jeden Morgen und Nachmittag den Schulbus. Danach kam ich nach Hause, aß etwas, schaute mit meiner Freundin etwas fern und hatte sogar Zeit nochmal ins Fitnessstudio zugehen, bevor ich 22 Uhr ins Bett ging und tatsächlich angenehme acht Stunden Schlaf bekam bevor ich um 6 Uhr aufstehen musste.

Es war also Schluss mit ewigen Familientreffen und Vorwürfen, nicht genug zu sein und ich konnte endlich wieder aufatmen.

Wer sich fragt, ob es nicht komisch war zu Bekannten der Familie zu ziehen. Ja, war es. Und auch meine heimliche Angst, mein ehemaliger Gastvater könnte Rufmord betreiben, erfüllte sich.

Schneller als ich gucken konnte, erzählte er dem Vater meiner Freundin beim Schwimmen, über ihre Erfahrungen mit mir und ich bekam einige Regeln aufgesetzt.

  1. Keine Jungs im Haus. Niemals.
  2. Unter der Woche musste ich spätestens um 23 Uhr zu Hause sein, am Wochenende um 0 Uhr (nach verhandeln aber um 1 Uhr)
  3. Ich musste mein Geschirr immer abwaschen und wegräumen.
  4. Mein Zimmer aufgeräumt halten.
  5. Falls ich gegen eine dieser Regeln auch nur einmal verstoßen würde, müsste ich meine Koffer packen.

Was für die meisten erstmal nicht so schlimm klingt, schließlich wusste ich, wo ich bei ihm stand, störte mich zu Beginn sehr.

Ich fühlte mich in meiner Freiheit eingeschränkt. Denn ich wollte das Land kennenlernen. Ich war jung. Ich wollte auch mal eine Nacht feiern gehen. Und was sollte die Regel, wenn ich dagegen verstoßen sollte!? Ich hatte das Gefühl in ein Gefängnis zu ziehen.

Ich war sauer, dass mein ehemaliger Gastvater irgendetwas über mich erzählt hatte, bevor sich die Familie ein eigenes Bild von mir machen konnte und das, sobald ich irgendwelche Erwartungen nicht erfüllte auf die Straße gesetzt wurde.

Auch Anas Worte, dass ihr Vater militärische Züge habe und ich mir deshalb keine Sorgen machen solle, heiterten mich anfangs nicht auf.

Zu meinem Glück war es dann aber doch weniger dramatisch und schlimm als ich es mir zuvor ausgemalt hatte.

Wie auch bei meiner Gastfamilie davor, wurde ich in erster Linie nur aufgenommen um Ana (die übrigens im selben Alter war wie ich) Deutsch beizubringen. Das machte mein neuer Gastvater deutlich. Sie wollte nämlich im August in Deutschland ein Studium anfangen.

Während meiner Zeit in Mexiko hatte ich oft mit dem Gefühl zu kämpfen einfach nur ein Objekt und/oder als das Mittel zum Zweck gesehen zu werden. Es fühlte sich an, als wenn sich keiner für mich als Person interessierte und ich bis dahin von allen Seiten eher einen auf den Deckel bekam als mal ein „Danke“ zu hören.

Auch wenn sich meine Situation und Stimmung nach meinem Umzug deutlich verbesserte, beschloss ich relativ schnell, dass ich auf sechs Monate verkürzen wollte und nun also Ende Februar wieder nach Deutschland zurückkehren würde.

Die Entscheidung viel mir nicht leicht, schließlich war ich selbst während der Weihnachtszeit in Deutschland noch felsenfest davon entschlossen für ein Jahr in Mexiko zu leben.

Was also hatte zu meinem Beschluss geführt? Ich wägte ab. Ich dachte darüber nach, was ich alles erlebt hatte, was ich noch erleben und lernen könnte zum einen, wenn ich in Mexiko bleiben würde aber auch, wenn ich zurückfliegen würde.

Natürlich beruhte meine Entscheidung eher auf Spekulationen, Gefühlen und meiner Intention, aber sie schien mir richtig.

Ana war davon sehr enttäuscht und traurig. Sie hatte gehofft, bis August eine Freundin zu haben, die wie eine Schwester alles mit ihr macht. Ihre Prophezeiung, dass ich es bereuen und dem ganzen gar keine Chance geben würde, konnte ich nicht zustimmen.

Ich war noch nie ein Mensch gewesen, der etwas bereut, denn ich weiß immer, dass ich in diesem Moment meine Gründe hatte, so zu entscheiden und zu handeln.

Ja, vielleicht hatte sie recht und ich gab dem ganzen keine Chance, aber dafür war für mich einfach schon zu viel passiert. Meine Umstände auf der Arbeit waren zerrüttet und ich sah nicht, dass sich dies in den nächsten sechs Monaten ändern und ich von allen Ängsten befreit zur Arbeit stolzieren würde.

Als ich meinem Chef meine Entscheidung mitteilte, hörte ich nur, dass es ihm egal sei, ob ich ginge oder nicht, von ihm aus könne ich auch sofort gehen.

Das war die letzte Woge aus Wut und Frustration darüber, dass meine Arbeit und ich nicht wertgeschätzt wurden und von da an hatte ich endlich das Gefühl die verbleibenden sechs Wochen in Mexiko genießen zu können.

Denkwürdiger Dezember

Nachdem meine Oma gestorben ist, war eigentlich alles nur noch ein Ziemliches bergab. So wie die Wochen davor eigentlich auch. Natürlich gab es auch positives und Höhepunkte an die ich mich verzweifelt klammerte. Nichtsdestotrotz muss ich realistisch und ehrlich sein: Es war nicht einfach. Ganz und gar nicht.

Jedesmal, wenn ich dachte, es könne nicht schlimmer werden, kam es schlimmer. Dasselbe, dachte ich mir nach dem Tod meiner Oma und es ging noch mehr bergab. Wie auch immer das möglich war…

Wer ganz schnell war, hat vermutlich gesehen, dass ich am 31. Dezember noch einen Eintrag verfasst hatte, indem ich die vorherigen Ereignisse zusammenfasste und alles, was im Dezember passiert ist. Diesen Blogpost hatte ich dann aber relativ schnell wieder gelöscht, weil ich mich mehr in rage geredet und aus keiner so guten Verfassung heraus geschrieben hatte, dessen Gründe ich euch aber natürlich nicht vorenthalten will.

Meine Rückkehr aus Kolumbien war ungefähr eine Woche bevor ich nach Deutschland zur Beerdigung meiner Oma fliegen wollte.

Vor meinem Zwischenseminar, hieß es von meiner Einsatzstelle, dass mein Rückflug nach Deutschland kein Problem sei, solange ich nochmal meine genauen Abflugs- und Ankunftsdaten mitteilen würde.

Nach meiner Rückkehr aus Kolumbien sorgte mein Wunsch allerdings für einen großen Streit mit meiner Einsatzstelle, wobei ich vermutlich zwischen die Fronten von bereits bestehenden Problemen der Schule geriet. Sicher bin ich nicht, aber auch rückblickend fühlte ich mich einfach gemobbt.

Kurz darauf gab es auch noch eine Auseinandersetzung mit meiner Gastfamilie, die mich bat auszuziehen und am besten direkt meine Sachen mit nach Deutschland zu nehmen.

Ich stimmte zu. Ich wollte auch nicht länger bei ihnen leben und verstand gleichzeitig auch ihre Gründe. Ich wusste, dass ich ihre Erwartungen nicht erfüllte und wohnte trotzdem kostenlos bei ihnen…, dass fühlte sich falsch für mich an.

Ich denke, wir hatten beide Dinge getan, die unkorrekt waren. Ich konnte also noch mit ihnen verhandeln, dass ich meine Sachen bei meiner Rückkehr nach Mexiko im Januar zusammenpackte und dann auszog.

So saß ich also im Flieger nach Deutschland mit einem angeknacksten Herz, einem verstorbenen Familienmitglied, einer mehr als schlechten Arbeitssituation und obdachlos. Ich fragte mich, wieso ich überhaupt zurück nach Mexiko fliegen sollte, wenn mich doch sowieso nichts dazuhalten schien.

Ich glaube in meinem ganzen Leben war noch nie so viel schiefgegangen wie in diesen drei Monaten.

Zurück in Deutschland verbrachte ich also die meiste Zeit in dem Versuch meine Laune wieder zu heben und so wenig wie möglich über Mexiko nachzudenken. An letzterem scheiterte ich aber gewaltig. Ich kann es nicht schönreden, mir ging es schlecht. So schlecht, wie vermutlich noch nie in meinem Leben. Ich fühlte mich benommen. Ich wusste nicht, was im Januar kommen sollte. Ich wusste nicht, was ich kommen sehen wollte. Ich dachte viel nach, sprach mit meinen Freunden und meiner Familie und freute mich gleichzeitig unheimlich mehr oder weniger eine Pause von Mexiko zu haben, alles einmal sacken zu lassen und die Weihnachtszeit in Deutschland zu verbringen.

Auch wenn es mir kurz vor meine Rückkehr nach Mexiko schon etwas besser ging, kann ich tatsächlich nicht sagen, dass ich wieder zuversichtlich aus dem Flugzeug stieg. Ich hatte ein mulmiges Gefühl, hielt aber an dem Gedanken fest, dass wenn es nicht besser wird, ich jederzeit auf sechs Monate verkürzen konnte (also schon Ende Februar meinen Freiwilligendienst beenden konnte).

Ich betrat also wieder Guadalajara und lief direkt in die Arme meiner neuen Gastfamilie…

Kolumbien

Eigentlich kurz nachdem meine Oma gestorben ist, machte ich mich auf den Weg zum einwöchigen Zwischenseminar in Kolumbien.

Wer meinen Flug nach Mexiko verfolgt hat, kann beruhigt sein… Es hat alles reibungslos und ohne Probleme geklappt!

Nach fünfzehn Stunden Flug landeten Valentin (ebenfalls ein kulturweit-Freiwilliger aus Guadalajara) und ich also auf dem sehr kleinen Flughafen im Norden Kolumbiens in Santa Marta.

Ich hatte mich zwar über das Wetter informiert (stetige 30°C wie in Guadalajara), war dann aber doch wie erschlagen von der feuchtwarmen Hitze.

Valentin und ich beschlossen auf die nach uns eintreffenden Freiwilligen zu warten und die Zeit an dem kleinen Strand zwanzig Meter vom Flughafen entfernt zu überbrücken.

Mit dem Taxi fuhren wir später alle Richtung Hostel durch kleinere Dörfer, Straßen, die den Blick auf das karibische Meer freigaben und über üppige, grün bewaldete Berge. Ein wahrhaftiges Paradis.

Die darauffolgenden Tage verbrachten wir in Seminaren und in geselligen Runden, wo wir uns über die letzten Monate austauschen konnten.

Wir machten eine Tour auf Schwimmreifen durch den „Rio Buritaca“, einem Fluss in Mitten des Dschungels und lernten Leute aus aller Welt kennen.

Unteranderem lernten wir einen Mann kennen, der als Teil eines indigenen Volkes aufwuchs und uns viel über seine Kultur, Herkunft und Lebensweise erzählte. Leider, habe ich nur die Hälfte verstanden und kann mich nach fünf Monaten auch nicht mehr an alles erinnern. Also, falls einer der anderen Freiwilligen dies liest und etwas nicht ganz stimmt, dann schreibt es gerne in die Kommentare!

 

Der Mann berichtete uns, dass er in seinem Stamm aufgewachsen ist. Seit einigen Jahren, lebt er mit seiner Familie in der Stadt und möchte seine indigene Kultur auch an seine Söhne weitergeben.

Ich glaube, wie bei vielen von uns, ist die Herkunft ein prägender Teil und er möchte, dass dieser nicht in Vergessenheit gerät.

Ein aktuelles Thema und Problem ist auch die Gebiete, die von den Stämmen im Tayrona Park bewohnt werden dürfen. Oft kommt es dort zu Auseinandersetzungen.

Außerdem erzählte er uns über die Bräuche seines Volkes.

Mit Eintritt in das Erwachsenen Alter muss man beispielsweise vierzehn Tage über alles negative und vierzehn Tage über alles Positive nachdenken. Oder wenn ein Mädchen erstmals ihre Periode bekommt, muss sie drei Tage in einem Raum spinnen.

Ein weiterer Programmpunkt war das Müllaufsammeln an den Stränden von Santa Marta. Eine tolle Aktion, wären wir nicht in der Mittagssonne losgegangen, schweißtropfend und am Ende nur in Badelatschen, weil meine Turnschuhe irgendwie in einen Müllsack geraten waren und weggeworfen wurden.

Nichtsdestotrotz hatte sich der Ausflug alleine schon für den tollen Ausblick und die angenehme Abkühlung im Karibikwasser gelohnt.

Unschön war allerdings das ständige „Cat-Calling“ (eine Form von Belästigung im öffentlichen Raum, die vor allem sexuell ist und sich in unerwünschten und unangenehmen Kommentaren, Gesten, Geräuschen wie Pfeifen, Hupen, etc., äußert). Eine Freundin erzählte mir, dass ihr dies in Mexiko auch öfter, insbesondere auf Dörfern passiere, aber mir war so etwas kaum und noch nie so penetrant passiert.

Ich glaube zu sagen, dass es absolut unangenehm war, ist noch eine Untertreibung. An jeder Ecke und sogar von Polizisten wurden wir pervers angemacht. Klar, hatte es bestimmt etwas mit unserem „typisch-europäischen“ Aussehen zu tun, aber das ist keine Ausrede. Einmal wehrte sich eine Freundin und schrie die Typen an, sofort schrillten bei mir alle Alarmglocken und ich wollte, dass sie aufhörte. So gerne ich auch genau dasselbe getan hätte. Denn, obwohl es irgendwie bescheuert war und definitiv an einen Stereotyp behaftet war, wusste man nie wer diese Leute waren und ich wollte nicht jemanden gegen uns aufhetzen, der uns am Ende auch noch körperlich verletzen konnte. Denn es tat auch so weh. Ich fühlte mich eklig, obwohl ich wusste, dass sie es waren die eklig waren. Ich fühlte mich hilflos, ängstlich, wehrlos und irgendwann konnte ich gar nicht mehr lächelnd durch die Straßen gehen und versuchte durch meine Mimik mein Missfallen auszudrücken.

Ich weiß, dass sexuelle Belästigungen nicht nur in Lateinamerika ein Problem sind und ich denke, dass jedem, der diesen Blogeintrag liest, das auch bewusst ist. Vermutlich kann jede weiblich aussehende Person mindestens eine Situation nennen, in der sie sexuell belästigt wurde.

Nichtsdestotrotz, freute ich mich ungefähr genauso wieder zurück nach Mexiko zu fliegen, wie auf diese Woche „Auszeit“ in Kolumbien.

Denn ich hatte beschlossen nach meiner Rückkehr bei meiner Gastfamilie auszuziehen.

 

Hier noch ein paar Fotos:

Am Flughafen in Santa Marta

Weiße Kleidung, als Kennzeichnung der Indigenen in Tayrona Park.

Spaghetti-Eis, was eigentlich eine Packung Reibekäse war (???)

Mittagspause 🙂

Hängebrücke auf dem Weg zum Seminarraum

Mückennetze um vor Krankeheiten zu schützen

 

Ich bin’s wieder

Ich habe viel an meinen Blog gedacht und die Tatsache, dass meine letzten Einträge eigentlich nur Horrormeldungen waren. Natürlich will ich das so nicht stehen lassen und mir war von Anfang an klar, dass noch eine Fortsetzung folgen würde.

In den kommenden Blogeinträgen möchte ich euch also alles berichten, was noch passiert ist, was noch kommen wird und wo ich jetzt eigentlich bin.

Außerdem möchte ich gerne eine Serie schreiben unter dem Titel „Leben in Mexiko“ für alle, die über längere Zeit in Mexiko leben möchten, da ich bei meiner damaligen Recherche kaum Informationen finden konnte.

Kein Ende in Sicht…

Nach den letzten Wochen dachte ich eigentlich, dass es nicht schlimmer kommen kann. Aber es geht und zwar das schlimmste, was ich mir je hätte vorstellen können. Meine Oma ist am 19. November im Alter von 96 Jahren gestorben.

Ich weiß gar nicht, was ich sagen oder fühlen soll. Um ehrlich zu sein, haben meine Familie und ich uns schon seit längerem darauf versucht vorzubereiten und an den Gedanken zu gewöhnen, aber natürlich kann man sich darauf nie vorbereiten und ich bin unendlich traurig und geschockt.

Nach einer Nachricht meiner Schwester, dass sie meine Oma im Pflegeheim besucht hatte und sie sich weigerte, etwas zu essen, zu trinken und zu reden, wusste ich irgendwie, dass etwas nicht in Ordnung ist… also noch weniger als sonst. Sie aßen wohl noch ein Stück Kuchen zusammen und meine Oma sagte, wie gut ein Glas Sekt dazu passen würde und dann schlief sie ein und wachte nicht mehr auf. Eigentlich ein schöner Tod.

Bereue ich es, nicht bei ihr gewesen zu sein in den letzten zwei Monaten? Nein. Ich weiß, dass meine Oma sich so gefreut hat, dass ich die Möglichkeit habe nach Mexiko zu gehen und das sie so stolz auf mich war. Am selben Tag, als ich nach Guadalajara geflogen bin, habe ich sie nochmal im Pflegeheim besucht. Als ich ihr erzählte, dass wenn ich nächstes Jahr im August zurück komme sie 97 Jahre alt ist, sagte sie „Das ist zu alt… das mach ich nicht.“ und spätestens da hatte ich die beängstigende Vorstellung sie nicht mehr wiederzusehen. Ich umarmte sie ganz fest und sagte ihr, dass ich sie unglaublich doll lieb habe und sie drückte meine Hand so fest sie es konnte.

Was mache ich jetzt also? „Fliegst du zurück nach Deutschland?“, fragte mich Isabell eigentlich sofort nachdem ich auf einmal weinend im Kindergarten vor ihr stand und erzählte, was passiert war. Und ich glaube ja. Es würde sich für mich einfach falsch anfühlen, es nicht zu tun. Ich weiß nicht wann und ich weiß nicht für wie lange und ich muss auch erst mal mit meinen Eltern, der Schule und kulturweit reden. Denn, wenn ich zurück nach Deutschland fliege, möchte ich vermutlich auch über Weihnachten bleiben. Auch, wenn das überhaupt nicht der Plan war. Aber ich möchte auch unbedingt wieder zurück nach Mexiko. Ich habe mein Leben hier, trotz der ganzen Strapazen so lieb gewonnen und ich könnte mir nicht vorstellen, alles jetzt einfach abzubrechen. Der Gedanke nicht wieder zurück zu kommen, ist genauso komisch wie wieder nach Deutschland zu fliegen, wenn man sich eigentlich darauf eingestellt hat ein ganzes Jahr zu bleiben. Ich weiß aber auch, dass ich alles andere bereuen würde. Ob ich es auch mache, oder machen darf, ist noch etwas anderes, aber es wäre mein Wunsch.

Am Freitag fliege ich erst mal nach Kolumbien zum Zwischenseminar und dann sehe ich weiter.

Ich hab dich ganz doll lieb Omi.

I`m a survivor!

Ich erinnere mich noch, wie während des ersten Monats zu allen meinen Freunden und meiner Familie sagte: „Alles ist einfach so perfekt. Ich bin schon richtig skeptisch… Ist das die Ruhe vor dem Strum?“… Und hier sind wir nun. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht wie und wo ich anfangen soll. Die letzten beiden Wochen kamen mir vor wie ein ganzes Jahr. Die Tiefpunkte, die ich erlebt habe, reichen vermutlich auch dafür…

Fangen wir also von vorne an. An einem Mittwoch hatte ich mal wieder ein Gespräch mit Gastmutter, während wir im Auto saßen. Meiner Familie und engen Freunden hängt das Thema vermutlich schon zum Halse raus (mir ehrlich gesagt auch) aber es ging natürlich mal wieder um das Deutsch meines Gastbruders Samuel, welches immer noch schlecht ist beziehungsweise sogar noch schlechter. Während unseres Gespräches viel mehrfach der Satz „Daran musst du was ändern“ und ein Satz, der mir die Kehle zu geschnürt hat: „Am Ende deines Aufenthaltes muss Samuel fließend Deutsch sprechen und du fließend Spanisch“. An dem Abend habe ich zwei Stunden heulend mit Leo telefoniert. Ich hielt diesen Druck und die Erwartungen, die unerfüllbar schienen einfach nicht mehr aus. Ich hasse das Wort „müssen“. Natürlich möchte ich Spanisch lernen, aber eben, weil ich es möchte und nicht, weil ich es muss. Und dann „Erwartungen“… auch ein Horrorwort.

Viele Mexikaner haben mich gefragt, was meine Erwartungen sind oder waren als ich hierhergekommen bin. Und ehrlich gesagt hatte ich keine.  Wozu auch? Denn wie mein Vater immer sagt: Oft kommt es anders und selten wie man denkt. Ich habe mich fast schon geweigert über Mexiko und Guadalajara zu informieren. Denn ich wollte mir mein eigenes Bild machen. Ich wollte ganz unvoreingenommen sein. Und ich bereue meine Entscheidung nicht. Ich wollte nicht von irgendeinem Reiseguru hören, wie „die Leute hier so sind“, wenn jeder Mensch doch ganz unterschiedlich ist und man nichts verallgemeinern kann. Mein Motto ist immer: Je weniger Erwartungen man hat, desto glücklicher ist man. Und es hat sich für mich bis jetzt immer bewahrheitet. Zum Beispiel habe ich gedacht, dass ich bei meiner Gastfamilie einfach nur einen Raum haben werde und ansonsten auf mich allein gestellt bin. Stattdessen bin ich in der Familie integriert und fahre zu Oma und Opa und auf Reisen. Das ist besser als alles, was ich hätte erwarten können.

Nach Zusammenbruch Nummer eins folgte am Freitag ein weiteres Gespräch. Diesmal aber (Überraschung!) nicht über meinen Gastbruder, sondern über die Sicherheit und Leo. In einem eineinhalb stündigen Vortrag hat mir meine Gastmutter diverse Horrorgeschichten erzählt, die meiner Gastfamilie und engen Freunden passiert sind und ich war schockiert, fast traumatisiert. Geschichten über eine Freundin meiner Gasttante, die einem alten Mann helfen wollte und dann auf einmal in einem Auto saß und nach Thailand verschifft werden sollte, oder meinem Gastvater, der zweimal fast erschossen wurde. Mein Gastbruder, der mit zwei fast gekidnappt wurde. Meine Gastmutter, die für ein Jahr in einer Beziehung war, bis sich herausstellte, dass ihr Freund Drogen herstellt und verkauft. Die Haushälterin meiner Gastgroßeltern, die mit einer Droge so gefügig gemacht wurde, dass sie ihr ganzes Geld und Schmuck ohne Widerrede dem Täter gegeben hat.

Und ich begann alles zu hinterfragen. Wieso verstand ich mich so super gut mit Leo? Wieso fühlte ich mich in seiner Nähe so unfassbar wohl? Wieso hatte ich in letzter Zeit keinen wirklichen Appetit? Wieso kamen in diesem Moment all diese Zweifel auf und wenn ich in seiner Nähe war, war ich zweifelsfrei und mir zu 100% sicher, dass nie etwas Böses in ihm sein könnte.

Ich fühlte mich total verloren und wusste gar nicht wo mir der Kopf steht. War ich auf Drogen und wurde die ganze Zeit manipuliert oder waren das meine eigenen Gefühle? War das alles einfach nur verrückt oder ein ausgeklügelter Plan? Verlor ich mich selber, wenn ich diese Gedanken hatte oder war ich immer noch ich selbst? Werde ich jemals jemandem 100% trauen können oder war das nicht möglich?

Und wieder übermannten mich meine Gefühle und ich weinte darüber, dass alles so verdammt kompliziert war.

In derselben Woche waren in der Deutschen Schule sehr viele Feierlichkeiten. Einmal der vierzigjährige Geburtstag der Schule am Freitag, sowie das Oktoberfest am Samstag. Viel zu erledigen und alle waren aufgeregt.

Ein Missverständnis zwischen meine Ansprechperson und mir sorgte für ein weiteres Drama und ich begann mich zu fragen, ob ich eigentlich gut in meinem Job war. Was hielten eigentlich die Erzieherinnen im Kindergarten von mir? Erwartete die Schule, dass ich in meinen ersten beiden Monaten schon fünf AGs leite, so wie es an meinem ersten Tag rüberkam? Waren sie enttäuscht von mir und hätten sich mehr erhofft?

Sonntag war dann der Höhepunkt dieser Woche. Ich hatte auf einmal 38,8 Grad Fieber, Kopfschmerzen und Augenschmerzen und alles deutete darauf hin, dass ich das berühmte Dengue-Fieber hatte. Eine Krankheit, die von Mücken übertragen wird und zum Teil sogar lebensbedrohlich sein kann. Ich schluckte also diverse Paracetamol, denn was anderes kann man leider nicht tun und blieb am Montag und Dienstag zu Hause um mich auszukurieren. Glücklicherweise ging es mir schnell wieder besser und wir konnten das Dengue-Fieber ausschließen.

Und dann kam Freitag (gestern). Ich hatte mich mal wieder mit Leo verabredet, gingen wir in einen Irish Pub und tranken ein paar Bier als Leo sagte, dass er mit mir reden müsse. Ich wusste, dass wir früher oder später über uns reden mussten. Das war sogar mein Wunsch gewesen. Ich hatte ihm ein paar Tage zuvor gebeten, ehrlich mit mir zu sein. Egal, wie hart die Wahrheit auch sein mag. Das war einfach ein persönliches Anliegen von mir. Eine andere lange Geschichte, aber Ehrlichkeit ist mir sehr wichtig. Also sagte er mir, dass er mich liebt und absolut toll findet… aber nur als Freundin. Irgendwie hatte ich es geahnt, war aber in dem Moment trotzdem geschockt und etwas verletzt. Der Witz bestand nämlich aus all den Dingen, die er mir davor erzählt hat. Zum Beispiel, dass ihn jedes Lied das er hört ihn an mich erinnert. Dass er komplett mein ist. Dass er mich am liebsten heiraten und mit mir nach Deutschland kommen will. Dass er viel zu schnell Gefühle für mich entwickelt. Sogar seine Freunde kamen zu mir und haben mich gefragt, ob wir zusammen sind, denn Leo erzähle ständig nur von mir, dass es schon nervig wäre.

Da lag ich also nachts um drei Uhr morgens wieder in meinem Bett, heulend und mich selbstverfluchend, wie ich immer so naiv sein konnte. Ich meine mir war klar gewesen, dass diese ganze Sache mit dem heiraten total bescheuert und nicht ernst gemeint war und tief in mir drin, wusste ich auch, dass kein Paar aus uns geworden wäre. Aber, wieso hatte er mich, nachdem er mir gesagt hat, dass wir „nur Freunde“ sind trotzdem geküsst? Wieso wollte er, dass ich trotzdem zu ihm nach Hause komme und nur neben ihm im Bett liege und kuschle… „so ganz unter Freunden“? Ja, ich bin vielleicht naiv und ja, ich fühle immer sehr viel, aber ich bin nicht dumm und ich lasse auch niemanden so mit mir spielen.

Tja, und hier sitze ich nun bei strömenden Regen in meinem Zimmer und denke mir, was zur Hölle war das für eine beschissene Woche. Eine richtige sche*ß Woche. Und trotzdem bin ich auf eine absurde Art und Weise dankbar. Wer hätte gedacht, dass ich innerhalb von zwei Monaten diverse Familiendramen, eine tödliche Krankheit und eine fast schon Trennung durchlebe? Und ohne selbstverliebt zu klingen (oder vielleicht nur ein bisschen): Ich bin so stolz auf mich, wie ich alles gemeistert habe und meistere. Ich weiß, dass das Gefühl verloren zu sein, was ich die letzten Wochen hatte, einfach mein Leben ist, was mich gerade dermaßen aus meiner Komfortzone schleudert, dass mir schwindelig wird. Ich habe das Gefühl, dass ich wieder ein Stück gewachsen bin… innerlich. Wieder ein bisschen stärker, wieder eine neue Erfahrung und wieder, habe ich mich neu kennengelernt. Das ist das Leben und ich bin froh, dass es immerhin nie langweilig wird. Da kann ich nicht meckern! Also versuche ich jetzt einfach alle Götter im Himmel anzuflehen, dass es ab jetzt wieder bergauf geht und möchte mich an dieser Stelle nochmal bei all meinen Freunden und meiner Familie bedanken, die mich nie im Stich lassen und jede Freude, Trauer und Wut mit mir durchleben und teilen. Ich habe euch ganz doll lieb.

Also werde ich jetzt einfach tief durchatmen und mit neuem Elan und Optimismus durchstarten. Wünscht mir Glück!

prägende Ereignisse – Rückblick Monat Zwei

Ich habe das Gefühl, dass diesen Monat drei sehr prägende beziehungsweise wichtige Dinge passiert sind.

In chronologischer Reihenfolge:

Wie ich in meinem letzten Post schon kurz erwähnt habe, war ich in den Herbstferien mit meiner Gastfamilie in Bucerias, einem Ort in der Nähe von Puerto Vallarta. Dort, wo das salzige Wasser des Pazifiks an den Strand trifft.

Und als ich dort so im Meer stand. Umgeben von den hohen Bergen und Palmen, verspürte ich nicht nur das Gefühl von unglaublicher Dankbarkeit, sondern auch Vertrauen.

Denn so poetisch und bescheuert, wie es auch klingt: Jedes Mal, wenn mich eine der großen Wellen hochriss und ich den Boden nicht mehr unter den Füßen spürte, konnte ich mir trotzdem sicher sein, dass ich wieder sicher auf dem Boden abgesetzt werde. Egal, wie hoch die Welle und egal, wie sehr ich es wollte oder nicht. Und in diesem Moment dachte ich mir, wieso nur der Welle trauen und nicht gleich dem ganzen Leben. Wieso mir den Kopf zerbrechen, wenn ich auch einfach tief durchatmen und mir sicher sein kann, dass am Ende des Tages schon irgendwie alles gut sein wird. Und um ehrlich zu sein hat mir diese Denkweise bis jetzt so viel Gutes, Zuversicht und innere Ruhe gebracht.

Wie zum Beispiel bei „Geschehnis“ Nummer zwei.

Ich will meinen Blog offen gestalten. Nicht jeder Tag meines Lebens in Mexiko ist perfekt, auch wenn ich hier sehr glücklich bin. Es gibt wie im Ozean, wie eine Welle immer Höhen und Tiefen und ich gebe zu, dass ich letzte Woche ein kleines Tief hatte. Beziehungsweise einfach etwas, dass mich sehr beschäftigt hat.

An einem Sonntagmorgen (um genau zu sein den 27. Oktober) hatte ich, nach einer gewissen Partynacht zu der ich später noch kommen werde, ein Gespräch mit meiner Gastfamilie.

Es ging hauptsächlich um das bekannte Problem mit meinem Gastbruder, welches ich schon etwas in dem Blogeintrag über meine Gastfamilie (Klick!) erwähnt habe. Im Folgenden möchte ich keinen als schuldig darstellen, sondern will lediglich das Gespräch und meine Emotionen dabei schildern.

Meiner Gastfamilie war nämlich auch aufgefallen, dass irgendetwas nicht richtig bei meinem Gastbruder und mir hinhaut. Ich erklärte ihnen die Situation, dass ich manchmal das Gefühl hätte, dass er Angst vor mir hätte und mich einfach nicht mag. Zu hören, dass dies stimme, war hart für mich. Insbesondere das Gespräch, was dann folgte, indem mein Gastbruder toll dargestellt wurde und mir das Gefühl gegeben wurde, dass alles mein Fehler ist und sie total enttäuscht von mir sind, war sehr überraschend für mich… ein bisschen wie ein Schlag in Gesicht. Schließlich hatte ich davor all meinen Freunden und meiner Familie berichtet, wie klasse meine Familie ist, wie super wir uns verstehen und das ich nicht mal Heimweh habe! Zu hören, dass sie nicht dasselbe fühlen, hatte mich sehr getroffen. Grund dafür waren unter anderem, dass ich viel in meinem Zimmer bin und mich zu wenig im Familienleben integriere und dass ich mehr mit Samuel Deutsch üben und ihn ansprechen soll. Auch wenn ich froh war, dass sie es mir gesagt hatten, musste ich diesen Kloß an Negativem erstmal verdauen.

Samuel war bei dem Gespräch nicht anwesend, sondern bei meiner Gasttante. Nachdem Gespräch sind meine Gasteltern mehr oder weniger vom Frühstückstisch aufgesprungen und ihn abholen gefahren und ich stand da wie ein begossener Pudel. Ich wusch das Geschirr ab und dachte über das nach, was mir gerade passiert ist und konnte nicht anders als zu weinen. Ich war immer noch so überrascht, wie ich mich so hatte täuschen können.

Ich rief meine Familie in Deutschland kurze Zeit später an und erklärte ihnen, was passiert ist. Das was mir eigentlich schon klar war, stand nach dem FaceTime-Gespräch fest: Ich musste nochmal mit meiner Gastfamilie über alles reden.

Wie ich so war verbrachte ich viel Zeit mit nachdenken, reflektieren und überlegen, was und wie ich es am besten sage.

Den Tag darauf sprach ich also meine Gastmutter nach dem Abendbrot nochmal darauf an. Ich erklärte ihr, dass ich das Gefühl hätte sie enttäuscht zu haben und dass es mir leidtue. Der Grund, wieso ich bei geschlossener Tür in meinem Zimmer sei, hatte gar nichts damit zu tun, dass ich mich von meiner Gastfamilie belästigt fühle, sondern einfache Gründe wie meine fast immer offenen Fenster, wegen denen die Tür immer zu fiel, dass ich Spanisch übe und meine Gastfamilie nicht stören will oder ich insbesondere während des ersten Monats einfach k.o. von meinem neuen, langen und abwechslungsreichen Tagesablauf war. Ich erzählte, dass ich es einfach nicht gewohnt war, jeden Tag von früh bis spät beim „LaserTag“, Familientreffen, Restaurants oder Einkaufszentren zu sein. Meine Gastmutter verstand dies und meinte, dass sie sich einfach Sorgen gemacht hätten, dass ich Heimweh hätte. Insbesondere nach dem ersten Monat komme dies schließlich häufig vor. Ich erzählte ihr, dass das Gegenteil der Fall sei und ich mich ehrlich gesagt sehr wohl fühle und das Gespräch deshalb sehr überraschend für mich war. Was für mich auch noch ein wichtiger Punkt war, war das Thema „Samuel Deutsch beibringen“. Ich wusste, dass mein Gastbruder nicht der beste in Deutsch war und seine Lust und Laune die Sprache zu lernen, beziehungsweise die Zeit zu investieren auch eher gering. Ich bin keine ausgebildete (Deutsch-) Lehrerin und wenn meine Gasteltern mich bitten mit ihm Deutsch zu üben, ohne genau zu sagen was, kann ich keine Unterrichtsstunde mit perfekten Materialien her zaubern und weiß, wo seine Probleme sind. Ich helfe immer gerne und so gut ich kann, aber am Ende des Tages, muss mein Gastbruder selber die Vokabeln lernen, da kann ich noch so viele Vokabel-Memorys basteln und mit ihm spielen.

Wir einigten uns also darauf, dass ich die darauf folgende Woche mit Samuels Deutschlehrerin sprechen würde und mich über die Dinge, die nicht so gut laufen informiere und mit Samuel jeden Tag, wenn auch nur kurz, übe. Dass ich meiner Gastfamilie so viel wie möglich sage, was ich in meinem Zimmer mache, sowie einmal die Woche koche und das Haus fege und wische, weil die Haushaltshilfe nur montags und mittwochs kommt.

Ich bin froh, dass wir noch einmal darüber reden konnten, aber ich fühle mich sehr unter Druck gesetzt. Ich weiß jetzt, dass der einzige Grund, wieso ich bei meiner Gastfamilie lernen kann, der ist, dass ich meinem Gastbruder Deutsch beibringe. Hinzukommt, dass ich jetzt das Gefühl habe die ganze Zeit von ihnen beobachtet und analysiert zu werden, wodurch ich mich einfach nicht wie ich selber fühle und als wenn ich Dinge mache/sage/tue, weil ich es will, sondern weil ich sie machen muss. Auch wenn ich sie davor vielleicht ohne drüber nachzudenken gemacht hätte.

Auf die Frage meiner Freunde und Familie, ob ich nicht meine Gastfamilie wechseln oder ausziehen will, antworte ich immer mit nein. Denn ich mochte/mag meine Gastfamilie und hoffe einfach, dass dies nur eine Phase ist und bald wieder besser wird.

Kommen wir also zu Ereignis Nummer drei.

Mein neuer Freund! Ja, ich weiß es klingt total bescheuert, dass ich mich so darüber freue und es als Ereignis betitle. Aber so ist es nun mal. Leo habe ich über Tinder kennengelernt und bevor alle aufschreien: Er ist ganz normal und wir haben uns irgendwelche Hintergedanken kennengelernt. Ehrlich gesagt, haben wir eigentlich kaum gesprochen, bevor wir uns getroffen haben. Ich habe auf Tinder lediglich geschrieben, dass ich gerne ein paar Leute kennenlernen würde, wir haben gematched, uns kurz darüber unterhalten, was ich in Guadalajara mache und dann war erstmal wieder Sendepause. Er lud mich ein paar Wochen später zu einer Party ein, zu der ich aber nicht kommen konnte, weil ich ich im Urlaub war. Dann war wieder Ruhe und auf einmal fingen wir an zu schreiben und ich erzählte ihm, dass ich eine Liste hätte mit Museen zu denen ich gerne gehen würde und er bot mir an mitzukommen. Wir trafen uns also am Samstag im Hospicio Cabañas (einem sehr interessanten Museum, über die Geschichte Mexikos und ganz vielen tollen Kunstwerken von unfassbar begabten Menschen aus dem Norden Mexikos)  und ich war eigentlich sofort dankbar und begeistert von seinem Wissen über die mexikanische Kultur/Kunst und seinem sehr guten Englisch, auch wenn er dies immer abstreitet). Obwohl ich mir vor unserem Treffen gesagt habe, dass wenn es nichts ist, ich einfach nach dem Museumsbesuch wieder nach Hause und ihn nie wieder sehen muss, verstanden wir uns so gut, dass wir beschlossen durch die Stadt zu schlendern, in eine Bar zu gehen (wo ich gefühlt jedes existierende mexikanische Bier probiert habe) und danach feiern zu gehen. Ja, das alles war definitiv nicht geplant! Wir trafen uns direkt am Mittwoch nochmal und dann wieder am Samstag, wo ich seine Freunde kennenlernte und sind eigentlich ständig dabei zu schreiben und unser nächstes Treffen zu planen. Und tja, was soll ich sagen? Ich bin unglaublich froh und dankbar ihn hier zu haben. Bei dem ganzen Drama mit meiner Gastfamilie stand er mir immer zur Seite und ich kann mit ihm über jeden Käse reden und er wäre für mich da… und umgekehrt natürlich genauso. Wir können den ganzen Tag lachen, essen, schreiben, trinken, uns gegenseitig piesacken und die Ohren voll heulen und es würde trotzdem nie langweilig werden. Wer hätte gedacht, dass ich so schnell einen so tollen Menschen und besten Freund kennenlernen würde? Ein Glück hatte ich an diesem Samstag meine Paranoia zu Hause gelassen und einfach mal dem Leben vertraut 🙂

So viel von mir heute! Wie immer sind Fragen, Kommentare und Anregungen herzlich Willkommen… Bis bald!

 

sicher-lich

Ich glaube, das erste, was einem in den Sinn kommt, wenn man an Mexiko denkt ist: Tequila, Tacos und alle möglichen Sicherheitsbedenken. Tja und was bleibt mir anderes übrig als zu sagen, dass diese Klischees tatsächlich wahr sind.

Ich muss aber auch dazu sagen, dass mir bis jetzt noch nichts passiert ist. Dennoch war ich am Anfang sehr paranoid. Während ich in Deutschland immer gesagt habe, dass schon alles gut wird, schließlich gibt es hier auch Menschen, die ganz normal ihr Leben leben, war ich doch etwas panisch als ich in Mexiko ankam. Ich erinnere mich noch daran, wie ich einmal durch einen Park auf dem Weg zu einem Shopping-Center gegangen bin und mir nicht getraut habe, eine Sonnenbrille aufzusetzen oder Musik zu hören, weil ich Angst hatte, nicht zu hören oder zu sehen, was um mich herum passiert. Und um ehrlich zu sein ist diese Art von Paranoia sehr ungewohnt für mich. Ich würde mich sogar tatsächlich als naiv einschätzen und kann mir nicht vorstellen, dass mir irgendwer etwas Böses antun könnte.

Ich vermute allerdings, dass diese ganze Sensibilisierung, dass etwas passieren könnte, tatsächlich etwas Gutes hat. Denn ich muss nun mal hier in Mexiko aufpassen. Ich kann nicht leugnen, dass ich mit meinen blonden Haaren und blauen Augen nicht auffalle. Und ich gebe zu ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass sich Leute auf ihren Fahrrädern nochmal umdrehen, wenn sie an mir vorbeifahren oder ich, wenn ich gerade mal zwei Minuten irgendwo sitze direkt angesprochen werde und dann den mittlerweile klassischen Spruch höre, was ich für schöne Augen hätte und dass meine Haare aussehen als wären sie aus Gold. In Begleitung von anderen Mexikanern, bin ich relativ unauffällig und werde nicht unbedingt beachtet.

Es gibt ein paar Sicherheitsregeln, die es einem aber leichter machen und mittlerweile habe ich mich daran auch schon gewöhnt. Zum Beispiel:

  1. Wenn ich das Haus ohne meine Gastfamilie verlasse, muss ich ihnen immer über WhatsApp meinen Standort schicken, damit sie wissen wo ich bin.
  2. Fahre ich mit einem Uber (eine Art Taxifirma) muss ich gucken, ob das Kennzeichen richtig ist, die Farbe und Marke des Autos, sowie der Name des Fahrers.
  3. Nicht alleine im Dunkeln draußen sein und einsame Gegenden meiden.
  4. Alles, wo ich ein ungutes Gefühl habe oder mir nicht sicher bin vermeiden.
  5. Ich muss Personen, die ich kennenlerne, mindestens einen Monat kennen, bevor ich zu ihnen nach Hause gehe, weil sie mich ausnutzen oder belästigen könnten.
  6. Geld nicht sichtbar zeigen oder zählen. Gleiches gilt für das Handy. Dieses sollte insbesondere nicht nah an Straßen benutzt werden, da Motorradfahrer es im Vorbeifahren aus der Hand reißen können.
  7. Immer beobachten, was um dich herum passiert. Auch auf der anderen Straßenseite.
  8. Keinen auffälligen oder viel (Gold-)Schmuck tragen.
  9. Und das, was für mich am härtesten ist: „Traue niemandem“

Generell wird gesagt, dass das Stadtzentrum Guadalajaras gefährlicher ist und man aufpassen soll. Die Vororte wie Zapopan gelten als relativ sicher. Dennoch gibt es natürlich immer Ecken, die man meiden sollte.

Ich bin dennoch der Meinung, dass man ganz gut selber einschätzen kann, wie man sich verhält oder verhalten muss. Ich gehe auch ganz normal und benutze dabei mein Handy und gehe mittlerweile auch durch den Park mit Sonnenbrille und Musik auf den Ohren. Ich treffe mich mit fremden Leuten und ich bin auch nach 20 Uhr außer Haus. Trotz aller Warnungen, Ängste und Vorurteile muss man sich trotzdem sagen, dass Guadalajara eine ganz normale Stadt ist, mit ganz normalen Leuten und das alles, was mir hier passieren könnte, auch in Deutschland passieren kann. Man muss halt einfach nur vorsichtig sein.

Aber das Thema Sicherheit spielt nicht nur eine Rolle in Sachen Kriminalität, sondern auch in der Gesundheit.

So darf man beispielsweise auf gar keinen Fall das Wasser aus der Leitung trinken, oder an zwielichtigen Straßenständen essen. Ich habe tatsächlich von zwei Mädchen gehört, die aktuell im Krankenhaus liegen, weil sie sich daran nicht gehalten haben und die jetzt nahezu todkrank sind (wenn auch wieder auf dem Weg der Besserung… trotzdem nichts, was man erleben will/muss).

Hinzu kommt das erhöhte Risiko von Krankheiten, die durch Mücken übertragen werden. Eine Krankheit die in Guadalajara sehr oft vorkommt (insbesondere in der ärmeren Bevölkerungsschicht) ist das Dengue-Fieber. Leider, kann man sich dagegen kaum schützen. Um das Risiko zu verringern kann man jedoch (hochwertigen!) Mückenschutz auftragen, viel trinken, and allen Fenstern und Türen Mückennetze anbringen und was meine Gastfamilie und ich machen, sind Vitamin B Tabletten einzunehmen, die angeblich helfen (Genau habe ich das Prinzip aber immer noch nicht verstanden). Symptome wären beispielsweise: Lichtempfindlichkeit, grippeartige Erscheinungen, schmerzende Augen und Gliederschmerzen. Das Fieber kann leider auch tödlich ausgehen. Die passiert aber, dank der guten medizinischen Versorgung selten. Malaria ist in Mexiko kaum verbreitet.

Wieso habe ich also diesen komischen Titel „sicher-lich“ gewählt? Klar, muss ich hier mehr beachten. Zumindest mehr als das, was ich bewusst in Deutschland beachten musste. Dennoch fühle ich mich „irgendwie sicher“ hier. Quasi sicher mit Sternchen.

 

 

 

Meine Gastfamilie

Entschuldigt die Verspätung! Ich war letzte Woche in Puerto Vallarta. Einem Ort an der Westküste und konnte deshalb keinen Beitrag hochladen!

Heute möchte ich euch gerne meine Gastfamilie vorstellen, denn mit meiner ihr verbringe ich abgesehen von der Schule wohl die meiste Zeit! Ob auf Ausflügen, Reisen, beim Einkaufen oder bei den wöchentlichen Großfamilien Treffen.

 Etwas bewölkt, aber dennoch wunderschön! Der Strand von Bucerias bei Puerto Vallarta. 

Darf ich vorstellen?

Victor- mein Gastvater

Veronica- meine Gastmutter

Samuel- mein neunjähriger Gastbruder

und das neuste Familienmitglied: Tortuga- die Schildkröte (und ja „tortuga“ heißt Schildkröte auf Spanisch)

Wir wohnen alle zusammen in einem Häuschen in Zapopan (etwa eine halbe Stunde vom Stadtzentrum Guadalajaras entfernt). Das Haus liegt in einem sogenannten „Parque“, welche hier in Guadalajara sehr verbreitet sind. Ein Parque ist ein abgegrenztes Wohngebiet, was von Sicherheitsleuten bewacht wird und welches man nur mit einer Marke, die einen als Anwohner ausweist am Auto befahren darf.

Die Wohngebiete sind meistens von Leuten aus der Mittelklasse und Oberschicht bewohnt und gelten als realtiv sicher. Nichtsdestotrotz besitzt nahezujedes Haus eine Alarmanlage, Bewegungsmelder oder irgendeine andere Art von Sicherheitsanlagen.

Bei uns im Haushaben wir einen Bewegungsmelder, der auf jegliche Bewegungen im und um das Haus mit einem Piepen reagiert. Was am Anfang sehr störend und nervtötend war, fällt mir mittlerweile gar nicht mehr auf.

Eine Freundin hat mich mal gefragt, nachdem ich ihr mein Zimmer gezeigt und erzählt habe, was wir unternehmen und kaufen, ob meine Gastfamilie reich ist. Die Antwort ist nein. Meine Gastfamilie schätze ich als normal (für deutsche Verhältnisse) bis wohlhabend ein, aber nicht reich (wissen tue ich das natürlich nicht genau).

Wie leben am Parque Metropolitano, dem zweitgrößten Park von Guadalajara. Dort kann man auf jedenfalll Sport treiben, was das Zeug hält. Ausgeschilderte Laufstrecken, Sportgeräte und Trainingsgruppen, die sich täglich treffen um Yoga zu machen, boxen oder Fußball zu spielen. Neben Sport kann man dort aber auch auf in den Park gebauten Inseln, grille, kochen oder picknicken oder Pinatas an den extra dafür bereitstehenden Stangen zerschlagen. Hinzu kommen Fahrradverleihe und Seilbahnfahrten über den kleinen Teich in der Mitte des Parks. Sehr schön, wenn ihr mich fragt und ich halte mich da nur zu gerne, wenn auch leider selten auf.

Mein Tagesablauf sieht im Moment wie folgt aus und ist eigentlich jeden Tag gleich:

5.30 Uhr aufstehen

6.30 Uhr mit dem Auto zur Bushaltestelle

7.45 Uhr mit dem Schulbus an der Schule ankommen und zum Kindergarten gehen

13 Uhr zur Verwaltung wechseln oder in den AGs helfen

16.10 Uhr mit dem Schulbus zurück zur Bushaltestelle

17 Uhr mit Samuel und Veronica zu meiner Gastoma fahren und da das erste Abendbrot essen

19 Uhr wieder los und entweder nach Hause oder zur Nachhilfe von Samuel

20 Uhr zu Hause ankommen

20.30 Uhr zweites Abendbrot essen, Essen zum mitnehmen für den nächsten Tag vorbereiten

22 Uhr schlafen… wenn`s klappt.

Am Anfang war ich ehrlich gesagt, sehr überwältigt von diesem Tagesablauf. Ich habe nicht verstanden, wieso wir jeden Tag zu meinen Gastgroßeltern fahren und nicht direkt nach Hause. In Deutschland besuche ich meine Großeltern auch nur einmal die Woche. Aber hier verbringe ich eigentlich mehr bei meinen Großeltern als im Haus meiner Gastfamilie.

Am Wochenende gehen wir Samstagvormittag schwimmen und fahren dann gegen 15 Uhr zu den Eltern von Victor, wo wir bis ca. 20 Uhr bleiben. Am Sonntag essen wir gegen 11 Uhr Frühstück und fahren dann wieder gegen 15 Uhr zu den Eltern von Veronica, wo ich sämtliche Tanten und Onkels, Cousins und Cousinen treffe und dort bis ca. 21.30 Uhr bleibe, bevor auch schon wieder Montag ist und die Woche erneut beginnt. Es wird also nie langweilig und ich hatte von Anfang an das Gefühl, von der Familie herzlich aufgenommen und integriert worden zu sein und fühle mich sehr wohl.

Da ich so viel Zeit mit meiner Gastfamilie verbringe (und damit meine ich nicht den kleinen Kreis Mutter-Vater-Kind), spreche ich meistens von der gesamten Familie also auch meine Gastgroßeltern und Cousins, Cousinen, Onkels und Tanten, wenn ich von meiner „Gastfamilie“ rede.

Was sich bestimmt auch einige fragen werden: Ich rede mit meiner Gastfamilie hauptsächlich englisch. Mein Gastvater hat ein Jahr in Leipzig gaéarbeitet und spricht deshalb sehr gut deutsch (meiner Meinung nach, er findet sein deutsch sehr schlecht). Mein Gastbruder besucht ebenfalls die Deutsche Schule und ich übe mit ihm regelmäßtig Vokabeln & Co., was auch sehr gut ist um mein Spanisch zu verbessern. Da Samuel kein englisch versteht, versuche ich mit ihm spanisch oder eben deutsch zu sprechen. Außerdem verstehe ich mich sehr gut mit meinem Cousin und meiner Cousine, die 19 und 14 Jahre alt sind und englisch sprechen.

Ich gebe zu, dass ich erleichtert bin mit meiner Gastfamilie englisch sprechen zu können. Klar, übe ich dann vielleicht nicht unbedingt spanisch, aber da laber ich eigentlich immer die Kindergartenkinder zu, die sowieso alles suuuper witzig finden, was ich sage. Die meisten Leute, die ich nämlich außerhalb der Schule oder meinem zu Hause getroffen haben, können nämlich sehr selten englisch.

Erst seit letztem Jahr wurde an den Schule Englisch als Pfichtfach engeführt. Es kommt auch leider nicht selten vor, dass ich schief angeguckt werde, wenn ich sage „No hablo espanol“ (Ich spreche kein Spanisch). Das, was für mich im Moment sehr frustrierend ist, ist, dass ich viel verstehe (auch das „Wieso kommt man denn nach Mexiko, wenn man kein Spanisch kann?“, was mal ein Wachmann zum anderen gesagt hat, nachdem sie mich angequtascht haben), aber ich einfach nicht weiß, wie ich das, was ich denke auch sagen kann. Natürlich habe ich nicht erwartet innerhalb eines Monats auf einmal fließend Spanisch sprechen zu können und ich gebe auch auf keinen Fall auf und denke mir „Oh Gott, das wird nie was!“. Ich weiß, dass ich mich irgendwann verständigen kann und gebe mir dafür auch die Zeit, die es eben braucht. Und wie meine treuen und geduligen Taxifahrer immer zu mir sagen: „poco a poco“ (Stück für Stück).

Was ich leider auch nur zu meiner Beziehung zu meinem Gastbruder sagen kann. Wir kommen miteinander klar, keine Frage, aber ich glaube ich bin im Moment die dauerhafte Erinnerung an sein großes Deutsch-Examen am Ende des Schuljahres, welches entscheidet, ob er auf der Schule bleiben darf oder nicht. Viel Druck für so einen kleinen Jungen, wenn ihr mich fragt und ich kann es auch irgendwie verstehen, dass er mich jedes mal, wenn ich mit ihm rede panisch den Kopf schüttelt oder sofort wegrennt. Hinzu kommt, dass er ein Einzelkind ist und bevor ich nach Mexiko gekommen bin natürlich die ganze Aufmerksamkeit seiner Familie für sich hatte. Jetzt und besonders am Anfang war der Fokus auch viel auf mir, was ihn vermute ich immer noch sehr stört. Er weint viel und erwidert nie mein Lächeln. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er mir zeigen will, dass er Dinge besser kann als ich oder muss mich immer korrigieren. Zum Beispiel lege ich die Deckchen auf den Tisch, die wir immer verwenden und er nimmt sie wieder weg und legt andere auf den Tisch, oder wir backen einen Kuchen (eine Backmischung) und er zeigt mir wie man das „richtig“ macht. Ich weiß ich klinge vielleicht etwas bescheuert und wie ein bockiges Kind, was seinen Eltern petzt wie blöd der Bruder ist, aber ich fühle mich gerade einfach etwas… erschöpft. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen kann um eine bessere Beziehung zu ihm aufzubauen. Ich spiele mit ihm Spiele, schenke ihm Süßigkeiten, helfe ihm bei den Hausaufgaben und bin (meiner Meinung nach) immer nett, aber ich pralle gefüllt immer gegen die Wand bei ihm. Tja, aber was bleibt mir anderes übrig als postiv und zuversichtlich zu bleiben und dem ganzen einfach Zeit zu geben, oder eben die Situation zu akzeptieren und vielleicht auch eine „so lala“ Beziehung zu meinem Gastbruder zu haben.

Aber tatsächlich gibt es auch ein paar „Fun-Facts“ über meine Gastfamilie:

1. Was für mich irgendwie am verrücktesten, komischsten und unverständlichsten ist: Wir haben einen Geschirrspüler benutzen ihn aber nie. Wir waschen aaaaalles ab. Und ich meine wirklich alles. Das bedeutet auch das Geschirr vom 3-Gänge-Menü, welches jedes Wochenende die ganze Familie (14-15 Personen) zu sich nimmt. Auf meine Frage, wieso wir den ganze Spaß nicht in den Geschirrspüler tun, habe ich noch keine richtige Antwort bekommen. Einmal musste ich meiner Familie sogar erklären wie das Ding überhaupt funktioniert, wo der Geschirrspültap reinkommt und wie lange ein Waschgang ungefähr dauert. Immerhin werde ich am Ende meines Jahres Abwaschprofi sein.

2. Brotdosen! Meine Gastfamilie liebt sie! Wir haben ungefähr einen ganzen Kleiderschrank damit voll und meine härteste Entscheidung besteht jeden Abend darin, die geeignete für den nächsten Tag zu wählen.

3. Serviette sind das A und O. So wie es bei uns in den Supermärkten Toilettenpapier gibt, findet man hier Servietten und meine Gastfamilie bringt sie überall mit hin. Egal, ob auf dem Essenstisch oder im Auto. Ohne Servietten geht gar nichts.

4. Fleisch ist auch ein ganz großes Thema. Besonders für meine Gastoma! Bei jedem Abendbrot gibt es entweder Fleicheintopf, Gemüse mit Fleisch, Tacos mit Fleisch oder Fleisch zum Fleisch. Also vegetarisch kommt bei meiner Gastfamilie nicht infrage.

5. Milch wird von meiner Gastfamilie getrunken wie Wasser. Auf mein ständiges verneinen, dass ich keine Milch zum Abendbrot trinken möchte, fragte mich meine Gastfamilie ganz entsetzt, ob ich keine Milch möge oder ob man in Deutschland keine Milch trinkt. Ich erkärte ihnen also das ich persönlich nicht gerne Milch pur trinke, sondern beispielsweise nur im Kaffee.

Das soll es für heute erstmal gewesen sein! Falls ihr Fragen, Wünsche, Anregungen oder Feedback habt, würde ich mich sehr über Kommentare freuen.

Und weil ich schon Fragen bekommen habe, wieso ich so wenige oder keine Bilder hochlade. In Guadalajara geht es leider sehr schnell, dass einem das Handy geklaut werden kann. Hinzu kommt, dass ich viel mit dem Auto unterwegs bin und es sich schlecht daraus mit meiner schlechten Handykamera fotografieren lässt. Vielleicht kann ich aber mal einen Post mit Bildern machen oder ich füge sie noch zu älteren Beiträgen hinzu.