Meine Gastfamilie

Entschuldigt die Verspätung! Ich war letzte Woche in Puerto Vallarta. Einem Ort an der Westküste und konnte deshalb keinen Beitrag hochladen!

Heute möchte ich euch gerne meine Gastfamilie vorstellen, denn mit meiner ihr verbringe ich abgesehen von der Schule wohl die meiste Zeit! Ob auf Ausflügen, Reisen, beim Einkaufen oder bei den wöchentlichen Großfamilien Treffen.

 Etwas bewölkt, aber dennoch wunderschön! Der Strand von Bucerias bei Puerto Vallarta. 

Darf ich vorstellen?

Victor- mein Gastvater

Veronica- meine Gastmutter

Samuel- mein neunjähriger Gastbruder

und das neuste Familienmitglied: Tortuga- die Schildkröte (und ja „tortuga“ heißt Schildkröte auf Spanisch)

Wir wohnen alle zusammen in einem Häuschen in Zapopan (etwa eine halbe Stunde vom Stadtzentrum Guadalajaras entfernt). Das Haus liegt in einem sogenannten „Parque“, welche hier in Guadalajara sehr verbreitet sind. Ein Parque ist ein abgegrenztes Wohngebiet, was von Sicherheitsleuten bewacht wird und welches man nur mit einer Marke, die einen als Anwohner ausweist am Auto befahren darf.

Die Wohngebiete sind meistens von Leuten aus der Mittelklasse und Oberschicht bewohnt und gelten als realtiv sicher. Nichtsdestotrotz besitzt nahezujedes Haus eine Alarmanlage, Bewegungsmelder oder irgendeine andere Art von Sicherheitsanlagen.

Bei uns im Haushaben wir einen Bewegungsmelder, der auf jegliche Bewegungen im und um das Haus mit einem Piepen reagiert. Was am Anfang sehr störend und nervtötend war, fällt mir mittlerweile gar nicht mehr auf.

Eine Freundin hat mich mal gefragt, nachdem ich ihr mein Zimmer gezeigt und erzählt habe, was wir unternehmen und kaufen, ob meine Gastfamilie reich ist. Die Antwort ist nein. Meine Gastfamilie schätze ich als normal (für deutsche Verhältnisse) bis wohlhabend ein, aber nicht reich (wissen tue ich das natürlich nicht genau).

Wie leben am Parque Metropolitano, dem zweitgrößten Park von Guadalajara. Dort kann man auf jedenfalll Sport treiben, was das Zeug hält. Ausgeschilderte Laufstrecken, Sportgeräte und Trainingsgruppen, die sich täglich treffen um Yoga zu machen, boxen oder Fußball zu spielen. Neben Sport kann man dort aber auch auf in den Park gebauten Inseln, grille, kochen oder picknicken oder Pinatas an den extra dafür bereitstehenden Stangen zerschlagen. Hinzu kommen Fahrradverleihe und Seilbahnfahrten über den kleinen Teich in der Mitte des Parks. Sehr schön, wenn ihr mich fragt und ich halte mich da nur zu gerne, wenn auch leider selten auf.

Mein Tagesablauf sieht im Moment wie folgt aus und ist eigentlich jeden Tag gleich:

5.30 Uhr aufstehen

6.30 Uhr mit dem Auto zur Bushaltestelle

7.45 Uhr mit dem Schulbus an der Schule ankommen und zum Kindergarten gehen

13 Uhr zur Verwaltung wechseln oder in den AGs helfen

16.10 Uhr mit dem Schulbus zurück zur Bushaltestelle

17 Uhr mit Samuel und Veronica zu meiner Gastoma fahren und da das erste Abendbrot essen

19 Uhr wieder los und entweder nach Hause oder zur Nachhilfe von Samuel

20 Uhr zu Hause ankommen

20.30 Uhr zweites Abendbrot essen, Essen zum mitnehmen für den nächsten Tag vorbereiten

22 Uhr schlafen… wenn`s klappt.

Am Anfang war ich ehrlich gesagt, sehr überwältigt von diesem Tagesablauf. Ich habe nicht verstanden, wieso wir jeden Tag zu meinen Gastgroßeltern fahren und nicht direkt nach Hause. In Deutschland besuche ich meine Großeltern auch nur einmal die Woche. Aber hier verbringe ich eigentlich mehr bei meinen Großeltern als im Haus meiner Gastfamilie.

Am Wochenende gehen wir Samstagvormittag schwimmen und fahren dann gegen 15 Uhr zu den Eltern von Victor, wo wir bis ca. 20 Uhr bleiben. Am Sonntag essen wir gegen 11 Uhr Frühstück und fahren dann wieder gegen 15 Uhr zu den Eltern von Veronica, wo ich sämtliche Tanten und Onkels, Cousins und Cousinen treffe und dort bis ca. 21.30 Uhr bleibe, bevor auch schon wieder Montag ist und die Woche erneut beginnt. Es wird also nie langweilig und ich hatte von Anfang an das Gefühl, von der Familie herzlich aufgenommen und integriert worden zu sein und fühle mich sehr wohl.

Da ich so viel Zeit mit meiner Gastfamilie verbringe (und damit meine ich nicht den kleinen Kreis Mutter-Vater-Kind), spreche ich meistens von der gesamten Familie also auch meine Gastgroßeltern und Cousins, Cousinen, Onkels und Tanten, wenn ich von meiner „Gastfamilie“ rede.

Was sich bestimmt auch einige fragen werden: Ich rede mit meiner Gastfamilie hauptsächlich englisch. Mein Gastvater hat ein Jahr in Leipzig gaéarbeitet und spricht deshalb sehr gut deutsch (meiner Meinung nach, er findet sein deutsch sehr schlecht). Mein Gastbruder besucht ebenfalls die Deutsche Schule und ich übe mit ihm regelmäßtig Vokabeln & Co., was auch sehr gut ist um mein Spanisch zu verbessern. Da Samuel kein englisch versteht, versuche ich mit ihm spanisch oder eben deutsch zu sprechen. Außerdem verstehe ich mich sehr gut mit meinem Cousin und meiner Cousine, die 19 und 14 Jahre alt sind und englisch sprechen.

Ich gebe zu, dass ich erleichtert bin mit meiner Gastfamilie englisch sprechen zu können. Klar, übe ich dann vielleicht nicht unbedingt spanisch, aber da laber ich eigentlich immer die Kindergartenkinder zu, die sowieso alles suuuper witzig finden, was ich sage. Die meisten Leute, die ich nämlich außerhalb der Schule oder meinem zu Hause getroffen haben, können nämlich sehr selten englisch.

Erst seit letztem Jahr wurde an den Schule Englisch als Pfichtfach engeführt. Es kommt auch leider nicht selten vor, dass ich schief angeguckt werde, wenn ich sage „No hablo espanol“ (Ich spreche kein Spanisch). Das, was für mich im Moment sehr frustrierend ist, ist, dass ich viel verstehe (auch das „Wieso kommt man denn nach Mexiko, wenn man kein Spanisch kann?“, was mal ein Wachmann zum anderen gesagt hat, nachdem sie mich angequtascht haben), aber ich einfach nicht weiß, wie ich das, was ich denke auch sagen kann. Natürlich habe ich nicht erwartet innerhalb eines Monats auf einmal fließend Spanisch sprechen zu können und ich gebe auch auf keinen Fall auf und denke mir „Oh Gott, das wird nie was!“. Ich weiß, dass ich mich irgendwann verständigen kann und gebe mir dafür auch die Zeit, die es eben braucht. Und wie meine treuen und geduligen Taxifahrer immer zu mir sagen: „poco a poco“ (Stück für Stück).

Was ich leider auch nur zu meiner Beziehung zu meinem Gastbruder sagen kann. Wir kommen miteinander klar, keine Frage, aber ich glaube ich bin im Moment die dauerhafte Erinnerung an sein großes Deutsch-Examen am Ende des Schuljahres, welches entscheidet, ob er auf der Schule bleiben darf oder nicht. Viel Druck für so einen kleinen Jungen, wenn ihr mich fragt und ich kann es auch irgendwie verstehen, dass er mich jedes mal, wenn ich mit ihm rede panisch den Kopf schüttelt oder sofort wegrennt. Hinzu kommt, dass er ein Einzelkind ist und bevor ich nach Mexiko gekommen bin natürlich die ganze Aufmerksamkeit seiner Familie für sich hatte. Jetzt und besonders am Anfang war der Fokus auch viel auf mir, was ihn vermute ich immer noch sehr stört. Er weint viel und erwidert nie mein Lächeln. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er mir zeigen will, dass er Dinge besser kann als ich oder muss mich immer korrigieren. Zum Beispiel lege ich die Deckchen auf den Tisch, die wir immer verwenden und er nimmt sie wieder weg und legt andere auf den Tisch, oder wir backen einen Kuchen (eine Backmischung) und er zeigt mir wie man das „richtig“ macht. Ich weiß ich klinge vielleicht etwas bescheuert und wie ein bockiges Kind, was seinen Eltern petzt wie blöd der Bruder ist, aber ich fühle mich gerade einfach etwas… erschöpft. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen kann um eine bessere Beziehung zu ihm aufzubauen. Ich spiele mit ihm Spiele, schenke ihm Süßigkeiten, helfe ihm bei den Hausaufgaben und bin (meiner Meinung nach) immer nett, aber ich pralle gefüllt immer gegen die Wand bei ihm. Tja, aber was bleibt mir anderes übrig als postiv und zuversichtlich zu bleiben und dem ganzen einfach Zeit zu geben, oder eben die Situation zu akzeptieren und vielleicht auch eine „so lala“ Beziehung zu meinem Gastbruder zu haben.

Aber tatsächlich gibt es auch ein paar „Fun-Facts“ über meine Gastfamilie:

1. Was für mich irgendwie am verrücktesten, komischsten und unverständlichsten ist: Wir haben einen Geschirrspüler benutzen ihn aber nie. Wir waschen aaaaalles ab. Und ich meine wirklich alles. Das bedeutet auch das Geschirr vom 3-Gänge-Menü, welches jedes Wochenende die ganze Familie (14-15 Personen) zu sich nimmt. Auf meine Frage, wieso wir den ganze Spaß nicht in den Geschirrspüler tun, habe ich noch keine richtige Antwort bekommen. Einmal musste ich meiner Familie sogar erklären wie das Ding überhaupt funktioniert, wo der Geschirrspültap reinkommt und wie lange ein Waschgang ungefähr dauert. Immerhin werde ich am Ende meines Jahres Abwaschprofi sein.

2. Brotdosen! Meine Gastfamilie liebt sie! Wir haben ungefähr einen ganzen Kleiderschrank damit voll und meine härteste Entscheidung besteht jeden Abend darin, die geeignete für den nächsten Tag zu wählen.

3. Serviette sind das A und O. So wie es bei uns in den Supermärkten Toilettenpapier gibt, findet man hier Servietten und meine Gastfamilie bringt sie überall mit hin. Egal, ob auf dem Essenstisch oder im Auto. Ohne Servietten geht gar nichts.

4. Fleisch ist auch ein ganz großes Thema. Besonders für meine Gastoma! Bei jedem Abendbrot gibt es entweder Fleicheintopf, Gemüse mit Fleisch, Tacos mit Fleisch oder Fleisch zum Fleisch. Also vegetarisch kommt bei meiner Gastfamilie nicht infrage.

5. Milch wird von meiner Gastfamilie getrunken wie Wasser. Auf mein ständiges verneinen, dass ich keine Milch zum Abendbrot trinken möchte, fragte mich meine Gastfamilie ganz entsetzt, ob ich keine Milch möge oder ob man in Deutschland keine Milch trinkt. Ich erkärte ihnen also das ich persönlich nicht gerne Milch pur trinke, sondern beispielsweise nur im Kaffee.

Das soll es für heute erstmal gewesen sein! Falls ihr Fragen, Wünsche, Anregungen oder Feedback habt, würde ich mich sehr über Kommentare freuen.

Und weil ich schon Fragen bekommen habe, wieso ich so wenige oder keine Bilder hochlade. In Guadalajara geht es leider sehr schnell, dass einem das Handy geklaut werden kann. Hinzu kommt, dass ich viel mit dem Auto unterwegs bin und es sich schlecht daraus mit meiner schlechten Handykamera fotografieren lässt. Vielleicht kann ich aber mal einen Post mit Bildern machen oder ich füge sie noch zu älteren Beiträgen hinzu.

 

 

Erkenntnisse des ersten Monats

Seit heute bin ich genau einen Monat in Mexiko… Verrückt wie schnell die Zeit vergeht!

Was habe ich also bis jetzt mitgenommen? Was ist mir aufgefallen?

Als erstes muss ich sagen, weil es mir am wichtigsten erscheint, dass ich es hier bis jetzt einfach absolut klasse finde! Schon fast zu toll um wahr zu sein… Meine Gastfamilie ist super und behandelt mich, als wäre ich ihre eigene Tochter. In meiner Einsatzstelle hatte ich bis jetzt immer zu tun und die Arbeit macht mir total Spaß und dann sind auch noch die Leute, die ich bis jetzt kennengelernt habe einfach nur unfassbar freundlich, aufmerksam und herzlich. Das einzige, was noch nicht so super läuft, aber ich denke, dass das auch total normal ist, ist mein Spanisch. Ich bin hierher gekommen und konnte gerade mal „Adios“, „Hola“ und „Gracias“ sagen, und dafür kann ich schon so viele neue Wörter, dass ich dafür wahrscheinlich einen extra Blogeintrag machen müsste. Richtige Sätze zu bilden klappt noch nicht ganz, aber ich bin recht optimistisch zu mal ich auch bald einen Sprachkurs mache.

Eine weitere Erkenntnis wäre, dass ich jetzt tatsächlich sagen kann, mich eingelebt zu haben und mich etwas mehr als zu vor in der Stadt orientieren kann.

Dass, was mir wohl als erstes aufgefallen ist, als ich nach Mexiko gekommen bin (um ehrlich zu sein, direkt nachdem ich den Flughafen verlassen habe) ist, dass ich nie eine richtige Vorstellung von Mexiko hatte. Klar, wusste ich über Tequila, Tacos, Enchiladas & Co. Bescheid, aber wie es hier eigentlich aussieht, davon hatte ich keine Ahnung und meine Recherchen mit GoogleEarth sind dem, was mich hier erwartet hat auch nicht wirklich gerecht geworden.

Denn Erkenntnis Nummer vier ist, dass nicht alles so ist wie es scheint. Das trifft auf soo vieles zu, was ich bisher erlebt und gesehen habe! Zum Beispiel habe ich in meinem ersten Blogpost (Klick!) erwähnt, wie unfassbar die Schule ist an der ich arbeite. Aber es ist bei weitem nicht alles so pompös… ganz im Gegenteil. Viele Menschen sind sehr sehr arm, krank und leben auf der Straße oder mit etwas Glück in winzigen Räumen ohne Fenster. Allgemein ist mir aufgefallen, dass ich eigentlich sämtliche Merkmale von Schwellenländern, die ich in der Schule gelernt habe, auf Mexiko übertragen kann. Dazu gehört unter anderem die große Schere zwischen arm und reich. Was ich aber eigentlich mit meiner Erkenntnis meinte, sind die vielen Häuser. Selten sieht man welche, die keine abgeplatzte Farbe oder irgendwelche kaputten Stellen haben und obwohl ich zugeben muss, dass ich mich immer noch nicht ganz daran gewöhnt habe, hat es doch irgendwie seinen Charme. Auch die zahlreichen Läden, die sich meistens im Erdgeschoss der Wohnhäuser befinden, sind keinesfalls schäbig oder heruntergekommen. Im Gegenteil, sie sind meistens mit viel liebe zum Detail eingerichtet und modern. Ich denke, dass ich da vielleicht einfach zu sehr von meinem deutschen Sinn für Ordnung und Sauberkeit geprägt bin.

Und dann sind wir auch schon bei fast schon Errungenschaft Nummer fünf: Ich kann bei 29°C mit Strickjacke rumlaufen und nicht schwitzen! Als ich noch in Deutschland war, hätte ich das wahrscheinlich nicht vermutet nach meinem Kleiderschrank mit kurzen Kleidern und Hosen  zu urteilen. Die Strickjacke habe ich mir übrigens nach zwei Wochen in Guadalajara gekauft. Denn ja es wird warm/heiß aber meistens erst nach 12 Uhr und dann auch nur wenn die Sonne scheint. Vormittags ist es meistens kühler, also 18°C. Nicht das ich mich beschweren würde! Ich habe gehört in Deutschland sind gerade um die 9°C.

Eine weitere, tatsächlich sehr überraschende Erkenntnis für mich war, dass mir die Arbeit im Kindergarten sehr viel Spaß macht. Wenn ich mich daran zurück erinnere, wie ich im Unterricht saß und nebenan die Kinder aus der Kita kreischten, verband ich dies eher mit Kopfschmerzen und Erschöpfung und hätte nie im Leben freiwillig ein Praktikum im Kindergarten gemacht. Tja, und hier bin ich nun zwischen einem Haufen Kindern, die mich jeden Tag auf Spanisch zu labern und ich find`s klasse! Ich kann auch gar nicht genau sagen, woran es liegt… Ob hier die Kinder ruhiger sind, oder ausgeglichener oder ob ich einfach nur eine gute Gruppe oder sogar Schule erwischt habe? Ich weiß es nicht.

Die letzte Erkenntnis, die ich noch nennen möchte ist: Reflexion, Aufschreiben und das Bedürfnis danach. Ich glaube, wenn ich nicht damit angefangen hätte all meine Erlebnisse aufzuschreiben und zu überlegen ob ich gerade zufrieden bin und was ich eigentlich für Erwartungen habe/hatte, wüsste ich vermutlich gar nicht mehr wo mir der Kopf steht.

Also, was bleibt mir noch zu sagen übrig? Auf einen ebenso guten zweiten Monat!

Alles auf Anfang

Da ich meinen Blog etwas spät angefangen habe, möchte ich euch erst einmal von meinem Flug erzählen… denn da gibt es so einiges zu berichten!

Mein Flug nach Mexiko ging am Freitag dem 13. September 2019 (merkt euch das Datum, denn es wird noch eine entscheidende Rolle spielen). Von Hamburg nach Madrid, von Madrid nach Mexiko-Stadt und von dort nach Guadalajara.

Schwerin – Ich mit meinem Gepäck für 12 Monate Mexiko kurz vor der Abfahrt

Es fing schon alles zu Hause in Schwerin an, wo ich noch ein letztes mal vor meiner Ausreise zu meinen Großeltern gefahren bin. Bereits dort hörte ich im Radio die Meldung, dass alle die zum Hamburger Flughafen wollen, erheblich mehr Zeit einplanen sollen, aufgrund von Verkehrsbehinderungen.

Ich, so aufgeregt wie ich war, wollte natürlich kein Risiko eingehen und meinen Flug um 19.50 Uhr verpassen, weshalb meine Familie und ich um ca. 15 Uhr schon losgefahren sind.

Dort angekommen hatten wir dann doch noch ziemlich viel Zeit um die erste Hürde, das Check-In inklusive Koffer wiegen zu überwinden. Mein Koffer hatte zwar einen Kilo zu viel wurde aber zum Glück trotzdem durchgelassen.

Doch ab dann ging es eigentlich bergab.

Nachdem ich mich etwas traurig aber mit Vorfreude auf mein neues Abenteuer von meiner Familie verabschiedet hatte, wurde ich direkt bei der Sicherheitskontrolle herausgefischt und durfte sämtliche Sachen aus meinen drei Handgepäckstücken (bekanntlich ist ja nur eins erlaubt) herausnehmen. Grund dafür war, wie sich später herausstellte, eine kleine Parfumflasche von Ariana Grande, die die Form einer Granate hatte…

Aber auch diese Hürde hatte ich schnell überwunden und durfte samt Granaten-Parfum zum Gate gehen.

Hamburg – Ready for take off!

Meine Airline war „Iberia“ und mir wurde gesagt, dass man dort in die Gruppen eins bis vier eingeteilt wird, sie deine Nummer aufrufen und man dann in das Flugzeug darf. Also setzte ich mich hin, schrieb ein paar von meinen Freunden und wunderte mich, das ich immer noch nicht ins Flugzeug durfte, wo doch 19.35 Uhr das Boarding schon hätte enden sollen… Als ich plötzlich die Durchsage hörte „Alle Passagiere sollten jetzt zum Gate kommen. Wir schließen.“ Mit klopfendem Herzen sprang ich von meinem Sitz auf (der Mann neben mir hat Vorschreck fast seinen Kaffee verschüttet) und rannte zum Gate. „Ich dachte, die rufen meine Gruppe auf?!“, dachte ich. Mit zitternden Händen nahm ich also im Flugzeug platz. Ich war die letzte, die in den Flieger stieg.

Ich schaute auf meine Uhr und war froh, dass es in fünf Minuten losgehen würde. Aber nichts da! Aufgrund von Sicherheitsproblemen konnte kein Flugzeug den Hamburger Flughafen verlassen. Die anfängliche Viertelstunde weitete sich zu über einer Stunde aus. Was ungefähr meine Umsteigezeit in Madrid gewesen wäre… Meine Reise sollte doch nicht schon in Deutschland ihr Ende finden!

Panisch fragte ich die Stewardess, ob es irgendeinen Weg gäbe in Madrid schneller zu meinem Anschlussflug zu kommen, aber sie schüttelte nur den Kopf.

Als es dann endlich los ging, hatte ich schon die Hälfte der Keks-Packung aufgegessen, die meine Schwester mir, zusammen mit einem Notfall-Paket, zum Abschied geschenkt hatte.

Während der ganzen Wartezeit stand ich in Kontakt mit meiner Familie, die mir berichtete, dass ein Mann ohne Pass oder Flugticket in der Sicherheitskontrolle war und sich geweigert hatte mit der Polizei zu reden.

In Madrid angekommen, schaltete ich sofort mein Handy wieder an und sah die Nachricht von meinem Vater, dass mein Anschlussflug nach Mexiko-Stadt auch Verspätung hatte und erst 0.30 Uhr abfliegen würde. Ich war ungefähr 0.10 Uhr in Madrid und wer den Flughafen kennt, weiß, dass es eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist, den Flughafen in weniger als 20 Minuten zu durchqueren.

Also sprintete ich regelrecht aus dem Flugzeug und lief zu erst panisch umher, bevor ich den Weg zur S-Bahn fand, die mich zum neuen Terminal fahren sollte.

Ich rannte so schnell ich mit meinen drei Handgepäckstücken konnte über Rolltreppen und Laufbänder, über frisch gewischte Böden und an der Passkontrolle vorbei (wo mir der Mann einen skeptischen Blick zu warf) Richtung S-Bahn. Dort wurde mir angezeigt, dass die nächste S-Bahn in fünf Minuten käme. Ich schaute auf die Uhr: 0.23 Uhr.

Von einem Bein auf das andere wippend stand ich vor der Anzeige und betete, dass sie sich schneller bewegen würde.

Endlich kam die S-Bahn und ich wurde vor dem richtigen Terminal abgeliefert.

Ich sprintete die letzten Stufen zum Gate und sah schon die Crew winken. Ich hörte es hinter mir knallen und sah, dass mein Rucksack während des Laufens aufgegangen war und sämtliche Sachen nun auf dem Boden verstreut lagen. Ich verfluchte diesen Tag und schwor mir nie wieder mehr als ein Handgepäck mit zu nehmen. Verzweifelt stopfte ich die Sachen zurück in den Rucksack, stiefelte zum Gate und passierte die Crew.

Nass geschwitzt und total erschöpft quetschte ich mich zuerst an den Leuten der First-Class vorbei, die mich merkwürdig anschauten und ließ mich dann auf meinen Sitz fallen…

Und fing erst einmal an zu heulen. Ich hatte mir das alles irgendwie entspannter vorgestellt… Ohne Panik den Flug zu verpassen und nicht stinkend in einem Flieger zu sitzen.

Ich schrieb meiner Familie, die die ganze Zeit ebenfalls angespannt wach geblieben war, dass ich den Flieger geschafft hatte und es jetzt losgehen würde.

Ich hoffte nur zu sehr, dass die Nachricht „Ab jetzt kann es nur noch besser werden“ von meiner Familie sich bewahrheiten würde.

Nach circa 11 Stunden Flug und einer Stunde weniger Umsteigezeit aufgrund der Verspätung in Madrid, kam ich also am 14. September um 5.30 Uhr morgens in Mexiko-Stadt an. Ich hatte also noch ungefähr eine Stunde bis mein Flieger nach Guadalajara weitergehen würde.

Doch auch hier sollte das Glück nicht auf meiner Seite sein und ich musste zwei Stunden in der Schlange der Einwanderungsbehörde warten… zwar mit einem netten Mädchen aus Österreich, aber dennoch mit einem diesmal wirklich verpassten Flug.

So begann die Irrerei auf dem Flughafen und meine im Grunde genommen Non-Stop Heulerei…

Zu erst musste ich zur Gepäckausgabe, da mein Koffer von Mexiko-Stadt aus nicht nach Guadalajara transportiert werden könne und ich ihn erneut aufgeben müsse. Dort angekommen (ich hatte es eigentlich schon geahnt) war von meinem Koffer weit und breit keine Spur.

Ich sagte der Mitarbeiterin Bescheid, dass mein Koffer nicht hier sei und sie erklärte mir, dass er verloren gegangen sei, jedoch in den nächsten Tagen in Mexiko ankommen sollte.

Mit Tränen in den Augen schlurfte ich vom Schalter und beschloss mich erstmal frisch zu machen, bevor ich mich auch noch um einen neuen Flug kümmern müsse.

Um die nächsten zwei Stunden zusammenzufassen: Ich, total übermüdet und mit verquollenen Augen, musste bestimmt 10 Leute fragen, ob sie mir helfen können und wurde dreimal über den gesamten Flughafen gescheucht und hatte dann endlich einen neuen Flug für 12.30 Uhr. Abgesehen davon, dass keiner am Flughafen so gut englisch konnte wie ich dachte, war ich trotzdem überrascht, dass sie mich bei meinem Geschluchze überhaupt verstehen konnten.

Bei der Sicherheitskontrolle fiel mir kurz wieder ein, dass ich mein Granaten-Parfum noch im Handgepäck hatte. Der Gedanke daran, dass es deshalb wiedermal Probleme geben könnte, schien mir in diesem Moment aber doch egal. Zum Glück wurde ich einfach nur druchgewunken. Jediglich die Flasche Schweriner Mandel-Schnaps (für meine Gastfamilie, wobei ich an diesem Punkt auch nichts gegen ein Schnäppschen gehabt hätte) wurde von den Sicherheitsleuten beäugt, durfte dann aber doch die Reise nach Guadalajara antreten.

Guadalajara – Endlich angekommen!

Der Versuch durch tiefe Ein- und Ausatmung und Lily Allens „Fuck you“ meine Laune zu heben, klappte auch nicht so ganz und ich schrieb meiner Familie, dass ich gar kein Bock mehr habe und am liebsten wieder zurück wolle.

Nichtsdestotrotz stieg ich in den Flieger und landete 13.30 Uhr mit sechs Stunden Verspätung und einer Gesamtreisedauer von ungefähr 25 Stunden in Guadalajara.

Dort wurde ich von meiner Gastfamilie mit einem dicken Lächeln und einem wundervollen Strauß Sonnenblumen empfangen. Ich weiß nicht, was sie von mir gehalten haben müssen: rote, verquollene Augen und vermutlich immer noch leicht müffelnd, aber ich war einfach nur total erleichtert, dass dieser Horror-Tripp ein Ende hatte und aus irgendeinem Grund wusste ich, dass es ab jetzt tatsächlich bergauf gehen würde.