Tag 157 – Ausbooten

Draußen scheint die Sonne, drinnen, in meinem Inneren sieht es düster aus. Weniger als einen Monat Gnadenfrist, bis es wieder zurückgeht. Gestern Abend gab es von kulturweit aus ein Vernetzungstreffen – die „alten Hasen“ mit den „neuen“. Und auch wenn keines unserer kroatischen neuen Häschen dabei war, fand ich es doch spannend, all die vielen Exfreiwilligen und Freiwilligen in spe auf einem Haufen zu sehen.

Ein wenig bittersüß war die Veranstaltung natürlich trotzdem: Nicht, dass ich meine Nachfolgerin Merle nicht mag (wenn ich meine Stelle in Rijeka jemandem gönne, dann ihr), aber ab und zu fühlt man sich doch ein wenig „ausgebootet“. Ja, wenn ich könnte, würde ich mein FSJ gerne – wie Josi und Pius in Bulgarien – verlängern. Doch im Gegensatz zu den jungen Hüpfern um mich herum, muss ich so langsam erwachsen werden und eine Arbeit finden. Und das ist einfach nur frustrierend. Was nützt es mir, wenn in Absagen beteuert wird, wie leid es den Unternehmen tut – etwas daraus lernen kann ich nicht. Viel hilfreicher wäre es, einmal einen Tipp zu bekommen, wo ich mich noch verbessern könnte. Aber da hört die so oft zitierte deutsche Ehrlichkeit alias konstruktive Feedback-Kultur nun mal auf.

Doch genug Trübsal geblasen. Vor mir sitzen 20 Schüler*innen voller Träume und Ideale. Die Realität kann warten. Heute geht es stattdessen um Musik. In dem Sinne: Rijeka, ja volim te!

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Tag 156 – Die Ratten verlassen das sinkende Schiff

Nach der Prüfung ist vor der Prüfung: Heute steht der Gespannschaftswettbewerb auf dem Stundenplan. Unsere Kandidatin hat es eine Runde weiter geschafft und so haben wir das Vergnügen neben dem Leseverstehen heute auch ihr Hörverstehen zu prüfen. Damit dabei jedoch alles mit rechten Dingen zugeht, sitzen Dosi und ich im Raum mit den Prüflingen des Nachbargymnasiums und deren Lehrerinnen wiederum bei unserem Schützling.

So war zumindest der Plan. Denn wie viele unserer Schüler*innen (und nicht zu vergessen unsere Seele von einem Pförter Roberto) befindet sich auch einer der Kandidaten in Selbstisolation, das heißt er muss den Test von Zuhause aus schreiben. Und so sitzt mir statt eines Schülers nun seine Lehrerin gegenüber, die ihm die Unterlagen schickt und die Audios über den PC vorspielt. Was für ein Chaos.

Um die Prüfungszeit zu überbrücken, schaue ich mir die Aufgaben natürlich auch selbst einmal an. Auch bei diesem Test bin ich mir bei einigen Fragen nicht sicher. Interessant wird es allerdings vor allem in dem Moment, als die Texte zum Hörverstehen abgespielt werden: Die Stimmen kenne ich doch! Und tatsächlich, mein Verdacht bestätigt sich – Kroatien ist doch irgendwie ein kleines Land 😉

Während Corona in Rijeka also seine Tentakel weiter ausstreckt und ab Montag wohl alle Klassen wieder in den Online-Unterricht verschwinden, knüpfe ich auf meine letzten Tage doch noch neue Kontakte. Denn als ich gestern vor dem Klassenzimmer auf meinen Einsatz gewartet habe, hat mich die Putzfrau der Schule angesprochen. Ihre Tochter, so hatte sie mir bereits in einem anderen Flurgespräch erzählt, arbeitet in Österreich. Und nun wollte sie die Gelegenheit nutzen, uns miteinander bekannt zu machen. Nachdem ich das magische Wort „broj mobitel“ verstanden hatte (und somit auch den Sinn und Zweck des Gesprächs) tauschten wir unsere Nummern aus. Tja und was soll ich sagen – am Wochenende habe ich ein Blind-Date im Cafe!

Doch auch für heute habe ich noch etwas vor: Es geht nach Opatija, wo Dosi mit den anderen Deutschlehrerinnen die Gespannschafts-Tests korrigiert und ich – da wir wegen Corona nicht in die Schule hineindürfen – mit Katharina eine heiße Schokolade an der berühmten Promenade trinke. Es ist Katharinas erste heiße Schokolade in Kroatien – unglaublich, aber wahr.

Und auch den restlichen Nachmittag lassen wir es uns gutgehen: Auf Dosis Empfehlung fahren wir nach Mošćenice, einem kleinen Küstenörtchen 20 Minuten weiter Richtung Pula. Hoch oben thront es am Berghang und blickt auf einen unter Kroaten*innen ziemlich beliebten Strand hinunter. Nicht lange, dann tun wir es ihm gleich. Anschließend noch ein kleiner Spaziergang durch die hübschen verwinkelten Gassen (bei dem wir uns natürlich verlaufen und gleichzeitig Katzen an den unwahrscheinlichsten Orten entdecken), dann geht es nach Hause ins sonnenbeschienene Rijeka.

Auf der Rückfahrt passieren wir das Dörfchen „Kraj“ (witzig, da kroatisch für „Ende“) und halten noch in Lovran. Denn auch dort ist die Altstadt klein (und zwar so klein, dass wir sie erst einmal suchen müssen) aber fein.

Am Ende beeindrucke ich Katharina, indem ich uns durch die Gassen wieder zum Wagen zurückführe. Der Rest des Weges liegt dann aber wieder ganz in ihren Händen.

 

PS: Schaut mal, was ich gestern nach dem Duschen in der Badewanne gefunden habe:

Urgh – die kroatische Version einer Spinne

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Tag 155 – Große Haie, kleine Fische

Eine Prüfung liegt in der Luft, genauer gesagt die mündliche Prüfung für DSD1. Elf Schüler*innen der zweiten Klasse stellen sich dem persönlichen Gespräch und präsentieren uns einen Aspekt ihres täglichen Lebens.

Dabei sind es anfangs gar nicht die Schüler*innen, denen das Herz bis zum Hals schlägt: Mit kroatischer Pünktlichkeit stürmen Dosi und ich in die Schule, wo Katharina schon ungeduldig mit dem Fuß wippt. Auch der erste Schüler ist bereits in Startposition, das erste Thema: Krav Maga. Während Katharina und Dosi ihren Schäfchen Löcher in den Bauch fragen, lehne ich mich entspannt zurück. Einmal fungiere ich als Plakathalter (meine Arme sind so viel Körperspannung gar nicht mehr gewöhnt), ansonsten habe ich alle Zeit der Welt, diese Zeilen zu tippen.

Um 11 Uhr springe ich kurz für Dosi ein und übernehme den Unterricht. Wir üben kurze Reisedialoge als Sketche ein – etwas, das unerwartet viel Spaß macht. Tja, gerade jetzt, wo ich mich an die vielen Gesichter gewöhnt habe, heißt es schon wieder Abschied nehmen. Zum einen, weil mein Freiwilligendienst bald sein Ende erreicht. Und zum anderen, weil nach Ostern der Schulbetrieb in Kroatien wahrscheinlich erneut vollständig auf den Online-Betrieb umgestellt wird. Eine Aussicht, die Dosi nicht gerade fröhlich stimmt, mich aber zugegebenermaßen ziemlich kalt lässt (ja, ich weiß: shame! shame!).

Ok, vielleicht nicht ganz kalt: In der Schule, bei „Jugend debattiert“ und im Nachhilfeunterricht gebe ich immer noch 100 Prozent – oder vielleicht sogar 110. Denn auch wenn ich die Früchte meiner Arbeit wahrscheinlich nicht mehr mitbekommen werden, die Menschen sind mir einfach ans Herz gewachsen. Und allen voran natürlich Dosi.

Aus diesem Grund ist jedoch nicht nur in „beruflicher Hinsicht“ Endspurt angesagt. Gemäß dem Motto „work hard, play hard“ ist auch meine Freizeit gut ausgefüllt: Heute zum Beispiel geht es hoch auf Ucka. Schon viel zu lange hing mein Blick sehnsüchtig am elegant geschwungenem Bergrücken, jetzt endlich wird die Ameise zum Adler. Nach einem leckeren Mittagessen in Kastav (mit Aussicht auf Ucka) kurvt Dosi uns die Serpentinen nach oben – bis 10 km vor dem Ziel plötzlich ein „Durchfahrt verboten“-Schild auftaucht. Nachdem wir uns beim neuen, aber eigentlich noch nicht eröffneten Naturpark-Center versichert haben, dass dieses Schild eher als freundliche Empfehlung zu deuten ist, machen wir uns trotzdem auf dem Weg. Allerdings gut, dass Dosis Auto einen Allrad-Antrieb hat, denn ein bisschen Schnee und Eis gibt es immer noch auf der Straße.

Oben angekommen stelle ich fest, dass ein Kleidchen und Sneaker vielleicht nicht die optimale Bekleidung für 1.400 Höhenmeter sind. Aber im Schnee lässt es sich ganz gut laufen und trotz der exponierten Lage regt sich kaum ein Lüftchen. Der Ausblick ist atemberaubend – und das nicht trotz, sondern gerade wegen der dramatischen Wolkenkonstellationen: Weiße Schafswölkchen, graue Dunstschleier und drohende, dunkle Regenfronten – alles in Hülle und Fülle vorhanden. Auf Rijeka scheint natürlich die Sonne. Und verzückt entdecke ich, dass ich sogar das Meer hinter der istrischen Halbinsel als goldenen Schimmer sehen kann.

Lange halten wir es allerdings nicht auf dem historischen Türmchen aus. 1911 wurde er von österreichischen Bergsteigern erbaut, seit dem ersten Weltkrieg dient er als Beobachtungsposten (wenn auch heute, so möchte ich hoffen, zu weit friedlicheren Zwecken). Schnee und Wind treiben uns zurück ins Auto. Auf dem Weg dorthin entdecke ich noch eine Paragleiter-Rampe ins Nichts – Wahnsinn, die Idee, dort hinunter zu rennen! Also ich für meinen Teil bevorzuge da doch ein Auto mit Sitzheizung 😉

Tag 154 – Seemannskiste

Heute gibt es mal wieder was aus meiner Seemannskiste: Die Podcast-Folgen zum Thema „Medien“. Steht zwar nicht auf dem Lehrplan, ist aber trotzdem eine spannende, alltagsnahe Sache. Und irgendwie gilt in meinem Fall ja auch: Studium verpflichtet.

Intro/Outro-Musik: Hope (2015) – GEMA freie Musik von https://audiohub.de

Tag 153 – Möwengekreische

Ich weiß nicht warum, aber dieser Song kam mir vor Kurzem in den Kopf – und wie es mit Musik so der Fall ist, er blieb hartnäckig drin stecken. Hier also eine Version vom Original-Interpreten. Selbstverständlich mit dem authentischen Gekreische der Mädels:

Für alle Musikliebhaber, die das Lied selbst genießen wollen: Das geht natürlich auch – zum Beispiel hier.

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Tag 152 – Lagune

Eigentlich bin ich ein Mensch mit Plan. Aber heute habe ich mich mal wieder so richtig sehenden Auges in die Scheiße geritten. Denn als ich am Donnerstag das Wetter für das Wochenende checkte und sah, dass der Samstag sonnig und warm werden würde, habe ich in einer Kurzschlussreaktion entschieden: Ich fahre nach Ozalj. Also Busticket nach Karlovac, Zugticket nach Ozalj und beides natürlich hin und zurück. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen schlief ich ein.

Allerdings nur, um am nächsten Morgen mit einem gehörigen Schreck wieder aufzuwachen: Samstagabend habe ich doch ein seit langem geplantes Geburtstags-Online-Krimidinner mit den Kommilitonen! Mist. Schnell also Laptop aufgeklappt und gegoogelt: Züge, Busse – nichts. Nista. Nächster Versuch: blabla car, Uber. Wieder nix. Dann also Taxi… Autsch, das würde den Preis für den Tagesausflug direkt einmal verdoppeln. Aber wer stur sein will muss leiden.

Immerhin: Wenigstens das Wetter sollte ja gut werden. Und beim Frühaufstehen in Rijeka scheint tatsächlich die Sonne. Nur als wir gen Karlovac abdampfen wird es immer bewölkter und sogar neblig. Na klasse.

In Karlovac angekommen versuche ich mich daher mit einer Schokolade trösten. Doch leider gibt mir die Kellnerin zu wenig Wechselgeld und leider, leider bemerke ich es zu spät. Super Tag. Die Stunde bis mein Zug fährt, will ich mir das Stadtmuseum anschauen. Und typisch deutsch stehe ich schon davor, als die zwei Angestellten erst ankommen. Der Kassenlaptop braucht ewig bis das allseits bekannte düdödödü von Windows erklingt, aber die Kassiererin ist nett (und aus Rijeka was ja beinahe gleichbedeutend ist). Im Museum sind alle Texte nur auf Kroatisch, was allerdings nicht ganz so schlimm ist, da ich sowieso nur wenig Zeit habe.

Schon eine halbe Stunde später mache ich mich auf eiligen Sohlen auf den Weg zum Bahnhof. Ein Örtchen, das mir durchaus gefällt, ist der Bahnhof selbst (wenngleich in Betrieb) doch ein Lost Place: Brachliegende Gleise, leere Hallen und Flure. Auch die kleine Lok, die schließlich einfährt, hat ihre besten Zeiten bereits hinter sich. Im Schritttempo tuckern wir los. Trotz der gemächlichen Geschwindigkeit haben wir Karlovac bald hinter uns gelassen und kleine Bauernhöfe prägen das Bild. Auch die Bahnhöfe sind nur noch kleine Häuschen. Am dritten von ihnen steige ich aus: Ozalj.

Erste Lagesondierung: Kein Taxi weit und breit – was nicht gerade verwunderlich ist, bei dem Provinzbahnhof. Also weiter in die Stadt. Ein Konsum und zwei Cafes später habe ich das „Stadt“zentrum durchquert. Und eine Kurve später taucht der Grund meines Hierseins auf: Das Schloss. Wunderschön liegt es auf dem Felsen am Fluss. Doch noch bevor ich mich über die lange Zugbrücke wage, folge ich einem schmalen, matschigen Trampelpfad hinunter zu den Bahngleisen. Denn durch einen kleinen Tunnel unterhalb der Burg fährt die Eisenbahn. Als ich schließlich wieder oben bin, ist das triste Grau des Himmels aufgerissen und mit dem Sonnenschein kehrt auch meine gute Laune zurück. Ein älterer Herr post spaßeshalber für mich auf der Brücke. Ein paar Tagesausflügler sind unterwegs.

Nach kurzen Abwägen besuche ich nach den Befestigungsanlagen auch das Museum. Und dabei fällt mir mal wieder auf, wie schlecht die deutschen Übersetzungen doch sind. Aber immerhin nicht so schlecht wie mein Kroatisch. Denn als ich Schloss verlasse, rufe ich beim Taxiunternehmen an – und bin gottfroh, dass die Dame am Telefon gut Englisch spricht. Auch so haben wir ausreichend Verständingungsprobleme: Zuerst möchte sie mir wohl nicht glauben, dass ich aus Ozalj anrufe. Kein Wunder, normalerweise schicken sie keine Taxis aus Karlovac so weit raus. Ob ich denn keinen habe, der mich fahren kann? „Ich kenne hier niemand“, antworte ich etwas kläglich und die Frau hat Erbarmen: Sie frage gleich mal ihren Chef – und der sagt „ja“. Kroaten – ich liebe sie!

Meine restlichen zwei Stunden kann ich also ganz entspannt genießen (auch wenn ich mich frage, wie teuer der Spaß wohl werden wird). Neben dem Schloss hat Ozalj noch eine zweite Attraktion in petto: Das zweitälteste Wasserkraftwerk Kroatiens. Für den perfekten Blick darauf laufe ich hinunter zum Stadtfreibad – einer kleinen Lagune unterhalb des Wasserfalls. Und dort setze ich mich auf die Wiese und kaue genüsslich an meinem Käseburek und dem wirklich enormen Schokobrötchen (von dem Arne mir vorgeschwärmt hat) – beides für unschlagbare neun Kuna (ca. ein Euro) in der Ortsbäckerei erstanden. Die Sicht auf das alte Kraftwerk, den Wasserfall und die Burg im Hintergrund ist so schön, dass mir das ganze Chaos ganz egal wird. Zum Abschluss überquere ich die Brücke und erfreue mich dabei an dem Regenbogen stromabwärts genauso wie an der Idylle stromaufwärts.

Am gegenüberliegendem Ufer finde ich noch einen kleinen Hafen, dann ist es schon wieder Zeit aufzubrechen. Schließlich habe ich der netten Dame am Telefon hoch und heilig versprochen: 15 Uhr stehe ich vor dem Konsum. Ein bisschen surreal ist es dann natürlich schon, ganz selbstverständlich aus dem Supermarkt direkt ins Taxi einzusteigen. Zwei neue Verkehrsmittel an einem einzigen Tag, denke ich während das Taxometer vor meinen Augen langsam aber stetig nach oben klettert – Respekt! Und am Ende  wird es auch nicht ganz so teuer wie befürchtet. Zehnmal so viel wie das Zugticket – das tut zwar ein wenig weh, aber der Ausflug nach Ozalj ist es mir mehr als wert.

Mit einem eleganten U-Turn fahren wir in den Karlovac’schen Busbahnhof ein und unter den Blicken der dort Wartenden steige ich aus. Was für ein Auftritt. Der Rest des Tages verläuft dann weitaus weniger spektakulär (sofern ein Krimidinner eben unspektakulär sein kann). Aber wenn ich ganz ehrlich bin: Es war schließlich auch genug Drama fürs Erste.

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Tag 151 – Wasser treten

Es regnet, es regnet, die Erde wird nass. Grauer Tag, nasser Tag, chaotischer Tag. Tausend Dinge in meinem Kopf und gleichzeitig nix im Kopf. Nur ein paar Gedanken zum Thema Schule in Kroatien:

Schule in Kroatien ist hart. Wie viele Stunden die Schüler*innen hierzulande in der Schule verbringen, das habe ich ja schon öfters erwähnt. Kurz: Das Arbeitspensum ist hoch. Was mir heute allerdings aufgefallen ist, wie hierarchisch die Schüler-Lehrer-Beziehung doch ist: Wenn „wir“ Lehrer*innen ein Klassenzimmer betreten, stehen sämliche Schüler*innen auf. Wer aufs Klo möchte, der muss erst strecken (das macht man hier übrigens mit zwei Fingern – alias dem „Peace-Zeichen). Und wenn (wie diese Woche) Klassenarbeiten geschrieben werden, werden die Noten direkt danach laut und mit Namen verlesen (und manchmal auch gleich kommentiert). Wie gesagt: Eine harte Schule.

Zugleich ist die Schule aber auch persönlicher als in Deutschland: Dosi erzählt im Unterricht zum Beispiel viel von ihrer eigenen Familie. Außerdem helfen wir den Schüler*innen bei ihrer Zukunftsplanung, also beim Ausfüllen der Bewerbungsunterlagen für die Uni. Und wenn Dosi mir die Kolleg*innen im Lehrerzimmer vorstellt, dann meist mit dem Nebensatz: „Das ist ein/e ehemalige/r Schüler/in von mir“.

In diesem Sinne ist anders vielleicht auch nicht unbedingt schlecht. Und die „harte Schule“ nicht böse gemeint.

PS: Es gewittert! Ich liebe es.

Tag 150 – Der große Teich

150 – ein Jubiläum! Und wahrscheinlich mein letztes (oder schaffe ich noch die 175?).

Dabei war heute eigentlich alles ziemlich alltäglich: Tagsüber war ich mit Vollpension bei Dosi, nachmittags Nachhilfe und dann wieder eine Klassenarbeit in der Schule. Das einzig Besondere war, dass ich meinen Nachhilfeschüler Andrej das erste Mal in Person getroffen habe. Ich muss sagen, er ist mir schon ganz schön ans Herz gewachsen. Und obwohl die C1-Goethe-Prüfung es faustdick hinter den Ohren hat und zwischen uns und den erforderlichen 80 Prozent noch einige Seemeilen liegen – ich werde nicht eher ruhen, bis Andrej es schafft.

Woche 21 – Sad postaje zvjersko

Nachdem der Mensch abgehakt ist – weiter im Programm mit anderen Tieren:

mrav – Ameise

crv – Wurm

pčela [ptschela] – Biene

osa – Wespe

muha – Fliege

bubamara – Marienkäfer

leptir – Schmetterling

puž [pusch] – Schnecke

pauk – Spinne

žaba [tschaba] – Frosch

kornjača [kornjatscha] – Schildkröte

zmija – Schlange

miš [misch] – Maus

hrčak [rtschak] – Hamster

zamorac – Meerschweinchen

zec – Hase

jež [jesch] – Igel

vjerverica – Eichhörnchen

šišmiš [schischmisch] – Fledermaus

ptica – Vogel

kokoš [kokosch] – Huhn

patka – Ente

papiga – Papagei

pingvin – Pinguin

majmun – Affe

kuna – Marder

vidra – Otter (2. Lieblingstier)

rakun – Waschbär

mačka [matschka] – Katze

pas – Hund

lisica – Fuchs (Lieblingstier)

vuk – Wolf

ris – Luchs

ovca – Schaf

koza – Ziege

svinja – Schwein

krava – Kuh

jelen – Hirsch/ srna – Reh

konj – Pferd

magarac – Esel

medvjed – Bär

klokan – Känguruh

lav – Löwe

zebra – zebra

žirafa [girafa] – Giraffe

nosorog – Nashorn

slon – Elefant

 

Weil’s der Ort hergibt:

galeb – Möwe (nicht zu verwechseln mit: golub – Taube)

morski jež [morski jesch] – Seeigel

riba – Fisch

morski pas – Hai (immer noch witzig)

kit – Wal

 

Und weil’s cool ist:

dinosauer – Dino

zmaj – Drache

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Tag 149 – Kielholen

„Dafür bin ich nicht Lehrerin geworden“, meinte Dosi gestern mit Blick auf die Uhrzeit der heutigen DSD1-Prüfung. Sechs Uhr dreißig aufstehen, das geht uns beiden gegen den Biorhythmus. Aber irgendwer muss schließlich die verstaubten, dicken Wörterbuch-Schinken aus den Schränken holen. Immerhin: Da wir gestern bereits die Unterlagen geprüft und die Schreibbögen für die Schüler*innen gedruckt, sortiert und geklammert haben, bringt uns heute selbst der morgentliche Stau nicht aus der Ruhe.

In der Schule treffe ich endlich auch Katharina wieder. Nur schade, dass wir während der Prüfung keine Möglichkeit haben, miteinander zu quatschen. Leseverstehen, Hörverstehen, schriftliche Kommunikation. In der fünzehn-minütigen Pause huschen wir in das Cafe nebenan – was sein muss, muss sein.

Nach der Prüfung und dem anschließenden Sortier-, Kopier- und Tackermarathon belohnen wir uns selbst mit einem Einkaufsbummel durch die sonnige Innenstadt. Ein Spaziergang, der jedoch ganz schnell in Juwelier-Hopping ausartet. Denn wenn man Dosi glauben schenken mag, habe ich mir meinen rijekanischen Ritterschlag verdient: Morčići.

Morčići gehen auf eine Legende zurück, nach der schwarze Söldner die Stadt Rijeka vor einer mongolischen Invarsion bewahrten*. Aus diesem Grund findet man die Helden aus lang vergangenen Zeiten an Häuserfassaden, als Figuren im Karneval oder eben in filigranen Schmuckmotiven wieder. Und auch wenn das Blackfacing und der Ursprung des Wortes (das M-Wort) durchaus kritisch zu sehen sind, mit diesem Hintergrund ist es für mich ok, Dosis Geschenk dankend anzunehmen.

Da Dosi ein traditionelles Motiv in der traditionellen Größe (bzw. besser Kleinheit) im Kopf hat, werden wir erst im zweiten Juwelier fündig. Mit etwas Hilfe des netten Angestellten bekomme ich die Ohrringe unserer Wahl schließlich auch (von hinten!) durch meine Ohrlöcher gefädelt. Wie ich das einmal selbst hinbekommen soll, weiß ich nicht – vielleicht muss ich sie einfach für immer anbehalten.

Um unseren Kauf gebührend zu begießen, geht es anschließend – naravno – ins Cafe (wo ich nach drei Cappuccini auf Schokolade umsteige). Während ich mir dafür einen schönen Sonnenplatz suche, zieht sich Dosi – ganz die Kroatien – ihren Stuhl in den Schatten. Mit kritischem Blick mustern wir das Getümmel um uns herum. Denn auf dem Weg hierher wurde wir von einem RTL-Fernsehteam zu den steigenden Corona-Zahlen in Kroatien interviewt: Von 300 ist der Infektionswert in wenigen Tagen auf über 900 gewachsen.

Trotzdem ist es nicht die Angst vor Corona, die uns bald darauf zum Aufbruch treibt, sondern unser Hunger. Schnell noch ein Stopp im Supermarkt, um möglichst weiches Brot zu kaufen – wieder so eine unbegreifliche kroatische Vorliebe – dann geht es nach Viskovo.

Doch noch während wir zu Mittag essen, klingelt es an der Tür: Unsere Friseurin ist da! Denn wenn man in Kroatien irgendetwas braucht – und sei es ein neuer Haarschnitt – gibt es garantiert jemand in der Familie oder dem Bekanntenkreis, der (oder die) genau das kann. In unserem Fall kennt Dosi Laura schon seit über 40 Jahren – eine Zeit, die für sich spricht. Und so legen Dosis Mama, Dosi und ich uns beruhigt unters Messer – bzw. die Schere. „Macka“, lautet dann auch wenig später der Kommentar zu meiner neuen Frisur: „Katze!“ Als Fuchsliebhaberin würde ich sagen: Ein ganz klares Kompliment.

 

*Ich hoffe inständig, dass ich das richtig verstanden habe.

PS: Und warum jetzt „Kielholen“? Tja, zum einen, weil ich mich heute Morgen (trotz der drei Kaffee – oder vielleicht wegen?) ein wenig wie ausgekotzt (oder wahlweise unter einem Schiff hindurchgezogen) gefühlt habe. Und zum anderen, weil in Kroatien meine Welt immer noch ab und zu (siehe Sonnenplatz und Brot) auf den Kopf gestellt wird 😉