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Tag 137 – Platt wie ne Flunder, weit wie das Meer

Sechs Uhr – oder wie Arne sagt: „Du solltest mehr Urlaub machen, dann stehst du wenigstens früh auf!“ Zugegeben, da ist was Wahres dran: Nur der Bus nach Osijek bringt mich heute morgen aus dem Bett. Dabei ist es irgendwie auch schön, wieder einmal einen Sonnenaufgang zu sehen. Und den Schlaf hole ich bereits auf der vierstündigen Fahrt nach Osijek nach. Zumindest in den ersten zwei Stunden – die andere Hälfte verbringe ich mit Stricken (was in dem vollgestopften Bus gar nicht mal so leicht ist) und damit die flache, endlose Landschaft zu betrachten. Das Braun-Grün der Felder und Wiesen rauscht an uns vorbei, darüber ein blauer Himmel, der in Bodennähe leicht gräulich getrübt ist.

Beim Anblick der riesigen Backsteinkathedrale in Đakovo denke ich kurz, wir wären schon da. Dabei sind es noch dreißig weitere Minuten durch den Speckgürtel Osijeks. Endlich am Busbahnhof angekommen, werden wir von Taxifahrern empfangen, die uns kaum dass wir aus dem Bus ausgestiegen sind, ihre Dienste anbieten. Doch wir machen uns zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Und am Ende einer langen Straße stehen wir auch schon vor dem Wahrzeichen der Stadt: Der Peter-und-Paul-Kirche.

Um die Zeit, bis wir in unser Apartment einchecken können zu überbrücken, gehen wir auch noch die restlichen Meter bis zum Fluss. Dort gibt’s dann erstmal ein Eis. Faul sitzen wir in der Sonne (die mittlerweile schon ganz schön Kraft hat!), bis uns der Vermieter anklingelt: Wir können kommen!

Freundlich werden wir auf der Straße begrüßt – der Handschlag etwas ungewohnt. Wir nehmen die Wohnungsschlüssel und die dazugemieteten Fahrräder in Empfang, dann erstmal ein Kaffee auf dem sonnigen Balkon. Nachdem wir uns unseres Krempels und mindestens zweier Schichten unnötiger Kleider entledigt haben, geht es zurück in die Stadt. Noch immer per pedes folgen wir der Uferpromenade Richtung Altstadt. Und die ist echt schick, da mehrspurig ausgebaut: Am Fluss die Fußgänger, dann ein Radweg und ganz rechts eine Jogging-Strecke mit extra-federndem Belag! Wir benutzen alle drei Spuren im Wechsel. Und nicht lange, dann erreichen wir die Fußgänger-/Fahrradbrücke (welche ebenfalls federt, was der Erdbebengeplagten Yvonne allerdings nicht besonders gefällt). Ein Stückchen weiter des Weges hören wir wummernde Bässe und erwarten eine Gruppe junger Leute – aber Fehlanzeige: Zwischen den zwei Boxen sitzt ein älterer Herr.

Tja, Osijek ist schon eine komische Stadt: Halb Großstadt (über 100.000 Einwohner), halb Dorf (direkt hinter dem Fluss ist Pampa). Auch sind hier überdurchschnittlich viele Pärchen im Jogging-Style mit kleinen Kötern unterwegs (natürlich immer vom starken Mann an der Leine geführt) und die coolsten Fahrzeuge (von Mini-Quads und City-Rollern, über Hollandräder und coole Mountainbikes mit LED-Lichtern) hat es hier sowieso.

Ein kleiner Abstecher über den Fluss zu den Katakomben, dann schlendern wir durch die Altstadt. Dort finden wir auch das erste Cafe, das (unerlaubter Weise) schon geöffnet hat – denn eigentlich öffnen die Cafes (also zumindest die mit Außenbereich) erst ab Montag nächster Woche wieder. Die breiten Straßen der Alstadt sind hübsch bunt, wobei auch hier die Farbe blättert. Außerdem sind überall Einschusslöcher zu sehen. Der Heimatkrieg – natürlich: Osijek liegt einfach zu nah an der Grenze.

Von der Altstadt geht es schließlich wieder zurück in die Neustadt. Ohne es zunächst zu wissen, haben wir dabei die Prunkstraße eingeschlagen und können uns an den prächtigen Fassaden gar nicht sattsehen. Auch wenn das ein oder andere Haus ziemlich marode aussieht – hier könnte ich es aushalten!

Kaum zurück an unserem Ausgangspunkt stellt sich bei uns der Hunger ein. Zwar ist halb sechs dafür eigentlich noch ein bisschen früh, aber schließlich sind wir heute ja auch schon lange unterwegs. Außerdem stellt es sich heraus, dass es gar nicht so einfach ist, in Osijek etwas zu essen zu finden: Nachdem das erste Restaurant unserer Wahl gar nicht (mehr) existiert, gibt es beim zweiten ein paar Kommunikationsprobleme. Bedienung Nummer eins schiebt Bedienung Nummer zwei vor, welcher auf Englisch allerdings auch erst einmal die Worte fehlen. Am Ende erhalten wir statt unseres Menus nur einen Teil davon – satt werden wir allerdings trotzdem. Und sogar für Oscar, den Hund einer netten Frau im Park, fallen ein paar Brocken ab.