Und plötzlich kam die Vollbremsung – kurz vor dem Ziel

Hey zusammen,

unsere Reise hat sich in den letzten Tagen leider komplett umgedreht. Warum und wie erzählen wir euch hier.

Letztes Wochenende waren wir noch voll in unserem Element und Yara aus Serbien hat uns besucht. Wir haben sie vom Bahnhof in Kecskemét abgeholt und erst einmal eine kleine Stadttour gemacht. Dabei ist uns aufgefallen, dass das Rathaus, zum ersten Mal seitdem wir da sind, nicht mehr unter einem Gerüst stand, sondern in neuer Pracht gestrahlt hat. Die Renovierungsarbeiten gehen dafür an anderer Stelle weiter. Danach waren wir nach einer Stärkung auf dem einzigen Hügel Kecskeméts und dem umliegenden Park. Schließlich sind wir noch ins moderne Schwimmbad gegangen. Es war gut besucht und niemand hat eine Maske getragen. So eine Situation hatten wir bereits mehrmals und haben uns nichts dabei gedacht.

Nachdem wir am Sonntag einen Spaziergang im Schnee gemacht hatten, sind wir zum Einkaufen nach Dabas gefahren und haben Yara zum Zug gebracht. Unter der Woche haben wir vor allem die Daten der Eichen mithilfe unseres Fieldbooks gesammelt. Am Donnerstag stand dann die große jährliche Wanderung an. Mir (Helene) selbst ging es nicht allzu gut, ich hatte Kopfschmerzen und war müde. Deshalb habe ich morgens noch einen Coronatest gemacht. Negativ. Also ging es auf zur Wanderung. Wir durften auch den traditionellen Pálinka trinken. Er ist das bekannteste Nationalgetränk der Ungarn und kann verschiedene ungarische Obstbrände bezeichnen. Nach 24 Kilometern sind wir schließlich am späten Nachmittag wieder im Förster-Haus angekommen. Stella ist vergleichsweise super fit gewesen, ich habe mich total müde und kaputt gefühlt und gemerkt, dass ich Fieber habe.

Das war der Wendepunkt und der Anfang unserer Vollbremsung oder auch Gefahrenbremsung, wie sie in der Fahrschule genannt wird. Ich mache einen Schnelltest. Positiv. Ich mache noch einen Schnelltest. Positiv. Verzweiflung und Tränen. An der Wanderung haben über 20 Ranger teilgenommen, welche ich theoretisch alle hätte angesteckt haben können. Wenigstens waren wir draußen. Wir rufen unsere Ansprechperson an und erklären alles. Unsere Kontaktpersonen werden benachrichtigt. Nach einigem zurückrechnen vermuten wir den Ursprung meiner Infektion im Schwimmbad, wo soll es sonst gewesen sein? Stella ist negativ. Momentan immer noch. Sie wurde ja vor wenigen Wochen geboostert, vielleicht hat das zumindest eine Ansteckung im Schwimmbad verhindert. Meine Boosterimpfung liegt nun etwas mehr als einen Monat zurück und sie konnte die Infizierung nicht verhindern.

Am nächsten Morgen werden wir vom Klopfen unserer Ansprechperson an der Tür geweckt. Wir hatten länger geschlafen und meine Eltern haben sich Sorgen gemacht. Sie schlagen uns die Rückkehr nach Deutschland für die Quarantäne vor. Weshalb fragen wir uns zunächst. Danach sehen wir aber ein, dass es im Förster-Haus sehr unangenehm werden kann, wenn wir beide flach liegen. Das liegt daran, dass wir immer durch die Kälte müssen, um ins Bad zu kommen. Außerdem müssen wir jeden Tag heizen. D. h. Feuerholz holen, Feuer anmachen, regelmäßig nachfüllen. Das Gleiche gilt für eine warme Dusche. Wir müssen alle 20 Minuten zum Bad und Holz nachfüllen. Auch Kochen tun wir draußen mit Gas. Die Kälte würde unseren Genesungsprozess nicht unbedingt unterstützen. Ein weiteres Problem ist die Infrastruktur. Zum nächsten Krankenhaus sind es über eine Stunde Fahrt, aber wenn wir beide krank sind kann uns zwar jemand fahren, dieser jemand muss aber erst einmal in den Wald kommen. Natürlich hoffen wir auf einen leichten Verlauf durch die Impfung, aber die Unsicherheit ist trotzdem da.

Letztendlich packen wir unsere Koffer und fahren nach Deutschland. Stella geht es gut, deshalb kann sie uns fahren. Wir möchten auf jeden Fall wieder kommen, auch wenn es nur für eine Woche und ein paar Tage ist. Wir wären glücklicher gewesen, Deutschland erst in einem Monat wiederzusehen. Momentan sehen wir also nur vier Wände und ein Badezimmer anstatt eines ganzen Waldes mit umliegender Puszta.

Blöde Situation. Blödes Virus. Hoffentlich können wir bald zurück. Seid gespannt!

Eure Stella und Helene

Die ersten Tage im Nationalpark

Hey zusammen,

Seit einer Woche sind wir bereits weg aus unserer alten Heimat. Während unserer ersten Arbeitstage im Nationalpark haben wir bereits viel über die Naturverhältnisse um uns herum gelernt.

Nachdem wir am Dienstag angekommen sind, wurden wir auf ein Willkommens-Getränk von unserem Betreuer Csaba eingeladen. Danach ging es direkt in den Wald, wo uns Csaba das Förster Haus in der Wildnis gezeigt hat und direkt eine kleine Einführung in Richtung Pflanzenkunde gegeben hat.

Eine Gruppe von ungarischen Studenten hat den Nationalpark von Dienstag bis Freitag besucht, sodass wir am Programm teilnehmen konnten. Am Mittwoch ging es zunächst durch den Wald, um erste Pflanzenkenntnisse zu erwerben. Danach haben wir in einem künstlich angelegten Waldstück eine der erlernten Pflanzenarten per GPS-Logger markiert.

Kurze Pause mit Erklärung zu den einheimischen Arten

Die größte Umstellung für uns war die Wärme. Es waren bis zu 30 Grad im Schatten. In unserer Region herrscht kontinentales Klima, das heißt im Sommer wird es bis zu 50 Grad warm und im Winter bis zu -40 Grad kalt.

Es war einmal ein Rotwild…

Am Donnerstag haben wir das Direktorat unseres Nationalparks besucht. Der Nationalpark ist in zehn einzelne Teile aufgeteilt. In Kecskemét, der nächsten großen Stadt, befindet sich das Direktorat des Kiskunság Nationalparks.

Besucherzentrum im Direktorat des Nationalparks

Wir wurden sehr lieb empfangen und haben erste Besichtigungs-Tipps von einem ungarischen Mitarbeiter mit sehr guten Deutsch-Kenntnissen bekommen.

Unsere neue Freundin im Direktorat

Am Nachmittag sind wir dann wieder zusammen mit den Studenten auf Entdeckungstour gegangen. Dieses Mal vor allem in den Wiesen- und Graslandschaften.

Europäische Gottesanbeterin in der Graslandschaft

Am Freitag durften wir das Zentrum für die ungarische Wiesenotter, eine stark vom Aussterben gefährdete Schlangenart, besuchen. Ein Biss dieser Art ist giftig,  für Menschen jedoch nicht tödlich. Mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen durften wir dennoch eine Otter anfassen.

Die ungarische Wiesenotter

Das Zentrum dient zur Schlangen-Zucht. Es werden jedoch nur eine geringe Anzahl an Tieren zur Zucht gehalten. Die meisten Schlangen werden mit erreichen des Erwachsenenalters ausgewildert. So soll die Schlangenpopulation langfristig wieder zunehmen.

Noch jüngere Exemplare der ungarischen Wiesenotter gut getarnt im Gras

Eine weitere vom Aussterben bedrohte Tierart in unserem Teil des Nationalparks sind die Grosstrappen, welche trotz ihres schweren Gewichtes (bis zu 16 Kg) noch fliegen können. Diese haben wir sowohl am Freitag also auch am Samstag beobachtet.

Auf der Suche nach Grosstrappen

Nach einer spannenden ersten Arbeitswoche haben wir den Sonntag zur Entdeckung von Kecskemét, der nächsten großen Stadt mit ca. 111 000 Einwohnern, genutzt.

Es gibt mehrere schöne kleine Parkanlagen in der Innenstadt
Kossuth Platz im Zentrum der Stadt

Nach einer kurzen Sightseeing Tour und einem leckeren Mittagessen sind wir in das Schwimmbad mit Thermalbad gesprungen.

Seit Freitag wohnen wir nun schon im Förster Haus in der Wildnis. Wie es uns hier gefällt, erzählen wir euch im nächsten Beitrag. Also seid gespannt!

Eure Stella und Helene