Mein diesjähriges Weihnachtsfest war gar nicht unbedingt so anders als andere. Dadurch, dass ich meine Familie in Argentinien schon öfters mit meinen Eltern und meiner Schwester besucht habe war vieles bereits gewohnt und bekannt, ich machte mich mit dem Bus und später mit dem Flugzeug auf den Weg nach Córdoba, wo meine Familie lebt. Dort traf ich meinen Vater und bevor meine Schwester und meine Mama am 23. Dezember nachkamen verbrachten wir ein paar schöne Tage zu zweit.
Wie bereits gesagt war an dieser Reise vieles gewohnt, aber nicht alles. Das lag daran, dass in diesem Jahr meine Oma gestorben ist und ich somit in Argentinien keine lebenden Großeltern mehr habe. Der Tod eines geliebten Menschen trifft denke ich jeden unterschiedlich und hat auch oft unterschiedliche Auswirkungen, mich hat der Tod meiner Oma besonders getroffen in der Hinsicht, als dass sie sich bereits so sehr freute, dass ich endlich für längere Zeit in Südamerika sein würde und sie besuchen kommen würde. Sie scherzte immer, dass sie mir den Pass wegnehmen würde, damit ich nicht mehr wegkämme.
Leider kam es im letzten Jahr nicht mehr zu einem solchen Besuch. Mit meiner Oma ist aber nicht nur ein großartiger Mensch aus dem Leben geschieden, sondern mein Vater, aber auch meine Schwester, meine Mutter und ich haben ein zu Hause verloren. Das Haus meiner Großeltern war für uns ein Anker in Argentinien aber auch in dieser immer schneller werdenden Welt insgesamt. Dort habe ich Spanisch gelernt, im Patio gesessen und so vieles mehr. Schlagartig habe ich nun festgestellt, dass das Haus meiner Großeltern an sich aber kein Zuhause mehr war, das Leben, die Freude war verschwunden, als ich es das erste mal nach zwei Jahren wieder betrat. Ich musste mich zusammenreißen um nicht auf der Stelle in mich zusammenzusacken. Alles in dem Haus, stand und war noch so wie zu Lebzeiten meiner Großeltern. Aber all diese materiellen Dinge schienen in dem Moment leer und überflüssig, denn diejenigen die sie benutzten, ihre Wackelkontakte und Macken kannten waren nicht mehr da.
Kommen wir zurück zu meinem Weihnachtsfest, es war ein wirklich schönes Fest mit meinen Cousins und Cousinen und Onkel und Tanten. Wir haben viel gelacht, gegessen und geredet und einfach eine gute Zeit gehabt.
Nach unserem Aufenthalt in Córdoba fuhren wir mit dem Bus an die Ostküste Uruguays, nach La Pedrera. Dort hatten wir das Ferienhaus eines Freundes für fünf Tage gemietet und konnten uns ein wenig von dem mentalen Stress und dem Abschiednehmen erholen. Wir hatten drei Tage Glück mit dem Wetter und genossen den Strand und den Atlantik. Leider regnete und stürmte es an Silvester, was etwas auf die Stimmung drückte, wir gingen nett essen und begrüßten dann das neue Jahr 2020 und die neue Dekade.
Nach fünf schönen Tagen machten wir uns auf den Weg nach Montevideo, welches wir nach 4 Stunden Busfahrt auch erreichten. In Montevideo verbrachten wir nur eine Nacht. Ich zeigte meinen Eltern und meiner Schwester viele der Orte an denen ich, während meines zweiwöchigen Sprachkurses dort, gewesen war.
Am folgenden Tag ging es zu Uruguays zweiter UNESCO Weltkulturerbestätte, Colonia del Sacramento. Auch hier waren wir nur eine Nacht, was aber reichte um einen schönen Eindruck von der schönen Altstadt zu erhalten. Colonia del Sacramento hat eine überaus interessante Geschichte: Die ursprünglich portugiesische Niederlassung am Rio de la Plata wurde im Auftrag des portugiesischen Prinzregenten Pedro II. 1680 gegründet. Rund 150 Jahre lang war Colonia del Sacramento einer der größten Zankäpfel in Südamerika. Die Kolonialmächte Spanien und Portugal stritten sich wieder und wieder um diesen strategisch wichtigen Flecken Erde. Schon kurz nach der Gründung von Colonia durch Manuel Lobo griffen spanische Truppen an und eroberten das Fort. Doch nach nur zwei Jahrzehnten setzten sich die Portugiesen wieder durch und lösten die Spanier ab. Der Vertrag von Utrecht (1715) führte ebenso wenig wie der Siebenjährige Krieg zwischen den Königreichen auf der iberischen Halbinsel zu einer endgültigen Klärung der Macht- und Besitzverhältnisse.
Der letzte Teil der Reise bestand darin, dass meine Familie mit nach Fray Bentos kam, meine Freunde kennenlernten und ich ihnen all die Orte zeigte an denen sich mein Leben abspielte. Es war eine wunderschöne Zeit, in der ich aber auch gemerkt habe, wie unabhängig ich in diesen drei Monaten geworden bin und wie sehr ich diese Freiheit genieße, was natürlich nicht heißt, dass ich mich nicht mehr in die Familienstruktur einfinden konnte, sondern einfach dass ich merkte, wie ich selber mich verändert habe und gewachsen bin.