Hier wie versprochen der Beitrag darüber wie ich nach Ohrid und von Ohrid wieder zurück gekommen bin, aber zuerst einmal ein bisschen was generelles über die Verkehrssituation in Albanien.
Öffentlicher Fernverkehr in Albanian
Da Tirana keine Bahnanbindung hat, erfolgt der komplette Fernverkehr per Straße. In die größeren Städte, wo auch Autobahnen hinführen, fahren größere Reisebusse hin. Die restlichen Städte werden mit kleineren Minibussen, sogenannten furgons bedient. Dazu gibt es noch eine ganze Armada an offiziellen und inoffiziellen Taxis, die teilweise auch nach einem „Fahrplan“ fahren.
Und wer steigt durch all dieses Chaos durch? Eigentlich niemand. Die Busse fahren alle für unterschiedliche Firmen und die meisten Furgons werden komplett privat betrieben. Eine zentrale Webseite, die alle Abfahrtszeiten sammelt, gibt es nicht wirklich. Also bleibt einem nichts anderes übrig als zu dem Busbahnhof zu laufen und dort ein Ticket vor Ort zu kaufen oder einfach bei dem Typen in den Bus zu steigen, der die Station durch die Gegend prüllt, wo man hinmöchte. Oh habe ich zu dem Busbahnhof gesagt? Sorry, mein Fehler, ich meinte, zu einem von den fünf oder vier Busbahnhöfen, die es in Tirana gibt. Eine für jede Himmelsrichtung und eine für internationale Reisen.
Heißt für mich, bevor ich irgendwohin fahre, muss ich vorher lange recherchieren, wann wie wo Busse fahren, Reiseberichte lesen, TripAdvisor-foren durchsuchen, mich mit Seiten komplett auf Albanisch herumärgern, planen wo wie ich umsteigen kann, wie ich von dort weiterkomme, von welchem Busbahnhof meine gewählte Verbindung aus starte usw. Bei der Reise nach Ohrid hat das gut vier Stunden gedauert. Am Ende stand mein Schlachtplan: Mit dem Furgon erst nach Struga und dann von dort mit einem Bus weiter nach Ohrid. Beim Rückweg hatte ich zwei Optionen: Entweder genauso zurückfahren wie hin, der Nachteil der Bus ab Struga fährt um 9:30 ab. Da dieser der (meines Wissens nach) einzige Bus für den Tag war, hätte ich mit Puffern gegen 7:30 in Ohrid in den Bus steigen müssen. Alternativ konnte ich von Ohrid nach Sv. Naum fahren von dort zu Fuß zur Grenze, dann ein Taxi nach Pogradec nehmen und von dort dann mit dem Furgon nach Tirana.
Die Hinfahrt
Die Hinfahrt lief wie geplant und relativ unspektakulär ab. Um 8:00 war ich am Busbahnhof und habe tatsächlich noch einen Platz in dem 8:00 Furgon bekommen. Vorbei an einer wunderschönen Aussicht ging es dann immer höher und höher der albanischen Grenzen entgegen.
Der Grenzübergang war relativ unspektakulär. Pässe einsammeln. Grenzkontrolle, die daraus bestanden, dass ein Polizist meine Tasche öffnete, kurz reinschaute, mich fragte woher ich kommen würde und sich danach mit mir auf Deutsch unterhielt. Meine andere Tasche interessierte ihn dann nicht mehr. Pässe zurückbekommen. Nochmal Pässe abgeben, diesmal für Nordmazedonien. Pässe nochmal zurück. Und das war er dann auch: mein erster Grenzübergang in Europa mit Passkontrolle.
Kurz hinter der Grenze kamen wir dann in Struga an. Ich wurde an einem Kreisel circa 1,5 km vom Stadtzentrum entfernt rausgeschmissen. Zu Fuß ging es also dann Richtung Stadtzentrum. Gott sei dank waren die Straßenschilder auch auf Albanisch beschriftet, nur mit dem kyrillischem Mazedonischen wäre ich verloren gewesen. Angekommen im Zentrum suchte ich dann ein Cafe mit a) einem Kellner, der Englisch sprechen konnte, damit ich fragen konnte ob ich b) in Euro zahlen könne und c) ob sie Wlan haben. Es hat nicht all zu lange gedauert und dann habe ich so ein Cafe gefunden und der anderen Freiwilligen geschireben, dass ich in Struga angekommen war. Zu Fuß ging es dann zum See.
Nach einer halben Stunden Pause in der Sonne mit einem wunderschönen Seeblick und einem kleinen Drama, weil ich die Busstation nicht gefunden hatte, ging es weiter nach Ohrid. Das war ja gar nicht so schwer und lief doch eigentlich ganz gut.
Beflügelt von diesem positivem Erlebnis, entschied ich mich über Pogradec zurück gefahren.
Die Rückfahrt
Zusammen mit der anderen Freiwilligen aus Skopje ging es per Boot am Sonntag nach Sv. Naum. Nachdem die andere Freiwillige abgefahren war und ich einen kleinen Spaziergang gemacht hatte, wollte ich zur Grenze gehen. Auf Nachfrage wurde mir ein Weg über Treppen vorbei an einer Kapelle und danach über eine Straße empfohlen.
Angekommen bei der Kapelle, hatte ich keine Ahnung wo da Treppen sein sollten. Also fragte ich nach und bekam prompt eine private Führung von der Kapelle. Extra für mich wurde der Innenraum nochmal aufgeschlossen und so durfte ich mir die bunten Fresken anschauen.
Auch der Weg Richtung Grenze wurde mir gezeigt. Und kurze Zeit später lief ich somit alleine über eine zum Glück wenig befahrene nordmazedonische Autobahn Richtung Albanien. Ganz alleine war ich aber auch nicht, ab und zu kamen Autos vorbei, die erstaunlicherweise mir alle genug Platz ließen und nicht hupten und dann kam mir eine Familie entgegen, die auch zu Fuß unterwegs war.
Nach einer gefühlten halben Ewigkeit erreichte ich dann die Grenze und auch hier lief der Grenzübergang relativ unspektakulär ab. Meine Taschen wollte diesmal nichtmal jemand kontrollieren. Dafür habe ich zwischen den beiden Grenzposten, die wohl schönste Transitzone der Welt gefunden.
Dies waren dann auch die letzten Bilder, die ich von meiner Rückreise gemacht habe. Um besser zu verstehen, wie es mir danach ging, möchte ich kurz erwähnen, dass ich kein mobiles Internet hatte, da mein Prepaidvertrag ausgelaufen war und ich, bis auf ein Kaffeeteilchen, nichts gegessen und auch nicht wirklich was getrunken habe, weil ich Angst hatte auch Toilette gehen zu müssen. But back to topic: Ich stehe inzwischen in Albanien.
Online hatte ich gelesen, dass hinter der Grenze Taxis auf Touristen warten sollten. Und da waren auch zwei Typen, die „Taxi?“ meinten. Ich meinte daraufhin, dass ich nach Pogradec fahren möchte, was in etwa 6km entfernt ist. „1.000 Lek“ (8Euro) antwortete einer von den Typen. Ich musste anfangen zu lachen. Das sollte doch wohl ein schlechter Witz sein? Eigentlich kostet so eine Taxifahrt in Albanien so 200-400 Lek (1,6-3,3Euro).
„Are you serious?“
„Okay 800 Lek“
Zu diesem Zeitpunkt war ich zu fertig um noch groß zu handeln. Außerdem hatte ich ja auch nicht mehr Möglichkeiten als mit dem Typen zu fahren. Sonst war da ja niemand.
„600 Lek and we have a deal“
„Mhm.. okay“
Der Typ ging also auf sein Auto zu und erst da bermerkte ich, dass er kein offizielles Taxischild oben auf dem Auto hatte. „Okay, guess, ich nehme dann wohl ein inoffizielles Taxi“, dachte ich während ich bei dem Typen einstieg.
Schweigend fuhren wir bis nach Pogradec. Dort fragte er mich dann, wo genau ich denn hinwollte. Ich meinte zum Busbahnhof. Er fragte, wo ich danach hinfahren würden, also mit dem Bus dann. „Tirana.“ „Okay I’ll make you a deal. 15 Euros and I drive you to Tirana.“ „Fifteen or fifty?“ „Fifteen“
„What the fuck geht denn jetzt schon wieder ab?“ Nach Tirana waren es zwei Stunden und die 15 Euro, hätten gerade mal so seinen Sprit bezahlt, wenn überhaupt. Ich war verwirrt und fühlte mich zunehmend unwohler. Erst versuchte er mich komplett über den Tisch zu ziehen und jetzt wollte er mich für 15 Euro durch halb Albanien kutschieren? Erst sagte ich im Schock zu, doch dann nachdem ich kurz nachgedacht hatte, lehnte ich wieder ab. Wer weiß wo der Typ mich hinfahren würde und jetzt war ich schonmal Pogradec am Busbahnhof. Ab hier fahren oft Busse nach Tirana. Ich wollte also bezahlen und aussteigen.
Dann viel mir auf, dass ich das Geld nicht passen hatte und fragte den Fahrer, ob er Wechselgeld hätte. „No change.“ Wieso zur Hölle hat ein Taxifahrer kein Wechselgeld?! „But you can give me 600 Denars instead“ Ja ja sehr lustig. Die mazedonische Währung Denar ist doppelt so viel wert wie Lek. Also 600 Denar gleich 1200 Lek. Ich gab ihm dann alles was ich in Lek zusammenkratzen konnte und den Rest in Euro. Hat auch funktioniert und ich war einfach nur noch froh aus dem Auto von diesem Typen raus zu sein.
Am Busbahnhof standen dann auch wie erwartet viele Furgons mit einem Tirana Schild in der Windschutzscheibe. Bei einem Furgon traf ich auf zwei Amerikanerinnen, die gerade mit dem Fahrer auf albanisch diskutierten. Ich stellte mich zu ihnen und bekam prompt das Problem raus. Am nächsten Tag war in Tirana Semesterbeginn. Die Furgons, die normalerweise alle 20 Minuten fahren, waren also bis zum nächsten Tag um 11:30 komplett voll reserviert. Einfach voll. Man kam da nicht rein.
Ich unterhielt mich daraufhin mit den Amerikanerinnen und bekam raus, dass sie beide auch einen Freiwilligendienst in Albanien leisteten. Die eine in der Nähe von Pogradec und die andere, die gerade in Pogradec zu Besuch war, im Norden. Und sie musste auch nach Tirana um dann von dort weiter nach Kukës zu fahren. Gemeinsam fragten wir nach dem Preis eines Taxis. 70 Dollar, zu teuer für uns beide. Die andere Freiwillige entschied sich dann noch eine Nacht länger bei ihrer Freundin zu bleiben und erst am nächsten Tag wieder in den Norden zu fahren. Ich wollte hingegen auf keinen Fall die Schule am Montag verpassen, also schrieb mir die andere Freiwillige eine Kombination aus Städten auf wohin furgons fahren. Also von Pogradec nach Prrenjas von dort nach Librazhd, dann nach Elbasan und dann nach Tirana. Sie sagte mir auch, dass sie diese Kombination aus Städten auch schon gefahren sei und notfalls, seien dass alles Städte wo ich auch Leute finden würde, die Englisch sprechen können und sollte ich in einer von diesen Städten stranden, könnte ich auch ab dort ein Taxi nehmen. Das wäre dann auch billiger als von Pogradec aus.
Da in genau diesem Moment der stündlichfahrende Furgon nach Prrenjas um die Ecke gefahren kam und ich von den anderen Freiwilligen bekräftigt wurde, stieg ich dort ein. Die andere Freiwillige klärte noch schnell mit dem Fahrer ab, dass ich weiter nach Tirana fahren möchte und er sich drum kümmern sollte. Dann ging die Tür zu und ich war alleine. Irgendwo in einem Minibus mit lauter Leuten, die mich nicht verstehen konnten. Die ich auch nicht verstand. Auf einer Autobahn in einem Land 1.400km entfernt von zu Hause. Ich fühlte mich scheiße, ausgeliefert und fertig. Ich wollte nur irgendwie in Tirana ankommen, doch das schien zu diesem Zeitpunkt fraglich. Stress und Panik breiteten sich in mir aus. Doch jetzt war ich schon in diesem Bus, was hatte ich für eine andere Möglichkeit als jetzt mit diesem Bus bis zum Ende zu fahren. Ab Prrenjas konnte ich dann ja ein Taxi nehmen. Auf Google Maps verfolgte ich unseren Fortschritt und ob wir wirklich Richtung Prrenjas und Richtung Tirana fuhren. Was wir taten.
Angekommen in Prrenjas gab ich dem Fahrer einen 1000Lek Schein und er gab mir 850 Lek zurück. Komisch die anderen mussten doch nur 100Lek bezahlen. Aber ich war so fertig, dass ich willenlos geworden war und die 50 Lek, also 40 Cent waren es mir nicht wert, meine Passivität zu überkommen. Doch gerade als ich das Geld wieder einstecken wollte, fiel dem Fahrer sein Fehler auf. Er entschuldigte sich mehrfach bei mir und gab mir dann auch die 50 Lek wieder. Nett, irgendjemand schien ja doch ehrlich zu sein in diesem Land. Der Fahrer gab mir mit Händen und Füßen zu verstehen, dass ich draußen warten sollte. Er kam raus und lehnte sich ans Auto und rauchte erstmal eine. Auf dem kleinen Busbahnhof von Prrenjas waren noch mehr Reisende und Fahrer, mit denen er ins Gespräch kam. Oft fiel „Tirana“ und es wurde auf mich gezeigt.
Dann wurde basically die Verantwortung über mich von meinem Fahrer zu zwei anderen Typen übergeben. Der eine war älter und ich vermute ein Freund von dem Furgonfahrer. Der andere jünger und vermutlich war das auch der Grund warum er die Verantwortung bekommen hat, weil die anderen dachten, dass er Englisch sprechen könnte. Konnte er auch, aber er wollte nicht mit mir reden. Also nahm der Ältere, der absolut kein Englisch konnte, einen Stein vom Boden und zeichnete mir auf den Boden auf, wie ich jetzt nach Tirana kommen würde. Mit den beiden gemeinsam nach Elbasan und dann von dort aus würde ich alleine nach Tirana fahren. Ich war einverstanden. Was denn auch sonst?
Und dann kam ein Auto, ein 7 Sitzer in etwa so groß wie ein Berlingo. Der Fahrer stieg aus und sofort fing die Diskussion an. Ich verstand, dass er mich für 300Lek nach Tirana fahren würde. So in etwa wurde es mir dann auch übersetzt „3 Euros Tirana“ „Okay okay“. Also stieg ich mit ein paar anderen Fahrgästen in das Auto ein. Wir fuhren los und hielten immer wieder an. Einerseits, wenn Fahrgäste durch das Auto prüllten, dass sie jetzt gerne aussteigen würden. Andererseits, hielten wir auch an um Leute am Straßenrand aufzusammeln oder zu fragen wo sie hinwollten. Da standen ganze Familien mit Koffern und warteten auf einen random Typen, der zufälligerweise da lang fährt. Und wie viele Leute eigentlich in so ein Auto passten war unserem Fahrer auch einigermaßen egal. Zur Höchstzeiten waren wir 3 Koffer, 9 Erwachsene und ein Kind in einem 7Sitzer wohlgemerkt. Also es war nur leicht eng. So zusammengepfercht, fing dann tatsächlich auch der Jüngere, der gerade die Verantwortung über mich hatte, an mit mir zu reden. Er ist 18 und studiert in Elbasan Tiermedizin – für mehr reichte sein Englisch und meine Nerven, die durch den Fahrstil des Fahrers zusätzlich in Mitleidenschaft gezogen wurden, nicht aus.
Endlich nach einer gefühlten Ewigkeit von engem aufeinander sitzen und zahllosen mehr als waghalsigen Überholmanövern kamen wir dann in Elbasan an. Der Fahrer hatte zwar versprochen mich nach Tirana zu fahren, aber was solls. Ich gab ihm also, wie alle anderen die verabredeten 300 Lek und sofort zederte er rum, dass das nicht ausgemacht war, ich solle ihm 3 Euro geben oder 500 Lek. (3 Euro sind 360 Lek) Die beiden Typen, die gerade für mein Ankommen verantwortlich waren, schrien ihn daraufhin an, dass man das nicht machen würde, dass das ehr- und respektlos sein und man so keine Touristen behandelt. Also zumindest glaube ich, dass sie so etwas geschrien haben, da ich ja kein Albanisch kann und sie auf Albanisch geschrien haben. Im Endeffekt musste ich dann aber nicht mehr zahlen.
Die beiden begleiteten mich noch zum Busterminal nach Tirana und sorgten dafür, dass ich einen Platz in einem Bus nach Tirana bekommen habe.
Am Ende kam ich mit nichtmal einer Stunde Verspätung und einer ganzen Mengen neuer Eindrücke und total fertig in Tirana an.
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