Einmal Kiew und zurück

Einmal Kiew und zurück

Anfang Oktober hatte ich mein Zugticket nach Kiew gebucht, damals war das alles noch so weit hin, jetzt ist das auch schon wieder vorbei.

Es war eine sehr tolle, erlebnisreiche und spannende Zeit in der Hauptstadt der Ukraine.

Samstag:

Für mich ging es Samstagsmorgens los. Meine Gastmutter hat mich netterweise zum Bahnhof nach Drohobytsch gebracht, sodass ich etwas länger schlafen konnte. Morgens um 7 bin ich in den Bus nach Lviv eingestiegen und anderthalb Stunden später war ich dann auch schon dort. Da ich natürlich viel zu viel Zeit eingeplant habe, musste ich in Lviv noch etwas warten. Die Zugfahrt nach Kiew ging auch ohne größere Probleme vorüber. Meinen Sitzplatz habe ich zwar erst nach dem dritten Anlauf gefunden, in solchen Situationen stellen meine fehlenden Sprachkenntnisse dann doch eine höhere Hürde dar, aber am Ende saß ich auf dem richtigen Platz, was ja die Hauptsache ist.

Nachdem ich angekommen war, war ich mit einer anderen Freiwilligen, Marlene, mit der ich auch die nächsten Tage ein Zimmer im Hostel teilte, georgisch essen und später sind wir noch zu einer weiteren Freiwilligen, Ira, die in Kiew wohnt, gegangen. Es war so schön, sich wieder zu sehen und sich endlich mit jemandem austauschen zu können, der in derselben Situation wie man selber ist.

Sonntag:

Den Morgen habe ich damit verbracht, alleine durch die Stadt zu gehen, zu fotografieren und einen ersten Eindruck von der Stadt zu bekommen. Die Sophienkathedrale, den Andreassteig und Andreaskirche, ein paar Aussichtspunkte, die Michaelskathedrale, das Völkerdenkmal und noch einige schöne Straßen habe ich besichtigt. Am Sonntag war der einzige Tag, an dem das Wetter richtig schön war, ansonsten war es leider ziemlich bewölkt und nebelig. Nachmittags bin ich dann nochmal mit den anderen Freiwilligen durch die Stadt gegangen. Und wir konnten uns sogar noch dazu motivieren, Joggen zu gehen. Nach über 40000 Schritten war ich vom ersten Tag in Kiew dann auch ziemlich kaputt.

Montag:

Morgens ging es für uns zu Fuß zum Höhlenkloster, sodass wir erst mal einige Zeit dorthin gehen mussten.

Im „Nationalmuseum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg und im Russland-Konflikt“ wird die in der Vergangenheit und Gegenwart schwierige politische Situation der Ukraine thematisiert. Gerade wenn man für eine längere Zeit in der Ukraine lebt, ist das Museum wirklich empfehlenswert. Auch wenn es dort nur wenige englischsprachige Erklärungen gab, haben die Bilder oft schon alles gesagt. Das trübe Wetter hat auch irgendwie zum Besuch gepasst, danach waren wir etwas bedrückt.

Danach haben wir im Hostel die Küche ausprobiert, das hat auch mit etwas Improvisation geklappt. Den Abend haben wir mit einer anderen Freiwilligen und ihren Freunden zusammen verbracht.

Dienstag:

Ich musste für ein Projekt an meiner Schule ins Goethe Institut, das ich auch nochmal am Donnerstag erfolglos besucht habe. Ich werde mich in den nächsten Monaten zusammen mit SchülerInnen aus der neunten und zehnten Klasse mit deutschen Jugendbüchern beschäftigen.

Am Nachmittag sind wir zusammen ins Pinchuk Art-Center gegangen. Das Thema der Ausstellung wechselt alle paar Monate. Bei unserem Besuch war es „Demokratie“. Es ist auf jeden Fall einen Besuch wert, ich war total begeistert.

Mittwoch:

Tschernobyl ganz nah

Am Mittwoch war vielleicht der Höhepunkt der Kiewreise. Morgens um 7 sollte es eigentlich losgehen, daraus wurde dann acht, weil die Betreuer noch einiges organisieren mussten. Mit noch einigen Studenten aus der USA und aus ein paar anderen Ländern, welche genau weiß ich gar nicht mehr, ging es dann mit einem Kleinbus und einem Führer nach Tschernobyl.

Wir saßen die meist Zeit im Bus, sind ab und zu, an „besonderen“ Orten ausgestiegen. In Prypjat, die Stadt die am meisten betroffen war, haben wir uns auch länger aufgehalten. Wir haben von einem Hochhaus die Stadt von oben gesehen und konnten die etwas Stimmung, die dort herrschte gut aufnehmen. Für mich hat sich alles etwas unrealistisch angefühlt, aber auch unheimlich so eine verlassene Stadt zu sehen. Wir haben die Reaktoren von „Nahem“ gesehen, konnten in die leerstehenden und teilweise zerstörten Häuser hereingehen und haben viel von der Geschichte der Stadt und dem Unfall erfahren. Und über die Auswirkung auf die Menschen, was für mich am bedrückendsten war. Es war wirklich beeindruckend, eine Stadt zu sehen, in der seit 30 Jahren kein Leben mehr ist, wie die Natur die Stadt einnimmt und wie sie immer mehr zerfällt.

Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich diesen Ausflug mitgenommen habe, auch wenn es ziemlich teuer war. Aber wenn man schon einmal für eine etwas längere Zeit in Kiew ist, lohnt es sich, dieses Erlebnis mitzunehmen.

Donnerstag:

Donnerstag war schon der letzte Tag zusammen mit Marlene. Wir sind mit der berühmten Seilbahn, die als Metro genutzt wird, gefahren, waren in einem Café, in dem wir einen überteuerten Kaffee getrunken haben und ich habe endlich einen Elektroladen gefunden, wo ich einen USB-Stick kaufen konnte:)

Danach habe ich mich nochmal alleine auf dem Weg gemacht. Ich habe den Turm der Sophienkathedrale bestiegen. Leider war das Wetter, wie die restlichen Tage auch, nicht besonders gut, aber trotzdem hat es sich gelohnt, auch wenn der Ausblick nicht ganz so gut war.

Bei einem weiteren Besuch im Goethe-Institut habe ich am Andreassteig gleich noch ein paar Souvenirs gekauft. Der Andreassteig ist ein Weg von der Andreaskirche zum Ortsteil Podil, wo viele kleine Stände mit Souvenirs stehen.

In dem Einkaufszentrum konnte ich dann auch noch einige andere Sachen besorgen, die ich hier in Drohobytsch nicht so leicht bekomme.

Dann stand auch meine erste Nacht im Frauenschlaafsaal an (die Tage zuvor habe ich mir ein Zimmer mit Marlene geteilt). Zwar bin ich jedes Mal aufgewacht, wenn jemand ins Zimmer kam, was die Nacht über einige Male vorkam, aber für zwei Nächte war es gar kein Problem.

Freitag:

Den Freitag habe ich mit Schaufenstershopping und im Café lesen verbracht. Ich habe noch die letzten Sehenswürdigkeiten wie den Marienpalast und die Wladimirkathedrale besichtigt. Am Marienpalast war Angela Merkel sogar einen Tag zuvor. Durch ihren Besuch, der in der Ukraine mit großem Interesse verfolgt wurde, wird die Bedeutung, die das Verhältnis der beiden Länder hat, deutlich. Die Ukraine legt Wert auf die Freundschaft zu Deutschland, um die Nähe zum Westen und die EU voranzutreiben. Gerade in den Zeiten des Krimkonflikts und der gewaltsamen Auseinandersetzung im Osten der Ukraine sind die Kontakte zu westlichen Staaten für die ukrainische Staatsführung von Bedeutung.

Abends habe ich mich mit Freunden von meiner Gastschwester getroffen, die ich teilweise auch schon bei dem Ausflug in die Berge kennen gelernt habe. Wir waren zusammen essen und sind dann noch dem Dnipro entlang spaziert. Ein sehr schöner Abschied von meinem Kiewurlaub!

Samstag:

Die Rückfahrt war etwas anstrengender als die Hinfahrt. Weil ich nicht nachts fahren wollte, musste ich den Zug um 7 Uhr morgens ab Kiew nehmen. Da unser Hostel direkt am Maidan lag, war die Fahrt zum Bahnhof kein Problem. Dort ankommen habe ich nach einer kurzen Suche auch meinen Zug am Anzeigebrett gefunden, das Gleis stand aber nicht dort angeschrieben. Nachdem ich erfolglos ein paar Leute angesprochen hatte, bin ich zur Reiseauskunft gegangen mit recht wenig Hoffnung, dass dort Englisch gesprochen wird. Vor mir stand glücklicherweise ein Pärchen, dass, wie ich auf ihrem Ticket sehen konnte, ebenfalls nach Lviv wollten und dieselbe Frage hatten wie ich (schätze ich zumindest). Also bin ich ihnen einfach gefolgt und stand tatsächlich am richtigen Gleis. Die Zugfahrt war sehr angenehm, diesmal habe ich meinen Platz auch beim ersten Versuch gefunden. In Lviv angekommen musste ich wieder mit dem Bus oder Zug zurück nach Drohobytsch. Der Zug fuhr erst am späten Nachmittag und brauchte fast doppelt so lange wie der Bus, kostete dafür aber auch weniger als die Hälfte. Aber weil ich schon so kaputt war, entschied ich mich für den Bus. Aber einen Busparkplatz wie in Deutschland gibt es hier nicht. Für mich standen die Busse kreuz und quer und haben willkürlich geparkt. Für die Einheimischen ist da bestimmt ein System hinter, aber ich hatte gar keinen Überblick. Die Frau an der Auskunft konnte mir zumindest sagen, auf welcher Seite vom Bahnhof der Bus abfahren sollte. Einige Zeit später stand dort auch ein Bus mit der Aufschrift Drohobytsch.

Eigentlich kauft man die Tickets immer im Bus, so wurde es mir zumindest gesagt, diesmal sollte ich sie aber an einer Kasse im Bahnhof kaufen. Bis ich das verstanden und herausgefunden habe…

Danach musste ich noch aber eine Stunde im Bus warten, der Busfahrer hat wohl seine Mittagspause gemacht. Aber durch meine fehlenden Ukrainisch-Kenntnisse saß ich die Stunde ziemlich ahnungslos im Bus.

Ich habe schon gehört, dass die Busfahrer pro Fahrgast verdienen und deshalb natürlich möglichst viele Leute mitnehmen möchten. So wurde die erste halbe Stunde alle 5 Minuten angehalten um weitere Fahrgäste mitzunehmen. Der Bus war mittlerweile total überfüllt, es wurde immer enger und heißer, aber ich hatte zum Glück einen Sitzplatz. Trotzdem war es ziemlich anstrengend. Meine Freude auf eine Dusche und gekochtes Essen in meinem ukrainischem Zuhause wuchs dementsprechend immer mehr.

Am Ende bin ich später als geplant zu Hause angekommen, aber umso glücklicher war ich, als ich mein eigenes Bett wieder hatte. Hinter mir liegt nun eine sehr anstrengende, aber mindestens genauso schöne Woche mit ganz vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken.

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