Le- Ba- Sesotho

Eine kulturell wertvolle Woche liegt hinter mir. Mit vielen neuen Eindrücken über Lesotho und sein Volk, die Basotho sowie der Landessprache Sesotho. Ich habe mittlerweile durch eine Bekannte eine Sprachlehrerin gefunden, mit der ich mich zweimal die Woche im Büro treffe und fleißig erste Vokabeln und Konversationen lerne. Lumela, u phela joang? Ke phela hantle, kea leboha. Hallo, wie geht es dir? Mir geht es gut, danke. Die Sätze kamen schon mehrfach zum Einsatz. Meinen Kollegen geht dabei jedes Mal ein Lächeln übers Gesicht. Ich bin hochmotiviert und erkenne sogar einige Ähnlichkeiten zur Bantusprache isiXhosa (sisi = ausi, bhuti = abuti).

Der Transport zur Arbeit und zurück klappt soweit ganz gut. Ich laufe morgens gegen 8 Uhr zu der von meinem Zuhause etwa 10 Gehminuten entfernten Haltestelle für die Taxis und bekomme meist relativ schnell einen Platz. Eine Fahrt kostet umgerechnet 45 Cent. Mit „Kea (I am going to) Towereng (der Name meiner Haltestelle)“ werde ich fast direkt beim Eingang der NatCom abgesetzt und brauche je nach Verkehr 10 bis 15 Minuten. Wirklich praktisch. Auf dem Rückweg dauert es meist länger, wenn man nicht gleich ein 4+1 entdeckt, wo schon drei Leute drinsitzen. Denn sonst hupt und schreit der Fahrer (bisher habe ich noch keine Frau am Steuer entdecken können) so lange seine Richtung aus dem Fenster, bis er noch weitere Fahrgäste im Auto hat. Sonst lohnt es sich für ihn nicht. Wenn man es selbst mal eilig hat, kann man auch immer den Spezialpreis zahlen und das Auto für sich allein beanspruchen.

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Nicht weit von meiner Arbeitsstelle entfernt gibt es ein Fitnesscenter (20 Euro im Monat), Tennisplätze (Nutzung für 12 Euro pro Jahr) und zu Shoprite, kleinen Restaurants oder zur Pioneer Mall ist man nur wenige Minuten zu Fuß unterwegs. Das Essen hat mich bisher noch nicht so überzeugt. Zwar gibt es viele Essensstände, bei denen man für umgerechnet 1,70 ein Mittagessen mit Reis, Gemüse und Fleisch oder Fisch bekommt, aber wirklich gesundes Essen ist hier selten zu finden. Mir fehlt eine EDEKA Salattheke. Und der deutsche Bäckerladen um die Ecke. Aber soweit ich das bisher mitbekommen habe, backen meine Mitbewohner Brot selber. Mal sehen, wie’s schmeckt.

Anfang letzter Woche wurde ich mit vier anderen Mitgliedern des Youth Desk Komitees zu einer Feier anlässlich des Friedenstages eingeladen. Im Prinzip war die Einladung sehr offiziell, aber viele Informationen wurden im Vorfeld nicht an uns weitergeleitet. Ich war etwas hin- und hergerissen, ob ich die Truppe begleiten soll. Es war mein erster Tag, an dem mir die NatCom keinen Transport organisierte. Ich entschied mich aber doch dafür mitzukommen. Ich war ja schließlich nicht ganz alleine und zudem ist es natürlich eine Abwechslung zum Büroalltag. Wir wurden morgens um halb 7 zu einem Treffpunkt bei einer Kirche bestellt. Ich fragte die Gruppe noch, ob ich mit ‚African time‘ rechnen müsste… Wir waren und blieben die Ersten. Nach einer Stunde trudelten einige weitere Gäste ein. Um halb 8 saßen wir dann im Bus. Es war noch recht kühl draußen. Die meisten Sitze waren leer und der Fahrer schien sehr entspannt. Gegen viertel nach 8 kam ein Auto und es wurden vieeele Plastiktüten mit fertig gepackten Lunchpaketen und Getränken eingeladen. Plastiktüten kosten hier nichts und werden deshalb bei jeder Kleinigkeit mitgegeben und auch nicht wirklich vollgepackt. Mein Beutel von Rossmann ist also immer griffbereit in meiner Tasche. Um halb 9 stellte der Busfahrer den Motor an. Mein Sitznachbar war der Meinung: Ich glaube wir fahren so gegen 9 Uhr hier los, es kommen ja immernoch Leute. Er hatte leider Recht. Unterschied zu Deutschland: Ein Bus wartet nicht für 2 einhalb Stunden auf die Zuspätkommer. Auf dem Weg zur Veranstaltung, die etwa eine 45 min Fahrt entfernt stattfinden sollte, sammelte der Bus zwischendurch noch einige Leute ein. Ich frage mich bis heute wie diese Leute das richtige Timing finden, um den Transport zu erwischen. Irgendwann waren wir dann jedenfalls fast da – dachte ich zumindest. Der Bus bog in eine unbefestigte Straße ein, die er erstmal nicht so schnell mehr verlassen sollte. Keine Sorge, wir sind nicht steckengeblieben und die Räder sind auch ganz geblieben, aber die Fahrt ging wirklich abenteuerlich weiter. Wir passierten eine Brücke, die auf jeder Seite des Busses nicht mal einen halben Meter Platz bot. Ich hielt mich fest und schaute aus dem Fenster. Ich sah nur den Fluss… als wir diesen überquert hatten, fuhren wir an einfachen Häusern und Gärten vorbei. Alle Bewohner, die sich gerade draußen aufhielten, ließen ihren Blick dem Bus hinterherschweifen. Schien also keine alltägliche Route für einen Bus wie diesen zu sein. Ich wusste nicht, ob mich das eher beruhigten oder beunruhigen sollte. Nach weiteren 45 Minuten erreichten wir schließlich das Fest. Ich fühlte mich wie in einem falschen Film. Kühe mit geschmückten Hörnern wurden von einigen Hirten über das weite Feld getrieben. Ein Hirte ritt auf einem Pferd hinterher und gab interessante Laute von sich.

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Ich erinnerte mich daran: Vermutlich hatte ich einfach nur etwas anderes erwartet. Jedenfalls gab es erstmal keine Toilette weit und breit, was nach der Fahrt aber absolut dringend war. Ich und einige andere Mädels, die auch mit anderen Erwartungen angereist sind, machten uns deshalb zu Fuß zurück in das kleine Dorf, um dort fündig zu werden. In Dörfern wie diesen gibt es üblicherweise kein WC im Haus. Stattdessen steht meist ein kleines Toilettenhäuschen im Garten. Keine besonders hygienische Angelegenheit, aber dies war ich ja bereits aus dem Township in Grahamstown gewohnt. Augen zu und durch. Als wir gerade auf dem Rückweg zum Festzelt waren, hörte ich interessante Stimmen und Geräusche hinter uns. Gerade noch rechtzeitig drehten wir uns um. Eine andere Rinderherde war auf dem Weg und ziemlich schnell unterwegs. Wir retteten uns aufs Feld und warteten ab, bis der Weg wieder frei war. Auf dem Feld wurde bereits der Grill angeworfen. Mir war aber bewusst, dass wir nicht so schnell mit einer weiteren Verpflegung rechnen können. Und ich behielt Recht. Ich war den gesamten Tag über sehr durstig, da meine Wasserflasche schon relativ bald aufgebraucht war. An das Leitungswasser hier in Lesotho, das meistens eher milchig aussieht, habe und werde ich mich vermutlich auch nicht herantrauen. Das Programm des Tages bestand in Reden, Gesang und Tanz, Gedichten und Debatten. Alles in Sesotho. Ich verstand also leider kein Wort. Ich war aber vermutlich die einzige Person, der es so ging. Deshalb machte ich keine Anstalten um eine Übersetzung zu bitten. Was an diesem langen Tag, der, wie sich später herausstellte, nicht vor 5 Uhr enden sollte, interessant für mich war, waren die kulturellen Rituale der Basotho.

Während meiner Zeit in Südafrika habe ich bei Begegnungen dieser Art immer diverse Blicke und ein Grinsen zugeworfen bekommen, was mir an dem Tag gar nicht besonders aufgefallen ist. Trotz der Tatsache, dass ich als einzige Weiße unter den rund 200 Gästen schon allein aufgrund meiner Hautfarbe aus der Masse hervorgestochen bin, wurde ich wie jeder andere Gast behandelt. Einige Personen begrüßten mich persönlich, indem sie mir die Hand reichten. Dabei wird nach dem ersten Händeschütteln den Daumen eingeharkt und ein zweites Mal die Hand geschüttelt und laaange festgehalten. Bis man in die Konversation eingestiegen ist. Wenn diese sehr kurz ausfällt, lässt man die Hand auch erstmal nicht wieder los. Umarmungen sind hier in Lesotho bei ersten Begegnungen, insbesondere mit älteren Personen, eher unüblich. Zur Begrüßung wird meist aus Höflichkeit Ntate (Sir) oder ´Mé (Madam) hinzugefügt.

Heute hatte ich viele solcher Begegnungen während unserer Rückfahrt von Ramabanta, wo ich mit meiner Mitbewohnerin und Freunden das Wochenende auf der Abschlussfeier von Lesotho Sky einläutete. Das Mountainbike Race, auf dem ich nun die letzten beiden Wochenenden verbrachte, fand in diesem Jahr mit etwa 80 Teilnehmern statt. Darunter waren auch viele internationale Gäste aus der Schweiz, den Niederlanden, Brasilien, Israel und Südafrika. Am Tag nach der Registrierung der Fahrer in einer Lodge bei Ramabanta ging es weiter nach Semonkong. Hier soll es ein sogenannter Donkey Pub Crawl angeboten werden – also eine Kneipentour, bei der man einen Esel als Fortbewegungsmittel nutzt. Ich bin mal gespannt, ob wir dazu nochmal kommen. An dem Wochenende war zumindest keine Zeit. Esel werden hier sehr viel und häufig als Nutztiere eingesetzt und schleppen teilweise auch mal drei Kisten des lokalen Maluti Bieres in die Dörfer (kein Witz, ich habe ein Beweisfoto!). Von Semonkong aus starteten vergangenen Samstag alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen auf ihren Mountainbikes die ersten 23km der Strecke. Das schnellste Team war bereits nach 56 min am Ziel. Wir fuhren zunächst mit dem Auto hinter der Gruppe hinterher, konnten aber dann eine Abkürzung nehmen um rechtzeitig an der Ziellinie zu sein. Die Location war atemberaubend, ein riesiger Wasserfall war in der Ferne zu sehen. Diesen Ort würde ich gerne nochmal besuchen. Zu den Begegnungen von heute: Da bei der Universität in Roma gerade die Absolventen und Absolventinnen ihre Abschlussfeier hatten, war die Straße nicht bzw. nur mit zeitlicher Verzögerung passierbar. Deshalb beschlossen wir, eine andere Route zu nehmen und etwas mehr von der Landschaft zu sehen. Ich war froh, dass wir mit einem 4×4 unterwegs waren, weil die Straße teilweise mit sehr viele und großen Steinen übersät war. Es hat sich trotzdem absolut gelohnt. Da wir in einer größeren Gruppe unterwegs waren, haben wir einige Male angehalten und schöne Fotos geschossen, die ich Euch hoffentlich zeitnah präsentieren kann. Die Kinder am Straßenrand winkten uns fleißig zu. Mit Bewohnern in einem der Dörfer haben wir uns in einem Mix aus Sesotho und Englisch versucht auszutauschen. Auch wenn die Sprache leider eine kleine Barriere war, waren alle sehr aufgeschlossen uns gegenüber. Dabei ist auch das Titelbild dieses Blogeintrages entstanden. Meine Mitbewohnerin Anaita sitzt direkt vor mir! 😉 Als wir schließlich wieder die befestigte Straße erreichten, von der wir nicht genau wussten wie weit sie entfernt war, konnte ich mir sogar selbst meine Erleichterung anmerken.

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Teboho Montsi

Meine Arbeitskollegen gaben mir den Namen Teboho Montsi. Immer wieder höre ich diesen Namen in den Gängen des Bürogebäudes der NatCom, damit ich mir ihn auch ja gut einprägen kann. Selbst auf den Straßen von Maseru werde ich des Öfteren danach gefragt, ob ich bereits einen Sesotho-Namen besitze. Die Basotho sind sehr also darauf bedacht, ihre Tradition zu wahren und die Neuankömmlinge in der ersten Woche auf diese Weise willkommen zu heißen. Davon blieben auch meine Vorgängerinnen nicht ‚verschont‘. Jeder afrikanische Name hat üblicherweise eine Bedeutung. Teboho (ausgesprochen wird es wahrscheinlich nicht, wie ihr vielleicht denkt) heißt so viel wie DANKE. Der Nachname Montsi ist der von meiner Chefin. Dies bedeutet also, dass ich ihre ‚Tochter‘ bin. Komischerweise haben wir bislang noch am wenigsten miteinander zu tun gehabt. Es wurde zu Beginn dazu extra ein Meeting mit dem gesamten Team, welches aus etwa 12 Mitarbeitern besteht, einberufen. Ich konnte Fragen stellen, meine Erwartungen an meinen Freiwilligendienst teilen und zumindest ansatzweise versuchen, ihre Namen richtig auszusprechen. Das wird wohl noch eine Weile dauern. Heute hat mich eine ehemalige Lehrerin auf Empfehlung einer Bekannten zurückgerufen, die mir möglicherweise Sesotho Stunden geben könnte. Wir wollen uns kommende Woche Dienstag mal zum Kennenlernen treffen. Hoffentlich passt es, denn ich denke es ist mehr als sinnvoll, einige Kenntnisse in der Landessprache mitzubringen, da Englisch nicht ganz so weit verbreitet ist. Mein Freund wirkte am Telefon leicht entrüstet darüber, dass mir hier im Nachbarland Lesotho direkt ein neuer Name gegeben wurde. Denn ich erhielt bereits einen Xhosa Namen von seinen Eltern: Simthandile – wir liebten dich. Aber ich bin mir sicher, dass ich diese Geste aus Respekt nicht verwehren konnte. Und so bin ich halt für das kommende Jahr für die Menschen hier ‚Teboho‘.

Mittlerweile ist schon fast die erste Woche vorbei und ich fühle mich von Zeit zu Zeit wohler. Gleich am ersten Arbeitstag hatte ich die Ehre, dem Minister of Gender, Youth and Sports, Hon. Mathibeli Mokhotu, die Hand zu Schütteln und im Rahmen der Eröffnungsrede vom kickstart Projekt, einem zweiwöchigen Entrepreneurship Seminar mit Teilnehmern aus ganz Lesotho, im lokalen Fernsehen zu sein. Nun habe ich es tatsächlich ganz unverhofft geschafft, während der Prime-Time beim südafrikanischen Sender SABC und auf Lesotho Television gezeigt zu werden. Ich hätte es ja gerne selbst gesehen, aber in meiner WG empfangen wir kein Fernsehen. Filmabende reichen sowieso vollkommen aus. Am ersten Abend schauten ich und meine Mitbewohner uns gemeinsam den Film „Extrem laut und unglaublich nah“ an. Der Film mit Tom Hanks handelt von den Ereignissen am 11. September und ist wirklich sehr berührend. Ich befürchte jedoch etwas, dass ich abends ohnehin zu müde von der Arbeit sein werde, um mir noch weitere Film anzusehen. Noch hat sich mein Körper nämlich überhaupt nicht auf eine 40-Stunden Woche eingestellt. Das Studentenleben mit den selbstgestaltbaren Aufstehzeiten ist noch zu sehr verankert, auch wenn mein Abschluss bereits einige Monate zurückliegt. Aber was solls‘, meinen Master hänge ich wohl noch an mein FSJ an.

Nichtsdestotrotz gefällt mir das Arbeitsumfeld wirklich gut. Denn selbstständig arbeiten kann ich hier allemal. Ich habe zwar Bontle als meine erste Ansprechpartnerin, aber sie scheint sehr dankbar, dass ich mir selbst meine Aufgaben suche und mich in die derzeitigen Projekte einlese. Meine Hauptaufgaben werden die Betreuung der Website, die Unterstützung des Youth Desk Komitees bei geplanten Projekten und des hoffentlich erneut stattfindenden STEP Programmes hier in Lesotho in Kooperation mit der Leuphana Universität Lüneburg sein. Zudem sollen wir als Freiwillige ein eigenes Projekt auf die Beine stellen, wo ich mir schon einige Gedanken zu gemacht habe. Aber ich möchte nicht zu viel verraten  An einem normalen Arbeitstag sitze ich in meinem eigenen und wirklich beachtlich großen Büro, habe Meetings mit dem kürzlich durch meine Vorgängerin ins Leben gerufenen Youth Desk Komitee und nehme meine Mittagspause, wenn mir gerade danach ist. Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich weiß mit diesen Freiheiten gewissenhaft umzugehen. Trotzdem muss ich mich noch an die neue Umgebung gewöhnen. Vermutlich sollte ich zunächst wieder etwas mehr Gelassenheit in meinen Alltag bringen. Wo ich noch am ersten Tag vollkommen eingeschüchtert meine komplette Tasche samt Laptop mit mir durch das Bürogebäude trug, weil ich Angst hatte es würde was wegkommen, so wurde ich nun darauf aufmerksam gemacht, dass wir hier nicht in Südafrika sind. Bisher verbrachte ich meine Mittagspausen damit, die Gegend zu erkunden und somit Distanzen zu Fuß besser einschätzen zu können. Freundlicherweise begleiteten mich dabei entweder meine Kollegen oder Mitglieder des Youth Desk. Dabei habe ich auch herausgefunden, dass es nahe des Büros auch ein gut ausgestattetes Fitnesscenter gibt, wo auch der König Lesothos trainieren soll. Mal sehen, was ich hier noch so für Bekanntschaften mache…

Meine größte Schwierigkeit besteht aktuell darin, meinen Einkauf zu erledigen und dafür zu sorgen, dass ich mich nicht ständig von Takeaways ernähre und genug Wasser trinke. Gar nicht so einfach, denn: das ganze Zeug von der Shoppingmall nach Hause zu schleppen ist bei den vielen Bergen, insbesondere in meiner Gegend – die sich Hills View nennt – definitiv nicht zu unterschätzen. Fahrrad fahren würde ich mich hier einerseits aus diesem Grund und andererseits wegen des oftmals rücksichtslosen Fahrstils der meisten Autofahrer schlichtweg nicht trauen. Gleiches gilt auch fürs Autofahren selbst. Mir wurde von vielen Personen geraten, mich mit dem lokalen Transportsystem vertraut zu machen, welches einigermaßen zuverlässig funktionieren soll. Ich werde mich wohl ab nächster Woche, in der mich der Fahrer der NatCom nicht mehr morgens zur Arbeit einsammelt, selbst davon überzeugen müssen. Bis dahin werde ich versuchen, einen besseren Orientierungssinn zu entwickeln. Am kommenden Wochenende mache ich erstmal einen kleinen Ausflug nach Semonkong – zum Campen in den Bergen. Melde mich wieder mit Fotos vom Trip und dem Lesotho Sky Event. Shap shap

Lesotho Sky

Mein neues Bett ist so bequem, dass ich vergangene Nacht erstmal gute 13 Stunden drin lag. Natürlich auch, um etwas Schlaf nach den 13 Stunden im Flieger aufzuholen. Müde bin ich leider noch immer. Aber was soll‘s.. ich habe noch eine Nacht bevor die Arbeit ruft. Es war heute den Tag über wirklich warm und deshalb konnte ich innerhalb von zwei Stunden meine Wäsche vom Vorbereitungsseminar waschen, aufhängen, lufttrocknen lassen und in den Schrank packen. Der Koffer ist bereits leer. Das Einleben wird sicher nicht lange dauern. Über meinem Bett hängt neben meinem selbstgestalteten Südafrika-Kalender ein Mokorotlo-Strohhut, eine Art Wahrzeichen des Landes, welches auch die Flagge des Landes verziert. Der Schriftzug ‚Lesotho Sky 2013‘ ist mit Wolle in den Hut eingeflochten und steht für den jährlich stattfindenden Mountainbike Wettbewerb in Lesotho (http://lesothosky.com/). Ins Leben gerufen wurde dieser von Christian und seinem Kumpel Darol, meinem Mitbewohner. Kommende Woche steht Lesotho Sky 2015 an, sodass ich zeitnah einen Einblick bekomme, was dann so alles hier los ist. Ich wurde schon gefragt, ob ich das Team bei der Registrierung der Mountainbiker unterstützen kann. Im Haus liegen gesponserte Tüten rum und ein fettes Soundsystem steht zum Einsatz bereit. Direkt mittendrin! Ich freue mich darauf. Ist sicher die ideale Möglichkeit, viele Leute aus Maseru & Umgebung und auch diejenigen, die von weit her für das Ereignis anreisen, kennenzulernen. Außerdem reizt mich die Landschaft. Ich würde gerne mal einen Ausblick von einem der Berge auf die Stadt werfen.

Meine größte Sorge vor der Anreise jedenfalls, dass mein Gepäck nicht mit mir gemeinsam in Maseru ankommt, hat sich glücklicherweise nicht bestätigt. Nach Ankunft auf dem winzigen Moshoeshoe International!!! Airport, zu dem ich einer ebenso winzigen Maschine mit gerade mal 25 Passagieren geflogen wurde, musste ich für das Department of Immigration einen Zettel mit meinen Details ausfüllen. Ich bekam einen Stempel, der es mir gestattet für 30 Tage im Land zu bleiben. Soweit so gut! Diese muss ich dann innerhalb von zwei Wochen in eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung umwandeln. Die NatCom der UNESCO wird mir dabei behilflich sein. Eine meiner Kolleginnen und den Fahrer der NatCom habe ich bereits getroffen, da sie mich netterweise vom Flughafen abgeholt haben. Mein erster Eindruck über meine neue Heimat auf Zeit: Es riecht anders, trocken und nach verbranntem Gras. Viele Autos und Menschen sind auf den Straßen unterwegs. Überholt werden alle, die zu langsam fahren oder laufen. Am Straßenrand gibt es kleine Stände, an denen Früchte und andere Snacks angeboten werden. Es gibt Malls, die größer sind als ich erwartet hatte und die Auswahl ist auf den ersten Blick nicht so klein wie von meiner Mitbewohnerin angekündigt. Townships gibt es hier nicht wirklich, Blechhütten stehen teilweise direkt vor den Ziegelsteinhäusern, die im Vergleich mindestens 20 Mal so groß wirken. Bilder folgen, sobald ich die Gelegenheit dazu bekomme, die Gegend zu fotografieren in der ich wohne. Dennoch sei die Spanne zwischen Arm und Reich Andrea zufolge nicht so hoch wie im Nachbarland Südafrika. Ebenso wie die Kriminalität. Die Firma meiner anderen Mitbewohnerin Anaita stellt uns für nachts dennoch einen Security Guard bereit und installiert nächste Woche eine Alarmanlage im Haus.

Beim ersten Spaziergang zur 30 Minuten entfernten Shoppingmall dessen Shops auch auf einen Sonntag geöffnet sind, hielten fünf Autos an, um mir und Andrea anzubieten, uns ein Stückchen mitzunehmen. So viel Gehupe kenne ich normalerweise nur von Minitaxis in Südafrika. Hoffentlich gewöhnen sich die Menschen hier bald an die Weiße, die lieber laufen möchte und halten nicht immer extra an. Könnte irgendwann lästig werden. Ein anderer Kerl lief ein Stückchen mit uns mit uns wollte Konversation betreiben. In einem Mix aus Sesotho und Englisch. Wir waren nicht weit von zu Hause entfernt und mussten ihn schnell abwimmeln, damit er uns nicht noch weiter folgt. Andrea meinte sie hätte sich schon daran gewöhnt woraus ich schließe, dass eine solche Situation wohl des Öfteren vorkommt. Sie spricht bereits einige Worte Sesotho und ich werde hoffentlich zeitnah mit einem Sprachkurs beginnen. Bisher habe ich den Eindruck, dass diese Sprachkenntnisse mehr als wertvoll sein werden, um mit Menschen in Kontakt zu kommen oder ihnen eben auch verständlich zu machen, dass ich gerade ‚keine Zeit‘ für eine Unterhaltung habe. Freundlich bleiben ist das A und O. Ein Mitarbeiter am Flughafen in Maseru fragte mich bei der Gepäckkontrolle (die nachher schlichtweg in einer netten Konversation statt einer echten Kontrolle bestand), wie viel ich schon in seiner Muttersprache beherrsche nachdem ich ihm erzählt hatte, dass ich für ein Jahr bleiben wolle. Allein in solchen Situationen wünsche ich mir, nicht nur zu sagen, dass ich es zu lernen versuche, sondern tatsächlich ein paar Sätze raushauen kann. Offene und außerordentlich freundliche Menschen sind mir bereits einige in dieser kurzen Zeit im Land begegnet. Am Flughafen in Johannesburg kam ich beim Warten auf den Bustransfer mit einer Dame ins Gespräch, die für die Lesotho National Development Corporation (LNDC) im Bereich ausländischer Investitionen arbeitet. Wir haben uns darauf verständigt, dass ich sie kontaktieren werde, nachdem ich eingearbeitet bin. Man kann ja nie wissen, wofür der Kontakt in Zukunft hilfreich sein könnte!

In der ersten Woche werde ich von dem Fahrer bei mir zu Hause für die Arbeit abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht. Für danach muss ich mir noch etwas überlegen. Es wird aber wohl vorerst auf Taxis hinauslaufen. Einige Telefonnummern haben mir Saskia und Mareike schon weitergegeben. Der Wechselkurs ist ja gerade auf meiner Seite… 15,5 zu 1! Gezahlt wird mit Loti (Maloti in der Mehrzahl) und Rand. Warum das Königreich Lesotho über eine eigene Währung verfügt, wo doch sowieso überall Rand akzeptiert wird, ist mir ehrlich gesagt noch ein Rätsel. Die Preise im Supermarkt sind vergleichbar mit denen in Südafrika. Einige Lebensmittel und Kleiderbügel für meinen Schrank habe ich mir bereits eingekauft. Mehr Ausstattung für mein Zimmer wie eine Kommode, einen Spiegel oder einen Wäschekorb steht noch auf der Liste. Ist sonst ziemlich leer bis auf das gemütliche Bett, zwei Nachttischen und dem Einbauschrank. Eine SIM-Karte muss ich mir auch noch besorgen. Am besten ziemlich bald. Ohne Telefon und Internet ist man etwas aufgeschmissen. Mit dem Luxus einer Hausfrau, die sich dreimal die Woche um die Sauberkeit im Haus, Wäsche und Geschirr kümmert, hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Froh bin ich aber doch irgendwie… wer weiß, wie viel Zeit noch bleibt wenn ich dann mitten in der Arbeit stecke. Das Buchprojekt über weibliche Existenzgründerinnen in Südafrika steht schließlich auch noch auf dem Plan. Heute Abend war ich ganz fleißig und habe hierfür wieder ordentlich was geschafft. Die Abschlusskonferenz für das ICET Projekt fand vorgestern in Port Elizabeth statt und war Xolisa zufolge, der mich dort vertrat, ein voller Erfolg. Ich wäre ja nur zu gerne selbst dabei gewesen, um die ganzen lieben Leute wiederzusehen, die ebenso von den Gründungsaktivitäten in SA begeistert sind. Aber es hat nicht sollen sein. Ich bin trotzdem froh, nach der langen Reise in meiner neuen Heimat auf Zeit angekommen zu sein. Macht euch keine Sorgen 😉

Blickwechsel und viele wahre Worte

Nach meiner Geburtstagsfeier mit Freunden und Familie und den hoffenden Sekunden vor dem Wiegen des fertig gepackten Koffers – 23 kg für ein Jahr in Lesotho ist denkbar wenig – ging es für mich nahe Berlin zum Vorbereitungsseminar. Vom Shuttle wurden wir, die dreizehnte Generation Freiwillige von kulturweit, zum Werbellinsee gebracht. Das Zimmer hier teile ich mir mit der lieben Maren, die Englisch, Französisch und Wirtschaft studiert und ein halbes Jahr in der kalten Mongolei verbringen wird. Was lerne ich daraus? Es gibt Ziele, für die es wirklich Daunenjacke und Winterstiefel einzupacken gilt. Lesotho hat zwar heiße Sommer und kalte Winter, aber die Temperaturen fallen selten unter den Gefrierpunkt. Trotzdem bin ich für kälteres Wetter gewappnet. Für alle Fälle! Übrigens geht es für mich nach einer Zwischenübernachtung im AirBnB nahe Berlin Tegel direkt los in Richtung Flughafen. Dementsprechend muss ich das erste Wochenende im Gastland wohl erstmal mit Wäsche waschen verbringen. Aber ich wird’s überleben! Meine Mitbewohnerin hat mir schon erste weitere Möbel und Zubehör wie Nachttischlampe zur Ausstattung meines Zimmers durch eine Deutsche organisiert, die Maseru verlässt und diese zu günstigen Preisen anbietet. Läuft doch!

Am gestrigen Abend wurde im Kino der Jugendherberge ein Film mit dem Titel „Blickwechsel“ ausgestrahlt. Er handelte sich dabei um einen perspektivenreichen Dokumentarfilm über Sichtweisen auf deutsche Freiwillige und ihre Arbeit bei Entwicklungsorganisationen in Afrika. Dazu wurden Personen aus Südafrika, Ghana und Gambia, die in Kontakt mit den Freiwilligen standen, interviewt und das Material für die Darstellung verwendet. Ich war sehr beeindruckt über die vielen wahren Worte und fühlte mich wieder zurück nach Südafrika versetzt als eine junge Xhosa den Song „Qongqothwane“ (Song auf YouTube) vor der Kamera anstimmte. Ich hätte am liebsten leise mitgesungen, aber das ist bei der Sprache ja leider nicht ganz so einfach! Mehr Infos zu dem Film und den beiden Machern sind auf der offiziellen Website zu finden: http://blickwechsel-film.de/ueber-den-film/

Den Partnertag der NatCom (so wird meine Einsatzstelle oftmals abgekürzt) der UNESCO verbrachte ich mit den elf anderen Freiwilligen, die in anderen Nationalkommissionen überall auf der Welt verteilt (Uruguay, Jamaika, Ruanda, Namibia, Sambia, Mongolei und Mexiko) eingesetzt werden. Wir haben zuerst jeweils einen dreiminütigen Vortrag über ein Thema gehalten, welches uns bei der Recherche zu unserem Gastland besonders überrascht hat. Ich hatte mir überlegt über den Bann zur Zeit der Apartheid in Südafrika und der damit häufig verbundenen Flucht politischer Gegner des Regimes über Maseru, Lesotho zu berichten. Über die Geschichte des Freiheitskämpfers Steven Biko gibt es eine Verfilmung mit dem Titel „Schrei nach Freiheit – Cry Freedom“ (siehe auch: Artikel Heimatbrücke). Im Anschluss fuhren wir gemeinsam zu einem Biosphärenreservat der UNESCO und hatten dort eine Führung auf dem weitläufigen Gelände. Zurück am Werbellinsee gab uns dann noch ein Mitarbeiter der Deutschen UNESCO Kommission einen Einblick in die Aufgabenbereiche und Strukturen der NatComs und beantwortete fleißig unsere Fragen. Da Mareike, die kürzlich ihr FSJ in Maseru, Lesotho verbrachte, als Alumi den Tag mit uns verbrachte, konnten wir uns nochmal persönlich kennenlernen. Ich bin sehr froh, dass Saskia und Mareike ein süßes Heft zusammengestellt haben, in dem Sesotho ‚survival phrases‘ (die Sprache der Basotho), Kontaktnummern & Tipps für Restaurants und Sehenswürdigkeiten aufgelistet sind. LIEBEN DANK EUCH an dieser Stelle!

In den kommenden Tagen erwarten uns noch einige Workshops, Zeit in unseren zusammengewürfelten Kleingruppen, die Arbeit an einer Seminarzeitschrift und eine Abschiedsveranstaltung am kommenden Donnerstag. Ich lasse wieder von mir hören, sobald ich die Möglichkeit dazu habe :-* vielleicht aber dann erst wieder aus Lesotho! Macht’s gut 🙂