Unerwartete Wendungen

Bevor Laura am Montag am Moshoeshoe Airport in Maseru gelandet ist, konnte ich mir noch nicht ausmalen, dass die Woche einen solchen Abschluss finden würde – aber mehr dazu später. Ich hatte ein wenig Sorge, dass die Matratze und ihr Gepäck für den 6-monatigen Aufenthalt mein gesamtes Zimmer einnehmen würde. Für das Platzproblem haben wir aber eine gute Lösung gefunden. So wurde das Bett verrückt und der Koffer vorerst in einem leeren Zimmer zwischengelagert. Ab Anfang April, wenn das Pärchen umzieht, wird dann wieder jeder ein eigenes Zimmer für sich haben. Am Tag ihrer Ankunft habe ich Laura, hier bekannt als Nthati („one who is loved“), eine erste Orientierung gegeben. Nachdem wir ihren Koffer ins Haus gebracht hatten, sind wir mit dem Fahrer der NatCom direkt ins Büro. In Anschluss an eine Vorstellungsrunde unter den Kollegen und einem gemeinsamen Mittagessen bekamen wir überraschend Besuch. Mittlerweile ist spontaner Besuch im Büro schon fast normal geworden, weil mehr Leute von der UNESCO Nationalkommission wissen als noch sechs Monate zuvor. Ich habe seit meiner Ankunft viel Aufklärungsarbeit unter den Jugendlichen leisten müssen, da viele nicht genau wussten an welchen Projekten meine Kolleginnen und Kollegen arbeiten. Ich würde dies auf die mangelnde Präsenz bzw. Aktivität in sozialen Netzwerken zurückführen. Wie selbstverständlich tauchen nun jedoch einige Leute unangekündigt, am liebsten kurz vor der Mittagspause, auf und erwarten, dass man sich für sie Zeit nimmt. Wenn die Leute zu sehr unpassenden Momenten vorbeikommen, sage ich ihnen meist offen und ehrlich, dass es gerade leider nicht passt und sie sich beim nächsten Mal bitte vorher kurz anmelden. Einige regieren völlig perplex, andere sehr verständnisvoll.

Generell bevorzuge ich es meist, Meetings in unserem Büro abzuhalten, weil ich schon des Öfteren vor verschlossener Tür stand oder schlichtweg versetzt wurde. Einige dieser Gründe waren: “Oh sorry, I completely forgot our meeting.”, “I am still very far from the office, can we rather meet another time?”, “I am in another meeting which is still going to take long so I unfortunately won’t make it.” Hier treffen verschiedene Perspektiven aufeinander. Ich als überpünktliche und sehr zuverlässige Person denke mir: Warum hast du mir nicht im Vorfeld abgesagt, statt mich extra zu dem vereinbarten Treffpunkt fahren/laufen zu lassen? Warum bist du denn erst so weit weggefahren, wenn du doch wusstest, dass wir uns treffen wollten? Welches andere Meeting? Ich dachte wir hatten eins für 9 Uhr ausgemacht. Was ist denn jetzt so wichtig? Wenn ich mich nun in die Perspektive einiger Personen reindenke, die ich hier treffe, würden die Gedanken wahrscheinlich eher so lauten: Du hättest mich nochmal vor unserem Treffen anrufen können, um sicherzugehen, dass ich daran denke. Warum bist du denn überhaupt so früh da? Und wieso stresst du so rum, wir können uns doch auch ein anderes Mal treffen? Hat sich gerade spontan ergeben oder mein/e Chef/in hat mich irgendwo in der letzten Minute hingeschickt, ohne mir vorher Bescheid zu geben. Zeit ist im südlichen Afrika sehr flexibel. Wenn nicht heute, dann halt morgen… oder nächste Woche – hier herrscht grundsätzlich mehr Verständnis dafür, wenn Treffen nicht wie geplant stattfinden. Auf beiden Seiten. Und ich stresse mich häufig zu viel, wenn ich es nicht pünktlich zu einem Termin schaffe. Nur um vor Ort herauszufinden, dass es überhaupt nicht nötig gewesen wäre.

Als ich und Laura letztens an einem zweitägigen Workshop zum Thema wie Gründung verstärkt in das Curriculum der Universitäten aufgenommen werden könne teilnahmen, hat Laura zum ersten Mal erlebt, wie flexibel Zeit hier wirklich ist. Wir wurden für 8 Uhr eingeladen und darum gebeten, pünktlich zu erscheinen. Als wir um 15 nach 8 (ich hatte absichtlich etwas Puffer eingebaut, weil ich staaark bezweifelte, dass es pünktlich losgeht), lasen wir auf dem Programm, dass eine halbe Stunde für die Registrierung der Gäste eingeplant wurde, sodass es um halb 9 beginnen sollte. Um halb 10 trudelten dann schließlich weitere Teilnehmer/innen der Session ein und gegen 10 fing es dann langsam an. Wir nutzen die Zeit, um uns mit den Organisatoren des Workshops zu unterhalten und neue Kontakte zu knüpfen. Der Großteil des Tages wurde damit verbracht, alle Teilnehmer/innen willkommen zu heißen, Reden zu halten (meist in Sesotho) und das Konzept der Organisation, die den Workshop ausrichtete, vorzustellen. Erst nach dem Mittagessen ging es dann darum, in kleineren Gruppen bestimmte Fragen bezüglich der universitären Förderung zu bearbeiten. Da wir am Nachmittag schon etwas vorhatten, blieben wir nicht bis zum Ende. Am zweiten Tag schlossen wir uns unseren Gruppen auch erst wieder am Nachmittag an. Wir erfuhren von dem Event leider erst einen Tag vorher und konnten unsere Verpflichtungen bei der NatCom nicht einfach absagen. Bevor der Workshop seinen Abschluss finden sollte, kam noch der Minister für Gender, Jugend, Sport und Erholung vorbei, um eine Rede über Entrepreneurship zu halten. Da ich einige Tage zuvor eine Absage von seinem Personal Secretary erhalten hatte, dass mein Seminarprojekt nicht finanziell unterstützt werden könne, war ich ziemlich frustriert. Als der Minister in seiner Rede über die finanziellen Mittel sprach, die mobilisiert wurden, um Gründer/innen aus Lesotho zu unterstützen, veränderte sich das Gefühl mehr in Verärgerung. Mir wurde einige Tage vorher noch erzählt, dass keine Mittel zur Verfügung stehen würden und dann wird mir vom Minister höchstpersönlich das Gegenteil angepriesen. Nachdem der Minister seine Rede beendet hatte, hob ich meine Hand. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, was ich sagen wollte, aber ich war der Meinung in dieser großen Runde von etwa 100 Personen wäre es eine gute Gelegenheit, mal das Seminarprojekt anzusprechen. Da ich während den Sessions schon einige Wortbeiträge hatte, kannten viele bereits meinen Sesotho Namen. Als sie sahen, dass ich mich meldete, zischten einige mir zu: „Teboho, not now! This is not the right moment. We are closing!“ Ich entgegnete daraufhin nur, dass ich dachte diese Veranstaltung sei ein offener Dialog, so wie es anfangs betont wurde. Einige Gäste schmunzelten, andere schauten mich etwas grimmig an. Das war mir letztlich egal. Ich wusste nur eins: Ich musste ein Wörtchen mit dem Minister reden. Als seine Bodyguards ihn auf dem Weg zur Tür begleiteten, stand ich von meinem Stuhl auf – der glücklicherweise nah bei der Tür stand – und gab dem Minister die Hand. Beim Hinausgehen hielt ich ihm die Tür auf und fragte ihn, ob ihm sein Personal Secretary meinen Sponsorenbrief bzw. das Konzept des Seminars zukommen gelassen hat. Er schien nichts von dem Projekt zu wissen und so bat er mich darum, am nächsten Morgen um 8 Uhr in sein Büro zu kommen.

Gesagt, getan! So saß ich am nächsten Morgen vorbereitet um Punkt 8 im Ministeriumgebäude und wartete. Und wartete. Es um wurde halb 9. Da ich um 9 Uhr schon bereits einige Tage zuvor einen anderen Termin ausgemacht hatte, fragte ich seine Sekretärin im Büro, ob der Minister überhaupt schon im Büro sei. Als sie verneinte sagte ich ihr, ehrlich wie ich bin, dass ich leider nicht mehr so viel Zeit hätte, da ich noch zwei andere Termine am Vormittag hatte (was der Wahrheit entsprach). Sie lächelte und rief den Minister auf seinem Mobiltelefon an. Als sie auflegte, fragte sie mich, ob ich mobil sei und zu seiner Residenz fahren könnte, da er dort noch etwas zu erledigen hatte. Ich verneinte und sie bot mir im Gegenzug einen Lift an. Zwei Mitarbeiter fuhren mich also im Regierungsauto zu seiner Unterkunft. Als ich dort eintraf war ich überrascht von dem sehr einfachen Haus in einer abgelegenen Gegend. Unsicher fühlte ich mich trotzdem nicht. Alle waren sehr freundlich zu mir. Der zweite Bodyguard des Ministers empfing mich und bot mir einen Platz auf dem Sofa im Wohnzimmer an. Es standen nur wenige Möbel im Raum. Dekoration war fast kaum vorhanden. Bis auf einen Rest Kaffee und Unterlagen stand nichts auf dem Tisch. Ich bezweifelte deshalb stark, dass der Minister hier mit seiner Familie wohnte. Nach fünf Minuten betrat er den Raum in seinem dunkelblauen Anzug, den er bisher auf jedem Event trug, auf dem ich ihn reden sah. Reden, die nicht wie bei so vielen Ministern bereits von Mitarbeitern getippt auf dem Podest liegen, sondern frei gesprochen wurden. Bislang hatte ich nie das Gefühl gehabt, dass der Minister für Jugend nicht wusste, wovon er sprach. Sondern dass er in seiner Position war, weil er Ahnung von den Bedürfnissen der Jugend mitbringt. Deshalb hatte ich Hoffnung auf eine positive Nachricht.

Ich erzählte ihm also, was ich seit September letzten Jahres auf die Beine gestellt hatte und was ich mir mit meinem Seminarprojekt noch vorgenommen hatte. Er lauschte ganz gespannt, stellte einige Zwischenfragen und gab mir im Anschluss dann die positive Nachricht, die ich gerne hören wollte. Das Ministerium für Jugend kann der Gruppe einen Kleinbus zur Verfügung stellen, um im Juli zum Seminar nach Südafrika zu fahren. Damit wäre ich eine meiner größten Sorgen hinsichtlich der Planung schon mal los. Ich bat seine Kollegin im Ministerium noch um eine schriftliche Bestätigung und hoffe nun darauf diese, wie versprochen, bis Mitte April zu erhalten. Ich gehe zwar davon aus, dass ich nochmal hinterher muss (so wie immer eigentlich), aber zumindest bin ich schon ein Stück weiter. Den Minister habe ich wohl auf meiner Seite. Er fragte mich zum Ende unseres Gespräches noch, was ich denn so dringend loswerden wollte auf dem Event. Da ich mich nicht mehr an die genauen Worte erinnern konnte, die ich mir in der Situation parat gelegt hatte, teilte ich ihm stattdessen Folgendes mit: Wenn er die Jugend Lesothos mehr fördern und gleichzeitig verhindern möchte, dass zukünftige Führungskräfte das Land verlassen, sollten sie nicht mehr von einem Büro ins nächste geschickt werden, ohne Unterstützung zu erhalten. Ich sagte ihm offen und ehrlich, dass es in Lesotho an individueller und effektiver Förderung starker Unternehmerpersönlichkeiten fehlt. Zudem erzählte ich ihm, dass ich einige davon bereits kennengelernt hätte. Daraufhin fragte er mich, wie viele Personen mir im Kopf herumschweben würden und, dass ich diese mal in sein Büro bringen sollte. Darauf komme ich sicher nochmal zurück…

Als ich gerade gehen wollte, fragte er mich noch was ich am Wochenende machen würde. Nachdem ich entgegnete, dass ich Laura ein wenig die Gegend zeigen wollte, bot er direkt an uns einen Fahrer für Samstag zu organisieren, der uns zu einem Sportevent mitnehmen sollte. Weil er darauf bestand und ich auch noch nicht wirklich was geplant hatte, nahm ich das Angebot an. Das Versprechen hielt er auch tatsächlich ein. Am Samstagmorgen um halb 6 Uhr morgens saßen wir bei unserem privaten Chauffeur ‚Nkopane‘ im luxuriösen Ford Ranger auf dem Weg zu einem Ort, der mir bis dahin noch nichts sagte. Wir fragten unseren lieben Fahrer, wo es denn hingehen sollte und er meinte nur, dass es SEHR WEIT sei – etwa eineinhalb Stunden Fahrtzeit von der Hauptstadt Maseru. Laura und ich wunderten uns etwas, weil wir ja schon so früh unterwegs waren, aber letztlich war es uns ganz gleich, wo es denn stattfand. Denn wir hatten nur eine Sache im Kopf: Endlich mal raus aus Maseru! Für Laura war es natürlich eine tolle erste Gelegenheit, mehr vom Land zu sehen. Wenig später fand ich heraus, dass wir in Richtung des Ortes fuhren, zu dem ich selbst schon mal einen Ausflug im September unternommen hatte: Semonkong. Und sogar noch ein wenig weiter. Insgesamt waren wir fast drei Stunden unterwegs, mit zwei kleinen Fotostopps. So kurz war die Strecke dann also doch nicht! Auf dem Weg zu der Sportveranstaltungen sahen wir viele Kinder in ihren Schuluniformen in dieselbe Richtung laufen. Wir schlugen vor, eine kleinere Gruppe mitzunehmen, damit sie sich den langen Fußmarsch sparen konnten. Unser Fahrer machte Halt und die Kinder sprangen glücklich auf die Ladefläche des riesigen Autos. Wir fuhren noch an vielen Schulklassen vorbei und alle waren neidisch auf die Jungs und Mädels, die von uns eine Mitfahrgelegenheit bekamen. Unser Fahrer hupte ab und zu, auch um die Kinder zu warnen, dass von hinten ein Auto nahte. Als wir schließlich nach weiteren 10 Kilometern den großen Rasenplatz erreichten, waren die Mitarbeiter des Ministeriums und weitere Helfer aus der Gemeinde noch damit beschäftigt, das Zelt aufzubauen. Wir aßen erst einmal gemütlich unser längst überfälliges Frühstück und stellten uns dann einigen Personen vor. Da wir noch Zeit hatten bis die Veranstaltung beginnen sollte erkundeten Laura und ich in Begleitung unseres Chauffeurs, der scheinbar auch gleichzeitig unser Bodyguard für den Tag war, die Umgebung. Wir schafften es sogar bis ins nächstgelegene Dorf und schauten uns die beeindruckende Landschaft an. Als dann der Wagen des Ministers wenig später eintraf, bekam Nkopane einen Anruf von seinem ‚Chef‘ der ihn darum bat uns bitte wieder zurück zum Platz zu bringen, da das Event bald starten würde. Zumindest dachte ich mir, dass dies vielleicht der Grund seines Anrufes sein könnte. Zurück beim Platz gab es dann einen kurzen Plausch mit dem Minister nach dem Motto: Danke nochmal für die Einladung. Uns wurde einen Platz unter dem Zelt angeboten – als Schutz vor der prallen Sonne. Wir verfolgten das Spektakel von dort aus. Jugendliche traten gegeneinander im 100m Sprint, Langlauf und Staffellauf an. Später gab es eine Preisverleihung bei der wir vom Minister aufgerufen wurden eine spontane Rede vor den etwa 700 Gästen zu halten. Auf Sesotho wenn’s geht, hatte er noch gemeint. Hätten wir uns eigentlich denken können! Da ich mittlerweile schon etwas sicherer in der lokalen Sprache bin, habe ich dann einfach rausgehauen, was gerade so passte und den Jugendlichen noch einige Worte mit auf den Heimweg gegeben. Alle von ihnen seien schließlich Gewinner, nicht nur diejenigen, die eine Medaille oder einen Pokal mit nach Hause nahmen. Laura und ich erhielten einen Applaus und durften dann noch für das Gewinnerfoto ‚posen‘, welches einige Tage später natürlich wieder in der Zeitung erschien. Laura kam sogar nochmal aufs Titelbild zum Artikel. Das scheint wohl so üblich zu sein bei Ankunft als Freiwillige in Lesotho.

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Im Anschluss wurden wir noch zum Mittagessen in die nächstgelegene Schule eingeladen, wo wir dann neben dem Minister Platz nehmen sollten. Wir sprachen zunächst über das Event und ich wies ihn darauf hin, dass viele der Athleten barfuß gerannt sind. Diese Bedenken wurden dann später auch in den Zeitungsartikel gepackt. Die Frage, ob ich schon verheiratet wäre, ließ auch nicht lange auf sich warten. Zwar werden wir das hier in Lesotho regelmäßig gefragt, aber dass es nun selbst vom Minister kam machte mich schon ein wenig nachdenklich. Die Leute kennen uns kaum, haben aber häufig ein bestimmtes Bild im Kopf. Hoffentlich passen wir nicht so ins Klischee und schaffen es in unserer kurzen Zeit zumindest ein anderes Bild in den Köpfen Einzelner zu schaffen. Auch wenn wir beide wissen, dass wir sicher noch mit einigen Vorurteilen konfrontiert werden.

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Gewisse Privilegien genießen wir nämlich definitiv. Und diese äußern sich sowohl im Alltag als auch im Arbeitsleben. Um nur drei Beispiele zu nennen: Das erste Mal, als ich für ein Treffen ins Ministeriumsgebäude ging, brauchte ich meinen Namen und den Grund meines Besuches nicht in die Liste einzutragen. Ich wurde einfach so durchgewunken. Eine andere Situation war, als ich und Laura gemeinsam mit zwei Freundinnen ein Geschäft in der Mall verließen. Die Taschen unserer Freundinnen wurden durchsucht, unsere nicht. Mein drittes Beispiel dreht sich um die Problematik mit unserem Visum für Südafrika. Als ich auf dem letzten HookUp Dinner zufällig auf den Principal Secretary traf und ihm diese Problematik der Freiwilligen erläuterte, versprach er, diese zu lösen. ‚To every problem there is a solution‘ wie er so schön sagte. Wir vereinbarten einen Termin mit ihm, erklärten erneut unsere Lage und uns wurde direkt von seinen Mitarbeitern geholfen. Nach einer nur 20-minütigen Wartezeit hielten wir unsere Reisepässe mit einer verlängerten Aufenthaltsgenehmigung (bei mir sogar bis März 2017) in den Händen, die wir für den Visaantrag so dringend benötigen. Die Schlangen im Home Affairs waren an dem Tag, so kurz vor den Osterfeiertagen, besonders lang. Ob wir ohne diese Kontakte so schnell dort rausgekommen wären, wage ich sehr zu bezweifeln. Was dies für uns bedeutet: Wir können uns erneut für ein 90-tägiges Visum bei der South African High Commission bewerben, die eine Aufenthaltsgenehmigung für länger als 6 Monate über die Antragstellung hinaus fordert. Nun sollte der Teilnahme am InterACTION Seminar in Port Elizabeth, auf die ich schon so lange hingearbeitet habe, nichts mehr im Wege stehen. Unsere Euphorie über diese Errungenschaft überwog unserem schlechten Gewissen an diesem Tag.

Zurück zum Wochenendausflug, den uns der Minister sponserte: Wir bekamen nach dem Mittagessen sogar noch eine private Tour zum berühmten Wasserfall in der Nähe von Semonkong, bevor es für uns dann wieder zurück nach Maseru ging. Dort trafen wir dann ziemlich spät ein, da wir noch einer Gruppe halfen, die mit ihrem Kleinbus auf dem eigentlich nur für 4×4 geeigneten Weg stecken geblieben waren. Sie waren sehr dankbar über die Hilfe unseres Fahrers und wünschten uns eine gute Heimreise. Die hatten wir dann auch. Zwar wird mir bei den vielen Serpentinen auf der Strecke meistens schlecht, aber dafür hatte ich ja zum Glück meine Superpep Kaugummis dabei. Nkopane fuhr zwar flott, aber sehr sicher. Wir brachten ihm bei, dass wir die langsamen Autos, die uns auf der Hinfahrt des Öfteren aufhielten, Sonntagsfahrer nennen. Diesen Ausdruck benutzte er dann gleich mehrmals und brachte uns damit zum Lachen. Unsere Frage, ob er einen schönen Tag hatte, bejahte er und fügte hinzu, dass er schließlich uns getroffen hätte. Er kam noch kurz auf einen Kaffee mit uns ins Haus, da wir ihn darum gebeten hatten uns ein wenig lokale Musik zu geben. Wir nutzten die Gelegenheit, ihm ein wenig Trinkgeld zuzustecken, welches er sich absolut verdient hatte nach diesem langen Tag. Davon kann er seine Frau, die ihn an dem Abend auch einige Male anrief um zu fragen, ob er schon zu Hause sei, mal zum Essen ausführen. Abends rief mich der Minister nochmal auf meinem Mobiltelefon an, um sich zu vergewissern, dass wir gut angekommen sind und ob wir den Tag genossen hätten. Ich beschloss, dass dieser ‚Gefallen‘ wohl vorerst der Letzte bleiben sollte.

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Zweiter Versuch, dieses Mal nicht direkt VOR dem Wasserfall.

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Unser erstes gemeinsames Wochenende verlief also anders als zuvor gedacht. Aber es waren definitiv Erinnerungen, die wir nicht so schnell vergessen werden. Von unseren Erlebnissen am vergangenen Wochenende berichte ich dann im nächsten Artikel! Vermutlich nicht ganz so lang und detailgetreu wie in diesem hier. Denn am Freitag werde ich mich dann endlich in den Urlaub verabschieden. Bis nächste Woche, Mama und Papa! Ich freue mich auf unser Familientreffen.

K(ein) normaler Arbeitstag

Vergangene Woche musste die NatCom sich von einer langjährigen Kollegin verabschieden, die bereits in diesem Monat ihre nächste Stelle in Botswana antreten wird. Sie war für 5 Jahre in Lesotho und hat in dieser Zeit drei ländlichen Gemeinden im Rahmen des ‚Bridge‘ Projektes betreut, eine Initiative der südkoreanischen UNESCO Nationalkommission. Es ging um den Aufbau von Zentren, in denen bedürftige Kinder ein freies Mittagessen und Betreuung erhalten.

Anlässlich ihres Abschiedes gab es selbstverständlich auch eine ‚Farewell-Party‘. Die Damen sollten alle in traditionellem Seshoeshoe Kleid zur Arbeit kommen. Da ich so etwas leider noch nicht besitze, entschied ich mich stattdessen für mein African Print Oberteil (nochmal lieben Dank dafür, Angelika!). Und bekam damit sogar glatt ein paar Komplimente meiner Kolleginnen und Kollegen zugeworfen. Ich hab versucht, an dem Morgen alle mal bei der Arbeit zu knipsen. Hier das Resultat:

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Das gesamte Team unternahm einen Ausflug nach Thaba-Bosiu, etwa 40 km von der Hauptstadt Maseru entfernt. Endlich mal die Gelegenheit, ein paar Orte außerhalb des mittlerweile bekannten Umfeldes zu sehen. Wir fuhren mit einem Minitaxi, ausgeliehen vom Ministerium für Bildung und Training, zu einem der drei großen Dämme, der sich aktuell noch in der Bauphase befindet. Für meine Kolleginnen und Kollegen schien es neben einigen interessant geformten Hügeln DIE Sehenswürdigkeit schlechthin zu sein, die sie sich unbedingt nochmal von Näherem ansehen wollten. So kam es dazu, dass wir die Mitarbeiter bestachen, damit wir eine unangemeldete Führung bekamen. Als ob es die normalste Sache der Welt wäre, gegen einen kleine Gebühr (keine Sorge, so teuer war’s dann wirklich nicht…) auch Extrawünsche erfüllt bekommt, die eigentlich gegen die Regeln verstoßen. Hallo, Korruption! Irgendwie hatte ich dieses schlechte Gefühl, mich der Gruppe anzuschließen. Aber im Auto war es definitiv zu heiß. Ich sollte dann auch noch bestraft werden für meine Entscheidung. In Form eines fiesen Sturzes – mit blutendem Knie und zerrissener Leggings. Aber naja, die Prellung und Schürfwunden heilen schon wieder ab. Nachtrag: Mittlerweile ist der Ausflug mehr als eine Woche her und mein Knie sieht immer noch sehr mies aus… aber naja. Hauptsache meiner Kamera ist nichts Schlimmeres passiert. Nur ein paar Kratzer. Glück im Unglück also! Diese Bilder sind bei unserem Ausflug entstanden:

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Nachdem ich unterwegs noch schnell meine im Büro gebliebene Kollegin anrief, um den Verbandskasten (den es weder bei dem Informationscenter noch im Auto gab) mitzubringen, waren wir auch schon bald an dem Ort, wo wir dann zum Mittagessen einkehrten. Es wurde genau dasselbe Gericht zubereitet, was es sonst auch immer bei solchen Zusammenkünften gibt. Dreimal dürft ihr raten! Es wurde natürlich gegrillt. Nama ea khomo, moroho und papa – Nein, nicht du Papa. Papp – ein aus Maismehl zubereiteter Brei der mit Spinat und Schweinefleisch serviert wurde. Die Gerichte der Essenstände in der Stadt bestehen immer aus drei Hauptbestandteilen: Reis, Samp oder Papp mit einer Auswahl an Gemüse und entweder Fisch (mein Favorit), Hühnerkeule oder Schweinesteak. Alternativ gibt es, was ich zwar nie nehme aber die Lokalen voll drauf abfahren, Eintopf mit Hühnchen oder Schwein. Wo dann aber wirklich alles drin ist, hauptsächlich eigentlich Knochen. Da sehe ich gar nicht ein, wofür ich bezahle. Aber das liegt wohl auch daran, dass ich das Fleisch nicht vom Knochen ablecke, wie es jeder hier tut. Wenn wir mal einen Tagesworkshop bei der NatCom haben und eine Catering Firma Mittagessen bringt, bekam ich manchmal schon die Frage zugeworfen, ob das Hühnchen nicht geschmeckt habe, weil ich nicht aufgegessen hätte. :/

Auch das mit den Fingern essen habe ich noch nicht ganz raus. Besonders nicht bei solchen Events wie der Abschiedsfeier. Deshalb hab ich meistens ein Extra Besteck in meiner Tasche… für alle Fälle. Der Gesichtsausdruck von Mooju’s Mama (der südkoreanischen Freiwilligen), als sie einen Blick in ihre Plastikbox mit dem Essen warf, war wirklich amüsant! Ich musste sogar ein wenig schmunzeln, weil es anscheinend niemandem auffiel. Ich organisierte ihr einen Löffel aus der Küche und sie war sichtlich dankbar. Als sie dann später nach einem Nachschlag fragte, war ich etwas verwundert. Ihr war wohl auch nicht bewusst, was es heißt, hier nach einem ‚kleinen‘ Nachschlag zu fragen. Sie bekam also noch weitere 500g Fleisch, die sie dann natürlich nicht mehr schaffte. Es gab auch noch Geschenke für Mooju und ihre Mama als Andenken. Beide haben sich sehr über die Aufmerksamkeit gefreut. Aber seht selbst:

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Nachdem wir noch etwa 10 Liter Wein leer gemacht hatten (ja, die Leute sind danach noch gefahren – unverantwortlich!), sind wir dann gegen späten Nachmittag wieder zurück nach Maseru. Da es bei unserer Ankunft gerade bekommen hatte zu regnen, bekamen wir sogar einen Lift nach Hause. Ich war sehr froh drum, da mein Bein und Knie noch immer sehr schmerzte. Auf der Hochzeit, auf die ich am Wochenende darauf eingeladen war, trug ich natürlich trotzdem mein Kleid. Ich ging gemeinsam mit meiner Kollegin Bontle hin, die auch eingeladen war. Um ganz ehrlich zu sein: Ich werde mich wohl NIE an die Art, wie solche Festlichkeiten hier gefeiert werden, gewöhnen. Etwa 300 Gäste wovon bestimmt 50 die ohne Einladung erschienen waren – ziemlich offensichtlich sogar, weil nicht mal jeder Platz auf den vorhandenen Stühlen fand und Gäste ihr Essen draußen auf dem Gras sitzend zu sich nahmen. Überall herumliegender Müll von den Snacks, die in Pappbechern und auf Servietten am Eingang angeboten wurden. Es war zu 12 Uhr eingeladen und das Mittagessen gab es gegen 4. Zuvor etwa 100 Reden. Erst am Ende wurde die Stimmung durch Musik etwas aufgelockert. Die Braut sah die ganze Zeit so aus, als wenn sie mehr besorgt darüber war, dass alles glatt läuft als dass sie ihren besonderen Tag in vollen Zügen genoss. Null Emotionen. Wir verließen die Feier bereits um 5 Uhr, da wir nicht wirklich Spaß hatten. Tanzen konnte ich ja ohnehin nicht mit meinem Bein. Also war ich ganz froh drum, dass meine Kollegin auch keine Lust mehr hatte noch länger zu bleiben. Eine Erfahrung war es definitiv wert.

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