Lesotho Sky

Mein neues Bett ist so bequem, dass ich vergangene Nacht erstmal gute 13 Stunden drin lag. Natürlich auch, um etwas Schlaf nach den 13 Stunden im Flieger aufzuholen. Müde bin ich leider noch immer. Aber was soll‘s.. ich habe noch eine Nacht bevor die Arbeit ruft. Es war heute den Tag über wirklich warm und deshalb konnte ich innerhalb von zwei Stunden meine Wäsche vom Vorbereitungsseminar waschen, aufhängen, lufttrocknen lassen und in den Schrank packen. Der Koffer ist bereits leer. Das Einleben wird sicher nicht lange dauern. Über meinem Bett hängt neben meinem selbstgestalteten Südafrika-Kalender ein Mokorotlo-Strohhut, eine Art Wahrzeichen des Landes, welches auch die Flagge des Landes verziert. Der Schriftzug ‚Lesotho Sky 2013‘ ist mit Wolle in den Hut eingeflochten und steht für den jährlich stattfindenden Mountainbike Wettbewerb in Lesotho (http://lesothosky.com/). Ins Leben gerufen wurde dieser von Christian und seinem Kumpel Darol, meinem Mitbewohner. Kommende Woche steht Lesotho Sky 2015 an, sodass ich zeitnah einen Einblick bekomme, was dann so alles hier los ist. Ich wurde schon gefragt, ob ich das Team bei der Registrierung der Mountainbiker unterstützen kann. Im Haus liegen gesponserte Tüten rum und ein fettes Soundsystem steht zum Einsatz bereit. Direkt mittendrin! Ich freue mich darauf. Ist sicher die ideale Möglichkeit, viele Leute aus Maseru & Umgebung und auch diejenigen, die von weit her für das Ereignis anreisen, kennenzulernen. Außerdem reizt mich die Landschaft. Ich würde gerne mal einen Ausblick von einem der Berge auf die Stadt werfen.

Meine größte Sorge vor der Anreise jedenfalls, dass mein Gepäck nicht mit mir gemeinsam in Maseru ankommt, hat sich glücklicherweise nicht bestätigt. Nach Ankunft auf dem winzigen Moshoeshoe International!!! Airport, zu dem ich einer ebenso winzigen Maschine mit gerade mal 25 Passagieren geflogen wurde, musste ich für das Department of Immigration einen Zettel mit meinen Details ausfüllen. Ich bekam einen Stempel, der es mir gestattet für 30 Tage im Land zu bleiben. Soweit so gut! Diese muss ich dann innerhalb von zwei Wochen in eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung umwandeln. Die NatCom der UNESCO wird mir dabei behilflich sein. Eine meiner Kolleginnen und den Fahrer der NatCom habe ich bereits getroffen, da sie mich netterweise vom Flughafen abgeholt haben. Mein erster Eindruck über meine neue Heimat auf Zeit: Es riecht anders, trocken und nach verbranntem Gras. Viele Autos und Menschen sind auf den Straßen unterwegs. Überholt werden alle, die zu langsam fahren oder laufen. Am Straßenrand gibt es kleine Stände, an denen Früchte und andere Snacks angeboten werden. Es gibt Malls, die größer sind als ich erwartet hatte und die Auswahl ist auf den ersten Blick nicht so klein wie von meiner Mitbewohnerin angekündigt. Townships gibt es hier nicht wirklich, Blechhütten stehen teilweise direkt vor den Ziegelsteinhäusern, die im Vergleich mindestens 20 Mal so groß wirken. Bilder folgen, sobald ich die Gelegenheit dazu bekomme, die Gegend zu fotografieren in der ich wohne. Dennoch sei die Spanne zwischen Arm und Reich Andrea zufolge nicht so hoch wie im Nachbarland Südafrika. Ebenso wie die Kriminalität. Die Firma meiner anderen Mitbewohnerin Anaita stellt uns für nachts dennoch einen Security Guard bereit und installiert nächste Woche eine Alarmanlage im Haus.

Beim ersten Spaziergang zur 30 Minuten entfernten Shoppingmall dessen Shops auch auf einen Sonntag geöffnet sind, hielten fünf Autos an, um mir und Andrea anzubieten, uns ein Stückchen mitzunehmen. So viel Gehupe kenne ich normalerweise nur von Minitaxis in Südafrika. Hoffentlich gewöhnen sich die Menschen hier bald an die Weiße, die lieber laufen möchte und halten nicht immer extra an. Könnte irgendwann lästig werden. Ein anderer Kerl lief ein Stückchen mit uns mit uns wollte Konversation betreiben. In einem Mix aus Sesotho und Englisch. Wir waren nicht weit von zu Hause entfernt und mussten ihn schnell abwimmeln, damit er uns nicht noch weiter folgt. Andrea meinte sie hätte sich schon daran gewöhnt woraus ich schließe, dass eine solche Situation wohl des Öfteren vorkommt. Sie spricht bereits einige Worte Sesotho und ich werde hoffentlich zeitnah mit einem Sprachkurs beginnen. Bisher habe ich den Eindruck, dass diese Sprachkenntnisse mehr als wertvoll sein werden, um mit Menschen in Kontakt zu kommen oder ihnen eben auch verständlich zu machen, dass ich gerade ‚keine Zeit‘ für eine Unterhaltung habe. Freundlich bleiben ist das A und O. Ein Mitarbeiter am Flughafen in Maseru fragte mich bei der Gepäckkontrolle (die nachher schlichtweg in einer netten Konversation statt einer echten Kontrolle bestand), wie viel ich schon in seiner Muttersprache beherrsche nachdem ich ihm erzählt hatte, dass ich für ein Jahr bleiben wolle. Allein in solchen Situationen wünsche ich mir, nicht nur zu sagen, dass ich es zu lernen versuche, sondern tatsächlich ein paar Sätze raushauen kann. Offene und außerordentlich freundliche Menschen sind mir bereits einige in dieser kurzen Zeit im Land begegnet. Am Flughafen in Johannesburg kam ich beim Warten auf den Bustransfer mit einer Dame ins Gespräch, die für die Lesotho National Development Corporation (LNDC) im Bereich ausländischer Investitionen arbeitet. Wir haben uns darauf verständigt, dass ich sie kontaktieren werde, nachdem ich eingearbeitet bin. Man kann ja nie wissen, wofür der Kontakt in Zukunft hilfreich sein könnte!

In der ersten Woche werde ich von dem Fahrer bei mir zu Hause für die Arbeit abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht. Für danach muss ich mir noch etwas überlegen. Es wird aber wohl vorerst auf Taxis hinauslaufen. Einige Telefonnummern haben mir Saskia und Mareike schon weitergegeben. Der Wechselkurs ist ja gerade auf meiner Seite… 15,5 zu 1! Gezahlt wird mit Loti (Maloti in der Mehrzahl) und Rand. Warum das Königreich Lesotho über eine eigene Währung verfügt, wo doch sowieso überall Rand akzeptiert wird, ist mir ehrlich gesagt noch ein Rätsel. Die Preise im Supermarkt sind vergleichbar mit denen in Südafrika. Einige Lebensmittel und Kleiderbügel für meinen Schrank habe ich mir bereits eingekauft. Mehr Ausstattung für mein Zimmer wie eine Kommode, einen Spiegel oder einen Wäschekorb steht noch auf der Liste. Ist sonst ziemlich leer bis auf das gemütliche Bett, zwei Nachttischen und dem Einbauschrank. Eine SIM-Karte muss ich mir auch noch besorgen. Am besten ziemlich bald. Ohne Telefon und Internet ist man etwas aufgeschmissen. Mit dem Luxus einer Hausfrau, die sich dreimal die Woche um die Sauberkeit im Haus, Wäsche und Geschirr kümmert, hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Froh bin ich aber doch irgendwie… wer weiß, wie viel Zeit noch bleibt wenn ich dann mitten in der Arbeit stecke. Das Buchprojekt über weibliche Existenzgründerinnen in Südafrika steht schließlich auch noch auf dem Plan. Heute Abend war ich ganz fleißig und habe hierfür wieder ordentlich was geschafft. Die Abschlusskonferenz für das ICET Projekt fand vorgestern in Port Elizabeth statt und war Xolisa zufolge, der mich dort vertrat, ein voller Erfolg. Ich wäre ja nur zu gerne selbst dabei gewesen, um die ganzen lieben Leute wiederzusehen, die ebenso von den Gründungsaktivitäten in SA begeistert sind. Aber es hat nicht sollen sein. Ich bin trotzdem froh, nach der langen Reise in meiner neuen Heimat auf Zeit angekommen zu sein. Macht euch keine Sorgen 😉