Teboho Montsi

Meine Arbeitskollegen gaben mir den Namen Teboho Montsi. Immer wieder höre ich diesen Namen in den Gängen des Bürogebäudes der NatCom, damit ich mir ihn auch ja gut einprägen kann. Selbst auf den Straßen von Maseru werde ich des Öfteren danach gefragt, ob ich bereits einen Sesotho-Namen besitze. Die Basotho sind sehr also darauf bedacht, ihre Tradition zu wahren und die Neuankömmlinge in der ersten Woche auf diese Weise willkommen zu heißen. Davon blieben auch meine Vorgängerinnen nicht ‚verschont‘. Jeder afrikanische Name hat üblicherweise eine Bedeutung. Teboho (ausgesprochen wird es wahrscheinlich nicht, wie ihr vielleicht denkt) heißt so viel wie DANKE. Der Nachname Montsi ist der von meiner Chefin. Dies bedeutet also, dass ich ihre ‚Tochter‘ bin. Komischerweise haben wir bislang noch am wenigsten miteinander zu tun gehabt. Es wurde zu Beginn dazu extra ein Meeting mit dem gesamten Team, welches aus etwa 12 Mitarbeitern besteht, einberufen. Ich konnte Fragen stellen, meine Erwartungen an meinen Freiwilligendienst teilen und zumindest ansatzweise versuchen, ihre Namen richtig auszusprechen. Das wird wohl noch eine Weile dauern. Heute hat mich eine ehemalige Lehrerin auf Empfehlung einer Bekannten zurückgerufen, die mir möglicherweise Sesotho Stunden geben könnte. Wir wollen uns kommende Woche Dienstag mal zum Kennenlernen treffen. Hoffentlich passt es, denn ich denke es ist mehr als sinnvoll, einige Kenntnisse in der Landessprache mitzubringen, da Englisch nicht ganz so weit verbreitet ist. Mein Freund wirkte am Telefon leicht entrüstet darüber, dass mir hier im Nachbarland Lesotho direkt ein neuer Name gegeben wurde. Denn ich erhielt bereits einen Xhosa Namen von seinen Eltern: Simthandile – wir liebten dich. Aber ich bin mir sicher, dass ich diese Geste aus Respekt nicht verwehren konnte. Und so bin ich halt für das kommende Jahr für die Menschen hier ‚Teboho‘.

Mittlerweile ist schon fast die erste Woche vorbei und ich fühle mich von Zeit zu Zeit wohler. Gleich am ersten Arbeitstag hatte ich die Ehre, dem Minister of Gender, Youth and Sports, Hon. Mathibeli Mokhotu, die Hand zu Schütteln und im Rahmen der Eröffnungsrede vom kickstart Projekt, einem zweiwöchigen Entrepreneurship Seminar mit Teilnehmern aus ganz Lesotho, im lokalen Fernsehen zu sein. Nun habe ich es tatsächlich ganz unverhofft geschafft, während der Prime-Time beim südafrikanischen Sender SABC und auf Lesotho Television gezeigt zu werden. Ich hätte es ja gerne selbst gesehen, aber in meiner WG empfangen wir kein Fernsehen. Filmabende reichen sowieso vollkommen aus. Am ersten Abend schauten ich und meine Mitbewohner uns gemeinsam den Film „Extrem laut und unglaublich nah“ an. Der Film mit Tom Hanks handelt von den Ereignissen am 11. September und ist wirklich sehr berührend. Ich befürchte jedoch etwas, dass ich abends ohnehin zu müde von der Arbeit sein werde, um mir noch weitere Film anzusehen. Noch hat sich mein Körper nämlich überhaupt nicht auf eine 40-Stunden Woche eingestellt. Das Studentenleben mit den selbstgestaltbaren Aufstehzeiten ist noch zu sehr verankert, auch wenn mein Abschluss bereits einige Monate zurückliegt. Aber was solls‘, meinen Master hänge ich wohl noch an mein FSJ an.

Nichtsdestotrotz gefällt mir das Arbeitsumfeld wirklich gut. Denn selbstständig arbeiten kann ich hier allemal. Ich habe zwar Bontle als meine erste Ansprechpartnerin, aber sie scheint sehr dankbar, dass ich mir selbst meine Aufgaben suche und mich in die derzeitigen Projekte einlese. Meine Hauptaufgaben werden die Betreuung der Website, die Unterstützung des Youth Desk Komitees bei geplanten Projekten und des hoffentlich erneut stattfindenden STEP Programmes hier in Lesotho in Kooperation mit der Leuphana Universität Lüneburg sein. Zudem sollen wir als Freiwillige ein eigenes Projekt auf die Beine stellen, wo ich mir schon einige Gedanken zu gemacht habe. Aber ich möchte nicht zu viel verraten  An einem normalen Arbeitstag sitze ich in meinem eigenen und wirklich beachtlich großen Büro, habe Meetings mit dem kürzlich durch meine Vorgängerin ins Leben gerufenen Youth Desk Komitee und nehme meine Mittagspause, wenn mir gerade danach ist. Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich weiß mit diesen Freiheiten gewissenhaft umzugehen. Trotzdem muss ich mich noch an die neue Umgebung gewöhnen. Vermutlich sollte ich zunächst wieder etwas mehr Gelassenheit in meinen Alltag bringen. Wo ich noch am ersten Tag vollkommen eingeschüchtert meine komplette Tasche samt Laptop mit mir durch das Bürogebäude trug, weil ich Angst hatte es würde was wegkommen, so wurde ich nun darauf aufmerksam gemacht, dass wir hier nicht in Südafrika sind. Bisher verbrachte ich meine Mittagspausen damit, die Gegend zu erkunden und somit Distanzen zu Fuß besser einschätzen zu können. Freundlicherweise begleiteten mich dabei entweder meine Kollegen oder Mitglieder des Youth Desk. Dabei habe ich auch herausgefunden, dass es nahe des Büros auch ein gut ausgestattetes Fitnesscenter gibt, wo auch der König Lesothos trainieren soll. Mal sehen, was ich hier noch so für Bekanntschaften mache…

Meine größte Schwierigkeit besteht aktuell darin, meinen Einkauf zu erledigen und dafür zu sorgen, dass ich mich nicht ständig von Takeaways ernähre und genug Wasser trinke. Gar nicht so einfach, denn: das ganze Zeug von der Shoppingmall nach Hause zu schleppen ist bei den vielen Bergen, insbesondere in meiner Gegend – die sich Hills View nennt – definitiv nicht zu unterschätzen. Fahrrad fahren würde ich mich hier einerseits aus diesem Grund und andererseits wegen des oftmals rücksichtslosen Fahrstils der meisten Autofahrer schlichtweg nicht trauen. Gleiches gilt auch fürs Autofahren selbst. Mir wurde von vielen Personen geraten, mich mit dem lokalen Transportsystem vertraut zu machen, welches einigermaßen zuverlässig funktionieren soll. Ich werde mich wohl ab nächster Woche, in der mich der Fahrer der NatCom nicht mehr morgens zur Arbeit einsammelt, selbst davon überzeugen müssen. Bis dahin werde ich versuchen, einen besseren Orientierungssinn zu entwickeln. Am kommenden Wochenende mache ich erstmal einen kleinen Ausflug nach Semonkong – zum Campen in den Bergen. Melde mich wieder mit Fotos vom Trip und dem Lesotho Sky Event. Shap shap