Le- Ba- Sesotho

Eine kulturell wertvolle Woche liegt hinter mir. Mit vielen neuen Eindrücken über Lesotho und sein Volk, die Basotho sowie der Landessprache Sesotho. Ich habe mittlerweile durch eine Bekannte eine Sprachlehrerin gefunden, mit der ich mich zweimal die Woche im Büro treffe und fleißig erste Vokabeln und Konversationen lerne. Lumela, u phela joang? Ke phela hantle, kea leboha. Hallo, wie geht es dir? Mir geht es gut, danke. Die Sätze kamen schon mehrfach zum Einsatz. Meinen Kollegen geht dabei jedes Mal ein Lächeln übers Gesicht. Ich bin hochmotiviert und erkenne sogar einige Ähnlichkeiten zur Bantusprache isiXhosa (sisi = ausi, bhuti = abuti).

Der Transport zur Arbeit und zurück klappt soweit ganz gut. Ich laufe morgens gegen 8 Uhr zu der von meinem Zuhause etwa 10 Gehminuten entfernten Haltestelle für die Taxis und bekomme meist relativ schnell einen Platz. Eine Fahrt kostet umgerechnet 45 Cent. Mit „Kea (I am going to) Towereng (der Name meiner Haltestelle)“ werde ich fast direkt beim Eingang der NatCom abgesetzt und brauche je nach Verkehr 10 bis 15 Minuten. Wirklich praktisch. Auf dem Rückweg dauert es meist länger, wenn man nicht gleich ein 4+1 entdeckt, wo schon drei Leute drinsitzen. Denn sonst hupt und schreit der Fahrer (bisher habe ich noch keine Frau am Steuer entdecken können) so lange seine Richtung aus dem Fenster, bis er noch weitere Fahrgäste im Auto hat. Sonst lohnt es sich für ihn nicht. Wenn man es selbst mal eilig hat, kann man auch immer den Spezialpreis zahlen und das Auto für sich allein beanspruchen.

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Nicht weit von meiner Arbeitsstelle entfernt gibt es ein Fitnesscenter (20 Euro im Monat), Tennisplätze (Nutzung für 12 Euro pro Jahr) und zu Shoprite, kleinen Restaurants oder zur Pioneer Mall ist man nur wenige Minuten zu Fuß unterwegs. Das Essen hat mich bisher noch nicht so überzeugt. Zwar gibt es viele Essensstände, bei denen man für umgerechnet 1,70 ein Mittagessen mit Reis, Gemüse und Fleisch oder Fisch bekommt, aber wirklich gesundes Essen ist hier selten zu finden. Mir fehlt eine EDEKA Salattheke. Und der deutsche Bäckerladen um die Ecke. Aber soweit ich das bisher mitbekommen habe, backen meine Mitbewohner Brot selber. Mal sehen, wie’s schmeckt.

Anfang letzter Woche wurde ich mit vier anderen Mitgliedern des Youth Desk Komitees zu einer Feier anlässlich des Friedenstages eingeladen. Im Prinzip war die Einladung sehr offiziell, aber viele Informationen wurden im Vorfeld nicht an uns weitergeleitet. Ich war etwas hin- und hergerissen, ob ich die Truppe begleiten soll. Es war mein erster Tag, an dem mir die NatCom keinen Transport organisierte. Ich entschied mich aber doch dafür mitzukommen. Ich war ja schließlich nicht ganz alleine und zudem ist es natürlich eine Abwechslung zum Büroalltag. Wir wurden morgens um halb 7 zu einem Treffpunkt bei einer Kirche bestellt. Ich fragte die Gruppe noch, ob ich mit ‚African time‘ rechnen müsste… Wir waren und blieben die Ersten. Nach einer Stunde trudelten einige weitere Gäste ein. Um halb 8 saßen wir dann im Bus. Es war noch recht kühl draußen. Die meisten Sitze waren leer und der Fahrer schien sehr entspannt. Gegen viertel nach 8 kam ein Auto und es wurden vieeele Plastiktüten mit fertig gepackten Lunchpaketen und Getränken eingeladen. Plastiktüten kosten hier nichts und werden deshalb bei jeder Kleinigkeit mitgegeben und auch nicht wirklich vollgepackt. Mein Beutel von Rossmann ist also immer griffbereit in meiner Tasche. Um halb 9 stellte der Busfahrer den Motor an. Mein Sitznachbar war der Meinung: Ich glaube wir fahren so gegen 9 Uhr hier los, es kommen ja immernoch Leute. Er hatte leider Recht. Unterschied zu Deutschland: Ein Bus wartet nicht für 2 einhalb Stunden auf die Zuspätkommer. Auf dem Weg zur Veranstaltung, die etwa eine 45 min Fahrt entfernt stattfinden sollte, sammelte der Bus zwischendurch noch einige Leute ein. Ich frage mich bis heute wie diese Leute das richtige Timing finden, um den Transport zu erwischen. Irgendwann waren wir dann jedenfalls fast da – dachte ich zumindest. Der Bus bog in eine unbefestigte Straße ein, die er erstmal nicht so schnell mehr verlassen sollte. Keine Sorge, wir sind nicht steckengeblieben und die Räder sind auch ganz geblieben, aber die Fahrt ging wirklich abenteuerlich weiter. Wir passierten eine Brücke, die auf jeder Seite des Busses nicht mal einen halben Meter Platz bot. Ich hielt mich fest und schaute aus dem Fenster. Ich sah nur den Fluss… als wir diesen überquert hatten, fuhren wir an einfachen Häusern und Gärten vorbei. Alle Bewohner, die sich gerade draußen aufhielten, ließen ihren Blick dem Bus hinterherschweifen. Schien also keine alltägliche Route für einen Bus wie diesen zu sein. Ich wusste nicht, ob mich das eher beruhigten oder beunruhigen sollte. Nach weiteren 45 Minuten erreichten wir schließlich das Fest. Ich fühlte mich wie in einem falschen Film. Kühe mit geschmückten Hörnern wurden von einigen Hirten über das weite Feld getrieben. Ein Hirte ritt auf einem Pferd hinterher und gab interessante Laute von sich.

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Ich erinnerte mich daran: Vermutlich hatte ich einfach nur etwas anderes erwartet. Jedenfalls gab es erstmal keine Toilette weit und breit, was nach der Fahrt aber absolut dringend war. Ich und einige andere Mädels, die auch mit anderen Erwartungen angereist sind, machten uns deshalb zu Fuß zurück in das kleine Dorf, um dort fündig zu werden. In Dörfern wie diesen gibt es üblicherweise kein WC im Haus. Stattdessen steht meist ein kleines Toilettenhäuschen im Garten. Keine besonders hygienische Angelegenheit, aber dies war ich ja bereits aus dem Township in Grahamstown gewohnt. Augen zu und durch. Als wir gerade auf dem Rückweg zum Festzelt waren, hörte ich interessante Stimmen und Geräusche hinter uns. Gerade noch rechtzeitig drehten wir uns um. Eine andere Rinderherde war auf dem Weg und ziemlich schnell unterwegs. Wir retteten uns aufs Feld und warteten ab, bis der Weg wieder frei war. Auf dem Feld wurde bereits der Grill angeworfen. Mir war aber bewusst, dass wir nicht so schnell mit einer weiteren Verpflegung rechnen können. Und ich behielt Recht. Ich war den gesamten Tag über sehr durstig, da meine Wasserflasche schon relativ bald aufgebraucht war. An das Leitungswasser hier in Lesotho, das meistens eher milchig aussieht, habe und werde ich mich vermutlich auch nicht herantrauen. Das Programm des Tages bestand in Reden, Gesang und Tanz, Gedichten und Debatten. Alles in Sesotho. Ich verstand also leider kein Wort. Ich war aber vermutlich die einzige Person, der es so ging. Deshalb machte ich keine Anstalten um eine Übersetzung zu bitten. Was an diesem langen Tag, der, wie sich später herausstellte, nicht vor 5 Uhr enden sollte, interessant für mich war, waren die kulturellen Rituale der Basotho.

Während meiner Zeit in Südafrika habe ich bei Begegnungen dieser Art immer diverse Blicke und ein Grinsen zugeworfen bekommen, was mir an dem Tag gar nicht besonders aufgefallen ist. Trotz der Tatsache, dass ich als einzige Weiße unter den rund 200 Gästen schon allein aufgrund meiner Hautfarbe aus der Masse hervorgestochen bin, wurde ich wie jeder andere Gast behandelt. Einige Personen begrüßten mich persönlich, indem sie mir die Hand reichten. Dabei wird nach dem ersten Händeschütteln den Daumen eingeharkt und ein zweites Mal die Hand geschüttelt und laaange festgehalten. Bis man in die Konversation eingestiegen ist. Wenn diese sehr kurz ausfällt, lässt man die Hand auch erstmal nicht wieder los. Umarmungen sind hier in Lesotho bei ersten Begegnungen, insbesondere mit älteren Personen, eher unüblich. Zur Begrüßung wird meist aus Höflichkeit Ntate (Sir) oder ´Mé (Madam) hinzugefügt.

Heute hatte ich viele solcher Begegnungen während unserer Rückfahrt von Ramabanta, wo ich mit meiner Mitbewohnerin und Freunden das Wochenende auf der Abschlussfeier von Lesotho Sky einläutete. Das Mountainbike Race, auf dem ich nun die letzten beiden Wochenenden verbrachte, fand in diesem Jahr mit etwa 80 Teilnehmern statt. Darunter waren auch viele internationale Gäste aus der Schweiz, den Niederlanden, Brasilien, Israel und Südafrika. Am Tag nach der Registrierung der Fahrer in einer Lodge bei Ramabanta ging es weiter nach Semonkong. Hier soll es ein sogenannter Donkey Pub Crawl angeboten werden – also eine Kneipentour, bei der man einen Esel als Fortbewegungsmittel nutzt. Ich bin mal gespannt, ob wir dazu nochmal kommen. An dem Wochenende war zumindest keine Zeit. Esel werden hier sehr viel und häufig als Nutztiere eingesetzt und schleppen teilweise auch mal drei Kisten des lokalen Maluti Bieres in die Dörfer (kein Witz, ich habe ein Beweisfoto!). Von Semonkong aus starteten vergangenen Samstag alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen auf ihren Mountainbikes die ersten 23km der Strecke. Das schnellste Team war bereits nach 56 min am Ziel. Wir fuhren zunächst mit dem Auto hinter der Gruppe hinterher, konnten aber dann eine Abkürzung nehmen um rechtzeitig an der Ziellinie zu sein. Die Location war atemberaubend, ein riesiger Wasserfall war in der Ferne zu sehen. Diesen Ort würde ich gerne nochmal besuchen. Zu den Begegnungen von heute: Da bei der Universität in Roma gerade die Absolventen und Absolventinnen ihre Abschlussfeier hatten, war die Straße nicht bzw. nur mit zeitlicher Verzögerung passierbar. Deshalb beschlossen wir, eine andere Route zu nehmen und etwas mehr von der Landschaft zu sehen. Ich war froh, dass wir mit einem 4×4 unterwegs waren, weil die Straße teilweise mit sehr viele und großen Steinen übersät war. Es hat sich trotzdem absolut gelohnt. Da wir in einer größeren Gruppe unterwegs waren, haben wir einige Male angehalten und schöne Fotos geschossen, die ich Euch hoffentlich zeitnah präsentieren kann. Die Kinder am Straßenrand winkten uns fleißig zu. Mit Bewohnern in einem der Dörfer haben wir uns in einem Mix aus Sesotho und Englisch versucht auszutauschen. Auch wenn die Sprache leider eine kleine Barriere war, waren alle sehr aufgeschlossen uns gegenüber. Dabei ist auch das Titelbild dieses Blogeintrages entstanden. Meine Mitbewohnerin Anaita sitzt direkt vor mir! 😉 Als wir schließlich wieder die befestigte Straße erreichten, von der wir nicht genau wussten wie weit sie entfernt war, konnte ich mir sogar selbst meine Erleichterung anmerken.

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