Wein und Berge

Fünfzehn Stunden Busfahrt – so anstrengend sie trotz bequemer Sitze sind – geben einem die Chance, sich etwas mehr auf einen ganz anderen Ort einzustellen. Vor allem natürlich, wenn man die Morgenstunden vor der Ankunft mit begeistertem Landschaft-Gucken verbringt. Trotzdem habe ich das Gefühl, in den wenigen Tagen des Osterwochenendes, der Semana Santa, nicht ganz in Mendoza angekommen zu sein.

Immerhin haben wir uns am Ankunftstag Zeit gelassen, durch die Stadt, auf der Plaza Independencia und im Parque San Martín zu bummeln, in dem Sonnenlicht, das sich im Brunnenwasser, in den Seifenblasen und dem Wasser des Parkteichs spiegelte.
Es ist natürlich wenig sinnvoll, Buenos Aires als Maßstab für andere Städte hier zu nehmen. Die Millionenstadt ist sicher weder optisch noch vom Charakter her typisch für Lateinamerika oder auch „nur“ Argentinien. Aber da es jetzt nunmal „meine Stadt“ ist, kann ich Vergleiche nicht abstellen:
Mendoza ist – oh Wunder – viel kleiner und ruhiger als Buenos Aires (diesen Eindruck haben die Feiertage bestimmt verstärkt). Auf den Straßen sind weniger Menschen unterwegs, und sie bewegen sich langsamer. Im Park ist viel los, aber auf so gemütliche Art, wie in Parks eben was los ist. Dank mitgebrachter Stühle, Picknickausstattung und natürlich Mate wird aus dem Parkbesuch ein aufwändig-entspanntes soziales Event.
Ganz zart klingt in der Stadt ein Echo der Umgebung – der unendlich weiten Flächen einerseits und der überwältigenden Berge andererseits – selbst durch das spätabendliche Treiben zwischen Restaurants und Bars hindurch.

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Wir wollten Abenteuer – und haben eine zentimeterhohe Hostelzimmerüberschwemmung
bekommen. Wie war das noch mit der Vorsicht beim Wünschen?

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Eine Kostprobe der Landschaft haben wir bei unserer Fahrradtour durch die Weinfelder und Olivenhaine bekommen. Die wohl berühmteste Traube Argentiniens, Malbec, schmeckt fruchtig und intensiv, wie ein leuchtend heißer Sommertag. Am besten zu genießen ist sie aber wahrscheinlich ein paar Stunden in Richtung Sonnenuntergang, wenn das Licht von strahlend zu warm übergeht…

All das war nach einem etwas schwierigen Start umso schöner: Die Besorgung von Bustickets an einem Karfreitag stellte sich als Odyssee heraus. Ich dachte, es gebe die Situation, in der man geschätzte zehnmal von Kiosk zu Kiosk, „durch die Unterführung durch“, „zwei Blocks weiter und einen nach rechts“,… gelotst wird, nur in der fiktiven Welt. Falsch gedacht. Entsprechend glücklich waren wir, endlich im Bus zu sitzen.

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Sonne, liebe Menschen, Wein, Oliven und Brot… viel mehr braucht es nicht!

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Der absolute Höhepunkt (im wahrsten Sinne des Wortes) war die Alta-Montaña-Tour in die Anden. Nach der anfänglichen Holprigkeit bei unserer Wein-Fahrradtour war es wunderbar entspannend, sich von der durchgeplanten Bustour mit super herzlichem Tourguide durch die Gegend fahren zu lassen. Die teilweise zu lauten und ausführlichen Erklärungen wurden dabei spanisch mit „Chicos!“ und englisch mit „People!“ oder dem belustigenden „Girls! And people!“ eingeleitet.
Wie beschreibt man so eine Landschaft?
Ein Spiel von Licht und Schatten, die Farben, die harte Grenze zwischen rotbraunem Berg und blauem Himmel… Schon jetzt, kurze Zeit später, kann ich kaum glauben, dass ich einmal in der Landschaft auf diesen Fotos mittendrin stand.
„Otherworldly“ – das trifft es ganz gut.

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Wie toppt man so einen Tag, solche Aussichten? Gar nicht. Wir jedenfalls haben einen gemütlichen Ostersonntag verbracht: mit Osterplätzchen (teilweise aus Spekulatiusteig), die die Gastmama von der Freiwilligen Lena gebacken hatte, mit einem Spaziergang von Plaza zu Plaza, mit der Beobachtung eines Ameisen-Keks-Transports und mit großzügigen Portionen Helado. Und ja, man kann für Schokoladen- und Dulce-de-Leche-Eis eigene Kategorien mit jeweils ca. zehn Sorten anbieten!

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