Zwischendrin

Das kulturweit-Zwischenseminar macht seinem Namen alle Ehre. Gefühlt mittendrin hat es mich kurz in die (frische Land-)Luft gehoben, mir einen Überblick verschafft und mich schließlich wieder zurück auf bekannteres Pflaster gesetzt. Ein bisschen, als wäre nichts gewesen, ein bisschen, als hätte sich in der kurzen Zeit alles verändert.

Eine Woche vor dem Seminar kam meine liebe Freundin Pauline (auch Freiwillige mit kulturweit) aus Posadas in Nordargentinien und Nina, eine Freundin von Pauline. Wir waren mit Stadterkundungen und WG-Leben beschäftigt, bis Pauline und ich am Freitagabend nach einer knappen Woche los mussten.
Beim Aufbruch ließen wir nicht nur einen Haufen noch ungetrockneter Wäsche beim Lavadero um die Ecke zurück, sondern auch einige unerkundete Stadtteile (vor allem Pauline) und den neuen Alltag (vor allem ich).

In einer Busnacht mit viel zu kalter Klimaanlage sind wir dann nach Córdoba Stadt gefahren.
Im zwielichtigen Hostel (im wahrsten Sinne des Wortes, nicht im übertragenen Sinne) haben wir die anderen Freiwilligen aus Argentinien, Uruguay und Paraguay wiedergetroffen, gequatscht, gegessen,…
Auf dem dagegen bunt leuchtenden Artisanenmarktes haben wir eingekauft, noch mehr gequatscht, noch mehr gegessen und Hippie-Freundschaften geschlossen.
Und zwischendrin haben wir die Stadt angeguckt…

P5239245
P5239256
P5239257
P5249381
P5249357
P5249362
P5249369
P5249377
P5249387
P5249393
P5249397
P5249398
P5249437
P5249431
P5249445
P5249447
P5249448
P5249433


Das Seminar fand statt in dem auf skurrile Art deutsch geprägten Dorf Villa General Belgrano in der Nähe von Córdoba Stadt. Ein wenig abgelegen von dem ein wenig abgelegenen Dorf lag unsere Herberge „El Rincón“ = die Ecke, für dessen Namensherkunft wir zwei Theorien entwickelt haben:
1. Das Gelände befindet sich in der hinter(st)en Ecke des Dorfes.
2. Die Herberge hat etwas von einer gemütlichen Kuschelecke.

Ein bisschen gekuschelt haben wir tatsächlich – und gut gegessen (inklusive hausgemachter Marmelade, Dulce de Leche, Erdnussbutter, Joghurt, einem Traum von Brot,…), Musik gemacht, Schach gespielt, gezeichnet, mal leicht gefroren und mal in der Sonne gesessen.

Um nach einer Woche intensiven Zusammenseins das beste aus dem Tag zu machen, sind Lena und ich an dem Samstag nach dem Seminar in die Umgebung von Córdoba Stadt gefahren.
Der Plan war, mit dem Bus zu dem Dorf Jesús María zu fahren und von dort zu der Estancia Santa Catalina mit dem Taxi, da keine andere Verbindung im Reiseführer erwähnt wurde. Es gab tatsächlich keine andere Verbindung. Als dann auch erstmal kein Taxi in der Nähe des Busbahnhofs von Jesús María zu sehen war (und das auch relativ teuer gewesen wäre), sind wir einfach geblieben.

P5309550

Der überlebensgroße Namensgeber

P5309508
P5309511
P5309515
P5309522
P5309518
P5309520
Die Beschreibung des Reiseführers „verschlafen“ trifft es ganz gut – vor allem natürlich während der Siesta. Aber in diesem Dorf war uns die Verschlafenheit sehr sympathisch, vielleicht wegen des guten Wetters, vielleicht wegen unserer unvoreingenommenen Spontanität.
Die stellte sich mal wieder als sehr lohnenswert heraus. Noch ein Blick in den Reiseführer verriet, dass es auch hier eine Jesuiten-Estancia gab.
So eine Jesuiten-Estancia ist ein architektonisches Schmuckstück. Wie wir erfuhren, wurden sie in der Kolonialzeit von den Missionaren gebaut, um die Universitäten und andere Bildungsstätten finanziell wie auch „moralisch“ zu unterstützen. Das bedeutete, Indigene und Sklaven aus Afrika für sich arbeiten zu lassen und ihnen dafür angeblich ach so wertvolle westeuropäische bzw. katholische Bildung zukommen zu lassen. Mit dem moralischen Verfall, dessen die Mönche der Estancia zeitweise beschuldigt wurden, war aber wohl eine andere Art von Verbrechen gemeint als die, an die ich gedacht hätte.
Umso mehr hat uns die Ausstellung „Una tierra – muchos dioses“ (Eine Erde – viele Götter) gefallen. Sie präsentierte anhand von Skulpturen, Alltagsgegenständen und Symbolen den Reichtum an Glaubensrichtungen der Menschen, die schon lange vor den europäischen Einwanderern hier lebten und dann „moralisiert“ wurden.

P5309566
P5309559
P5309569
Einmal so komplett draußen – aus der Stadt, aus dem Alltag – habe ich schon eine andere, vielleicht gesamtheitlichere (und ich gebe zu vorläufig nostalgische) Sicht auf die Dinge bekommen. Einerseits ist mir klar geworden, wie schnell die Zeit bisher vergangen ist und wie wenig Zeit nur noch bleibt. Und vor allem habe ich nochmal mehr gemerkt, wie glücklich ich hier bin.