Am Lehrertag haben die Schüler frei

„Heute gibt es Bigos“ war der Kommentar einer Lehrerin, als sie einen etwas sonderbaren Blumenstrauß bekam, der wirklich ein wenig an Kohl für den polnischen Eintopf erinnerte. Sie stellte ihn zu den anderen einzelnen Rosen und Sträußen, die alle Schüler am Donnerstag ihren Lieblingslehrern schenkten. Eigentlich ist der Lehrertag erst am Freitag, doch da haben die Schüler frei.

Deswegen mussten alle Lehrer und ich erst um neun in der Schule sein. Dort erwartete uns ein kleines Büffet und eine nett dekorierte Tafel. Nach der obligatorischen Rede der Direktorin (se hat einen Gruß vom Bürgermeister des Stadtviertels vorgetragen und die schlechte Finanzlage der Schule angemahnt, so viel wurde mir übersetzt) erwartete mich eine Überraschung. Ein polnischer Lehrer wurde nach vorne gerufen und stellte sich mit erhobener Hand neben die Direktorin, wie ich es sonst nur von der Bundeskanzlerin oder dem US-Präsidenten kenne. Sie verlas ein paar Passagen und er bekräftigte sie jeweils. Es gab eine Urkunde und der Kollege ist nun offiziell zum Lehrer ernannt worden. Anschließend wurde das Büffet eröffnet. Dann kam für mich der Höhepunkt des Tages: Meine Mentorin übereichte mir im Namen aller Deutschlehrer ein Paar Perlenohrringe. Sie wollten mir für den guten Anfang danken. Mit so einer Rückmeldung hatte ich absolut nicht gerechnet und habe mich wahnsinnig gefreut! Jetzt weiß ich ganz sicher, dass nicht nur in meinen Augen im Moment alles wahnsinnig gut läuft. Ich hoffe „das beste Jahr meines Lebens“ (Zitat von mehreren Mitfreiwilligen) geht einfach nur so weiter!

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„What is Genitiv“?

Entwarnung: Dieser Satz nicht von mir.

Er fiel irgendwann in derr ersten Stunde meines Sprachkurses. Ein Chinese, der für zwei Jahre in der Botschaft der Volksrepublik in Warschau arbeitet, musste seiner Verwirrung mal Luft machen.

Neben dem Chinesen werden eine Französin, eine Japanerin, eine Spanierin, ein Franzose, ein Tunesier, eine Italienerin und ein Deutscher bis Weihnachten meine Gesellschaft für die Montag- und Mittwochabende sein. Die Italienerin arbeitet als Dozentin an der Uni und möchte für längere Zeit in Warschau bleiben. Die meisten Anderen arbeiten wie ich an einer Schule. Es ist schon lustig, wenn jeder mit seinem eigenen Akzent die lebensgefährlichen Kombinationen von Konsonanten und Konsonanten und Konsonanten und Vokalen ausspricht.

Der Kurs findet auf Englisch statt, jedoch ist der Leiter des Kurses auch in Deutsch, Spanisch, Französisch bewandert. So fragt er dann auch manchmal, was heißt trabajar, arbeiten, [französisches Wort für arbeiten] und [japanisches Wort für arbeiten] auf Polnisch?

Nach dem ersten Mal war ich total desillusioniert und demotiviert. Und dann haben wir auch noch Hausaufgaben aufbekommen, was ich gar nicht mehr gewohnt war.

Das zweite Mal hat dann aber richtig Spaß gebracht. Ich war total überrascht, dass Polnisch sehr viel Ähnlichkeit mit Latein hat. Es gibt auch Endungen für jeden Fall im Singular und Plural und bestimmte Endungen für jedes Geschlecht und nicht zu vergessen, die vielen Ausnahmen (von den Ausnahmen).

Es ist ein total komisches Gefühl, eine Sprache komplett neu zu lernen, wie es die Schüler machen (müssen), die ich jeden Tag vor mir habe. Dabei profitiere ich aber sehr stark von meiner Arbeit in der Schule. Wenn ich mit meiner Mentorin und einer ersten (siebten) Klasse „Die Jahresuhr“ von Rolf Zuckowski singe und übersetze, kann ich mir gleich ein paar polnische Monatsnamen mehr merken. Dieses Wochenende habe ich damit begonnen, jeden Gegenstand in meiner Wohnung auf Polnisch zu beschriften. Jetzt sieht meine Wohnung zwar gewöhnungsbedürftig aus, aber vielleicht hilft es ja.

Die Reaktionen auf meine Ambitionen, Polnisch zu lernen, waren sehr überraschend. Wenn ich alleine im Lehrerzimmer sitze und ein Lehrer reinkommt, sagt er erstmal „Hello!“ zu mir. Ich antworte dann mit „Dzien Dobry“ und dann muss ich erstmal erzählen, warum und seit wann ich Polnisch lerne. Die Putzfrauen der Schule freuen sich immer noch sehr über jedes „Czesc“ und „Do widzenia“ von mir. Das ist einfach unglaublich, das muss man erlebt haben. Meine Mentorin war sehr überrascht, dass ich ihre Sprache lernen möchte und dass es in meinem Sprachkurs so viele Gleichgesinnte gibt.

Ich hoffe, in einem Jahr mich einigermaßen auf Polnisch verständigen zu können, denn „wer eine Fremdsprache lernt, zieht den Hut vor einer anderen Nation” (Martin Kessel).

 

 

P.S.: Ich habe neulich in einer Klasse die deutschen Artikel eingeführt. Danach sollten die eine Übung dazu machen. Da habe ich mal wieder einen ganz anderen Blick auf meine Muttersprache bekommen: Warum heißt es zum Beispiel die Frau, der Mann und der Junge, aber das Mädchen? Meine Mentorin erklärt es im Unterricht damit, dass ein Mädchen ja noch keine richtige Frau ist. Aber warum heißt es dann der Junge? Die Antwort von ihr: Das ist halt einfach so.

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Der Kulturpalast vor nachtblauem Himmel

 

Seit gestern habe ich in meiner Wohnung Internet, daher kommt erst jetzt ein Blogeintrag zu meiner Anreise und meinen ersten Erfahrungen.

Am Montag ging es mit zwei Koffern, einem Rucksack, einer Laptoptasche und ein bisschen Nervösität hinein in das Abenteuer namens „kulturweit“.

Um viertel nach elf startete nach einem nicht ganz trockenen Abschied von meinen Eltern mein Zug in Bremen. Beim Umsteigen in Hannover traf ich dann Jennifer Geiser. Überraschenderweise waren wir während der ganzen Fahrt nicht wirklich aufgeregt, sondern arbeiteten einfach weiter an unseren Reiseplänen und Sprachkenntnissen.

Während der Fahrt traf ich auch einen älteren Herren, der auf dem Weg nach Poznan war, um von dort in seine alte Heimatstadt Kolmar zu fahren. Diese musste  er im Januar 1945 verlassen, um vor den Sowjets zu fliehen. So wurde ich auf der Hinfahrt schon in Deutschland an unser besonderes Verhältnis zu Polen erinnert, was jedoch nicht weiter schlimm war.

In Berlin stiegen Jenny und ich dann in den „Berlin-Warszawa-Express“. In unserem Waggon befanden sich jedoch den mitgelauschten Gesprächen nach nur Deutsche.

Das änderte sich jedoch in Poznan, wo Jenny umsteigen musste und sich ein junger Pole neben mich setzte. Kurz vor Warschau kam ich mit ihm ins Gespräch, wobei ich merkte, dass meine letzte Englischstunde schon ein paar Monate her war. Trotzdem war es ein sehr nettes Gespräch, in dem er mir den ein oder anderen Tipp für mein Jahr in Polen mitgab.

Am Bahnhof wurde ich dann von meiner Mentorin und ihrer kleinen Tochter abgeholt. Als wir beide meine Koffer schleppend den Bahnhof verließen, sah ich vor mir den Kulturpalast vor nachtblauem Himmel. Das war wirklich ein beeindruckender Empfang!

Der nächste Weg führte uns zu McDonalds. Das hatte meine Mentorin ihrer Tochter versprochen und mir kam es auch sehr gelegen, da ich nach neun Stunden Zugfahrt große Lust aufs Kochen verspürte. Nach einer weiteren kurzen Fahrt durch die nächtliche Metropole standen wir dann vor der Schule. Der Hausmeister zeigte uns dann die Dienstwohnung der Schule, meine Bleibe für das nächste Jahr. Die Wohnung ist voll in Ordnung und hat einen Blick auf den Sportplatz der Schule.

Als ich dann auf meinem Bett (eigentlich auf meinem Schlafsofa) saß, folgten der obligatorische Anruf nach Hause und eine SMS an viele Freunde.

Obwohl mir meine Mentorin ausdrücklich erlaubt hat, auszuschlafen, war ich am nächsten Morgen schon kurz nach neun in der Schule, um mich bei der Direktorin vorzustellen. Erstmal zeigte mir jedoch ein anderer Deutschlehrer die ziemlich große Schule. Ich war froh über die Führung, denn sonst hätte ich mich hemmungslos verlaufen. Außerdem hatte ich gleich Gelegenheit, einen der mir schon angekündigten polnischen Gentlemen zu erleben. Mir wurden die Türen aufgehalten und beim ersten Lebensmitteleinkauf die Tasche getragen.

Die Direktorin lernte ich auch noch kennen, aber irgendwann musste der Deutschlehrer in den Unterricht und ich bekam den Rest des Tages frei. Ich nutzte die Zeit, um meine Zimmer mit Geschenken von Freunden und anderen Erinnerungen etwas wohnlicher zu machen und noch einmal den kurzen Weg zum Supermarkt zu gehen, da ich natürlich beim ersten Einkauf die Hälfte vergessen hatte.

Eigentlich wollte ich auch schon einmal in das Stadtzentrum fahren. Mein Plan scheiterte jedoch daran, dass ich den passenden Bus nicht fand und mein Hunger zu groß wurde, sodass ich mir doch selber etwas kochte und meine ersten Piroggi erstmal verschob.

An diesem Tag merkte ich jedoch die Sprachbarriere mehrmals deutlich. Eigentlich kann ich schon ein paar Worte Polnisch, jedoch hinderte die Perfektionistin in mir mich daran, sie auch immer zu benutzen, da ich den Großteil der Antwort auf meine „Brocken“ nicht verstand und dann doch immer auf Englisch nachfragen musste.

In den nächsten Tagen hospitierte ich bei einem polnischen Deutschlehrer und einer deutschen Deutschlehrerin. Unzählige Male musste ich mein Alter, meinen Namen, meine Lieblingsfarbe, meine Hobbies, meinen Wohnort in Deutschland (Sandstedt mit seinen 350 Einwohnern und ebenso vielen Schaafen ist durch mich nun also selbst in Warschau bekannt), meine Lieblingsbands und meine Haustiere an die Tafel schreiben. Dabei war es echt erstaunlich wie unterschiedlich das Interesse und auch die Deutschkenntnisse innerhalb der Klassen und Jahrgänge sind.

Langsam konnte ich mir auch ein paar polnische Worte und freute mich jedes Mal wieder, wenn ich für ein „Do widzenia“ ein sehr nettes Lächeln zurückbekam. Langsam tauten auch einige Kollegen auf und ich hörte mal ein „Tschüss“ oder ein „Guten Appetit!“.

Nun habe ich schon einmal bei allen Deutschlehrern hospitiert und bei fast allen auch schon selber etwas im Unterricht gemacht, was immer richtig toll war. Außerdem übersetze ich gerade mit einem polnischen Deutschlehrer und – nicht zu vergessen – dem Übersetzungsprogramm einer sehr bekannten Suchmaschine eine Präsentation über erneuerbare Energien vom Polnischen ins Deutsche. Obwohl das ein Thema, von dem ich wenig Ahnung habe, in einer Sprache, die ich noch nicht kenne, ist, kommen wir doch ganz gut voran.

Die Stadt habe ich mir mittlerweile auch schon ein bisschen besser angeschaut. Die Altstadt ist wunderschön, auch wenn sie noch nicht einmal sechzig Jahre alt ist, da alles wiederaufgebaut werden musste. Das Stadion für die EM sieht zumindest von Weitem schon fertig aus.

Zu meinem Sightseeing-Programm zählten auch einige Großeinkäufe, unter anderem in einem großen schwedischen Möbelhaus, zur allgemeinen Belustigung der Warschauer Metrofahrer. Immerhin fühle ich jetzt richtig heimisch.

Morgen fahre ich mit meiner Mentorin und ihren Kindern in den Zirkus. Da geht es ja zum Glück mal nicht um die Sprache:-)

 

Czesc aus Warszawa,

 

das übrigens – wer hätte das gedacht- von Wars und Zawa gegründet wurd:-)

 

Mareike

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„Wer bist du? und „Wohin gehst du?“

Diese Fragen wurden auf dem Vorbereitungsseminar am Werbellinsee täglich millionenfach einmal ganz pragmatisch und weniger philosophisch beantwortet.

Schon am Hauptbahnhof  und auf der Fahrt zur Jugendherberge wuchs der Bekanntenkreis eines jeden Freiwilligen minütlich.  Man ließ sich von jemandem, der nach China geht, zum Bus führen. Später dann saß man neben einer, die nach Argentinien geht, und hört einer Diskussion über die Grenzen von Ober-, Mittel- und Unterfranken zwischen einem baldigen Wahl-Mongolen und einer, die nach Warschau geht, zu.  Beim Vergleichen der Anfahrtszeiten zu den Einsatzstellen meldet sich eine Studentin aus der Reihe dahinter zu Wort, die nach Serbien geht. Diese Stimmung mit einer Mischung aus Neugier auf die anderen Mitstreiter und gemeinsamer Vorfreude zog sich durch das ganze Seminar.

Die zehn Tage vergingen wie im Flug. Obwohl wir viel und teilweise auch hart gearbeitet haben, war ich immer guter Dinge, wenn auch manchmal mit Augenringen und einem Schlafdefizit.  Trotzdem habe ich so viel vom Programm mitgenommen, wie möglich war. Ich kann mich an lustige Energizer und wichtige Gespräche in Jule’s Homezone erinnern, an den sehr nützlichen Workshop „Pädagogik to go!“, an einen beeindruckenden Besuch im Auswärtigen Amt mit zu wenig Roter Grütze und an einen sehr gelungenen Kulturabend, der nicht nur mir die Tränen kommen ließ.

Nur ein einziger trauriger Moment ist mir in Erinnerung geblieben: Die zwei Damen von der Versicherung haben den Mythos Dr. Walter zerstört. Wie konnten sie nur???

Ich könnte jetzt schreiben, dass ich mich schon auf das Nachbereitungssemianr freue, aber zu dem Zeitpunkt wird mein Freiwilligendienst  bald zuende sein, was ich sciher bedauern werde. Schon jetzt kommt mir manchmal ein Jahr viel zu kurz vor, wenn ich an all die sehenswerten Orte in Polen und Warschau denke!

Morgen wird es noch einmal stressig mit Packen, Kochen und Abschied feiern, wobei mein letzter Abend mit Freunden sicherlich sehr emotional enden wird. Am Montag steige ich dann um viertel nach elf in Bremen in den Zug in eine mehr oder weniger ungewisse Zukunft. Zum Glück wird mich aber Jennifer Geiser von Hannover bis Posen begleiten.

Der nächste Blogeintrag folgt dann aus Warschau!

Mareike

 

 

 

 

 

 

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Es war einmal…

„Dich könnte ich mir auch gut als Lehrerin, als Deutschlehrerin zum Beispiel vorstellen.“ Puhh!! Das saß. Mein Physiklehrer hat meine gesamten Pläne für die Zukunft gehörig durcheinander gebracht.

Monate später stieß ich auf einer Messe ganz zufällig auf das „kulturweit“-Programm. Okay, ich gebe es zu am Anfang hat mich der Gedanke an einen Einsatz in einer UNESCO-Nationalkommission mehr gelockt, aber irgendwann bin ich auf die Idee gekommen in einem FSJ meine pädagogischen Fähigkeiten auszuprobieren.

So ganz war ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht davon überzeugt nach dem Abi ein Jahr Pause vom ständigen Lernen einzulegen, also, wie es manchmal heißt, ein Jahr zu verschenken. Denn eigentlich konnte ich mir nie vorstellen, dass man direkt nach dem Abi keine Lust aufs Studieren hat. Das klingt vielleicht streberhaft, war aber so.

Doch nach einem Jahr in der Oberstufe war auch bei mir der Punkt erreicht, an dem die Motivation auf ihren Tiefpunkt zuraste und man sich schon am Montag auf das Wochenende freute. Jetzt passte ein Freiwilliges Soziales Jahr ganz gut in meine Zukunftsplanung.

So landete ich also im November 2010 bei der Online-Bewerbung. Diese ging mir mit kleinen Ausnahmen („Sch… habe ich die Daten etwa nicht gespeichert?“) leicht von der Hand.

Danach folgte das gespannte Warten: „Das wird eh nichts!“ wechselte sich mit „So ein Jahr wäre schon geil“ ab.

Glücklicherweise folgte nach ein paar Info-Mails bald die Einladung zum Auswahlgespräch beim PAD. Dieses lag jedoch genau zwischen meinem letzten Schultag und meiner ersten Abiklausur. Um hinterher nichts zu bereuen, schnappte ich mir trotzdem morgens um viertel nach fünf meinen Opa und fuhr nach Bonn.

Verdammt, war ich aufgeregt! Die Bemerkung in der Mail, dass dies ein Gruppengespräch sein würde, bereitete mir schon einige Sorgen. Müssen wir etwas zusammen präsentieren? Wird darauf geachtet, ob wir in einer großen Gruppe den Mund aufkriegen? So etwas hatte ich wirklich noch nicht gemacht

Doch das Glück war auf meiner Seite oder zumindest hatte ich ein besseres Gefühl, als man mir sagte, dass die anderen Teilnehmer meiner Gruppe nicht erschienen waren. Da ging mir auf, dass ein Gruppengespräch ein ganz normales Bewerbungsgespräch mit drei Kandidaten war, also war (wieder einmal) alle Aufregung umsonst.

Das Gespräch verlief sehr gut, es machte teilweise sogar Spaß, zum Beispiel darüber nachzudenken, was man den Schülern über Deutschland erzählen würde. Während des Gesprächs begannen öfter Sätze mit „ Wir haben hier eine Schule in Warschau…“. Hinterher konnte ich mir also schon vorstellen, wohin die Reise geht.

Und so kam es dann auch: Mitten im Abi bekam ich die Zusage. Mir wurde ein FSJ am Gimnazijum Nr. 142 in Warschau angeboten (der erste Kommentar eines Freundes dazu: „Das Gymnasium hat ja noch nicht mal einen Namen“). Nach den letzten beiden Abiklausuren hatte ich endlich einen Kopf dafür und sagte zu. Ich muss gestehen, dass ich damals noch eine Bewerbung für ein FSJ Politik im Niedersächsischen Landtag laufen hatte. Nach ersten Kontakten mit der Einsatzstelle in Polen, bei denen mir gleich das „Du“ angeboten wurde, und einem missglückten Bewerbungsgespräch im Landtag stand für mich fest, dass es im September nach Warschau gehen würde.

Nun folgte ein Telefefonmarathon mit der polnischen Botschaft, meiner Krankenkasse, dem Finanzamt, der deutschen Bahn (man kann sich gar nicht vorstellen, wie oft selbst nachts die Hotline besetzt ist) und dem Rest der Republik.  Schließlich habe ich aber alles geregelt bekommen und sogar verstanden, wofür Sozialversicherungsausweis & Co. gut sind. Die Suche nach einer Wohnung wurde mir auch schnell abgenommen, da die Schule mir eine 2-Zimmer-Wohnung zur Verfügung stellt. An dieser Stelle sei auch einmal die sehr gute Organisation durch das „kulturweit“-Team gelobt. Es ist eine sehr gute Taktik, Infos so oft zu wiederholen, bis man sie sich einfach merken muss.

Gleichzeitig nahm in den Tagen auch eine andere Freiwillige, die ebenfalls in eine polnische Stadt geht, mit mir per Mail Kontakt auf. Durch unseren sehr intensiven Mail-Verkehr habe ich jetzt das Gefühl schon eine gute Gefährtin für alle Erlebnisse gefunden zu haben und Pläne, Polen gemeinsam von der Ostsee bis nach Auschwitz zu bereisen, sind natürlich auch schon geschmiedet.

Mittlerweile stehe ich in Kontakt mit einer Freiwilligen, die im September auch nach Warschau geht und schon zweimal dort für längere Zeit gelebt hat. Eine Quelle für literarische Einstimmungen und Tipps, wo man am besten feiert und einkauft, ist also auch gefunden.

Seit meiner Zusage setzt sich mit jeder Mail von meiner Mentorin und vom „kulturweit“-Team sowie durch Kontakte zu anderen Teilnehmern nach und nach ein Bild von meiner Schule zusammen.

Ich weiß, dass ich die erste und einzige Freiwillige an der Schule bin. Zu meinen Aufgaben werden laut Einsatzstellenprofil das Mitwirken bei Schulfesten und die Organisation und Durchführung von Unterrichtsprojekten, Sprachkursen und Kulturprogrammen zählen. Meine Schule ist ein Gimnazijum, d.h. dort werden die Klassen 7 bis 9 unterrichtet. Vorher waren sie sechs Jahre in der Grundschule und an das Gimnazijum schließt sich dann das dreijährige Liceum an. Wenn ich die polnische Homepage der Schule richtig verstanden habe, geht der Unterricht von 8 bis 15 Uhr und es gibt keinen Samstagsunterricht (diese Bemerkung ist lebenswichtig, da es das an meiner Oberstufe gab). Außerdem ist meine Einsatzstelle wohl keine deutsche Schule im eigentlichen Sinn, sondern eine polnische Schule, an der man auch Deutsch lernen kann. So weit die Theorie, in zwei Monaten werde ich dann über die Praxis berichten können.

Das nächste Ziel heißt nun Berlin. Ich freue mich schon sehr darauf, alle 170 Teilnehmer beim Vorbereitungsseminar vom 6.-15. September näher kennen zu lernen, wobei ich dank facebook schon ein paar Namen kenne.

Am 19. September beginnt dann die große Reise von einem „kleinen Mädchen“ aus einem ebenso kleinen Dorf zwischen Bremen und Bremerhaven in die Metropole Warschau. Ich freue mich auf ein Jahr, in dem ich mit meinen Kochkünsten überleben muss, das Leben in einer Hauptstadt kennen lernen, die Mentalität eines Volkes (hoffentlich) nicht nur aus der Touristenperspektive erleben und natürlich den ganz normalen Wahnsinn des Schulalltags mal von der anderen Seite sehen werde, oder kurz gesagt: Viva Polonia! (Ich hoffe Steffen Möller verzeiht mir diesen dreisten Diebstahl geistigen Eigemtums, aber vielleicht lässt sich das im Eurocity zwischen Berlin und Warschau ja noch mal klären.)

P.S: Ich kann noch nicht sagen, wie oft ich einen neuen Beitrag verfassen werde, aber ich werde versuchen, euch so gut es geht auf dem Laufenden zu halten. Vielleicht habt ihr ja Lust mir zu schreiben, was euch besonders interessiert.

Mareike

im Juli 2011

 

 

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