Es war einmal…

„Dich könnte ich mir auch gut als Lehrerin, als Deutschlehrerin zum Beispiel vorstellen.“ Puhh!! Das saß. Mein Physiklehrer hat meine gesamten Pläne für die Zukunft gehörig durcheinander gebracht.

Monate später stieß ich auf einer Messe ganz zufällig auf das „kulturweit“-Programm. Okay, ich gebe es zu am Anfang hat mich der Gedanke an einen Einsatz in einer UNESCO-Nationalkommission mehr gelockt, aber irgendwann bin ich auf die Idee gekommen in einem FSJ meine pädagogischen Fähigkeiten auszuprobieren.

So ganz war ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht davon überzeugt nach dem Abi ein Jahr Pause vom ständigen Lernen einzulegen, also, wie es manchmal heißt, ein Jahr zu verschenken. Denn eigentlich konnte ich mir nie vorstellen, dass man direkt nach dem Abi keine Lust aufs Studieren hat. Das klingt vielleicht streberhaft, war aber so.

Doch nach einem Jahr in der Oberstufe war auch bei mir der Punkt erreicht, an dem die Motivation auf ihren Tiefpunkt zuraste und man sich schon am Montag auf das Wochenende freute. Jetzt passte ein Freiwilliges Soziales Jahr ganz gut in meine Zukunftsplanung.

So landete ich also im November 2010 bei der Online-Bewerbung. Diese ging mir mit kleinen Ausnahmen („Sch… habe ich die Daten etwa nicht gespeichert?“) leicht von der Hand.

Danach folgte das gespannte Warten: „Das wird eh nichts!“ wechselte sich mit „So ein Jahr wäre schon geil“ ab.

Glücklicherweise folgte nach ein paar Info-Mails bald die Einladung zum Auswahlgespräch beim PAD. Dieses lag jedoch genau zwischen meinem letzten Schultag und meiner ersten Abiklausur. Um hinterher nichts zu bereuen, schnappte ich mir trotzdem morgens um viertel nach fünf meinen Opa und fuhr nach Bonn.

Verdammt, war ich aufgeregt! Die Bemerkung in der Mail, dass dies ein Gruppengespräch sein würde, bereitete mir schon einige Sorgen. Müssen wir etwas zusammen präsentieren? Wird darauf geachtet, ob wir in einer großen Gruppe den Mund aufkriegen? So etwas hatte ich wirklich noch nicht gemacht

Doch das Glück war auf meiner Seite oder zumindest hatte ich ein besseres Gefühl, als man mir sagte, dass die anderen Teilnehmer meiner Gruppe nicht erschienen waren. Da ging mir auf, dass ein Gruppengespräch ein ganz normales Bewerbungsgespräch mit drei Kandidaten war, also war (wieder einmal) alle Aufregung umsonst.

Das Gespräch verlief sehr gut, es machte teilweise sogar Spaß, zum Beispiel darüber nachzudenken, was man den Schülern über Deutschland erzählen würde. Während des Gesprächs begannen öfter Sätze mit „ Wir haben hier eine Schule in Warschau…“. Hinterher konnte ich mir also schon vorstellen, wohin die Reise geht.

Und so kam es dann auch: Mitten im Abi bekam ich die Zusage. Mir wurde ein FSJ am Gimnazijum Nr. 142 in Warschau angeboten (der erste Kommentar eines Freundes dazu: „Das Gymnasium hat ja noch nicht mal einen Namen“). Nach den letzten beiden Abiklausuren hatte ich endlich einen Kopf dafür und sagte zu. Ich muss gestehen, dass ich damals noch eine Bewerbung für ein FSJ Politik im Niedersächsischen Landtag laufen hatte. Nach ersten Kontakten mit der Einsatzstelle in Polen, bei denen mir gleich das „Du“ angeboten wurde, und einem missglückten Bewerbungsgespräch im Landtag stand für mich fest, dass es im September nach Warschau gehen würde.

Nun folgte ein Telefefonmarathon mit der polnischen Botschaft, meiner Krankenkasse, dem Finanzamt, der deutschen Bahn (man kann sich gar nicht vorstellen, wie oft selbst nachts die Hotline besetzt ist) und dem Rest der Republik.  Schließlich habe ich aber alles geregelt bekommen und sogar verstanden, wofür Sozialversicherungsausweis & Co. gut sind. Die Suche nach einer Wohnung wurde mir auch schnell abgenommen, da die Schule mir eine 2-Zimmer-Wohnung zur Verfügung stellt. An dieser Stelle sei auch einmal die sehr gute Organisation durch das „kulturweit“-Team gelobt. Es ist eine sehr gute Taktik, Infos so oft zu wiederholen, bis man sie sich einfach merken muss.

Gleichzeitig nahm in den Tagen auch eine andere Freiwillige, die ebenfalls in eine polnische Stadt geht, mit mir per Mail Kontakt auf. Durch unseren sehr intensiven Mail-Verkehr habe ich jetzt das Gefühl schon eine gute Gefährtin für alle Erlebnisse gefunden zu haben und Pläne, Polen gemeinsam von der Ostsee bis nach Auschwitz zu bereisen, sind natürlich auch schon geschmiedet.

Mittlerweile stehe ich in Kontakt mit einer Freiwilligen, die im September auch nach Warschau geht und schon zweimal dort für längere Zeit gelebt hat. Eine Quelle für literarische Einstimmungen und Tipps, wo man am besten feiert und einkauft, ist also auch gefunden.

Seit meiner Zusage setzt sich mit jeder Mail von meiner Mentorin und vom „kulturweit“-Team sowie durch Kontakte zu anderen Teilnehmern nach und nach ein Bild von meiner Schule zusammen.

Ich weiß, dass ich die erste und einzige Freiwillige an der Schule bin. Zu meinen Aufgaben werden laut Einsatzstellenprofil das Mitwirken bei Schulfesten und die Organisation und Durchführung von Unterrichtsprojekten, Sprachkursen und Kulturprogrammen zählen. Meine Schule ist ein Gimnazijum, d.h. dort werden die Klassen 7 bis 9 unterrichtet. Vorher waren sie sechs Jahre in der Grundschule und an das Gimnazijum schließt sich dann das dreijährige Liceum an. Wenn ich die polnische Homepage der Schule richtig verstanden habe, geht der Unterricht von 8 bis 15 Uhr und es gibt keinen Samstagsunterricht (diese Bemerkung ist lebenswichtig, da es das an meiner Oberstufe gab). Außerdem ist meine Einsatzstelle wohl keine deutsche Schule im eigentlichen Sinn, sondern eine polnische Schule, an der man auch Deutsch lernen kann. So weit die Theorie, in zwei Monaten werde ich dann über die Praxis berichten können.

Das nächste Ziel heißt nun Berlin. Ich freue mich schon sehr darauf, alle 170 Teilnehmer beim Vorbereitungsseminar vom 6.-15. September näher kennen zu lernen, wobei ich dank facebook schon ein paar Namen kenne.

Am 19. September beginnt dann die große Reise von einem „kleinen Mädchen“ aus einem ebenso kleinen Dorf zwischen Bremen und Bremerhaven in die Metropole Warschau. Ich freue mich auf ein Jahr, in dem ich mit meinen Kochkünsten überleben muss, das Leben in einer Hauptstadt kennen lernen, die Mentalität eines Volkes (hoffentlich) nicht nur aus der Touristenperspektive erleben und natürlich den ganz normalen Wahnsinn des Schulalltags mal von der anderen Seite sehen werde, oder kurz gesagt: Viva Polonia! (Ich hoffe Steffen Möller verzeiht mir diesen dreisten Diebstahl geistigen Eigemtums, aber vielleicht lässt sich das im Eurocity zwischen Berlin und Warschau ja noch mal klären.)

P.S: Ich kann noch nicht sagen, wie oft ich einen neuen Beitrag verfassen werde, aber ich werde versuchen, euch so gut es geht auf dem Laufenden zu halten. Vielleicht habt ihr ja Lust mir zu schreiben, was euch besonders interessiert.

Mareike

im Juli 2011

 

 

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Eine Antwort zu Es war einmal…

  1. Ruben sagt:

    Toller Text. Da sind zwar keine Infos drin, die neu für mich sind, aber es hat trotzdem Spaß gemacht, das alles hier zu lesen.^^

    Naja, du weißt ja, wie ich das finde, dass du für ein Jahr weggehst, und dass ich dich jetzt schon vermisse, obwohl du noch gar nicht weg bist, also muss ich das nun ja nicht mehr lang und breit erläutern.

    Dann wünsch ich dir hier nochmal öffentlich viel Spaß und viele tolle Erfahrung in Warschau und ich hoffe, dass dir da nichts böses passiert. 🙂

    P.S.: Mein Kommentar in deinem Text ist unvollständig. Ich hab mich außerdem darüber ausgelassen, dass die Schule nur eine Nummer hat. 😉

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