Der Kulturpalast vor nachtblauem Himmel

 

Seit gestern habe ich in meiner Wohnung Internet, daher kommt erst jetzt ein Blogeintrag zu meiner Anreise und meinen ersten Erfahrungen.

Am Montag ging es mit zwei Koffern, einem Rucksack, einer Laptoptasche und ein bisschen Nervösität hinein in das Abenteuer namens „kulturweit“.

Um viertel nach elf startete nach einem nicht ganz trockenen Abschied von meinen Eltern mein Zug in Bremen. Beim Umsteigen in Hannover traf ich dann Jennifer Geiser. Überraschenderweise waren wir während der ganzen Fahrt nicht wirklich aufgeregt, sondern arbeiteten einfach weiter an unseren Reiseplänen und Sprachkenntnissen.

Während der Fahrt traf ich auch einen älteren Herren, der auf dem Weg nach Poznan war, um von dort in seine alte Heimatstadt Kolmar zu fahren. Diese musste  er im Januar 1945 verlassen, um vor den Sowjets zu fliehen. So wurde ich auf der Hinfahrt schon in Deutschland an unser besonderes Verhältnis zu Polen erinnert, was jedoch nicht weiter schlimm war.

In Berlin stiegen Jenny und ich dann in den „Berlin-Warszawa-Express“. In unserem Waggon befanden sich jedoch den mitgelauschten Gesprächen nach nur Deutsche.

Das änderte sich jedoch in Poznan, wo Jenny umsteigen musste und sich ein junger Pole neben mich setzte. Kurz vor Warschau kam ich mit ihm ins Gespräch, wobei ich merkte, dass meine letzte Englischstunde schon ein paar Monate her war. Trotzdem war es ein sehr nettes Gespräch, in dem er mir den ein oder anderen Tipp für mein Jahr in Polen mitgab.

Am Bahnhof wurde ich dann von meiner Mentorin und ihrer kleinen Tochter abgeholt. Als wir beide meine Koffer schleppend den Bahnhof verließen, sah ich vor mir den Kulturpalast vor nachtblauem Himmel. Das war wirklich ein beeindruckender Empfang!

Der nächste Weg führte uns zu McDonalds. Das hatte meine Mentorin ihrer Tochter versprochen und mir kam es auch sehr gelegen, da ich nach neun Stunden Zugfahrt große Lust aufs Kochen verspürte. Nach einer weiteren kurzen Fahrt durch die nächtliche Metropole standen wir dann vor der Schule. Der Hausmeister zeigte uns dann die Dienstwohnung der Schule, meine Bleibe für das nächste Jahr. Die Wohnung ist voll in Ordnung und hat einen Blick auf den Sportplatz der Schule.

Als ich dann auf meinem Bett (eigentlich auf meinem Schlafsofa) saß, folgten der obligatorische Anruf nach Hause und eine SMS an viele Freunde.

Obwohl mir meine Mentorin ausdrücklich erlaubt hat, auszuschlafen, war ich am nächsten Morgen schon kurz nach neun in der Schule, um mich bei der Direktorin vorzustellen. Erstmal zeigte mir jedoch ein anderer Deutschlehrer die ziemlich große Schule. Ich war froh über die Führung, denn sonst hätte ich mich hemmungslos verlaufen. Außerdem hatte ich gleich Gelegenheit, einen der mir schon angekündigten polnischen Gentlemen zu erleben. Mir wurden die Türen aufgehalten und beim ersten Lebensmitteleinkauf die Tasche getragen.

Die Direktorin lernte ich auch noch kennen, aber irgendwann musste der Deutschlehrer in den Unterricht und ich bekam den Rest des Tages frei. Ich nutzte die Zeit, um meine Zimmer mit Geschenken von Freunden und anderen Erinnerungen etwas wohnlicher zu machen und noch einmal den kurzen Weg zum Supermarkt zu gehen, da ich natürlich beim ersten Einkauf die Hälfte vergessen hatte.

Eigentlich wollte ich auch schon einmal in das Stadtzentrum fahren. Mein Plan scheiterte jedoch daran, dass ich den passenden Bus nicht fand und mein Hunger zu groß wurde, sodass ich mir doch selber etwas kochte und meine ersten Piroggi erstmal verschob.

An diesem Tag merkte ich jedoch die Sprachbarriere mehrmals deutlich. Eigentlich kann ich schon ein paar Worte Polnisch, jedoch hinderte die Perfektionistin in mir mich daran, sie auch immer zu benutzen, da ich den Großteil der Antwort auf meine „Brocken“ nicht verstand und dann doch immer auf Englisch nachfragen musste.

In den nächsten Tagen hospitierte ich bei einem polnischen Deutschlehrer und einer deutschen Deutschlehrerin. Unzählige Male musste ich mein Alter, meinen Namen, meine Lieblingsfarbe, meine Hobbies, meinen Wohnort in Deutschland (Sandstedt mit seinen 350 Einwohnern und ebenso vielen Schaafen ist durch mich nun also selbst in Warschau bekannt), meine Lieblingsbands und meine Haustiere an die Tafel schreiben. Dabei war es echt erstaunlich wie unterschiedlich das Interesse und auch die Deutschkenntnisse innerhalb der Klassen und Jahrgänge sind.

Langsam konnte ich mir auch ein paar polnische Worte und freute mich jedes Mal wieder, wenn ich für ein „Do widzenia“ ein sehr nettes Lächeln zurückbekam. Langsam tauten auch einige Kollegen auf und ich hörte mal ein „Tschüss“ oder ein „Guten Appetit!“.

Nun habe ich schon einmal bei allen Deutschlehrern hospitiert und bei fast allen auch schon selber etwas im Unterricht gemacht, was immer richtig toll war. Außerdem übersetze ich gerade mit einem polnischen Deutschlehrer und – nicht zu vergessen – dem Übersetzungsprogramm einer sehr bekannten Suchmaschine eine Präsentation über erneuerbare Energien vom Polnischen ins Deutsche. Obwohl das ein Thema, von dem ich wenig Ahnung habe, in einer Sprache, die ich noch nicht kenne, ist, kommen wir doch ganz gut voran.

Die Stadt habe ich mir mittlerweile auch schon ein bisschen besser angeschaut. Die Altstadt ist wunderschön, auch wenn sie noch nicht einmal sechzig Jahre alt ist, da alles wiederaufgebaut werden musste. Das Stadion für die EM sieht zumindest von Weitem schon fertig aus.

Zu meinem Sightseeing-Programm zählten auch einige Großeinkäufe, unter anderem in einem großen schwedischen Möbelhaus, zur allgemeinen Belustigung der Warschauer Metrofahrer. Immerhin fühle ich jetzt richtig heimisch.

Morgen fahre ich mit meiner Mentorin und ihren Kindern in den Zirkus. Da geht es ja zum Glück mal nicht um die Sprache:-)

 

Czesc aus Warszawa,

 

das übrigens – wer hätte das gedacht- von Wars und Zawa gegründet wurd:-)

 

Mareike

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