Der Blogtitel…

… wird wohl wieder geändert. Reiseberichte im Internet, der Lonley Planet und auch die Berichte einiger Freunde, die hier bereits einmal waren waren alle ziemlich falsch. OK, die Stadt wurde von deutschen Siedlern gegründet und man findet, mal ganz abgesehen von dem obligatorischen „Club Aleman“ (der sich aber jetzt als Restaurant und Partyraum entpuppt hat) auch in vielen Namen die deutschen Ursprünge wieder, wie z.B. „Delikatessen“ und „Café Hausmann“. Die Kirche ist auch definitiv sehr schwarzwaldmäßig gehalten. Aber allgemein herrscht hier eher eine „Chilenisierung“ der Kultur der Stadtgründer, berühmte oder sehenswerte Häuser heißen dann „Residencia Hellwig“ oder  (mein Favorit) „Casa Kuschel“. Ansonsten ist die Stadt nach meinem Gefühl auch eher Südamerikanisch, also kleine Holzhäuser (oder, wenn man an den Rand kommt, kleine was-auch-immer Fertighäuser nach amerikanischem Stil, nur viel viel viel viel kleiner) in bunten Farben, überall sind Pflanzen (ob die da jetzt hingehören oder nicht ist meistens fraglich) und Stromleitungen laufen grundsätzlich über Land, sind also hier massenweise vertreten.

Deutsch spricht mit mir außer den Lehrerinnen an der Schule (und manchmal die Gastmutter) keiner, es wird zwar erkannt, dass ich aus Deutschland komme (ah, ne, kein Wunder, mit dem fetten Sonnenbrand auf der Nase gibt es auch nur die Option Engländerin oder Deutsche), aber Spanisch ist hier doch die Alltagssprache. Aber was für ein Spanisch – nix mit meinen glatten Instituto Cervantes Kenntnissen, ich verstehe höchstens 30% von dem, was gesagt wird, wenn ich mit der Geschwindigkeit mithalten kann und sich keine typisch chilenischen Wörter in den Sätzen befinden. Habe mich inzwischen schon soweit daran gewöhnt, dass ich teilweise abschalte und die reden lasse, was aber natürlich dazu führt, dass ich meinen Einsatz verpasse, wenn eine Frage an mich gerichtet wird und ich dementsprechend noch mal nachfragen muss und somit noch weniger der Sprache mächtig erscheine als sowieso schon. Ich sorge auch regelmäßig mit lustigen Versprechern für Gelächter, z.B. ging es letzten darum, dass ich mich sicher schnell an die Sprache gewöhne, ich habe aber statt „acostumbrarme rapido“ „acostarme rapido“ gesagt, was so viel bedeutet wie „schnell hinlegen“. Den Freund meiner Betreuerin, der mir aufgrund eines weiteren Versprechers sowieso bereits unterstellt, dass deutsche Frauen „etwas lockerer“ sind hat das natürlich besonders gefreut (natürlich nur im Scherz! Anfeindungen hatte ich hier noch gar keine, nur breit gefächerte Sympathie, was ich natürlich auf meine unheimlich nette und aufgeschlossene Art, mein Anpassungsvermögen und vielleicht ein kleines bisschen auf die Gastfreundschaft der Bewohner Puerto Varas‘ beziehe).

Soviel zur Stadt… für’s erste. Jetzt mal ein kleinen chronologischen Sprung: wie ihr merkt, bin ich gut angekommen. Am Bremer Flughafen hab ich erst mal gemerkt, dass ich doch nur ein Gepäckstück à 23kg mitnehmen durfte, da Air France nicht mit LAN kooperiert und ich in Santiago noch mal aus- und wieder einchecken musste. Wildes Umpacken, 26kg am Ende (und den Aufkleber „very heavy“ auf meinem Koffer ) und mit schwerem Herzen meinen Wanderrucksack zurück gelassen, der wird mir aber im Juli für den Ecuadortrip wieder mitgebracht. Werde dann halt mit Plastiktüten bis nach Santiago reisen und da dann umpacken ;). Die Flüge verliefen ereignislos, habe von Paris nach Santiago fast nur geschlafen, gestört von diversen Luftlöchern (nichts für mich) und dass mein Fernseher ständig wieder angegangen ist (habe am nächsten Morgen von dem  Herrn neben mir gelernt, dass das daran lag, dass die Fernbedinung im Sitz integriert ist und man sich beim Schlafen dagegen gelehnt hat, sehr ineffektiv). In Santiago hat mir ebendieser Herr auch mit meinem doch jetzt ein bisschen schwereren Handgepäck geholfen, da ich ja auch noch die Krücken hatte (ansonsten Befürchtung einer Überlastung des Knies durch zu schweres Gepäck). Durch den Zoll bin ich ohne Probleme gekommen, Schokolade zählt also zu den Dingen, die man einführen darf.

In Santiago selbst 30°C, strahlend blauer Himmel. Ich habe mir einen Gepäckwagen geschnappt und habe versucht mit zu orientieren. Ich wusste, dass die Flüge von LAN von einem Zelt gehen, habe dann auch herausgefunden, wo das war (Erfolg!! Spansch A1 erfolgreich bestanden) und mir angesichts der Masse an Taxifahrern, durch die ich mich hätte durchschlängeln müssen dann doch so einen netten jungen Mann gegönnt, der für ein kleines Trinkgeld alles für mich geregelt hat (also Gepäck geschoben, mich beim Check-in begleitet und mir eine Pepsi besorgt). Hatte noch US$8 dabei und vergessen, Euro zum wechseln mitzunehmen (keine Bankautomaten, die waren im kaputten Teil des Airports), sodass ich dann 6 Stunden mit der Pepsi und zwei zerflossenen Schokoriegeln überleben musste. Fand das aber gar nicht so schlimm, weil mein Magen sowieso nicht so gut gestimmt war und habe mich in die Sonne gesetzt. Erfolgreich: Der Sonnenbrand wird wohl noch ein bisschen bleiben. Ich bin da so typisch deutsch, eine Stunde ab 24°C ohne Sonnencreme und ich bin rot (irgendwann kommt das dann mit der Bräune, aber das dauert meistens bis zum Ende des Sommers). Eine Stunde vor Abflug habe ich mich dann in das LAN-Zelt begeben, wo die ein improvisiertes Terminal aufgebaut haben, mit Megaphonen statt Lautsprecherdurchsagen, Tafeln, wo die aktuellen Flüge angeschrieben wurden und vielen Wasserspendern.

In Puerto Montt wurde ich von meiner Betreuerin und einer anderen Deutschlehrerin der Schule erwartet und bin dann erst mal zu meiner Betreuerin mitgefahren, weil die Gasteltern wegen Arbeit noch in Santiago waren. So. Details sind glaub ich nicht so interessant, ich berichte die nächsten Tage mal von den merkwürdigsten und schönsten Ereignissen der ersten Tage, über die Familie und natürlich die Schule, wo ich doch die meiste Zeit verbringe.

Hurray

Ich darf ausreisen :). Also alle nach Chile. Sorry, weiß ich schon seit Freitag, aber wie das halt so ist hatte ich so viel zu tun, dass ich vergessen habe, das hier auch einzutragen. Ich gelobe Besserung. Nun bin ich ganz aufgeregt.

Eigentlich Vorbereitungsseminar… und dann kam das Erdbeben

Vorbereitungsseminar läuft, und dann die Nachricht, dass in Chile am Samstag morgen ein Erdbeben der Stärke 8,8 war. Oh mann. Wir hatten um 12 Uhr heute „Krisentreffen“ mit den Freiwilligen für Chile, die aktuelle Information ist: Ihr könnt sowieso nichts dran ändern, Ausreise kann sich evtl.verzögern, ansonsten gibt es keine Plätze mehr in anderen Ländern von Lateinamerika“. Soviel dazu. Hmhm. Momentan habe ich das Gefühl, dass alles dagegen steht, dass ich ausfliege.

Na ja. Eigentlich wollte ich etwas über das Vorbereitungsseminar erzählen, mache das aber nur kurz, weil ich grad nicht so wirklich in der Stimmung bin. Allgemein hat man sich langsam an den vollen Tagesablauf gewöhnt (8-9 Frühstück, 9-12 Vormittagseinheit, Mittag, 14.30-17.30 Workshops, 17.45-18-45 „Homezone“ (Reflexionsgruppen), Abendessen, Abendprogramm, totmüde ins Bett fallen. Die Tage davor hatte ich tw. noch nicht mal Mittagspause wegen Arztbesuch).  ich hatte heute auch den gloreichen Moment, in dem ich realisiert habe, dass mein Studium vorbei ist und ich hier nichts auswendig lernen muss, sondern mir aussuchen kann, was ich mitnehme.

Nette, interessante Leute, zu wenig Kaffee (positiverweise bekämpfe ich damit meine Sucht), wenig Schlaf, dafür unheimlich viele interessante Informationen und Workshops. Die Sachen aus dem Schreibworkshop von heute werden auch noch einmal als Abendprogramm angeboten und präsentiert, mit Musik zusammen, worauf ich mich sehr freue (muss das Vortragen aber noch mal üben).  Nach den Fotos kommt der Text.


 

Gebrauchsanweisung für einen Freiwilligendienst im Ausland

 

Bestandteile überprüfen: Enthalten sein sollten

  • 1 Freiwillige/r
  • 1 Einsatzstelle in einem Entwicklungs- oder Transformationsland
  • 1 Visum
  • 1 10-tägiges Vorbereitungsseminar
  • 1 Hinflug
  • 1 Auslandsaufenthalt, circa 6-12 Monate
  • 1 5-tägiges Zwischenseminar
  • 1 30-stündiger Sprachkurs
  • 1 Rückflug
  • 1 fünftägiges Nachbereitungsseminar
  • Vorfreude
  • Reflexionsvermögen

 

Bestandteile sind in dieser Reihenfolge mit zunehmender Menge an Vorfreude und Reflexionsvermögen zusammenzufügen. Bei optimaler Funktionsweise des Freiwilligendienstes entwickelt sich interkulturelle Kompetenz und Erfahrung. Sollten diese Resultate sich nicht einstellen, können folgende Fehlerquellen die Ursache sein:

 

  • Heimweh
  • Kulturschock
  • Zu wenig Reflexionsvermögen
  • Die in der Anwendung entstehende Neugier ist nicht ausreichend
  • Widrige Umstände

 

Behebung (Hinweis: Sollten Sie dem Freiwilligendienst im Prozess der Reparatur Schaden zufügen, welcher zu einem kompletten Ausfall führt, liegt dies nicht im Rahmen der Garantie und die dann anfälligen Reparaturkosten sind von Ihnen selber zu tragen)

 

a) Heimweh

mögliche Aktionen: mit Bezugsperson im Gastland reden, viel Schokolade essen, schlechte Eigenschaften des Heimatlandes aufzählen, gute Eigenschaften des Gastlandes bewusst machen, Reflexion der Ursachen

zu vermeiden:  exessive Telefonate mit Personen aus der Heimat, Fotos von zu Hause ansehen, zurückziehen und leiden, eigene Kultur hochleben lassen und über die des Gastlandes stellen (ist oft gefolgt von Beleidigung der Gastgeber und weiterer Ausgrenzung)

 

b) Kulturschock

Häufig gekoppelt mit dem Gefühl der Hilflosigkeit

Mögliche Aktionen: auf die Metaebene gehen und reflektieren, woher die Unzufriedenheit kommt, Unterstützung suchen, evtl. Konfrontationen mit Dingen, die einem Angst machen (Vorsicht: Überforderungsgefahr, beachte Hinweis zu Garantie)

Zu vermeiden: Überheblichkeit gegenüber den Gastgebern

 

c) Geringes Reflexionsvermögen

einer der Grundstoffe, daher ist es schwierig, nach erstmaligem Gerauch noch weitere Mengen hinzuzufügen

mögliche Aktionen: Reflextionsbögen für Konfliktsitationen, bevorzugterweise aus dem Vorbereitungsseminar oder Zwischenseminar, Internetforen oder Blogs zum Austausch mit anderen Betroffenen (Gefahr: dies kann auch zur Verstärkung der Situation führen, hier gilt ebenfalls keine Garantie)

zu vermeiden: Engstirnigkeit, Beharren auf eigener Position, Abbruch des Freiwilligendienstes

 

d) mangelnde Produktion von Neugier

schwieriges technisches Problem, bitte Fachmann zur Überprüfung konsultieren oder ggf. Augen öffnen für Neues oder Geheimnisvollens in der Umgebung, kann zu einer erhöhten Produktion von Neugier führen

 

e) widrige Umstände

alle Probleme, die durch äußere Einflüsse (z.B. Überfall, fehlende Arbeit in Einsatzstelle, Erdbeben, etc.) zustande kommen.

Mögliche Aktionen: Überprüfung, ob Eigeninitiative die Situation ändern kann (ggf. Kreativität hinzufügen, günstig von unserem Unternehmen in allen gängigen Fachgeschäften für Auslandseinsätze erhältlich)

Zu vermeiden: Abbruch (hierzu der Hinweis, dass in extremen Fällen wie schwerer Körperverletzung doch ein Abbruch in Erwägung gezogen werden könnte), Panik, Apathie

 

Bei rein äußerlichen Verletzungen des Freiwilligen örtliches Krankenhaus konsultieren, sollten hier ansonsten nicht genannte Fehlerquellen auftreten, bitte unsere Hotline (0800-FREIWILLIG) anrufen oder auf der Homepage unserer Firma Serviceformular ausfüllen und abschicken.

Wir danken Ihnen für den Erwerb eines Freiwilligendienstes und wünschen Ihnen viel Freude damit.

Hallo Welt!

Ja Mensch, dann mal hallo und hola mundo oder wie auch immer auf Spanisch (leider ist mein letzter Spanischkurs zwei Jahre her, und das einmal die Woche Kaffee trinken mit meiner peruanischen Tandempartnerin artet leider immer in 30 Minuten Spanisch und 90 Minuten Deutsch aus, weil die das viel besser kann als ich ihre Sprache). Jetzt bin ich noch genau ein paar Wochen in Deutschland, und werde dann lernen, was deutsche Kultur wirklich ausmacht – schließlich hat Puerto Varas einen deutschen Kulturverein, ein Kuchenfest, eine Kirche, die einer im Schwarzwald nachgebildet ist, und das erste, was man auf der Homepage dieses bezaubernden Örtchens sieht, ist eine Dame im Dirndl mit Kuchen in der Hand. Ich bin übrigens aus Norddeutschland.

Auch wenn es übrigens nicht so klingt, ich freu mich :).

Vorbereitungsstand:

Kontakt mit der Schule: Check!

Kontakt mit der Gastfamilie: Check!

Wohnung aufgelöst, Katzen bei Eltern abgeliefert: Check!

Ausreichend Winterkleidung: Check!

Visum: em… ja. das wird noch.

Knie-OP: Check!

Soooo… genug geredet, eigentlich wollte ich mich grade mit spanischer Grammatik auseinandersetzen ;).

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