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Freiwillige vor!

Wenn man schon als offizielle Berufsbezeichnung „Freiwillige“ hat, kann man sich immer so schwer aus Sachen die ebendiese erfordern ziehen. So kommt es, dass ich am Freitag, der offizielle „Dia del Alumno“, also Tag der Schüler ist, wohl bei den Liedern „High School Musical“ (Titelsong) sowie „I’m a single Lady“ mit einigen anderen Lehrerinnen meine heißen Latina-Tanzkünste zum Besten geben darf. Ich musste bei den Proben dann feststellen, dass das gar nicht so einfach ist, aber das wird schon. Videos, die in irgendeiner Form aufgenommen werden könnten, werden sofort gnadenlos der „conquistatora alemana“ (nicht nachfragen, wie es zu dem Namen gekommen ist, ich weiß es selber nicht mehr so genau. Hatte glaube ich etwas mit Keksen zu tun) zum Opfer fallen, das Beste, worauf ihr hoffen dürft, sind einige verschwommene Fotos von einer Handykamera.

Als Zweites werde ich mich dann Freitag abend am Colegio Alemán einfinden (das nennt man engagiert, sogar Freitag abend bei der Arbeit) und mit einigen anderen Lehrern und ein paar Schülern einen Bus besteigen, über Nacht in das nördlich gelegene Los Angelés (de Chile! Das andere wäre mit einem Bus über Nacht nur schwerlich zu erreichen) fahren und dort ein Wochenende lang via Techo para Chile („Verpflichtung!“ – so heißt tatsächlich der offizielle Titel dessen, was wir tun, also auf Deutsch, wohl gemerkt…) Aufbauhilfe bei einer vom Erdbeben schwer geschädigten Schule leisten. Um ehrlich zu sein freu ich mich schon riesig drauf, da ich das ganze Wochenende Spanisch sprechen werde und das sicher auch noch mal eine gute Art und Weise ist, sich mehr mit den Kollegen, die man noch nicht so gut kennt, anzufreunden. Und natürlich auch der gute Zweck. Ich bin schon ganz gespannt. Als erstes wurde ich gefragt, ob ich denn auch Werkzeuge mitbringen könnte. Mist. Genau die habe ich am Flughafen zu Hause gelassen, als klar wurde, dass ich nur ein Gepäckstück mitnehmen könnte. Sonst fahr ich ja nie ohne meine Säge weg.

Ganz freiwillig bin ich auch am Samstag mit der Rebecca nach Cochamó, das Kletterparadis Chiles (es wird im Lonely Planet als das „neue Yosemite“ bezeichnet, wobei da habe ich dann doch meine Bedenken), gefahren. Und was mache ich so in einem Kletterparadis?

Reiten! Da mein Knie immer noch nicht wieder komplett in Ordnung ist, und Rebecca die geniale Idee hatte, in Cochamó einen Tagesausflug auf Pferden zu buchen, habe ich mich dem spontan mal angeschlossen und bin am Samstag mit ihr da hingetuckert. Habe ich mir auch ehrlich verdient, nach dieser Woche – ich habe nicht mehr mitgezählt, wie viel Unterricht ich gegeben habe, ich weiß nur, dass ich inzwischen Expertin in Sachen spontan-mir-irgendwas-ausdenken-damit-die-Schüler-beschäftigt-sind-und-am-besten-noch-Deutsch-lernen bin. Auf der anderen Seite durfte ich dank meiner Unabhängigkeit vom Lehrplan meine kreative Seite mal ein bisschen ausleben und habe den Schülern Peter Fox, Fußball in Deutschland und Lola rennt nahe gebracht, was mir selber glaube ich noch mehr Spaß gemacht hat als den Schülern (Wer brauch Hörverständnisaufgaben zu „Stadtaffe“, „Glücklich“ oder „Fußball ist immer noch wichtig“? Ich habe auch spanische Übersetzungen zu sämtlichen umgangssprachlichen Ausdrücken).

Ich möchte lieber über das Wochenende schreiben, das war nämlich doch spannender. Tratsächlich ist das Wetter momentan genial (also verhältnismäßig. Ich möchte mich hier nicht mit meinen Kollegenen in der Karibik vergleichen, aber im Gegensatz zu letzter Woche sind 17°C und strahlender Sonnenschein einfach herausragend), sodass wir Samstag frohen Mutes um 8 Uhr den Bus nach Cochamó bestiegen haben, um um 10.30Uhr unsere Reittour im Campo Aventura anzutreten. Ich hatte mich, als ich meine Einsatzstelle erfahren habe, auch ziemlich darauf gefreut, hier mal klettern zu gehen und schon mit diversen lokalen Kletterern Kontakt aufgenommen, aber wie das Leben so spielt ist mein Knie dann immer noch dagegen. Aber man kann hier auch unheimlich viele andere Sachen machen, unter anderem halt Ein- bis Neuntagestrips auf einem dicken Pferd.

Schon alleine der Weg zum Campo Aventura versprach schon einiges an Abenteuer (wilde Hängebrücke über wildes Wasser), als wir dann ankamen und unseren Gaucho Francisco sahen war man dann auch direkt in seinem Stereotypendenken: Sombrero und Poncho, braungebrannt, halblange Haare, sprach nur Spanisch. Wir haben erst mal Kaffee und selbstgebackene Kekse bekommen, dann wurden wir mit den Pferden bekannt gemacht und mir wurde erklärt, wie das eigentlich geht. Reiten hier ist ein wenig entspannter als in Deutschland, so hält man die Zügel nur in einer Hand und die Pferde reagieren recht schnell auf Bewegungen und Druck von den Beinen. Nicht, dass ich so viel Ahnung von Reiten in Deutschland hätte, meine Vorerfahrungen beschränken sich auf Ponyreiten auf dem Jahrmarkt. Nevertheless, ich hatte viel Spaß – man nimmt die Landschaft um sich herum doch anders wahr, wenn man nicht selber laufen muss. Auch wenn mein Hintern am Ende ziemlich weh tat, und der Muskelkater am nächsten Tag sich einmal durch den ganzen Rücken zog. Was spannend war, war der Teil im Wald, wo wir tatsächlich Flüsse durchkreuzt haben und Schlammberge hochgeklettert sind. Beim Runterreiten hatte ich doch teilweise ein bisschen Panik. Mein Pferd hatte dazu noch eine gewisse Abneigung gegen Wasser, sodass man ihm immer noch einmal nett (oder weniger nett) sagen musste, dass es doch bitter weitergehen sollte, sobald ein Fluss oder Schlammpfützen auftraten. Allgemein war es aber natürlich das beste Pferd der Welt, schließlich hat es mich sicher wieder nach Hause getragen, ohne, dass ich gefallen wäre oder sonstigen Schaden davon getragen hätte.

Wieder im Campo haben wir die indische Besitzerin kennen gelernt, selbstgebackenen Kuchen gegessen, uns mit sämtlichen Farmtieren bekannt gemacht und sind dann schließlich wieder nach Puerto Varas zurück getuckert. Da waren wir dann mit Sasha, meiner einen amerikanischen Mitbewohnerin, die letzte Woche einfach mal so aus dem Nichts aufgetaucht ist, Pichanga essen (das wird bei mir grad recht regelmäßig) und die Nacht habe ich herausragend geschlafen.

War auch wichtig, am nächsten Tag war auch KUCHENDAY! Oder so. In Ensenada gab es die Fería de Murta, das ist eine lokale Frucht (siehe hier),deren Existenz einmal im Jahr an einem Wochenende mit dem Verkauf von viel Kuchen, Eis, Marmelade und was man noch so alles aus Murta herstellen kann, gefeiert wird. Dazu kam noch eine Band von halbwüchsigen Jungs, deren Hüftschwung es noch ein wenig an Übung fehlt, der aber definitiv zu dem Charme ihres eher unbeholfenen Auftritts beigetragen hat. Da das Wetter so schön war, sind wir vorher noch zu den Saltos de Petrohue gefahren (Wasserfälle) und dort ein wenig herumgewandert, und haben am Ende am Strand des Sees gegessen. Fast wie Sommer, wenn man davon absieht, dass es nachts immer noch richtig kalt wird. Aber immerhin wird jetzt geheizt. Meistens zumindest.

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