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Salzige Küsse…

… so hieß der Titel des Buches meiner persönlichen Favoritin beim regionalen Vorlesewettbewerb der Deutschen Schulen Puerto Montt, Punta Arenas, Frutillar und Puerto Varas, den ich am 26. Juni bei uns in der Schule ausgerichtet habe. Natürlich eine von meinen persönlichen Schützlingen – gewonnen hat sie allerdings leider nicht. Und das nach wochenlangem bis 16, 17, 18 Uhr in der Schule bleiben um zu üben, stundenlangens Lippenverdrehen bei dem Versuch, den Buchstaben „ü“ auszusprechen, Verknotete Zungen bei Fischers Fritze, Panikattacken und gemeinsamen Yogasessions nach getaner Arbeit und vor dem Wettbewerb. Nicht einer hat gewonnen, gegen die Allmacht Puerto Montts kamen wir einfach nicht an. 5 der 6 Siege aus den verschiedenen Kategorien gingen an Puerto Montt, einer an Frutillar. Wir sind am Boden zerstört.

Ich hatte trotzdem viel Spaß, das ganze zu organisieren. Bücher gefallen mir nun einmal, und dann die Texte für Schul- und Regionalwettbewerb aussuchen zu dürfen sowie mit den Schülern lesen zu üben war für mich keine Arbeit, sondern purer Spaß. Das hat sicher auch mit an meinen Kleinen gelegen – die waren alle so motiviert, dass ich ihnen den Sieg definitiv gegönnt hätte. Und der größte Vorteil des Ganzen war, dass Caro mit zwei Schülern aus Punta Arenas angereist kam und zwei Nächte bei mir verbracht hat, was wir auch ordentlich mit Pichanga, Pisco-Sourmachen (bzw. aufgrund des mangelnden Sours Pisco-Sour-Washabenwirdennnoch-ahMangosaftkonzentrat – Mango) und Fußballfrühstück am Sonntag gewürdigt haben. Ich durfte bei ihrer Ankunft auch gleich an meinen Krisenmanagementskills arbeiten, da der Taxifahrer, der dort auf sie warten sollte, nicht aufgetaucht ist. Hat aber alles noch geklappt. Auch noch einmal vielen Dank an die Gastfamilien, ihr seit super.

Der Rest des langen Wochenendes bestand dann aus dem autentischsten aller Feste – Festival de Lluvia, wo Rebecca und ich der Regenschirmparade im strömenden Regen ohne Schirm beigewohnt haben, und danach noch endlich mit Gabriel unseren Plan, zum Vulkan Osorno hochzufahren, umgesetzt haben. Vielleicht ist das nicht der allerbeste Plan gewesen, angesichts des Wetters und der Tatsache, dass Gabriels Auto doch recht klein ist (ich war am Freitag davor auch fest davon überzeugt, dass es sich um einen Zweitürer handelt, da ich mir bei der Größe gar nicht vorstellen konnte, dass man da irgendwie vier Türen unterbringen kann. Habe einige komische Blicke geerntet, als ich dann die Vordertür aufgemacht habe und über den vorgeklappten Vordersitz auf den Rücksitz gekrabbelt bin), aber wir hatten viel Spaß, wenn auch nicht gerade das, was man Aussicht oder Entspannung nennen könnte. Effektiv sind wir hochgefahren, zwischenzeitlich aus dem Auto gesprungen (mit Ausnahme von Rebecca, die ihre Schuhe ausgezogen hatte), haben Fotos von Nebel und Sturm und den dahinter versteckten Bäumen gemacht und sind wieder ins Auto gesprungen. Oben beim geschlossenen Café war es dann so windig, dass wir leichte Bedenken hatten, ob der Wagen denn stehen bleiben würde, und sind schnell wieder runtergefahren. Aber immerhin waren wir endlich da.

Und nun möchte ich noch einmal eine originalgetreuer Widergabe einer chilenischen Radioübertragung eines Deutschlandspiels darstellen:

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrSchweinsteiGERrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrLUkasPodolskIIIIIIIrrrrrrrrrrrrrrrrrr

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrALEMANIA!!!!rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrGOOOOOOOLGOOOOOOOOOOOOOOOOOOOLG

OLALEMANIAGANAALEMANIAUNOZEROGOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOLrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrMillERrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

Es folgen diese Woche noch: Eintrag über mein essreiches Wochenende bei einer chilenischen Familie auf Chiloé und endlich der lang erwartete Kocheintrag, inklusive Fotostrecke der Zubereitung eines Curantos. Und Mama, ich muss dir etwas sagen: Ich esse Fisch. Zwar nur Sushi und Lachs, aber es ist Fisch. Ich weiß, dass kommt jetzt als ein Schock für dich. Deine Tochter, die 25 Jahre ihres Lebens die Nase gerümpft hat, wenn auch nur das Wort „Fisch“ fiel, die sich in ihrem Zimmer eingeschlossen hat, wenn ihr Kochfisch in der Küche gemacht habt, die sich in Fischrestaurants eisern durch ihr zähes Wiener Schnitzel gequält hat. Ich essen Fisch. Und was soll ich sagen – eine ganze Tomate roh schaffe ich immer noch nicht, aber so als Beilage ist die gar nicht so schlecht.

Einsatzstelle

Meine offizielle Einsatzstelle ist das „Colegio Aleman Puerto Varas“, bzw. die „Deutsche Schule Puerto Varas“. Nicht denken, dass das eine offizielle Deutsche Schule ist, es handelt sich hierbei nur um eine DSD-Schule, also eine Schule mit einem erweiterten Deutschprofil. Das sieht folgendermaßen aus:

Die Schüler fangen in der 1. Klasse mit 5 Stunden Deutsch die Woche an und behalten diese Fremdsprache auch bis zum Abschluss nach der 12. Klasse bei. Allerdings reduziert sich die Zeit in der 5. Klasse auf 4 Stunden die Woche. Es werden zwischenzeitlich Prüfungen für die verschiedenen Niveaustufen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens abgelegt, das höchste, was man machen kann, ist B1. Die Deutschlehrerinnen (es gibt keinen männlichen) sind alle sehr bewandert in der Sprache (das soll nicht immer so gewesen sein, meint meine Gastmutter), eine kommt aus Deutschland, meine Betreuerin hat dort einige Zeit gelebt (Au Pair und Teile des Studiums) und der Rest hat entweder deutsche Vorfahren oder ist anscheinend sehr sprachbegabt.

Man sollte nicht denken, dass in der Schule deswegen jeder Deutsch spricht, noch nicht mal die Schulleiterin tut das, nur die Schüler (zumindest teilweise…) und die Deutschabteilung.

Die Schule hat 700 Schüler von der 1. bis zur 12. Klasse. 1.-8. Klasse sind hier Grundschule (Basico) und die 9.-12. Klasse ist dann eine Art Oberstufe, die zur Hochschulreife führt (Medio). Dort beginnt man auch wieder von 1 zu zählen, also I° – IV° Medio.

Der Alltag sieht dann so aus: 7.50-8.00 Uhr hat man „Orientation“, also alle wichtigen organisatorischen Sachen werden mit der Klassenlehrerin besprochen. Gilt außer Freitags nicht für mich (ich weiß immer noch nicht so genau, warum, aber ich bin da in Maria-Josés Klasse für den Teil und die Sociedadstunde danach), weil ich ja zu den „Fachlehrern“ zähle. Die Stunden sind zwischen 45 Minuten vormittags und 40 Minuten nachmittags lang und gehen bis 16.05 (das Ende kann aber für Lehrer und für Schüler variieren). Eine Schulstunde zwischen 12 und 13.20 Uhr ist Mittagspause (für mich manchmal auch nicht, weil dann halt um 13.20 Uhr Schluss ist). Danach gibt es dann noch AGs und Hausaufgaben, wobei ich ganz ehrlich zugeben muss, dass ich nicht weiß, wie die Schüler das noch alles machen, das ist schon ein krasser Schultag.

Ich unterrichte zwei Kurse, bzw.werde zwei unterrichten, wenn die Raumfrage geklärt ist. Im Moment habe ich einen Anfängerkurs in der I°Medio (9. Klasse) mit Schülern, die erst nach der Basico hierher gewechselt sind. Das sind nur 8 Schüler, 2 Jungs, 6 Mädchen (allgemein scheinen hier mehr Mädchen auf die Schule zu gehen.Gibt es in Chile mehr Frauen? Oder bekommen reiche Eltern hauptsächlich Mädchen? Alles ungeklärte Fragen der Menschheit… ). Die anderen beiden werde ich dann einmal in der 8. zur Vorbereitung auf die A2-Prüfung haben, das sind dann die besten Schüler der Stufe, was mir das ganze natürlich um einiges erleichtert. Bei der I°Medio habe ich manchmal das Gefühl, dass die mir mehr Spanisch beibringen, als ich ihnen Deutsch. Aber nur manchmal. Inzwischen führen wir natürlich schon Gespräche auf höchstem Niveau: „Wie heichst do?“ „Mein Namen ist José“. Und so weiter. Ab und zu werde ich wohl auch Konversationsstunden in der III° Medio (11. Klasse) anbieten.

Ich fühle mich damit allerdings nicht so ganz ausgelastet, zumal ich dann den Rest der Zeit einfach hospitieren darf (weil selbst mit 4 Stunden Sprachkurs und Vorbereitungszeit für die Stunden komme ich gerade mal auf 20 – 25 Stunden (je nachdem, ob ich mal wieder ein Memoryspiel bastel oder nicht)). Also frage ich mal meine Betreuerin, ob ich bei der Theater-AG, die hier augenscheinlich jedes Jahr ein deutsches Stück aufführt, helfen kann(zumindest letztes Jahr haben sie – zur Vorbereitung auf meine Ankunft natürlich 😉 – die Bremer Stadtmusikanten aufgeführt). Außerdem scheint die Homepage der Schule noch nicht auf Deutsch übesetzt zu sein, das wäre auch noch eine Möglichkeit. Ich hasse nichts mehr als Langeweile, und so interessant der Unterricht zum Angucken auch manchmal sein mag, irgendwann möchte ich auch selber etwas machen.

Noch eine weitere Eigenschaft der Schule: sie ist eine Privatschule, d.h. die Schüler tragen Schulkleidung:
Mädchen: Grauer Rock, Strumpfhose, graue Stulpen, weißes Polohemd, roter Pulli und/oder grau-rote Fließjacke (Oberteile alle mit Schulwappen) schwarze Schuhe

Jungs: eigentlich das Gleiche, nur dass eine graue Hose statt Rock, Stulpen und Strumpfhose (wobei, bei letzterem weiß man das ja nie so genau ;)) getragen wird.

Die Abschlussklasse trägt statt roter grüne Kaputzenpullis, entweder mit Snoopy (Gruß an Andreas), dem Hund aus Family Guy (sorry, aber der Name ist mir grad entfallen) oder dem Schulmaskottchen sowie den Namen der Abgehenden und „Auswanderung 2010“ drauf.

Bis zur 4. Klasse tragen die Schüler ALLE eine schwarze Hose und einen grauen Pulli mit der deutschen Flagge drauf, bis zur 6. Klasse tragen die Schüler alle einen Kittel über der Schulkleidung (Jungs braun/beige, Mädchen blau-kariert), damit diese nicht schmutzig wird.

Die Lehrer werden auch nicht verschont: Grundschule bis zur 4. Klasse trägt einen rot-weiß karierten Kittel, die Lehrer für alles ab der 5. Klasse tragen einen weißen Kittel und wofür der blau-weiß getreifte ist, den auch ich trage, habe ich noch nicht herausgefunden. Vielleicht hatte Christian ja doch Recht und ich bin eigentlich ein Schlachter. Wer weiß. Außerdem sind keine Jeans erlaubt, nur Stoffhosen und Röcke. Kein Problem, ist ja nicht so, dass ich hauptsächlich Jeans eingepackt hätte und die Kleidungspreise in Chile ungefähr so sind wie in Deutschland. Muff.

Privatschule bedeutet natürlich auch ein hohes Schulgeld, d.h. eher gut betuchte Eltern. Sieht man auch daran, dass die Eltern ihre Kinder jeden Tag mit dem Auto zur Schule bringen und abholen. Der Hauptgrund, warum nach dem Erdbeben der Schulbeginn um eine Woche verschoben wurde, war übrigens auch das fehlende Benzin… auf der anderen Seite gibt es an der Schule zwei kleinere „Windrädchen“ und eine Projektgruppe zu erneuerbaren Energien (dieses Jahr ist auch das Jahr der „Biodiversidad“ (http://www.cbd.int/2010/welcome/), aber was genau das für die Schule bedeutet, muss ich noch rausfinden).

Die Lehrerzimmer sind aufgeteilt, in meinem sitze ich mit den ganzen Sprachlehrern, also Englisch, Deutsch, Lenguaje (Spanisch). Quasi alle drei meine Sprachen, hurray. Wobei eigentlich nur Spanisch gesprochen wird, gut für mich.

Das erst mal zur Arbeitsstelle. Da kommen sicher noch lustige Geschichten, momentan gewöhn ich mich aber eher ein. Ich freue mich schon auf meine 8. Klasse, und auf das Memoryspielen mit der 9. am Montag. Und ich mag meine Kolleginnen. Hier vielleicht noch eine Sache: Ich hospitiere hauptsächlich bei Liska N. in der Klasse, die ebenfalls aus Deutschland quasi hier eingewandert ist – hat sich während eines Praktikums in Cochamó verliebt und wird jetzt im Oktober heiraten. Wie toll, augenscheinlich gibt es auch gutaussehende chilenische Männer (außer sie steht auf klein und dick, das werde ich aber noch herausfinden). Schade, dass ich dann nicht mehr da bin.

Am Donnerstag gab es eine Zeremonie, wo die Schüler aus der IV°Medio jeweils eine/n Schüler/in aus der I°Basico für das Schuljahr „adoptiert“ haben, ihnen also das ganze Jahr bei Fragen zur Seite stehen und sie in den Schulalltag einführen. Fand ich sehr hübsch, natürlich eher etwas für die Eltern zum Fotos machen, aber nette Idee, und für die Erstklässler natürlich auch schön (außer für das eine Mädchen, dass ihren „Paten“ wohl nicht mochte und sich geweigert hat, ein Foto mit ihm zu machen :D).

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