Der Plan: 2 Freiwillige aus Chile (Rebecca D. und Sonja L.) wollen die argentinische Grenze mit der legendären Cruce Andino (Schiff, Bus, Schiff, Bus, Schiff, Bus… für die Abwechselung) überqueren, dort auf den Freiwilligen der 1. Generation, Timon T. treffen und mit ihm den Gipfel des Trenadors erstürmen.
Die Realität: Sah auch ungefähr so aus. Nur mit einigen Schwierigkeiten.
Freitag, 2. April, 8.00
Stehen an dem mit dem Taxi verabredeten Ort an der Straße. Kein Taxi. 15 Minuten bis Abfahrt des Busses der Cruce Andino, die uns jeweils 170€ gekostet hat.
8.05 Das andere Taxiunternehmen sagt, halbe Stunde, bis ein Taxi kommt. Nummer auf Voucher funktioniert nicht, erreichen Touristour nicht. Hm.
8.10 Laufe zurück zum Haus (ca. 5 Min) um Nummer aus dem Internet zu suchen. Funktioniert nicht. Leichte Panik steigt auf.
8.25 Finden heraus, dass man eine Null vorwählen muss. Ah. Dame an Telefon sagt, der Bus sei schon abgefahren und könnte uns auch nicht an der Stelle abholen, an der wir ständen. Wir müssten gucken, wie wir nach Petrohue kommen würden, da würde das Boot dann abfahren. In dem Moment passiert uns der Bus mit fett Turistour und „Cruce Andino“ aufgedruckt. Erzähle das leicht aufgebracht der Dame am Telefon (die zum Glück Englisch spricht), die sagt, wir sollten uns in 2 Minuten am Colegio Aleman einfinden, da würde uns ein anderer Bus abholen. Leider sind es zu Fuß zehn Minuten zum Colegio Aleman.
8.27 Bus nach Petrohue kommt auf uns zu. Halten den an, steigen ein, bezahlen lieber CH$2000 als zu riskieren, 170€ in den Sand zu setzen.
9.15 Sind schon in Ensenada, von hier aus nur noch 15km nach Petrohue. Jetzt kann ja nichts mehr schief gehen, das Schiff fährt um 10.30 ab.
9.30 Haben für die letzten 300m circa 10 Minuten gebraucht, da der Weg sich in Sand verwandelt hat. Hm. Landschaftlich herausragend, müssen noch mal wiederkommen.
9.45 Petrohue erreicht. Whoo-Peeh.
10.00 Mann auf Schiff leicht verwirrt, warum wir nicht mit dem anderen Bus gekommen sind. Hat auch nicht unsere Tickets. Klärt sich aber alles, wir dürfen mitfahren.
10.30-12.30 See. Insel. Vulkan. Insel. MEHR VULKAN. See.
12.30 Ankunft in Puella, wo wir knapp 3 Stunden Aufenthalt haben. Entscheiden uns gegen Actionaufenthalt mit Canopying und für entspannten Aufenthalt mit nicht so überteuert wie gedacht aber trotzdem teuerem Essen. Freunde mich beim Spaziergang mit sämtlichen Katzen der Insel an.
15.30 Weiterfahrt nach … irgendwo hin. Grenzpassierung problemlos. Ansonsten besteht die restliche Überfahrt aus Seen, Bergen, Vulkanen, Wäldern, Schiffen, Bussen.
20.00 Ankunft in Bariloche. Stellen fest, dass unsere Handys nicht funktionieren und wir Timon nicht kontaktieren können. Außerdem ist die Betreuerin der Cruce schockiert, dass wir kein Hotel haben, bei dem sie uns absetzen kann. Sind dann doch eher ungewöhnliche Passagiere.
20.45 Finden ein Locotorio, von dem aus wir Timon erreichen. Der hat am falschen Terminal auf uns gewartet und befindet sich auf dem Heimweg. Verabreden uns für eine halbe Stunde später. Schauen uns so lange Bariloche an. Fazit: Schokolade, Eis, Schokolade, Schokolade, Schokolade, Eis. Herzchenfenster.
21.30 Finden Timon, finden offenen Supermarkt mit Essen, finden ein Taxi für den Heimweg, pure Glückseeligkeit.
Samstag, 3. April 2010
7.00 Stehen gerade auf, als Timon klopft (wohnen in der Wohnung von Lotte, die grad nicht da ist). Pünktlicher Mensch. Zumindest heute.
8.30 Abfahrt zur Pampa Linda, von wo aus unser Trip losgeht.
11.30 Beginn Wanderung, alle noch guter Dinge. Begegnen auf dem Weg circa 5 Gruppen argentinischer Irgendetwas (können so schnell die Mützen nicht lesen). Überlegen, ob die mit dem Hubschrauber, der ständig über uns kreist, hochgebracht werden und jetzt das Bergrunterlaufen lernen müssen (werde diese These infolge des Muskelkaters, den ich mir beim Abstieg zugezogen habe noch einmal in ernsthafte Erwägung ziehen).
13.30 Stellen fest, dass wir anstelle des leichten Wanderwegs Teile des Weges für Autos gegangen sind, der mehr Strecke beinhaltet.
14.30 Beginn Caracoles (sehr steile, kleine Kurven zum hochlaufen). Möchte sterben.
15.00 Fin Caracoles. Habe das Gefühl, drei Stunden da hochgekrochen zu sein.
16.00 Betreten ein Geröllfeld. Weg ist ab hier nicht mehr wirklich erkennbar, orientieren uns an den weiß-roten Punkten, die eigentlich Gelb sein sollten. Weg nach einer Weile wieder erkennbar, führt aber circa 30cm neben einem circa 500m tiefen Abgrund entlang. Endlich Abenteuer.
16.30 Treffen andere Menschen, die auf dem Rückweg sind. Wie auch immer die das bis zur Pampa Linda (nächster Schlafplatz) schaffen wollen, bis die Sonne untergeht. Fragen, wie weit noch bis zum Refugio. Halbe Stunde. Sind also auf dem richtigen Weg.
17.00 Immer noch kein Refugio in Sicht. Dafür muss sich Timon, der seine Erkältung unterschätzt hat, alle paarhundert Meter hinsetzen.
17.30 Ankunft. Habe noch nie ein Haus so heimelig gefunden. Refugio steht direkt neben dem Gletscher, was ziemlich cool ist, im wahrsten Sinne des Wortes. Setzen uns erst einmal hin und beschließen, uns nie wieder zu bewegen.
18.00 Schaffen es, essen warm zu machen (noch nie haben Nudeln so gut geschmeckt). Liefern uns ein Kochduell mit Sandy, einer Amerikanerin, die 1.5 Stunden vor uns angekommen ist (bei gleicher Startzeit). Und alleine den Berg hoch. Verrückte Menschen gibt es. Stellen beim Blick aus dem Fenster fest, dass es noch verrücktere Menschen gibt, die im Zelt direkt neben dem Gletscher schlafen.
19.30 Normalerweise darf man nicht vor 20 Uhr hoch in die Schlafstätten. Timon scheint mit seiner auf dem Tisch schlaf-Aktion aber so viel Eindruck hinterlassen zu haben, dass er jetzt schon darf. Klingt, als würde er in zehn Minuten sterben. Wir beschließen noch ein wenig in der gemütlichen, mit einem Ofen beheizten Bar zu bleiben.
20.00 Freunden uns mit ein paar Argentiniern an, die ihren Wein großzügig mit uns teilen, und versuchen auf Spanglish über kulturelle Unterschiede zu kommunizieren. Scheitert an den unzureichenden Sprachkenntnissen beider Seiten.
21.00 Als der eine Argentinier bei einem Foto darauf besteht, mich zu küssen, beschließe ich, dass es Zeit ist, ins Bett zu gehen.
21.02 Gucke mit Rebecca noch mal romantisch Sterne. Macht doch einen Unterschied, ob man in einer Stadt ist oder im nichts.
21.10 Umziehen wäre zu viel verlangt, die anderen werden morgen genauso riechen wie ich.
Sonntag, 4. April 2010 (Ostersonntag)
08.30 Alle anderen stehen langsam auf, ich auch. Zu hell, zu viel Lärm, muss auf Toilette.
09.00 Frühstück ist super. Dulce de Leche, mehr Dulce de Leche, mehr Dulce de Leche. Mhhh. Und sogar richtiger Kaffee. Timon ersteht von den Toten wieder auf, kann aber nicht sprechen, bis eine Schweizerin ihm Hammerschmerzmittel gibt.Danach ist er wieder top-fit. Ich frage mich, was da drin war.
10.30 Begeben uns zum Gletscher. Meine Kamera fällt aus, die mag die extra 3 Meter Höhe dann wohl doch nicht.
11.30 Abstieg. Begegnen nach ca. einer halben Stunde zwei Menschen, die behaupten, vor zwei Stunden von der Pampa Linda aufgebrochen zu sein. Glaube ihnen nicht, das würde mein Weltbild zerstören und vor allem mein Selbstbewusstsein (zur Erinnerung: haben selber 6 Stunden gebraucht).
13.30 Caracoles sind runter fast noch schlimmer als hoch. Hallo Muskelkater.
15.45 Kommen circa eine Stunde vor Abfahrt an der Pampa Linda an und setzen uns noch ein wenig in die Sonne. Mhhh. Sonne.Wettertechnisch war das Wochenende zumindest nicht zu überbieten.
17.00 Abfahrt. Fünf Leute müssen dagelassen und später geholt werden, weil der Bus zu klein ist. Wir sind es nicht. Busfahrer findet Kurven wohl nur spannend, wenn er sich so richtig reinlegt. Timon schläft erst neben uns, dann kommt ein „Wenn der so weiter macht, übergeb ich mich gleich.“ Suche vorsichtshalber nach einer Plastiktüte, habe aber keine dabei.
18.00 Wechseln den Bus, damit der andere die 5 zurück gebliebenen holen kann. Yay. Viel langsamer geht es jetzt nach unten.
21.00 Steak. Muss ich noch mehr sagen? Ich bin in Argentinien. Übrigens ist jetzt auch Lotte dabei, die aus Buenos Aires zurück gekehrt ist. Yay.Vorher übrigens noch geduscht, traumhaft. Ich rieche wieder gut.
23.00 Schlafen. Diesmal richtig.
Montag, 5. April 2010
08.00 Aufstehen, Frühstück (Bananenmilchshake!) in die Stadt, Bustickets und Schokolade kaufen.
10.00 Schokolade haben wir. Bustickets kann man nur am Busbahnhof kaufen, der 10-15 Minuten vom Zentrum entfernt liegt. Doof. Holen uns lieber erst mal Eis.
11.00 Auf zum Busbahnhof. Bekommen noch ein Ticket, setzen uns mit dem Sandwich etwas weniger idyllisch an die als Müllhalde missbrauchten Bahnschienen in die Sonne. Rebecca überlegt laut, ob sie dem armen weißen Straßenhund ihren Schinken dalassen soll (eigentlich Vegeratierin, wobei das hier doch zwangsweise leidet). Der hat das garantiert gehört und lässt uns nicht mehr in Ruhe.
12.00 Abfahrt. Betreibe interkulturelle Kommunikation mit dem Kind vor mir, indem wir uns gegenseitig die Zunge rausstrecken, „Hola“ zuschreien oder gemeinsam Musik auf der Scheibe und dem Sitz machen. Tauschen gegenseitig die Kekse, die wir als Verpflegung bekommen haben (neben dem Tee im Glas mit Strohhalm….). Muss dann erschrocken die Transformation des Kindes in ein Llama beobachten, während es sich vorbeugt und auf meinen Rucksack spuckt. Soviel andere Kultur muss ich dann doch nicht haben und mag das Kind ab jetzt nicht mehr.
14.00 Grenzübergang Chile. Werden zur Seite genommen und in ein anderes Gebäude gebracht, wo wir zu unserem offiziellen Status in Chile befragt werden, weil wir ein langfristiges Visum haben, aber noch keinen Pass. Löst sich zum Glück auf, sind im System gespeichert, sogar mit Foto. Puh.
14.30 Weiterfahrt. Der Rest verläuft ereignislos, bin um 17 Uhr rechtzeitig zu Hause, um vor dem Abendessen noch zu duschen und Schokoosterhasen zu verteilen.
Und zu guter Letzt: ein Stücken Heimat 😉