Archive for Jul. 2010

Ich, der Baum

Wie immer, wenn Freiwillige gesucht werden, bin ich zur Stelle. Dieses mal handelte es sich um die letzten zwei Schultage, in denen kein regulärer Unterricht statt fand, sondern wir mit der gesamten Schule Allianzen gebildet haben und gegeneinander angetreten sind. Ich war in der Allianz Azul (blau) mit dem Thema Avatar. Während die Schüler sich gegenseitig bemalen, mit möglichst vielen Menschen auf einem Quadratmeter stehen und mit Möbelstücken Musik machen durften, hatten die Lehrer 5 Minuten, für die sie eine Show vorbereiten mussten. Da man beim Dia del Alumno bereits festgestellt hatte, dass meine Talente doch sehr beschränkt sind, habe ich bei einem Tanz den Seelenbaum spielen und rythmisch meine Arme zur Musik bewegen dürfen. Liegt mir, die Rolle, ich werde ab jetzt öfter Baum sein.

Und nun eine kleine Verabschiedung für all meine treuen Leser, die nächsten drei Wochen bin ich in Ecuador und werde danach erst wieder Updates liefern. Wünscht mir Glück ;).

Chiloé in Bildern

Einführung: Vor einiger Zeit haben Rebecca und ich im Parque National Puyehue (siehe hier, wer sich nicht erinnert) eine Familie von Chiloé, einer der größten Inseln Südamerikas, und gleich „um die Ecke“ (4 Stunden Busfahrt) entfernt gelegen, kennen gelernt. Diese haben uns eingeladen, doch bei ihnen in Castro zu wohnen, wenn wir uns die Insel angucken wollen, und wir haben das dann letztes Wochenende auch endlich gemacht. Die Familie, bestehend aus Yasna, Sergio und dem Sohn Nico ist unheimlich unheimlich unheimlich nett und lustig und füttert einen nach chilenischer Sitte bis man platzt. Oder zumindest fast. Hier meine Eindrücke:

Chilenische Küche

Die chilenische Küche lässt sich allgemein als sehr fleischlastig und gewürzlos beschreiben. Klingt vielleicht langweilig am Anfang, hat aber auch sein gewisses Etwas.

Eine normale Hauptspeise besteht aus Fleisch und Beilage (Reis, Kartoffelbrei, Kartoffeln) und zwei Stück Tomaten als Dekoration. Gemüse ist zwar bekannt, aber allgemein nicht so als Beilage anerkannt. An Gewürzen exisiteren hauptsächlich Salz, Pfeffer und Aji (Chilisoße), wozu sich denn mehr Mühe geben? Man erkennt deutlich deutsche Einflüsse hier in der Gegend, insbesondere Kartoffelbrei und Rinderbraten mit Soße sind sehr beliebt.

Süßwaren werden dominiert von Frittiertem in Kombination mit Manjar (Caramalcreme) .

Trotzdem gibt es hier Sachen, die einfach so unheimlich gut schmecken. So ist die Tradition, Palta (Avocado) in Salate, als Butterersatz auf Brot und auf Lomos (also Brot mit Fleisch) zu machen, definitiv sehr lecker, und Manjar bietet eine nette Abwechselung zu den gängigen Süßwaren in Deutschland. Trotzdem wünscht man sich manchmal ein wenig mehr Salatkultur ;). Hier ein paar chilenische Gerichte und Lebensmitte (zum Vergrößern der Bilder bitte drauf klicken):

Curanto – bestehend aus Meeresfrüchten, Fleisch und Kartoffelbrot ist dies eines der traditionellen Gerichte Chiloés und macht nicht nur satt, es macht ungefähr für die nächsten drei Tage satt. Hier das Ergebnis der Zubereitung mit Yasna an meinem Wochenende in Chiloé.

Pichanga – Zum Teilen mit Freunden, am originalgetreusten in einer kleinen Spelunke, die nach Bier riecht. Pommes, Fleisch, Würstchen, eingelegtes Gemüse, Tomaten und Ei auf einem Teller gehäuft, mit Käse überbacken und dann in die Mitte der hungrigen Meute gestellt, die sich ihren Anteil auf ihre Teller füllt und zusammen mit Ketchup und Aji schnell herunterschlingt, um sich noch Nachschlag zu holen. Am besten mit billigen Bier.

Aji – Chilisoße, aber nicht so scharf wie Tabasco.

Empanadas: Bekannt in Chile, Peru, Bolivien, Argentinien: Teigtaschen gefüllt mit Fleisch, Oliven und Ei, manchmal auch mit Käse oder Meeresfrüchten. Diese hier haben wir für Sashas Despedida mit Weißwein, Koreander und Shrimps gefüllt.

Pastel de Choclo: Maisauflauf mit einem Hühnerbein oder einem Stück Schweinefleisch drin.

Cazuela: Eintopf mit Fleisch, Algen und Gemüse, je nach Region unterschiedlich zubereitet.

Chapaleles: Kartoffelbrot mit Schweinespeck, findet man in Curanto.

Completo: Der chilenische Hotdog: Palta (Avocado) und Tomate und Unmengen an Mayonaise. Und einer Wurst, natürlich.

 

Manjar: Wie Nutella nur in Caramel. Hauptzutat von Torten und anderen Backwaren, inklusive Alfajores (südamerikanische Kekse gefüllt mit Manjar).

Sopaipillas Pasadas: Sopaipillas sind prinzipiell frittiertes Brot, als „pasadas“ in Kombination mit einer Fruchtsoße.

Kuchen: Keine Ahnung, wie dieser heißt, aber es ist quasi wie Kalter Hund nur mit Manjar und Sahne zwischen den Keksen. Sehr süß, sehr lecker, am besten, wenn er einen Tag gestanden hat, weil dann die Kekse so richtig durchgezogen sind. Kuchen heißt hier übrigens auch Kuchen, da macht sich wieder der deutsche Einfluss bemerkbar. Einmal im Jahr findet auch ein „Kuchenfest“ statt.

Auswahl an Früchten und Gemüse, die es in Deutschland nicht gibt:

Piniones: Wie Esskastanien auf Mapucheart. (Mapuche sind die Ureinwohner Chiles).

Chirimoya: Nie im Original gesehen, nur als Saft oder Eis gehabt. Schmecken wie sehr süße Bananen

Lukuma: Mit Manjar am besten, sehr merkwürdige cremig-mehlige Konsistenz

Fruta del Diablo (Teufelsfrucht, siehe Bild): Sieht spannender aus, als sie ist. Schmeckt prinzipiell nach Gurke.

Pipino: sieht ebenfalls spannender aus als der Geschmack selber, wie eine sehr wässrige Melone.

Salzige Küsse…

… so hieß der Titel des Buches meiner persönlichen Favoritin beim regionalen Vorlesewettbewerb der Deutschen Schulen Puerto Montt, Punta Arenas, Frutillar und Puerto Varas, den ich am 26. Juni bei uns in der Schule ausgerichtet habe. Natürlich eine von meinen persönlichen Schützlingen – gewonnen hat sie allerdings leider nicht. Und das nach wochenlangem bis 16, 17, 18 Uhr in der Schule bleiben um zu üben, stundenlangens Lippenverdrehen bei dem Versuch, den Buchstaben „ü“ auszusprechen, Verknotete Zungen bei Fischers Fritze, Panikattacken und gemeinsamen Yogasessions nach getaner Arbeit und vor dem Wettbewerb. Nicht einer hat gewonnen, gegen die Allmacht Puerto Montts kamen wir einfach nicht an. 5 der 6 Siege aus den verschiedenen Kategorien gingen an Puerto Montt, einer an Frutillar. Wir sind am Boden zerstört.

Ich hatte trotzdem viel Spaß, das ganze zu organisieren. Bücher gefallen mir nun einmal, und dann die Texte für Schul- und Regionalwettbewerb aussuchen zu dürfen sowie mit den Schülern lesen zu üben war für mich keine Arbeit, sondern purer Spaß. Das hat sicher auch mit an meinen Kleinen gelegen – die waren alle so motiviert, dass ich ihnen den Sieg definitiv gegönnt hätte. Und der größte Vorteil des Ganzen war, dass Caro mit zwei Schülern aus Punta Arenas angereist kam und zwei Nächte bei mir verbracht hat, was wir auch ordentlich mit Pichanga, Pisco-Sourmachen (bzw. aufgrund des mangelnden Sours Pisco-Sour-Washabenwirdennnoch-ahMangosaftkonzentrat – Mango) und Fußballfrühstück am Sonntag gewürdigt haben. Ich durfte bei ihrer Ankunft auch gleich an meinen Krisenmanagementskills arbeiten, da der Taxifahrer, der dort auf sie warten sollte, nicht aufgetaucht ist. Hat aber alles noch geklappt. Auch noch einmal vielen Dank an die Gastfamilien, ihr seit super.

Der Rest des langen Wochenendes bestand dann aus dem autentischsten aller Feste – Festival de Lluvia, wo Rebecca und ich der Regenschirmparade im strömenden Regen ohne Schirm beigewohnt haben, und danach noch endlich mit Gabriel unseren Plan, zum Vulkan Osorno hochzufahren, umgesetzt haben. Vielleicht ist das nicht der allerbeste Plan gewesen, angesichts des Wetters und der Tatsache, dass Gabriels Auto doch recht klein ist (ich war am Freitag davor auch fest davon überzeugt, dass es sich um einen Zweitürer handelt, da ich mir bei der Größe gar nicht vorstellen konnte, dass man da irgendwie vier Türen unterbringen kann. Habe einige komische Blicke geerntet, als ich dann die Vordertür aufgemacht habe und über den vorgeklappten Vordersitz auf den Rücksitz gekrabbelt bin), aber wir hatten viel Spaß, wenn auch nicht gerade das, was man Aussicht oder Entspannung nennen könnte. Effektiv sind wir hochgefahren, zwischenzeitlich aus dem Auto gesprungen (mit Ausnahme von Rebecca, die ihre Schuhe ausgezogen hatte), haben Fotos von Nebel und Sturm und den dahinter versteckten Bäumen gemacht und sind wieder ins Auto gesprungen. Oben beim geschlossenen Café war es dann so windig, dass wir leichte Bedenken hatten, ob der Wagen denn stehen bleiben würde, und sind schnell wieder runtergefahren. Aber immerhin waren wir endlich da.

Und nun möchte ich noch einmal eine originalgetreuer Widergabe einer chilenischen Radioübertragung eines Deutschlandspiels darstellen:

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrSchweinsteiGERrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrLUkasPodolskIIIIIIIrrrrrrrrrrrrrrrrrr

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrALEMANIA!!!!rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrGOOOOOOOLGOOOOOOOOOOOOOOOOOOOLG

OLALEMANIAGANAALEMANIAUNOZEROGOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOLrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrMillERrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

Es folgen diese Woche noch: Eintrag über mein essreiches Wochenende bei einer chilenischen Familie auf Chiloé und endlich der lang erwartete Kocheintrag, inklusive Fotostrecke der Zubereitung eines Curantos. Und Mama, ich muss dir etwas sagen: Ich esse Fisch. Zwar nur Sushi und Lachs, aber es ist Fisch. Ich weiß, dass kommt jetzt als ein Schock für dich. Deine Tochter, die 25 Jahre ihres Lebens die Nase gerümpft hat, wenn auch nur das Wort „Fisch“ fiel, die sich in ihrem Zimmer eingeschlossen hat, wenn ihr Kochfisch in der Küche gemacht habt, die sich in Fischrestaurants eisern durch ihr zähes Wiener Schnitzel gequält hat. Ich essen Fisch. Und was soll ich sagen – eine ganze Tomate roh schaffe ich immer noch nicht, aber so als Beilage ist die gar nicht so schlecht.

Zur Werkzeugleiste springen