Ein Dach für Chile – Entwicklungshilfe auf südamerikanisch

Freiwilligenarbeit bedeutet auch, mal ein Wochenende etwas weniger komfortabel zu verbringen, um etwas Gutes zu tun. In meinem Fall bin ich mit circa 90 Schülern, 10 Lehrern und weiteren 30 der Schule irgendwie verbundenen Leuten im Rahmen einer Aktion von Techo para Chile (für mehr Infos über die Organisation klicke hier) nach Coelemu in der Nähe von Concepción (Los Angeles war dann arg übertrieben als „nah dran“) gefahren, um dort Häuser für Menschen zu bauen, die im Einkommens- und Lebensqualitätsbereich am unteresten Rande der chilenischen Gesellschaft leben. Diese „Häuser“, sogenannte Aquamedias, sind nicht mehr als eine 3x6m große Holzhütte, ohne, dass von uns dann fließend Wasser oder Elektrizität installiert wurde. Und trotzdem sind sie meistens mehr, als die Menschen, die dort einziehen, haben, denn sie haben den Vorteil, dass sie eine Fundation, ein Dach und Wände ohne Löcher besitzen, dementsprechend leichter geheizt werden können sowie Schutz vor fast allen Wetterlagen bieten.

Wir sind also Freitag abend um 19 Uhr an der Schule angekommen. Treffen war eigentlich um 18.30 Uhr, aber ich habe von Marcelo den Tipp bekommen, dass das nur ist, damit dann auch wirklich alle rechtzeitig da sind und dass die Busse erst um 19 Uhr fahren. Sind sie dann auch erst um 20 Uhr, und zwar Richtung Puerto Montt, wo wir auf dem Marktplatz abgesetzt wurden und um 23 Uhr weiterfahren sollten. Sind es dann schon um 22 Uhr, sodass Liska, Marcelo und ich dann ein bisschen rennen mussten, um den Bus noch zu bekommen. Die Nacht hat sich als recht angenehm gestaltet, da die Schüler um 23 Uhr ihre Musik ausgestellt und den Busfahrer darum gebeten haben, doch auch bitte das Licht auszumachen. Um 7 Uhr haben wir dann angehalten, weil eine Brücke gesperrt war, über die wir hätten fahren müssen. Nach einigem Diskutieren haben wir uns dann dazu entschieden zu laufen, während die Busse über die nächste unbeschädigte Brücke gefahren sind, was den Weg um ca. 40km verlängert hat.

In Coelemu angekommen haben wir erst mal die Zimmer in dem Internat, in dem wir geschlafen haben, aufgeteilt, und gefrühstückt und dann auf die Busse gewartet… und gewartet…  und gewartet. Warten war sowieo ein großer Teil dieses Wochenendes. Paula und ich sind in der Zeit ein bisschen spazieren gegangen, nur um festzustellen, dass es in der ganzen Stadt keinen richtigen Kaffee gab, und bei unserer Rückkehr dann, dass die Busse mit dem Gepäck da gewesen waren, nur unseres dann nicht auffindbar war. Am Ende stellte sich raus, dass Marcelo es schon mit hochgenommen hatte. Wir haben dann geflissentlich unsere Techo para Chile Warnweste angezogen (oder als Kopftuch benutzt…) und wieder gewartet, bis wir dann nach ca. 2 Stunden in Gruppen aufgeteilt wurden, wieder warten durften, und dann losgefahren sind, um anzufangen, Häuser zu bauen (natürlich erst, nachdem die Busse total überfüllt waren, wir einen dritten dazu nehmen mussten und das die Abreise wieder um 30 Min verspätet hat). Meine Gruppe war am Meer in einem kleinen Dorf eingesetzt, dass zur Hälfte vom Tsunami weggeschwemmt worden ist. Die andere Hälfte wurde von einigen Dorfbewohnern dann ausgeraubt und ohne Essen und Geld zurück gelassen. Als wir das gehört haben, waren wir dann alle auch erst mal eine Weile still, bis wir angekommen sind. Die Bewohner konnten am Anfang nicht glauben, dass wir ohne Bezahlung helfen würden, als sie es dann aber doch taten, sind sie gleich los und kamen mit Sopaipillas (in Fett gebackenes Brot, am besten mit Manjar), etwas zu Trinken und gekochten Eiern zurück. Die Fundation des Hauses zu legen stellte sich als langwieriger heraus, als erwartet, mehr haben wir dann auch nicht geschafft (zumal wir erst mal den Abhang ebnen mussten). Als wir zum Bus zurück sind, meinte der Fahrer, sein Bus sei voll, der andere würde an einer Stelle, deren Position keiner kannte, stehen. Wir also wieder losgelaufen, inzwischen war es stockduster und keine wusste wohin. Wie durch ein Wunder haben wir dann aber nach 15 Minuten Umherirren den anderen Bus gefunden.

Im Internat gab es sogar wider erwarten lauwarmes Wasser, sodass man doch duschen konnte. Die Mädels, in deren Zimmer ich Aufsichtsperson war, waren auch muy responsable, und haben, nachdem sie mich mit Keksen gefüttert haben, um 23 Uhr das Licht ausgemacht, ohne dass ich etwas sagen musste. So große Autorität genieße ich schon, dass sie meine Gedanken lesen können. Sehr schön, sehr schön.

Am nächsten Tag mussten wir dann um 6 Uhr aufstehen, alle Sachen packen, in einem großen Zimmer sammeln, frühstücken, und dann wieder warten. Ich habe die Gruppe gewechselt und in der Stadt mitgeholfen, weil ich bereits früher abfahren musste. Ich wollte nach Santiago, um meinen Flug zum Zwischenseminar in Buenos Aires zu bekommen. Effektiv konnte ich dann auch nur eine Stunde mithelfen. Schade.

Ich möchte hier die Organisation Un Techo para Chile auf keinen Fall schlecht machen, sie existiert schon seit Jahren und hat diesem Land große Dienste erwiesen. Aber dieses Wochenende hätte doch ein kleines Tickchen organisierter sein können. Nur ein kleines. Ich hatte trotzdem unheimlich viel Spaß, es tut gut, auch mal was zu erschaffen, was man später sehen und mit Händen anfassen kann. Auch wenn ich es nie bis zu einem ganzen Haus geschafft habe.

Und nun noch zu der lustigen Seite meines Freiwilligendienstes: Den Freitag vor Abreise war Dia del Alumnos, d.h. ab 11.10 Uhr haben die Schüler zusammen gefrühstückt (einen „Berlin“ – Berliner mit Manjar gefüllt und mit weniger fluffigem Teig, aber der Puderzucker ist trotzdem drauf, damit man die schwarzen Klamotten auch schön schmutzig machen kann…) und die Lehrer ab ca. 11.45 Uhr sich in der Sporthalle zum Affen gemacht. Ich durfte das schon früher, um 10.30 Uhr haben die Grundschullehrerinnen für die kleineren eine extra-Veranstaltung gemacht und ich war in dem Theaterstück eine Sumsebiene, die lieber Honig suchen als Musik machen wollte (hallo Hollywood). Später gab es dann noch die besagten heißen Latina-Tanzkunststücke, die ich mit einer Gruppe von Lehrerinnen zum Besten gegeben habe. Die anderen Lehrer haben dann Clowns, Boxer und Liebespaare gespielt und am Ende sind wir alle in dem weltberühmten Chor der deutschen Schule Puerto Varas aufgetreten und haben das Lied Kuckuck zum Besten gegeben. Natürlich bin ich zu der Gegenveranstaltung, Dia de Profes, nicht mehr da, da darf dann meine Nachfolgerin die Früchte meines Erfolges ernten. Aber ich bin dafür, dass die Schüler sich schon mal zum meinem Geburtstag nächste Woche ein paar Sachen überlegen. Und dass wir solche Tage auch in Deutschland einführen, es hat doch unheimlich viel Spaß gemacht. (Fotos folgen, meine Kamera…)

Der nächste Eintrag dann über Buenos Aires, Zwischenseminar, und das Wunder, wie man mit weniger als drei Stunden Schlaf pro Nacht trotzdem mehrere Tage überleben kann.

Kommentare nicht möglich.

Zur Werkzeugleiste springen