Archive for Apr. 2010

… zur gegenseitigen Befruchtung: Fachleitertagung 2010

Letzte Woche durfte ich endlich mal wieder Großstadtluft schnuppern und eine Woche an der Fachleitertagung der Deutschen Schulen Chiles 2010 teilnehmen. Meine Betreuerin (gleichzeitig auch die Fachleiterin dieser Schule) konnte aufgrund zu hoher Unterrichts- und Organisationsbelastung nicht hinfahren. Da die Schule sich aber bemüht, sich wieder mehr in den Kreis der deutschen Schulen Chiles zu integrieren, wurde ich hingeschickt. Natürlich gleich verbunden mit dem Kompliment „So jung, und schon Fachleiterin!“ Hab ich natürlich gerne geschmeichelt entgegengenommen. Mit meinen 8 Stunden Unterricht, die ich hier gebe, bin ich im Vergleich zu den lokalen Lehrkräften mit 30-40 Stunden schon ein wichtiger Bestandteil dieser Schule *hust*.

Die Tagung selber war sehr produktiv – neben organisatorischen Dingen wie der B1-, B2- und C1-Prüfungen (die allesamt nicht an unserer Schule angeboten werden) gab es auch Einblicke in neue Unterrichtsmethoden wie das Projektlernen und in die Umsetzung des Rahmenplans für DaF. Besonders interessant für mich war der Montag, an dem wir die Grundlagen des kompetenzorientierten Deutschunterrichts erlernt haben. Prinzipiell wirklich alles sehr hilfreich, vor allem im Bereich des sozialen Lernens, nur eine Sache hat es für mich dann doch wieder zu pädagogisch gemacht: Nach der nachmittäglichen Kaffeepause mussten wir uns zu zweit Rücken an Rücken stellen und dann mit unserem Rücken kommunizieren, wie wir den Workshop bis dahin fanden. Manchmal ist nonverbal nicht unbedingt besser – oder ernster.

Ich musste auch feststellen, dass ich bereits die allbekannte „Ich-weiß-alles“-Einstellung von Lehrpersonen eingenommen habe, sodass mir die Gruppenarbeit mit zwei Kollegen, bei der wir eine Erörterung zum Thema „Megastädte“ schreiben mussten, doch etwas schwerer fiel. Soviel zur erfolgreichen Umsetzung von sozialem Lernen.

Einige Anekdoten noch aus den Sprüchen und Taten meiner Kollegen:

Über Heinrich von Kleist, „Das Erdbeben von Chili“ – „Der Mann hatte eine sozial sehr niedrige Stellung – er war nämlich Lehrer.“

Bei der Vorstellung der Serie „Die Deutschen“ für den Unterrichtsgebrauch wurde auf wundersame Art und Weise „Die Deutschen und der Sex“ ausgewählt. An den katholischen Schulen darf das aber nicht gezeigt werden ;).

Statt „zu Hause“ wurde „zu Essen“ gelesen – im Einklang mit den alle 1.5-2 Stunden stattfindenen Pausen

Ansonsten – ich wollte aus Santiago gar nicht mehr weg. Ich habe bei der liebsten alten Dame gewohnt (die lustigerweise jetzt in Hamburg ist), die sich so nett um mich gekümmert hat. Die Wohnung lag außerdem in Vitacura / Las Condes, einer der schönsten Stadtteile Santiagos – und einer der deutschesten, mit der deutschen Botschaft, der Clinica Alemán und dem deutschen Sportclub Manquehue. Der Clinica Alemán habe ich dann auch gleich einen Besuch abgestattet, da ich gestürzt bin und mein Knie wieder dick angeschwollen war. Da haben sich dann aber auch die Grenzen der deutschen Blase gezeigt, ich habe mit Mühe einen Arzt auftreiben können, der Englisch sprach (den ich dann aber besser auf Spanisch verstanden habe…). Der hat mich gleich wegen Verdacht auf Miniskusanriss in den Kernspin gesteckt, was mich süße 580€ (inklusive Besprechung) gekostet hat. Ich habe aber nur eine Disfunktion der Kniescheibe, was zu der erneuten Schwellung geführt hat. Sehr gut, ich habe mir schon Horrorgeschichten ausgedacht, wie ich in Chile operiert werden muss und dann den Krankenschwestern und Pflegern nicht mitteilen kann, dass ich auf Paracetamol allergisch bin und dann elend an einem Kreislaufzusammenbruch verrecke, weil es mir intravenös gegeben wurde. Oder so. Vielleicht hatte ich auch einfach nur Angst vor einer OP.

Andere tolle Sachen, die ich erlebt habe, beinhalteten ins Kino gehen (das nächste hier ist in Puerto Montt, da kommt man so schlecht nach Hause danach), mit Lisa (CBD-Praktikantin) eine Fotosession auf dem Santa Lucia zu machen, in einem englischen Second-Hand-Buchladen ein Buch für nur CH$6000 (knapp 9€) aufzutreiben – hier in Chile gibt es eine Büchersteuer, sodass Bücher, insbesondere ausländische, über meinem Budget liegen – sowie  den San Cristobal besteigen und meine deutsche Blase zu erweitern – ich habe dort auch wieder zwei Deutsche kennen gelernt, von denen der eine Professor an der Catholica arbeitet und bin mit denen noch gut chilenisch essen gegangen (danke für’s Ausgeben ;)).

Ich überlege gerade, ob auch wirklich alle verstehen, was ich mit „Deutscher Blase“ meine. Nämlich nicht mein Organ, sondern die Situation, wenn man im Ausland nur mit Deutschen abhängt.

Allgemein hat mich die Lautstärke vielleicht ein bisschen gestört, dafür war die Stadt aber so lebhaft, und vor allem auch so sonnig (auch wenn die Bewohner meinten, dass jetzt der Herbst kommen würde) dass ich nur mit Widerwillen in den Bus nach Puerto Varas zurück gestiegen bin…

Aber, was soll’s, da bin ich wieder, und so schlimm ist es auch nicht. Nur rieche ich nach zwei Tagen in der WG schon stark nach dem Holzofen, mit dem da geheizt wird. Angeblich eine sehr chilenische Erfahrung.

Was sehr schade ist – und zu dem Thema Santiago und Kleinstadt passt – Javiera, eine Musiklehrerin in meinem Alter, hat gekündigt und geht wieder zurück nach Santiago zu ihrer Familie. Konnte es hier alleine nicht aushalten. Heute geht es zu ihrem Geburtstag und zum Abschied noch mal Pichanga essen.

 

Massensterben der Insekten und ein laufender Tisch des Todes

So, da bin ich wieder, zwar ein wenig verschnupft, und Schlaf könnte ich auch mal wieder gebrauchen (das wird in circa 2 Stunden aber auch dann umgesetzt) aber abgesehen davon frohen Mutes :).Ich habe jetzt meinen chilenischen Pass: Zwar nur für Extranjeros und begrenzt bis zum 13.11.2010 (diese 248 Tage Visumsdauer habe ich auch bis jetzt noch nicht verstanden), aber immerhin. Jetzt brauche ich nicht jedes mal meinen Reisepass mitnehmen, wenn ich die Grenze überquere.

Samstag ziehe ich um, in eine Art WG-Hostel (also eigentlich sind alle, die da wohnen, ständige Bewohner…), ganz zentral gelegen – und neben Liska – in ein kleines nettes Zimmer ganz oben mit zwei Betten, ohne Schrank und Tisch, aber dafür kann ich halt Besuch empfangen. Und wohne nicht im Keller. Nachdem ich ja erwartet hatte, dass es sich in einer Kleinstadt als schwierig gestalten würde, etwas WG-mäßiges zu finden haben sich dann doch dank Freunden, Spanischlehrern und Kollegen recht viele Optionen aufgetan. .

Ansonsten werde ich von Sonntag bis Samstag oder Sonntag in Santiago auf der Fachleitertagung sein, worauf ich mich schon riesig freue, weil die Themen sich sehr interessant anhören, ich noch mal was anderes sehe und vielleicht sogar noch Sonne abbekomme. Vielleicht bleibe ich einfach da. OK, gelogen, ich fühle mich hier inzwischen so richtig wohl. Die Nettigkeit der Leute ist dann doch unübertroffen. Nicht nur wird man hier als Deutsche nicht komisch angeguckt und entweder als Nazi, starr oder sehr ordentlich angesehen, sondern alle sind stolz auf ihre deutschen Wurzeln und integrieren das fröhlich in ihren Alltag („Kuchen“ gibt es, und es gibt auch Sauerkraut – heißt allerdings „Chucru“ und mit „chucru“ wird auch alles bezeichnet, was man als Deutsch einstufen könnte). Auch wenn alles, was nach außen „Deutsch“ aussieht innen meistens sehr chilenisch ist (man nehme nur meine Schule oder das deutsche Krankenhaus…). Außerdem wird man einfach sofort in die Gemeinschaft integriert. Wie gesagt, tausende von Angeboten, dass ich bei dem Onkel von dem Freund von der Schwester oder so ähnlich wohnen könnte. Und als ich mich Samstag mit Rebecca und Carolina (einer Lehrerin aus Frutillar, die hier wohnt) bei der Schule treffen wollte und losgelaufen bin, wurde ich nach circa 200m von Nachbarn, die ich nicht wirklich kannte, eingesammelt und mitgenommen.

Um auf die Titel des Eintrags einzugehen: Gestern haben wir eine beunruhigende Geschichte über einen Tisch, der als Todesbote dient, von Alex, unserem Spanischlehrer gehört. Wir machen gerade Landeskunde und gehen von Norden nach Süden. Oben im Norden, in einem kleinen 50-Leute-Dorf neben den Vulkanen -also quasi im Nichts – gibt es eine Kirche, in der ein Tisch an den Altar gebunden ist. Das ist so, weil dieser Tisch früher nachts immer in der Stadt rumgelaufen ist, und die Person, die ihn gesehen hat, ist dann gestorben. Ich hatte ja schon seit dem Lied „Dusche“ von Farin Urlaub eine gewisse Abneigung gegenüber Möbelstücken, und die hat sich jetzt noch einmal um 100% verstärkt. Ergo das Zimmer mit den zwei Betten und ohne Schrank und – natürlich – Tisch.

Was noch auf jeden Fall erwähnenswert ist (ihr seht, heute mal wieder kein Thema sondern das allgemeine: mir geht’s super, hättet ihr das auch mal gemacht, ne? Kleiner Spaß.) , ich war letztes Wochenende auf einer Carrete (also Spaß haben mit Freunden, so Ausgehen oder zusammen essen oder so). Freitag sind wir Pichanga mit Kollegen essen gegangen (siehe Essenseintrag, der hoffentlich noch folgt, besteht aber aus Pommes, Fleisch, Ei, Gemüse, Käse… fettig, lecker, wie alles hier) und Samstag waren dann Michel, Javiera, Rebecca, Maria-José und ich in Puerto Montt, ein bisschen exessiver carreten :D. EIGENTLICH wollte Michel auf ein Heavy Metal-Konzert. Wir sind aber vorher noch in eine Restobar gegangen, wo später Salsa angeboten wurde und als sich dann rausgestellt hat, dass das Konzert CH$2000 kosten sollte (umgerechnet 3€… aber hier wohl viel) hat sich Javiera geweigert, und wir Mädels sind alle zurück in die Bar getingelt während Michel alleine auf das Konzert gegangen ist. Salsa wird hier wohl verbunden mit vorheriger Karaoke, bei der man, wenn man singt, einer anderen Person einen Getränkegutschein zukommen lassen kann (quasi schon mal vorher Tanzpartner finden…). Rebecca hat dann dank blonder Locken auch gleich so einen bekommen – bzw. dank uns, die wir alle hinter ihrem Rücken auf sie gezeigt haben. Also mit „so einem“ meine ich Gutschein UND Tanzpartner natürlich. Nachdem der Salsalehrer dann noch eine Vorführung mithilfe einer Plastikpuppe hingelegt hat (wir wollen jetzt mal nicht auf irgendwelche Vorlieben schließen) ging’s auch los, ich habe mich auch auffordern lassen und viel getanzt. Ist dann nach einer Weile auch eher zu Gruppentanzen geworden als zu Partnertanz (ich habe meinen Partner sowieso nicht verstanden) und Javiera und Maria-José haben zum Amusement unserer Umstehenden – und ihrem eigenen – versucht, Rebecca und mir chilenische Tanzformen beizubringen. Bin jetzt voll die Latina. Oder so.

So. Mehr dann nach Santiago. Nur noch ein rätselhaftes Phänomen: Als ich heute nachmittag von der Schule zum Haus der Izzos gelaufen bin, lagen am Straßenrand in einem Abstand von jeweils 10m tote Bienen, Wespen und Hummeln. Ich glaube, der Tisch war hier.

Hat jemand von euch den Weg gesehen? – Abenteuer Bariloche, diesmal richtig

Der Plan: 2 Freiwillige aus Chile (Rebecca D. und Sonja L.) wollen die argentinische Grenze mit der legendären Cruce Andino (Schiff, Bus, Schiff, Bus, Schiff, Bus… für die Abwechselung) überqueren, dort auf den Freiwilligen der 1. Generation, Timon T. treffen und mit ihm den Gipfel des Trenadors erstürmen.

Die Realität: Sah auch ungefähr so aus. Nur mit einigen Schwierigkeiten.

Freitag, 2. April, 8.00

Stehen  an dem mit dem Taxi verabredeten Ort an der Straße. Kein Taxi. 15 Minuten bis Abfahrt des Busses der Cruce Andino, die uns jeweils 170€ gekostet hat.

8.05 Das andere Taxiunternehmen sagt, halbe Stunde, bis ein Taxi kommt. Nummer auf Voucher funktioniert nicht, erreichen Touristour nicht. Hm.

8.10 Laufe zurück zum Haus (ca. 5 Min) um Nummer aus dem Internet zu suchen. Funktioniert nicht. Leichte Panik steigt auf.

8.25 Finden heraus, dass man eine Null vorwählen muss. Ah. Dame an Telefon sagt, der Bus sei schon abgefahren und könnte uns auch nicht an der Stelle abholen, an der wir ständen. Wir müssten gucken, wie wir nach Petrohue kommen würden, da würde das Boot dann abfahren. In dem Moment passiert uns der Bus mit fett Turistour und „Cruce Andino“ aufgedruckt. Erzähle das leicht aufgebracht der Dame am Telefon (die zum Glück Englisch spricht), die sagt, wir sollten uns in 2 Minuten am Colegio Aleman einfinden, da würde uns ein anderer Bus abholen. Leider sind es zu Fuß zehn Minuten zum Colegio Aleman.

8.27 Bus nach Petrohue kommt auf uns zu. Halten den an, steigen ein, bezahlen lieber CH$2000 als zu riskieren, 170€ in den Sand zu setzen.

9.15 Sind schon in Ensenada, von hier aus nur noch 15km nach Petrohue. Jetzt kann ja nichts mehr schief gehen, das Schiff fährt um 10.30 ab.

9.30 Haben für die letzten 300m circa 10 Minuten gebraucht, da der Weg sich in Sand verwandelt hat. Hm. Landschaftlich herausragend, müssen noch mal wiederkommen.

9.45 Petrohue erreicht. Whoo-Peeh.

10.00 Mann auf Schiff leicht verwirrt, warum wir nicht mit dem anderen Bus gekommen sind. Hat auch nicht unsere Tickets. Klärt sich aber alles, wir dürfen mitfahren.

10.30-12.30 See. Insel. Vulkan. Insel. MEHR VULKAN. See.

12.30 Ankunft in Puella, wo wir knapp 3 Stunden Aufenthalt haben. Entscheiden uns gegen Actionaufenthalt mit Canopying und für entspannten Aufenthalt mit nicht so überteuert wie gedacht aber trotzdem teuerem Essen. Freunde mich beim Spaziergang mit sämtlichen Katzen der Insel an.

15.30 Weiterfahrt nach … irgendwo hin. Grenzpassierung problemlos. Ansonsten besteht die restliche Überfahrt aus Seen, Bergen, Vulkanen, Wäldern, Schiffen, Bussen.

20.00 Ankunft in Bariloche. Stellen fest, dass unsere Handys nicht funktionieren und wir Timon nicht kontaktieren können. Außerdem ist die Betreuerin der Cruce schockiert, dass wir kein Hotel haben, bei dem sie uns absetzen kann. Sind dann doch eher ungewöhnliche Passagiere.

20.45 Finden ein Locotorio, von dem aus wir Timon erreichen. Der hat am falschen Terminal auf uns gewartet und befindet sich auf dem Heimweg. Verabreden uns für eine halbe Stunde später. Schauen uns so lange Bariloche an. Fazit: Schokolade, Eis, Schokolade, Schokolade, Schokolade, Eis. Herzchenfenster.

21.30 Finden Timon, finden offenen Supermarkt mit Essen, finden ein Taxi für den Heimweg, pure Glückseeligkeit.

Samstag, 3. April 2010

7.00 Stehen gerade auf, als Timon klopft (wohnen in der Wohnung von Lotte, die grad nicht da ist). Pünktlicher Mensch. Zumindest heute.

8.30 Abfahrt zur Pampa Linda, von wo aus unser Trip losgeht.

11.30 Beginn Wanderung, alle noch guter Dinge. Begegnen auf dem Weg circa 5 Gruppen argentinischer Irgendetwas (können so schnell die Mützen nicht lesen). Überlegen, ob die mit dem Hubschrauber, der ständig über uns kreist, hochgebracht werden und jetzt das Bergrunterlaufen lernen müssen (werde diese These infolge des Muskelkaters, den ich mir beim Abstieg zugezogen habe noch einmal in ernsthafte Erwägung ziehen).

13.30 Stellen fest, dass wir anstelle des leichten Wanderwegs Teile des Weges für Autos gegangen sind, der mehr Strecke beinhaltet.

14.30 Beginn Caracoles (sehr steile, kleine Kurven zum hochlaufen). Möchte sterben.

15.00 Fin Caracoles. Habe das Gefühl, drei Stunden da hochgekrochen zu sein.

16.00 Betreten ein Geröllfeld. Weg ist ab hier nicht mehr wirklich erkennbar, orientieren uns an den weiß-roten Punkten, die eigentlich Gelb sein sollten. Weg nach einer Weile wieder erkennbar, führt aber circa 30cm neben einem circa 500m tiefen Abgrund entlang. Endlich Abenteuer.

16.30 Treffen andere Menschen, die auf dem Rückweg sind. Wie auch immer die das bis zur Pampa Linda (nächster Schlafplatz) schaffen wollen, bis die Sonne untergeht. Fragen, wie weit noch bis zum Refugio. Halbe Stunde. Sind also auf dem richtigen Weg.

17.00 Immer noch kein Refugio in Sicht. Dafür muss sich Timon, der seine Erkältung unterschätzt hat, alle paarhundert Meter hinsetzen.

17.30 Ankunft. Habe noch nie ein Haus so heimelig gefunden. Refugio steht direkt neben dem Gletscher, was ziemlich cool ist, im wahrsten Sinne des Wortes. Setzen uns erst einmal hin und beschließen, uns nie wieder zu bewegen.

18.00 Schaffen es, essen warm zu machen (noch nie haben Nudeln so gut geschmeckt). Liefern uns ein Kochduell mit Sandy, einer Amerikanerin, die 1.5 Stunden vor uns angekommen ist (bei gleicher Startzeit). Und alleine den Berg hoch. Verrückte Menschen gibt es. Stellen beim Blick aus dem Fenster fest, dass es noch verrücktere Menschen gibt, die im Zelt direkt neben dem Gletscher schlafen.

19.30 Normalerweise darf man nicht vor 20 Uhr hoch in die Schlafstätten. Timon scheint mit seiner auf dem Tisch schlaf-Aktion aber so viel Eindruck hinterlassen zu haben, dass er jetzt schon darf. Klingt, als würde er in zehn Minuten sterben. Wir beschließen noch ein wenig in der gemütlichen, mit einem Ofen beheizten Bar zu bleiben.

20.00 Freunden uns mit ein paar Argentiniern an, die ihren Wein großzügig mit uns teilen, und versuchen auf Spanglish über kulturelle Unterschiede zu kommunizieren. Scheitert an den unzureichenden Sprachkenntnissen beider Seiten.

21.00 Als der eine Argentinier bei einem Foto darauf besteht, mich zu küssen, beschließe ich, dass es Zeit ist, ins Bett zu gehen.

21.02 Gucke mit Rebecca noch mal romantisch Sterne. Macht doch einen Unterschied, ob man in einer Stadt ist oder im nichts.

21.10 Umziehen wäre zu viel verlangt, die anderen werden morgen genauso riechen wie ich.

Sonntag, 4. April 2010 (Ostersonntag)

08.30 Alle anderen stehen langsam auf, ich auch. Zu hell, zu viel Lärm, muss auf Toilette.

09.00 Frühstück ist super. Dulce de Leche, mehr Dulce de Leche, mehr Dulce de Leche. Mhhh. Und sogar richtiger Kaffee. Timon ersteht von den Toten wieder auf, kann aber nicht sprechen, bis eine Schweizerin ihm Hammerschmerzmittel gibt.Danach ist er wieder top-fit. Ich frage mich, was da drin war.

10.30 Begeben uns zum Gletscher. Meine Kamera fällt aus, die mag die extra 3 Meter Höhe dann wohl doch nicht.

11.30 Abstieg. Begegnen nach ca. einer halben Stunde zwei Menschen, die behaupten, vor zwei Stunden von der Pampa Linda aufgebrochen zu sein. Glaube ihnen nicht, das würde mein Weltbild zerstören und vor allem mein Selbstbewusstsein (zur Erinnerung: haben selber 6 Stunden gebraucht).

13.30 Caracoles sind runter fast noch schlimmer als hoch. Hallo Muskelkater.

15.45 Kommen circa eine Stunde vor Abfahrt an der Pampa Linda an und setzen uns noch ein wenig in die Sonne. Mhhh. Sonne.Wettertechnisch war das Wochenende zumindest nicht zu überbieten.

17.00 Abfahrt. Fünf Leute müssen dagelassen und später geholt werden, weil der Bus zu klein ist. Wir sind es nicht. Busfahrer findet Kurven wohl nur spannend, wenn er sich so richtig reinlegt. Timon schläft erst neben uns, dann kommt ein „Wenn der so weiter macht, übergeb ich mich gleich.“ Suche vorsichtshalber nach einer Plastiktüte, habe aber keine dabei.

18.00 Wechseln den Bus, damit der andere die 5 zurück gebliebenen holen kann. Yay. Viel langsamer geht es jetzt nach unten.

21.00 Steak. Muss ich noch mehr sagen? Ich bin in Argentinien. Übrigens ist jetzt auch Lotte dabei, die aus Buenos Aires zurück gekehrt ist. Yay.Vorher übrigens noch geduscht, traumhaft. Ich rieche wieder gut.

23.00 Schlafen. Diesmal richtig.

Montag, 5. April 2010

08.00  Aufstehen, Frühstück (Bananenmilchshake!) in die Stadt, Bustickets und Schokolade kaufen.

10.00 Schokolade haben wir. Bustickets kann man nur am Busbahnhof kaufen, der 10-15 Minuten vom Zentrum entfernt liegt. Doof. Holen uns lieber erst mal Eis.

11.00 Auf zum Busbahnhof. Bekommen noch ein Ticket, setzen uns mit dem Sandwich etwas weniger idyllisch an die als Müllhalde missbrauchten Bahnschienen in die Sonne. Rebecca überlegt laut, ob sie dem armen weißen Straßenhund ihren Schinken dalassen soll (eigentlich Vegeratierin, wobei das hier doch zwangsweise leidet). Der hat das garantiert gehört und lässt uns nicht mehr in Ruhe.

12.00 Abfahrt. Betreibe interkulturelle Kommunikation mit dem Kind vor mir, indem wir uns gegenseitig die Zunge rausstrecken, „Hola“ zuschreien oder gemeinsam Musik auf der Scheibe und dem Sitz machen. Tauschen gegenseitig die Kekse, die wir als Verpflegung bekommen haben (neben dem Tee im Glas mit Strohhalm….). Muss dann erschrocken die Transformation des Kindes in ein Llama beobachten, während es sich vorbeugt und auf meinen Rucksack spuckt. Soviel andere Kultur muss ich dann doch nicht haben und mag das Kind ab jetzt nicht mehr.

14.00 Grenzübergang Chile. Werden zur Seite genommen und in ein anderes Gebäude gebracht, wo wir zu unserem offiziellen Status in Chile befragt werden, weil wir ein langfristiges Visum haben, aber noch keinen Pass. Löst sich zum Glück auf, sind im System gespeichert, sogar mit Foto. Puh.

14.30 Weiterfahrt. Der Rest verläuft ereignislos, bin um 17 Uhr rechtzeitig zu Hause, um vor dem Abendessen noch zu duschen und Schokoosterhasen zu verteilen.

Und zu guter Letzt: ein Stücken Heimat 😉

Hat jemand von euch den Weg gesehen? – Abenteuer Bariloche

… ja, da dürft ihr mal gespannt sein. Entgegen meiner großzügigen Versprechungen von vorhin gibt es heute doch noch keinen Blogeintrag über mein wildes Wochenende (ich sage nur: drei Freiwillige. Eine Berghütte.), da ich es in meinem 10 Stunden Arbeitstag und 2 Stunden Lernen mit Gastbruder nicht mehr über mich gebracht habe, mich noch lange literarischen Ergüssen hinzugeben. Ich berufe mich hierbei auf das südamerikanische Motto „Mañana“ und belege damit meine endgültige Integration in diese entspannte Gemeinschaft.

Que lindo día

Sooo, diesmal ein Eintrag ohne ein einziges  Thema, sondern mit mehrern. Erst mal: mein Wochenende.

Ich war mit Rebecca im Nationalpark Puyehue (einen chilenischen Peso für denjenigen, der das auf den ersten Blick richtig ausspricht, ausgenommen Mapuche und Chilenen natürlich). Der liegt ca. 100km nördlich von uns und enthält – welch Überraschung – Vulkane und Seen. Idyllisch. Wir sind Freitag losgefahren, Rebecca aus Puerto Montt, ich aus Puerto Varas, und in Osorno haben wir uns getroffen und sind umgestiegen. Der Lonely Planet sagt „I don’t remember anyone ever saying anything good about this town.“ Ich denke, dass sie lügen. Also wunderschön ist sie nicht, aber sehr chilenisch. Man merkt, dass es hier wenig Touristen gibt, die Stadt ist sehr lebhaft, hat viele Geschäfte, einen kleinen Markt mit allen möglichen Sachen und Menschen, die auf dem Plaza de Armas sitzen. Als Europäerin fällt man dann nämlich doch auf. Hier haben wir kurz eingekauft und dann einen der Kleinbusse nach Entre Lagos genommen, eine Stadt ca. 40km vor dem Nationalpark am Lago Puyehue. Im Nationalpark selber kann man nämlich nur in Aguas Calientes bleiben, und da das nur aus einigen Cabanas, zwei Restaurants, einer geschlossenen Touristeninformation und den besagten Aguas Calientes (heiße Quellen) besteht, sind die Preise dementsprechend und wir als arme Freiwillige wollten uns das nicht leisten.

In Entre Lagos haben wir also ein nettes Cabana für uns gefunden, sogar meiner persönlichen Überzeugung entsprechend: Solarkollektoren auf dem Dach, hinweise zu ökologischem Verhalten und am Samstag abend haben sie an der „Hora de Planeta“ teilgenommen und für eine Stunde den Strom ausgemacht. Entre Lagos könnte man als ausgestorben bezeichnen – wir waren die einzigen Touristen. Bezeichnend war, als wir abends nach Hause liefen und auf dem Spielplatz eine Schaukel quietschenderweise hin- und herschwang, wir hätten uns da auch in einem billigen Thriller oder Horrorfilm befinden können. Dementsprechend waren wir die Attraktion der Stadt und wurden immer freundlich gegrüßt. Dummerweise stellte sich heraus, dass keines der Restaurants offen hatte, also haben wir an dem lokalen Schnellimbis einen „Berlines“ (eher so Kürbisbrot mit Vanillefüllung) und eine chilenische Waffel (Blätterteig mit Kokos und Dulce de Leche) gegessen. Nescafé gab es auch, aber ohne Milch, dafür meinte die Dame es gut und hat mir Zucker in rauhen Mengen da rein getan. Beim Spazierengehen dann das Highlight meines Wochenendes: Mini-Molli!!!! Meine Katze hat sich reinkarniert oder geklont oder was auch immer, auf jeden Fall saß eine kleinere Version von ihr auf einem Hof, bewacht von einem bösartigen Hund, der mich sie nicht mitnehmen lassen wollte. Rebecca muss jetzt auch sonstwas von mir denken, die nächste halbe Stunde habe ich komische Laute von mir gegeben und gequietscht.

Beim Abendessen kochen mussten wir dann feststellen, dass Salz doch zu den wichtigeren Gewürzen zählt. Nun gut. Wir sind dann früh ins Bett (nachdem uns das chilenische Fernseheprogramm nicht so zugesagt hat) und haben offiziell unser erstes kleineres Erdbeben miterlebt (wobei ich im Halbschlaf dachte, Rebecca würde unruhig schlafen, wir hatten ein Doppelbett).

Am nächsten morgen im Nationalpark waren wir mit einem anderen Touristen die ersten in Aguas Calientes, nur um festzustellen, dass die Touristeninfo für das Wochenende geschlossen hatte und keine Karten über die Wanderwege ausgehängt waren. Ausgeschildert waren sie aber, also haben wir die gängigen gemacht (am Schönsten immer noch der verlängerte 350m-Wanderweg zu der lokalen Picknickarea). Die Wälder sind schon beeindruckend – Regenwälder, die ganzen Bäume mit Moos behangen, riesige Farne, teilweise kommt kaum Licht durch und alles wirkt sehr gespenstisch. Auf der Wanderung zu dem Aussichtspunkt auf den Vulkan (den wir mal wieder nicht erreichten, weil die Beschilderung … mäßig und der Weg dann irgendwann wasserüberflutet war) haben wir noch eine Familie aus Castro auf Chiloé getroffen, die uns freundlicherweise eingeladen hat, bei ihnen zu bleiben, wenn wir dort hinfahren.

Abgeschlossen haben wir den Tag dann mit den obligatorischen Aguas Calientes, wobei das in der Sonne ganz schön warm war. Man konnte, wenn man wollte, sich in den Fluss abkühlen gehen, wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich nur bis zu einem Baumstamm gewatet bin, auf den ich mich dann gesetzt habe. Übrigens hatten schönstes Wetter dieses Wochenende. So kann das jetzt das halbe Jahr bleiben ;).

Sonntag sind wir dann nach Puerto Montt gefahren, weil der Tag doch eher wolkenverhangen und regnerisch war und man im Nationalpark nicht mehr so viel machen konnte (außer ein paar mehrere-Tage-Wanderungen, die uns aus Zeitmangel dann ja doch verwehrt blieben). Hier habe ich dann die schockierende Entdeckung gemacht, dass ich all die Jahre etwas Falsches unter typischem deutschen Essen verstanden habe. So ist es nicht so etwas wie Schweinebraten, oder Kohl & Pinkel, nein, nein. Deutsche essen Burger. In dem Fastfood-Restaurant mit dem authetentischen Namen „Fritz“ konnte man sich an der traditionellen Deutschen Küche, wie z.B: den „Bremen-Italiano“ Burger laben. Ja Mensch. Hab ich dann auch gleich mal gelassen und mir lieber chilenisches Fastfood geholt, also Completo (der chilenische Hot-Dog mit Tomaten, Avocado und Mayonaise) und Empanadas.

Soviel zu unserem Ausflug. Allgemein geht es mir mit meiner Schulsituation besser – ich nehme jetzt Montags immer an einer Folklorestunde teil und mache mich neben den Schülern beim Gitarrespielen zum Affen. Außerdem habe ich mit meiner Betreuerin gesprochen und werde jetzt bei „Kino in der Schule“ mithelfen, den Austausch mitbetreuen und die deutsche Version der Homepage machen, bzw. updaten. Yay. Ich habe jetzt auch meine 8. Klasse, die doch ein sehr hohes Sprachniveau haben und mit denen man gut arbeiten kann (auch wenn sie zum Teil ins Englische zurück fallen, aber somit haben wir die erste offizielle plurilinguale Klasse von Chile, was definitiv meinen Fachdidaktikdozenten an der Uni gefallen würde).

Außerdem habe ich jetzt Spanischunterricht, zusammen mit Rebecca und Julian, einem Schüler aus der 10. Klasse, der auch für ein halbes Jahr hier ist. Alex, der Lehrer, ist sehr lustig und lebhaft, gestern mussten wir Ostereier suchen (aber als Professionelle deutsche Ostereiersucher war das natürlich kein Problem). Er ist auch einer der Chilenen, die ich verstehe, hurray.

Dieses Wochenende ist übrigens Semana Santa (Ostern. Und jetzt nicht von dem Ausdruck „Semana“, also Woche, verwirren lassen, wir haben nur einen Tag frei) und ich werde von Freitag bis Montag in Bariloche sein, mit Rebecca Timon besuchen und wandern gehen. Ich habe gehört, da soll es Seen und Vulkane geben, das lass ich mir natürlich nicht entgehen. Danach ist dann auch die Zeit umgestellt, wir werden dann also 6 Stunden voneinander entfernt sein.

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