Die Busse und das Wetter
Auf Regen folgt Sonnenschein folg Regen folgt Sonnenschein folgt… manchmal auch bewölkter Himmel. Manchmal. Und manchmal kann an einem ganz einfachen, sonnigen Tag, auch plötzlich für eine Stunde Nebel auftauchen, ohne das man es bemerkt, bis es zu spät ist.
Busfahren ist hier etwas ganz Besonderes. Zum einen ist es viel persönlicher, da man in sehr kleinen Bussen fährt, rausgelassen wird, wo man möchte und wenn man die Letzte im Bus ist, kann es schon mal passieren, dass der Busfahrer einen kleinen Schlenker macht und einem noch einmal die Sehenswürdigkeiten des Ortes zeigt, zu dem man gerade unterwegs ist (zum Glück hat Frutillar nicht so viel zu bieten, außer der Strandpromenade und einem deutschen Museumsdorf, also bin ich trotzdem mit nicht allzugroßer Verspätung angekommen).
Wenn wenig Leute im Bus sind, fahren die Busfahrer meistens ganz langsam an der Straße entlang und hoffen, dass noch ein Passagier auftaucht. Wenn sie denken, dass du mitfahren wollen könntest, winken oder rufen sie dir auch zu, und du musst dann den Zeigefinger heben und (gefühlt) tadelnd winken, wenn du nicht mitmöchtest, sonst sind sie enttäuscht. Es kann auch passieren, dass der Busfahrer eben fünf Minuten anhält, um auf dem Dorffernseher mitzuverfolgen, wer denn jetzt das Fußballspiel gewinnt.
Dafür gibt es auch keine richtigen Haltestellen – bzw. es gibt sie, sie sind gebaut, aber meistens halten die Busse ganz woanders (in Mirador, wo ich am Anfang bei meiner Betreuerin gewohnt habe, musste man von der Bushaltestelle noch mal ca. 200m weiterlaufen, weil diese Haltestelle gar nicht angefahren wurde)
Auf der anderen Seite ist es hier auch wesentlich spannender, Bus zu fahren, weil man nie so genau weiß, ob man denn jetzt auch wirklich da ankommt, wo man will. Letzten Samstag waren Rebecca und ich unterwegs nach Las Cascadas. Am Tag vorher noch bei Sonnenschein und 25°C den See genossen, also positiv gestimmt, das konnten auch ein paar kleinere Wolken nicht verhindern. Nach Las Cascadas kommt man von Frutillar (das ca. 20km nördlich von Puerto Varas auf der Westseite des Sees liegt), wo ich bei Rebecca übernachtet hatte, über Puerto Octay, von wo man einen Bus dahin nimmt. Dachten wir. Erst mal mussten wir in Frutillar Alto, wo uns ihr Gastvater hingefahren hat (Rebecca wohnt in Bajo), feststellen, dass der nächste Bus 1.5 Stunden später fuhr. So weit, so gut. Der Busfahrer nach Puerto Octay meinte, dass in Puerto Octay keine Busse nach Las Cascadas fahren würden, während der gute Mensch von der Bushaltestelle meinte, doch doch, nur von einem anderen Unternehmen (hier gibt es ca. 20 verschiedene Busunternehmen mit verschiedenen Strecken und Busarten).
Wir sind also auf gut Glück losgefahren. In Puerto Octay, wo es inzwischen nieselte, sagte man uns, wir müssten entweder ganz nach Osorno (1.5 Stunden hin) fahren und von dort aus nach Las Cascadas (ca. 1.5 Stunden wieder zurück) oder wir müssten den Bus nach Osorno nehmen, an einer Kreuzung ca. 10 Minuten von der Stadt entfernt (oder auch 20, wenn der Busfahrer wieder die Ich-Fahre-Langsam-Für-Mehr-Passagiere-Taktik einsetzt) aussteigen und dort auf den Bus von Osorno nach Las Cascadas warten, der aber regelmäßig führe und mehr als eine halbe Stunde müssten wir nicht warten. Haben wir also gemacht, zwischendurch ist auch wieder die Sonne rausgekommen, großer Erfolg. An der Haltestelle hat noch ein Chilene mit uns gewartet, wir waren also guter Dinge, auch, als es zu regnen anfing. Nach einer 3/4 Stunde meinte Rebecca „und es hat sich auch noch so richtig schön eingeregnet“ mit dem Effekt, dass die Sonne wieder rauskam, gefühlte 20°C. Kein Bus. Also doch, circa 4 Busse in der Zeit, aber alle zurück nach Puerto Octay. Aus Richtung Las Cascadas kam keiner, was uns daran zweifeln ließ, dass wir es überhaupt noch zurück schaffen würden. Nach circa 1 1/4 Stunde haben wir aufgegeben und sind mit dem nächsten Bus nach Puerto Octay zurück gefahren.
Dort mussten wir wieder 1.5 Stunden auf den nächsten Bus warten, und haben in der Zeit den Ort angeguckt. Ausgestorben ist hier genau das richtige Wort, wir sind auf der Straße genau 3 Leuten begegnet, noch nicht einmal die sonst allgegenwärtigen Straßenhunde schien es dort zu geben. Der schöne Aussichtsplatz kurz überhalb der Stadt war nicht lohnenswert, da es innerhalb von 15 Minuten wieder anfing zu regnen. Wir haben uns dann standesgemäß in das Restaurant „Las Bavarias“ gesetzt (das einzige, was einigermaßen offen und sauber erschien, es war auch das einzige mit Gästen – einer Familie) gesetzt und zu mittag gegessen (Polloüberraschung (aka „Ich weiß, dass es Geflügel ist, aber den Rest versteh ich nicht“) von der Karte und Rebecca einen „Completo“, also einen chilenischen Hot Dog (mit Tomaten und Avocado) – also keine deutsche Küche, wie der Titel des Restaraurants vermuten ließ, sondern chilenische. Auch gut.
Als wir zum Bus mussten, fing es wieder an zu regnen, und zwar in Strömen, mit richtig dicken Tropfen. Am Busbahnhof wussten wir dann auch, wo alle anderen Leute der Stadt waren: hier. Wollte wohl keiner in der Stadt bleiben.
Noch eine Besonderheit: Colectivos, wie ich sie aus Peru und Bolivien kenne (also Kleinbusse) heißen hier ganz normal „Bus“. Als „Colectivos“ dagegen bezeichnet man Taxis, die eine bestimmte Strecke fahren und dabei bis zu 4 Personen bei einem Tarif von C$400 (etwas mehr als 50 cent) mitnehmen. Das erste Mal, dass ich so eins genommen habe, war eher Zufall. Ich habe auf den Bus von Mirador nach Puerto Varas Centro gewartet und dabei Leute angesprochen, ob das wirklich die Haltestelle sei (siehe oben, warum). Die meinten jaja, winkten so ein Colectivo ran, haben mich mit reingeschubst und los ging die Fahrt. Wenn ich irgendwann mal nicht mehr schreiben sollte (also nie nie wieder), dann ist so eine Sache mal nicht gut gegangen. So habe ich aber einfach etwas dazu gelernt. Die Colectivos erfüllen außerdem noch die Funktion von Taxis, d.h. für einen teureren Preis kann man überall damit hinfahren, wo man will, und dann muss man auch niemand anderes mitnehmen. Es lebe die Flexibilität.
Gut, von der philosophischen Seite betrachtet magst du damit vielleicht Recht haben :D.
Ach, das mit dem Ankommen wird völlig überbewertet – der Weg ist das Ziel! 😉
@Nico: bis auf das nicht-ankommen ^^… aber den Rest werde ich schon vermissen
@Timon: Hab dir grad ne Mail geschrieben 🙂
@Nico: Oh ja!
@slox: Wann kommt ihr denn dann hier an, mal vorsichtig gefragt? Oder soll ich dir besser mal meine Handynummer zukommen lassen?
…wenn man es erst einmal verstanden hat, das Transportwesen da, klingt es verlockent und schreit fast nach einem germanischen Pendant! 😉