Cusco, Santa Teresa & Machu Picchu – Reisebericht Teil 2/4

Dies ist Teil 2 eines mehrteiligen Reiseberichts.
Zu Teil 1 über Puno, den Titicaca-See und die Islas de los Uros gelangt ihr hier.
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Cusco & die Kultur der Inka:
Cusco ist eine wunderschöne Stadt, dessen Atmosphäre mich/uns wirklich sofort gepackt hat. Trotz des hohen Touristenaufkommens besitzt die ehemalige Inka-Hauptstadt noch unglaublich viel Authentizität: Durch die schönen alten Häuserfassaden, ihrer riesigen Fundgrube für andinischen Schmuck und (Handwerks-)Kunst mit ihren bunten Farben und Figuren, nicht zuletzt aber auch durch die Energie ihrer Einwohner. Man wird überall mit einer unglaublichen Warmherzigkeit empfangen und versinkt immer wieder in den wunderschönen Inszenierungen aller möglichen Festlichkeiten. Denn solche scheint es irgendwie immer zu geben und die damit verbundenen Paraden, andinische Musik, Tanz und Feuerwerke versprühen eine derartige Atmosphäre, dass sich Einwohner wie Touristen gleichermaßen in die Ära des Inka-Reiches versetzt fühlen. Vielleicht konnte ich mich auch gerade deshalb für die Inka mehr begeistern, als ich das jemals für irgendeine andere Bevölkerungsgruppe oder antike Kultur konnte. Fest steht: der Grundglaube, die Symbole, ganz besonders aber das kulturelle Vermächtnis der Inka ist unglaublich faszinierend! Je mehr die Menschheit über die Inka lernt, desto mehr festigt sich der Eindruck, dass sie vermutlich eine der erfolgreichsten und am weitesten entwickelten Kulturen aller Zeiten waren – gesellschaftlich, politisch und wissenschaftlich. Wären da also nicht ausgerechnet die Spanier gewesen, die irgendwann für den Untergang des Inka-Reiches (mit)verantwortlich waren, hätte dieses vermutlich noch lange Bestand gehabt.
Die Inka glaubten an sehr wenig. Sie lebten vorrangig in Einklang mit der Natur und die einzige wirkliche Wahrheit für sie bildeten Sonne, Mond und Sterne, die für sie in den Figuren von Pachamama (Mutter), Pachapapa (Vater) und Hijo (Sohn) verkörpert wurden.
Das wahrscheinlich zentralste Symbol der Inka-Kultur bildet dabei das Chakana, oder auch Andenkreuz. Es fasst in einem einzigen Symbol die gesamte Ideologie des Inka-Glaubens zusammen. Der Kreis in der Mitte bezeichnet die Erde und seine Natur als Ganzes, so wie sie von Pachamama, Pachapapa und Hijo geschaffen und gelenkt wird. Die insgesamt 12 Stufen des Kreuzes lassen sich in 4 Gruppen einteilen, die jeweils für 3 zentrale Leitfäden und Symbole der Inkas stehen: Die drei Symboltiere Kondor, Puma und Schlange, die man als Motive überall wiederfindet. Die drei mit den Tieren verbundenen Reiche des Himmels, der Erde und der Unterwelt. Die Bewohner dieser Reiche in Form der Götter, der Menschen und der Toten, die die Inka besonders verehrt haben. Und zuletzt die 3 Inka-Tugenden des Strebens nach Wissen, des Fleißes und der Ehrlichkeit.
Diese „Dreifaltigkeit“ (wenn man sie denn im Bezug auf die Inka so nennen will, da diese sich eigentlich von Religion abgrenzten) taucht immer wieder in allem auf, was die Inka geschaffen haben: Kunst, Literatur, Gesellschaft, Architektur, Wissenschaft – eigentlich ihr ganzes Leben drehte sich im Wesentlichen um die Zahl 3 und die Zyklen und Konstellationen von Sonne, Mond und Sternen, den drei einzigen transzendenten Kräften, an die die Inka geglaubt haben.

Nervenkitzel Ziplining in Santa Teresa:
Während unserer Weiterreise nach Machu Picchu machten mir zunächst Halt im tropischen Santa Teresa. Schon allein die vierstündige Fahrt in einem 20-Mann-Kleinbus von Cusco aus war (wenn auch ruckelig) extrem beeindruckend. Der fließende Übergang vom Hochland in den Regenwald sorgte für Blicke über tolle Landschaften und Naturspektakel, so dass wir zum Beispiel zum Ende hin die Serpentinenstraßen dem Sonnenuntergang entgegen gefahren sind, während unter uns dicke Nebelschwaden in den Tälern hindurch flossen.
Angekommen in Santa Teresa, suchten wir uns dort schnell ein Hostel und verbrachten eine Nacht in einem tollen Zimmer mit Dachterasse inklusive dem, was man nun mal bei einem kleinen Dorf wie Santa Teresa als „Blick über die Dächer der Stadt“ bezeichnen kann.

Am nächsten Morgen wurden wir dann, nach einem kurzen Frühstück an einem zur Straße geöffneten Kiosk, von den Veranstaltern von Cola de Mono abgeholt. Dabei handelt es sich um eine Agencia, die Abenteuer-Touren anbietet, eben so wie die, die wir für heute gebucht hatten: Ziplining! Heißt also für uns: insgesamt sechs Stahlseile mit einer Gesamtlänge von über 2 Kilometern, die bis zu 100 Meter hoch über die Täler des Regenwalds gespannt sind. Mithilfe einer Art Klettergeschirr kann man sich in diese einhängen und mit einer Maximalgeschwindigkeit von 60 km/h bis zu 800 Meter weit über die Baumkronen hinweg sausen.
Erstmal war man ein wenig perplex, als wir die erste und angeblich kürzeste und niedrigste Seilbahn sahen, zu denen uns viele Superlative, außer eben diese beiden, eingefallen wären. Doch schon nachdem man diese passiert hatte und merkte, was für ein unglaubliches Gefühl es war, so frei hängend über den Boden zu fliegen, ließ man alle anfänglichen Ängste hinter sich. Und so fingen wir an, während der nächsten Seilbahnen den Nervenkitzel und das unwirkliche Gefühl von Freiheit auf die Spitze zu treiben und auch mal horizontal oder sogar kopfüber die Schluchten zu überqueren.
Und wenn man gerade mal nicht am Stahlseil hing, hatte man Gelegenheit, die kleinen Klettereinlagen zur nächsten Station oder dort angekommen die wunderbare Aussicht über die umliegende saftig-grüne Landschaft zu genießen.
Und leider ist dann somit auch schneller als erhofft die letzte Seilbahn passiert, der Abstieg zum Camp bewältigt und das Geschirr wieder abgelegt.

Wanderung nach Aguas Calientes / Machu Picchu:
Noch bis Hydroeléctrica bewegte sich unsere ganze Gruppe mit dem Auto, bevor wir dann unser gesamtes Gepäck schulterten und von hier aus die nächsten zweieinhalb bis drei Stunden dem Pilgerweg nach Aguas Calientes folgten, der letzten Stadt am Fuße des Machu Picchu. Die Schienen der Inka-Rail Lokomotive, die sich ihren Weg durch den Regenwald bahnen, führten uns durch unglaubliche Landstriche, vorbei an kleinen Dörfern, verlassenen Dschungel-Ruinen, atemberaubenden Panoramas und rauschenden Flüssen und Wasserfällen. Ich kam einfach nicht mehr aus dem Staunen raus und tatsächlich redeten wir während der fast 3 Stunden kaum ein Wort. Ich kann es nicht viel besser erklären, als dass ich einfach nur komplett bei mir war – im Hier und Jetzt! Und egal, wie schnulzig und abgedroschen das klingen mag: genau so war es – und zwar stärker als ich das jemals zuvor empfunden habe! Ich habe mich immer nur auf den nächsten Schritt und den nächsten Atemzug konzentriert, mit dem ich all das in mir aufnahm, was sich um mich herum aufbäumte. Allein deswegen würde ich jederzeit wieder den Weg nach Machu Picchu erneut zu Fuß antreten und auch ein jedem diese Variante empfehlen, der einen Besuch der Ruinen plant.

Und so sehr, wie man nun einmal im Moment lebt, ist man fast überrascht, wie unangekündigt plötzlich hinter einer Kurve die Stadt von Aguas Calientes vor einem aufragt. Diese Stadt ist auch hinsichtlich ihres Ambientes etwas ganz besonderes: Durch die Lage am Berg sehr vertikal gebaut, eng gedrungene Gassen, durch die sich große Treppen schlängeln, die Stadt zur einen Richtung geteilt durch einen reißenden Fluss, zur anderen durch die Schienen des einzigen Verkehrsmittels, mit dem man die Stadt erreichen kann. Keine Fahrzeuge auf den Straßen und bei Nacht erleuchtet alles in den buntesten Farben, wie eine kleines Bündel kleiner Lichter, das inmitten des Regenwalds, umgeben von mächtigen Bergen, vor sich hin leuchtet. Tatsächlich konnten wir auch in der kurzen Zeit, in der wir uns dort aufhielten, eine riesige Hochzeits-Parade miterleben, bei der minutenlang gefühlt sämtliche Einwohner des Dorfes geschmückt mit Blumen und andinischen Narren-Masken in einer Gasse an uns vorbei tanzten. Insgesamt erinnerte mich die Stadt irgendwie an eine Art Altstadt z.B. von Venedig – nur eben mit einer etwas höheren Luftfeuchtigkeit…

Machu Picchu:
Und nun sind wir bei der wahrscheinlich bekanntesten Sehenswürdigkeit und damit einem Emblem von Peru angelangt: Machu Picchu! Oder genauer gesagt, bei den Ruinen der Inka-Stadt von Machu Picchu. Der Name, übersetzt aus Quechua, der Sprache der Inka, bedeutet nämlich so viel wie „Alter Gipfel“ (im Kontrast zum anliegenden Berg Huayna Picchu = Junger Gipfel) und bezieht sich somit eigentlich auf den Berg, auf dessen Spitze die bekannten Ruinen zu besichtigen sind. Als wir pünktlich um 5 Uhr morgens am Fuße eben dieses alten Gipfels standen, um direkt bei Öffnung der Pforten den Aufstieg über zweieinhalb Tausend Stufen und 400 Höhenmeter anzutreten, hatten wir vermutlich die romantische Vorstellung, oben angekommen, direkt schon inmitten der Ruinen zu stehen und am besten noch den Sonnenaufgang genießen zu können. Dementsprechend kamen wir uns schon ein wenig betrogen vor, als wir nach ca. 80 absolut schweißtreibenden Minuten oben ankamen und uns in die selbe Schlange einzureihen hatten, wie all diejenigen, die gemütlich mit dem Bus oben ankamen. Aber was soll man bei einer derartigen Attraktion machen, die trotz oder gerade wegen ihres Status als UNESCO-Weltkulturerbe einen derartigen Andrang genießt.
Abgesehen davon hätten wir den Sonnenaufgang wohl eh nicht miterleben können, da während der ersten Stunden unserer (spanischsprachigen) Führung die Ruinen noch in dickem Nebel lagen. Dafür war aber der Aha-Effekt umso größer, als dieser sich wenig später lichtete und man förmlich zuschauen konnte, wie sich langsam die Ruinen in ihrer vollen Pracht zeigen, um einen herum die imposanten Berge aufragen und man sich erstmals der Ausmaße der Landschaft bewusst wird, die man von diesen luftigen Höhen aus überblicken kann. Gerade diese langsame Öffnung des Vorhangs wird mir immer als einer der beeindruckendsten Momente in Erinnerung bleiben, die ich je miterlebt habe!

Und während der folgenden Tour durch die Ruinen all das Wissen über die Inka zu vertiefen, das wir uns schon in Cusco angeeignet hatten, war auch extrem interessant und abermals beeindruckend. Die Struktur der Stadt verrät einen viel über das Leben der Inka und die Tatsache, wie gut ihre Gesellschaft funktioniert hat. Für abschließbare Türen gab es keine Verwendung, weil Habgier, Neid, oder überhaupt die derartige Bedeutung von Besitz quasi nicht existent waren. Gebäude, Felder, Tempel sind alle nach den Zyklen der Sonne gebaut, so dass zum Beispiel am längsten Tag des Jahres die Sonne genau so zum zentralen Sonnentempel steht, dass durch seine drei Fenster das Licht auf den Altar fällt und den Tempel hell erleuchtet. Und für den kürzesten Tag des Jahres gibt es am andere Ende der Stadt einen Fels, der ein halbes Andenkreuz beschreibt, das aber exakt an diesem Tag durch den Schatten, der durch die Sonne geworfen wird, komplettiert wird. Bausteine für Gebäude wurden wie Legosteine gemeißelt, dessen weibliche und männliche Endstücke genau ineinander passen, um stabile Bauwerke in Rekordtempo zu errichten. Und auch die natürlichen Fels-Ressourcen wurden effektiv benutzt, für überdimensionale Figuren der Symboltiere wie z.B. des Kondors oder für Wasserbecken, in denen sich die Sterne für angewandte Astronomie und Astrologie spiegeln konnten.
All das sind nur ein paar Beispiele der interessanten Fakten, die zeigen, wie fortgeschritten die Inka in vielerlei Hinsicht ihr Reich führten.

Dies war Teil 2 von 4 des Reiseberichts.
Den nächsten Teil über Copacabana, die Isla del Sol & Isla de la Luna findet ihr hier.
Zu den über 200 Fotos der gesamten Tour geht es hier.

3 Gedanken zu „Cusco, Santa Teresa & Machu Picchu – Reisebericht Teil 2/4

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