Arequipa & Colca Canyon – Reisebericht Teil 2/3

Dies ist Teil 2 eines mehrteiligen Reiseberichts.
Zu Teil 1 über Islas Ballestas und Oase von Huacachina gelangt ihr hier.
Durch Klick auf die Bilder in diesem Beitrag gelangt ihr zu deren Großansicht.

Arequipa
Bisher war ich der Überzeugung gewesen, Cusco sei für mich die schönste peruanische Stadt – hat ihre Atmosphäre mich doch über die sehr touristische Auslegung hinweg sehen lassen. Doch jetzt, da ich Arequipa kenne, muss ich eingestehen, dass sich diese Stadt mindestens Platz 1 teilt. Denn auch, wenn die Inka-Aura hier weniger zu spüren ist, so fehlen eben dafür die Massen an Touristen und die entsprechenden Schuhputzer, Bauchladenverkäufer und Masseusen, die einem ihre Dienstleistungen teilweise wortwörtlich unter die Nase reiben.
Arequipa ist eine unglaublich ruhige und herzliche Stadt und erinnerte nicht nur wetter-technisch an eine schöne Metropole Südeuropas. Tatsächlich weiß man nicht, in welches Land genau man sich jetzt am ehesten versetzt fühlt… Da gibt es verträumte Cafés in süd-französischen Innenhöfen, prunkvolle Kolonialkirchen auf nord-spanischen Plätzen, blumen-überwucherte Balkons in italienischen Gässchen und bunte, eng gedrungene Wohnhäuser hinter griechischen Marmor-Torbögen… Von einer Szenerie stolpert man in die nächste und lediglich die drei die Stadt umzingelnden Vulkane erinnern einen wieder daran, dass man sich eigentlich im peruanischen Hochland befindet.

Na gut, nicht nur die Vulkane. Denn trotz des Kolonial-Einflusses ist Arequipa immer noch eine peruanische Stadt und das Leben, dass die Straßen füllt, lässt einen das auch wissen. Nur deshalb habe ich mich auch in die Stadt so verlieben können, denn ohne ihre peruanischen Wurzeln wäre Arequipa austauschbar – eine Stadt mit vielen Gesichtern aber ohne Herz. Dem ist aber zum Glück nicht so! Eben dieses peruanische Herz schlägt und pumpt Herzlichkeit und buntes Treiben in die Inka-Märkte, durch die Mercados und auf die weißen Plätze und Straßen Arequipas. Energie, die einen mitreißt – dabei aber wesentlich laid-back, ruhiger und nicht so extrovertiert, wie es Cusco mit seinen unzähligen Feiern, Tänzen und Feuerwerken tut.

Zum Großteil nutzten wir die die 3 Tage Arequipa für den waschechten Urlaubs-Modus, bevor die Tour etwas strammer werden sollte. Das strahlende Sommerwetter kam für mich hier ähnlich unerwartet wie in Huacachina, diesmal insbesondere aufgrund der Höhe von über 2.300 Metern, was eigentlich sogar noch ziemlich tief ist, im Vergleich zu den drei erwähnten Vulkanen Picchu Picchu (5665m), Misti (5822m) und Chachani (6057m)!
Nachdem ich die letzten schätzungsweise drei Monate unter der Winter-Wolkenglocke von Lima verbracht und so schnell nicht mehr damit gerechnet hatte, richtiges Tageslicht zu sehen, war es wie eine Offenbarung, auf dem Liegestuhl die durch die Höhe sehr starke Sonne zu ernten.
Eben das taten wir in unserem wunderschönen Hotel mit antikem, wiedermal sehr französischem Finish, dessen Dachterasse sich für eben genanntes Brutzeln grandios eignete! Und sobald die Sonne unterzugehen drohte, ging es ans Karten Spielen bei Blick über die Dächer der Stadt und ein, zwei lokalen Bier.

Kinder-Mumie Juanita:
Auch wenn das Kulturprogramm wie gesagt eher kurz kam, so besuchten wir dennoch eine bildende Attraktion, die auch definitiv eine Empfehlung wert ist!
Im Museo Santuarios Andinos kann man einen der wichtigsten archäologischen Funde Amerikas bestaunen – die Mumie des jungen Inka-Mädchens Juanita (oder auch Jungfrau aus dem Eis), die als Menschenopfer auf dem Gipfel des Berges Ampato etwa im Jahre 1450 getötet und begraben wurde. Sie wurde 1995 auf einer Expedition des Gipfels unter der Leitung von Johan Reinhard entdeckt und zählt zu den am besten erhaltenen Mumien aller Zeiten. Die Mumie selbst, sowie Funde organischer und künstlicher Güter aus der Inka-Zeit, die mit ihr im Zusammenhang stehen, wurden über die Jahrhunderte im Eis konserviert und brachten durch ihren vergleichsweise makellosen Zustand die Ahnenforschung des südamerikanischen Kontinents bedeutende Schritte weiter. Nach Untersuchung in den USA und eine kleine Tour durch National Geographic Ausstellungen in aller Welt ist Juanita letztendlich wieder in Arequipa gelandet. Jetzt liegt sie tiefgekühlt in einer Dunkelkammer des Museums unter Leitung der Universidad Católica de Santa Maria, die sehr preiswerte Führungen durch die bedeutsamen Glasvitrinen organisieren.
Ich bin definitiv kein Museums-Fanatiker, jedoch hat es dieses hier geschafft, mich zu fesseln. Es ist wirklich beeindruckend, WIE gut die Funde tatsächlich erhalten sind: gigantische Tonkrüge mit vollständig erhaltenen Malereien auf der Oberfläche und Gras-Sandalen, dessen Halme selbst nach fast 600 Jahren immer noch leicht grün schimmern. Welche Schlüsse die Forscher aus den Funden über das Leben, den Glauben und die Mentalität der Inka ziehen können, ist auch extrem aufschlussreich, sollte aber etwas sein, was ihr euch nicht hier, sondern bei eurem eigenen Besuch in Arequipa anhören solltet. Für ein paar Soles, die direkt in die Forschung der Universität fließen, taucht ihr ein in das Inka-Reich des 15ten Jahrhunderts, wie ihr es kaum woanders tun könntet!

Colca Canyon
Wenn es um Rekorde geht, ist damit auch immer eine Definitionsfrage verbunden. Gerade wenn es um Naturphänomene geht, so hat man das Gefühl, dass ganze Ranglisten einfach erfunden werden, um einfach nur auf irgendeiner aufzutauchen. So ist es auch beim Colca Canyon und selbst nach 3 Tagen, die wir uns mit ihm beschäftigt haben, bin ich mir immer noch nicht sicher, nach welchen Argumenten er jetzt der tiefste, breiteste, schönste oder doch nur zweitplatzierteste Canyon der Welt ist… Fest steht, er ist tief! Zumindest EINER der tiefsten Canyons, das kann man wohl behaupten, um die besagte Definitionsfrage zu umgehen…
Für 2 Tage ging es für uns von Arequipa aus im Kleinbus über die Serpentinenstraßen durch die Schluchten und Dörfer des geologisch „jungen“ (100 Millionen Jahre) Colca-Tals. Der Informations-Input war dabei so hoch, dass ich hier mit gutem Gewissen nur einen Bruchteil dessen wiedergeben kann/will, was wir während dieser Tour von unserem sehr engagierten Guide gelernt haben. Daniel, Professor für Anthropologie, Geschichte und Umwelt bewies den vollen Umfang seiner Weisheit in langen aber spannenden Monologen und versteckte dabei auch nicht seinen extremen Stolz über seine kulturellen Wurzeln der Inka, die auch über das Colca-Tal lange Zeit herrschten. Diese interessante Mischung aus aktueller politischer Lage und der Zeitreise in Geschichte und Tradition seiner peruanischen Ahnen machte nicht nur unserem Guide selbst, sondern auch uns Zuhörern Spaß, weswegen ich auch eine wärmste Empfehlung ausspreche, eine solche Tour selbst zu erleben, wenn ihr in der Gegend seid!
Das Colca-Tal ist eine wunderschöne Landschaft, die mit wenigem zu vergleichen ist, was man auf dem amerikanischen Kontinent findet. Natürlich wird der Grand Canyon immer im selben Atemzug genannt, nicht unwesentlich, weil es eben diese beiden Täler sind, die sich in Sachen Tiefe ständig um Gold und Silber streiten. Abgesehen aber von den trockenen Statistiken, bin ich mir sicher, dass das Colca-Tal seinen ganz eigenen Charme hat – auch ohne den Grand Canyon selbst je besucht zu haben… Denn die Provinz-Dörfer wie Chivay, die wir passierten und die gerade um diese Zeit mit Festzügen zur Feier der Schutzheiligen Santa Rosa de Lima entzückten, reißen einen auf eine ganz andere Weise mit, als reine Felsformationen. Aber auch diese Zeugnisse Millionen Jahre langer Wind-Korrosion bieten ein wunderschönes Landschafts-Panorama – zusammen mit den zahllosen Terrassen für Landwirtschaft, die als letztes Relikt davon erzählen, dass die Inka einmal diese Täler bevölkert haben.
Unsere Nacht verbrachten wir in einem wunderschön gelegenen Hotel namens Casa de Mama Yacchi im Dorf von Coporaque. Neben eines sehr schmackhaften Buffets mit gegrilltem Alpacca zum Empfang und einem grandiosen Frühstück mit Getreiden und anderen Lebensmitteln aus der Region, konnte diese Herberge vor allem mit ihrem Satz an Hängematten überzeugen. Den Sonnenuntergang zwischen den Bergen des Colca Canyons so zu beobachten, während freilaufende Alpaccas neben einem friedlich das Gras stutzen: das war schon peruanische Entspannung besonderer Klasse!

Am zweiten Tag der Tour ging es dann zunächst wieder mit dem Kleinbus, schließlich aber zu Fuß durch weitere malerische Landschaften. Endziel sollte der Aussichtspunkt für die Beobachtung der Andenkondore werden. Wer sich an meine Aufzeichnungen zur Inka-Kultur erinnert, weiß, dass der größte Greifvogel der Welt ein zentrales Symboltier für den Glauben der Inka und damit indirekt ein Nationaltier von Peru darstellt. Und gerade der Colca Canyon ist berühmt dafür, Heim für eine ganze Sammlung prächtiger Kondore zu bieten. Wir hatten tatsächlich auch das nötige Glück, gleich eine zweistellige Zahl an Exemplaren anzutreffen, die vor den Klippen der Aussichtspunkte kreisten. Die eleganten Tiere bei ihren Gleitflügen zu beobachten (die eine Länge von bis zu 5km ohne Flügelschlag erreichen können), war hypnotisierend genug, um über die extremen Massen an Touristen hinweg zu sehen, die einem hier und da die Sicht ein wenig erschwerten.
Nach einem weiteren kleinen, aber trotzdem dank der Höhe recht anstrengenden Aufstieg zurück zum Bus sollte sich unsere kleine aber beeindruckende Tour auch dem Ende zu neigen. Während unserer Fahrt zum Endziel Puno am Titicacasee bescherte uns unser Führer Daniel noch mit letzten weisen Worten, die sehr zu unserer Tour durch das Naturphänomen Colca Tal passten: „Sobald wir glauben, die Natur beherrschen zu können, sind wir verloren. Die Kräfte und Magie der Natur stehen immer über uns.“

Dies war Teil 2 von 3 des Reiseberichts.
Der nächsten Teil über Waynapicchu & das heilige Tal ist bald online!
Zu den über 100 Fotos der gesamten Tour geht es hier.

Ein Gedanke zu „Arequipa & Colca Canyon – Reisebericht Teil 2/3

  1. Pingback: Reisebericht Peru - Huacachina & Islas Ballestas

Kommentare sind geschlossen.