აი ია. (Da ist ein Veilchen.) = 3 Wochen Alltag.

So langsam wird ein Schuh draus. Nach nun knapp drei Wochen in meinem neuen Zuhause habe ich ein Konstrukt, was zu einem Alltag werden könnte – und seit dem letzten Blogpost schon wieder massig erlebt. Die Blitzlichter habe ich, der Abwechslung halber, tageweise zusammengefasst.

Letztes Wochenende

hatten sich die von der hartnäckigen Leitungswasserkrankheit Betroffenen mehrheitlich erholt und die „Reisegruppe Tiefes B“ enterte die Altstadt, den botanischen Garten und die „Fabrika“. Letzterers ist eine Art altes Fabrikgebäude – eine Mischung aus Club, Kunst- und Handwerksgeschäft, Musiktreff, Ausstellungshalle und Kneipe – schwer zu beschreiben, muss man erleben. Sonntag Abend brach man zur Wahlparty im Goethe Institut auf, den Kommentar zum Wahlergebnis spare ich mir allerdings.

Montags

begann die erste Schulwoche gemäß eigenem Stundenplan kurz nach 10 Uhr in einer voll besetzten Marschrutka Nummer 147, abwechselnd fremde Bäuche, Käse und diverse andere Einkäufe im Gesicht, je nachdem wie rasant um die nächste Ecke gebogen wurde. Kein Wunder um die Zeit – es ist Rush-Hour, welche sich in Georgien von frühestens halb/um 10 bis um 11 zieht. Was den Verkehr angeht, der ist vor allem eins: viel (und chaotisch). Hinterm Steuer ist man hier meist sehr hup-freudig und fahrstreifennegierend. Letztere sind ein Vorschlag, genauso wie alle Fußgänger-erleichternden Vorrichtungen, zum Beispiel Zebrastreifen oder Ampeln. Dafür wird man allerdings auch, sofern man denn will, von jeder denkbaren Straßenecke aus für 80 Tetri durch die ganze Stadt kutschiert und erreicht sein Ziel, ohne dass es feste Fahrpläne gibt, immer pünktlich.

Seit Dienstag

darf ich von mir behaupten, endlich vollkommen eingezogen zu sein. Ich habe mich nämlich hier im Fitnessstudio angemeldet und das seit zwei Wochen lang ersehnte erste Training absolviert. Nach Valeris Warnung, unter keinen Umständen in den städtischen Straßen laufen zu gehen, wenn man nicht überfahren werden will, musste umdisponiert werden. Umso erfreulicher war der zum Dienstag rabattierte 6-Monatsvertrag im Fitnessstudio in der Pekini Ave zwei Straßen weiter.

Mittwoch

Nachdem ich wie eigentlich jeden Morgen wieder einmal die Möglichkeit hatte, meinem Balkonnachbarn dabei zuzusehen, wie er sich seine Glatze rasiert, bin ich beim Marschrutkafahrer abgeblitzt. Demzufolge wurde die Alternativroute mit Marschrutka Nummer 2 fällig. Der Plan ging allerdings auf. Nach der Arbeit stand die erste Georgischstunde in der Schule meiner Mitbewohnerin Carla an. Unsere Sprachlehrerin Marco ist herzallerliebst und motiviert, uns erste Buchstaben und Vokabular abseits des alltäglichen „Garmajoba – Madloba – Bodischi – Nachvamdis“-Überlebenspakets beizubringen. So lernten wir neben den zwei kürzesten Wörtern der georgischen Sprache den Unterschied zwischen „Finger“ und „Pranke“.

Der Donnerstag

begann mit plötzlichem Herbsteinbruch, Regen, einem Temperatursturz von 23 auf 12 Grad und einer unruhigen Nacht mit kalten Füßen und weltdämlichstem Nachbarshund. Der Kollege sorgt nämlich seit meinem Einzug dafür, dass ich häufig sogar trotz meinem eigenen Zimmer mit Ohropax schlafen muss. Er kann sich weder mit vorbeifahrenden Autos oder Fußgängern anfreunden, noch mit der Tatsache, dass sein Herrchen früh um sieben zu völlig ungeorgischer Zeit auf Arbeit fährt. Aber das lernt er noch, ich bin mir sicher.

Freitag

Auf der Heimfahrt von der zweiten Georgischstunde nach Hause wird mir wieder einmal die Sache mit den Rollenfahrern bewusst: Generell sieht man auf den Tbiliser Straßen wenige Zweiräder. Für diejenigen, die sich aber tatsächlich in den Verkehr trauen, hält man nicht selten die Luft an. Und das nicht nur, weil sich gegenüber ihnen zum Teil rücksichtslos verhalten wird, sondern auch weil sie selbst einen Fahrstil an den Tag legen, der völlig abseits von Gut und Böse ist.
Die freitagabendliche Hygieneroutine dauert mal wieder länger als gedacht. Unser Leitungswasser ist hier von ziemlich flexibler Natur, mal gab es gar keins, mal nur kaltes, heute zwar warmes aber dafür keinen Druck auf der Leitung. Aber auch darauf kann man reagieren – gutes Zureden, Luft anhalten oder Geduld hat uns bisher immer weiter gebracht.

Anne SOphie