Auf nach Bulgarien!

So. Nach so viel Schreiberei und Berichterei über Rumänien folgt nun ein Blogeintrag auf dessen Inhalt ich mich lange gefreut habe, er mir durch die Pandemie jedoch zuvor verwehrt wurde: Ich fahre nach Bulgarien! 

Schon vor Beginn meines Freiwilligendienstes entwickelte ich große Pläne über all die Länder und Städte außerhalb Rumäniens die ich von meiner Basis Bukarest aus besuchen wollte. Eigentlich wenig überraschend wurde daraus bis Mitte Januar 2021 gar nichts, was jedoch, jede*r der*die meinen Blog etwas mitverfolgt hat sollte dies bemerkt haben, nicht wirklich negativ zu bewerten ist, weil es eine Verschiebung meiner Reise- und Entdeckungswut auf allerlei rumänische Städte zur Folge hatte. 

Auf solche Ausblicke sollte ich mich freuen dürfen

Nun jedoch gab mir das sogenannte Zwischenseminar, welches natürlich online stattfand, und eine direkt darauf folgende Ferienwoche in Verbindung mit einer Verkettung anderer Bulgarien-reisebegünstigenden Ereignissen und der Realisierung, dass die Grenze ja momentan doch offen ist, die Chance endlich ein weiteres Land zu besuchen. Ohne die in Bulgarien eingesetzten Freiwilligen und deren spontane und außerordentliche Gastfreundschaft wäre das in dieser Form jedoch absolut nicht möglich gewesen, daher hier auch noch der Hinweis auf deren sehr lesenswerten Blog: https://kulturweit.blog/bulgarienweit/

 

Erstes Abenteuer sollte jedoch die circa achteinhalb Stunden lange Zugfahrt von Hauptstadt zu Hauptstadt werden: In Bukarest stelle ich mich natürlich erstmal beim falschen Ticketoffice an – “Bulgaria? Mergi la oficiul international!” Als ich dann das Ticket nach Ruse, einer großen bulgarischen Grenzstadt direkt am südlichen Ufer der Donau, in der Hand halte, heißt es nur noch auf den leicht verspäteten und extrem kleinen und nicht gerade zügigen Zug warten. Krass, dass das die einzige Zugverbindung pro Tag nach ganz Bulgarien ist. Immerhin zeigt sich die schneebedeckte Walachei dann von ihrer schöneren Seite, das Weiß überdeckt das Braun und man kann kilometerweit über die Felder blicken – ich entdecke neben den Gleisen sogar ein paar Fasane. 

Die platte Weite der Walachei

Richtig tricky wird es dann erst an der Grenze. Ersteinmal ist es ein wirklich komisches Gefühl wenn die Grenzbeamten einfach so mit deinem Pass weglaufen, nachdem sie jedoch wiederkommen und ein paar einschlägige Fragen gestellt haben kann es dann weitergehen. Am Bahnhof in Ruse dauert das jedoch weitaus länger als auf der rumänischen Seite der Donau, das eh schon kleine Umsteigefenster schrumpft und schrumpft. Mit den Pässen in der Hand am Schalter angekommen folgt dann aber die Ernüchterung, zwei Minuten vor Abfahrt ist zu kurzfristig für den Erwerb von Tickets nach Sofia. Also wieder hoch zum Gleis – wir berichten einem im Zug gewonnenen ukrainisch-türkischen Freund von der Situation, dessen Russisch reicht aus um dem Grenzbeamten das Problem zu schildern, dessen Begleitung zum Ticketschalter jedoch auch absolut nichts bewirkt. Nach kurzer Absprache mit der Schaffnerin dann aber doch im Zug angekommen folgt nach kurzer Zeit das nächste Problem: Bezahlen im Zug ist zwar möglich, aber natürlich nur mit bulgarischen Leva. Wann sollten die jedoch während des zehnminütigen Aufenthalts gewechselt worden sein? Glücklicherweise sitzt aber nicht nur unser neuer Freund im selben Abteil, sondern auch ein junger Bulgare mit guten Englischkenntnissen, der uns dann trotz einem Euro Verlust seine letzten 40 Leva gegen 20 Euro tauscht – nach all dem Stress bin ich mehr als dankbar. 

 

Der Bahnhof Sofia ist dann sogar überraschend modern und hat glücklicherweise eine nahezu durchgehende Ausschilderung auch in lateinischer Schrift und auf Englisch. Trotzdem komme ich hier das erste Mal in meinem Leben so richtig in Berührung mit kyrillischer Schrift, von der ich bis dato noch fast nichts entziffern kann, und setze mir schnell das Ziel bis zum Ende meiner Zeit zumindest das Alphabet zu erlernen. Nachdem mein Portmonee dann auch von Leva gefüllt wird, kann es mit der Metro dann ganz schnell zu der Freiwilligen gehen, die mir in Sofia netterweise Refugium gewährt. In ihrer Wohnung direkt bei der deutschen Botschaft angekommen lerne ich dann sogar direkt schon die halbe Besetzung der acht Freiwilligen in Bulgarien kennen, die sogar schon gekocht haben und beste Gesellschaft bieten. 

Die Metro fährt hier teils in sehr komischen Tunneln

Schon auf den Wegen zu und von der Metro hatte ich am Abend gleich einen für mich überraschend anderen Eindruck von Sofia, im Vergleich zu den vielen rumänischen Städten die ich kenne, bekommen. Die Straßen, besonders im Zentrum, sind sehr quadratisch angelegt und oft breit, Mensch sieht teils etwas weniger alte Wohnhäuser und stattdessen Gebäude, die zwar an Plattenbauten erinnern, aber glücklicherweise deutlich weniger hässlich sind. Ausgerüstet mit einer ausführlichen handgeschriebenen Liste an Sehenswürdigkeiten machen wir uns schon früh um halb neun auf, um möglichst viel von der Stadt zu sehen. Im Zentrum aus der Metro steigend wird man erst einmal von der Statue der heiligen Sofia auf einer hohen Säule begrüßt, bevor dann der Blick auf das imposante Rathaus Sofias fällt. 

Der Morgenhimmel und ein imposantes Rathaus
Und noch mehr Repräsentativbauten

Anschließend führt uns der Weg zur wohl bekanntesten Einkaufsstraße der Stadt, der Vitosha, benannt nach Sofias “Hausgebirge”, auf welches auch die gleichnamige Straße direkt zuführt. Auch allgemein geben die Berge, die Sofia wie in einem großen Kesseln umschließen, einen tollen Kontrast zu der Großstadt. Und natürlich gibt es auch kulturell Einiges zu sehen, gleich zu Anfang der Vitosha erwarten zwei Kirchen. Die eine davon, sehr seltsam in einer Art großem Hinterhof eingeschlossen, stammt aus dem vierten Jahrhundert und beherbergt so auch das älteste Dach Bulgariens. Irgendwie ist die Atmosphäre etwas komisch, im leichten Nebel hinterlassen die frühe Stunde und Pandemie alles menschenleer, selbst an solch interessanten Sehenswürdigkeiten. Am Ende der schnurgeraden Straße folgt dann das Kirchen-Kontrastprogramm: der kolossale kommunistische Kulturpalast. Mit zusammengehörigen Park bildet das Gebäude einen ziemlich großen Komplex, auf dessen Zentralachse sich am Nachmittag viele junge Menschen auf Bänken, Skateboards und Fahrrädern treffen. 

Eine der vielen orthodoxen Kirchen der Stadt
Der Kulturpalast vor der Vitosha-Kulisse

Durch einen mit vielen Gründerzeit- und Jugendstilhäusern bebauten Teil der Innenstadt bewegen wir uns dann auf das nächste Cluster von Sehenswürdigkeiten zu. Zuerst treffen wir auf das schöne, rote Nationaltheater, auf dessen Vorplatz sich wunderbar Gebäck vom in Bulgarien allgegenwärtigen Supermarkt “Billa” verspeisen. Vorbei an der Nationalgalerie und Museen treffen wir dann auf mehrere Kirchen: Die russisch-orthodoxe ist sehr einfach als solche zu erkennen, wie in Bukarest gibt es Zwiebelkuppeln und sehr viel Goldglanz. 

Nationaltheater „Ivan Vazov“
Noch ertragbare Massen an Gold

Und dann folgt auch schon die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit Sofias, wenn man die Stadt googelt, wird die mächtige gold-grüne Alexander-Nevsky Kathedrale. Viele der Kirchen hier wirkten auf mich noch etwas orientalischer, byzantinischer so und ähnlicher wie die Hagia Sophia Kirche/Moschee in Istanbul als die orthodoxen Kirchen in Rumänien, und an dieser Kirche wird das am deutlichsten: Es stapeln sich Rundungen und Kuppeln aufeinander, es gibt nur zwei kleine Türmchen und viele kleinere Fenster. Gekrönt wird das Ganze von der blitzenden goldenen Kuppel, die in schönem Kontrast zu all den anderen grünen Dächern steht. Auch im Innern überwiegt das Gold, überraschenderweise ist es jedoch ziemlich Dunkel auf den schweren Teppichen der Kathedrale.

Die Kathedrale in voller Pracht
Ziemlich byzantinisch

Aber lange noch nicht genug von Sehenswürdigkeiten! Eine schöne Rast kann man auch auf dem Platz zwischen dem schön gestreiften und teils gelben Geschichtsmuseum und der größten Moschee der Stadt einlegen. Das Mittagsgebet findet jedoch, ganz coronakonform, auf den Gebetsteppichen draußen vor der Moschee, direkt neben einer größeren Straße statt. Gleich um die Ecke erwartet uns dann eine weitere seltsame Szene: Hier finden sich nämlich die historischen heißen Quellen Sofias. Aus allerlei Hähnen sprudelt hier wirklich heißes Wasser, dampfend und fast schmerzhaft auf den winterlich kalten Händen. Aber die Quellen sind bei weitem nicht nur interessante Attraktion, hier stehen auch die Bewohner der Stadt, befüllen ihre Wasserflaschen oder Kanister, waschen ihre Hände oder auchmal trotz Verbot das Gesicht. Wir probieren natürlich auch und kommen so in den Genuss des ziemlich schwefligen warmen Wassers. 

Leider reichte die Zeit nicht für den Besuch des Museums
Natürlich ist auch hier vor Deutschem kein Entkommen
Synagoge, Moschee, Kirche – alles nah beieinander

Danach geht es noch an der mächtigen Fassade der Universität vorbei und durch den großen und bei gutem Wetter gut besuchtem Borisova-Park zurück zur Wohnung. Im Park entdecke ich ein natürlich geschlossenes Freibad, welches jedoch total aus der Zeit gefallen auch aus einem Film über das kommunistische Russland entspringen könnte. Im Generellen fällt mir auf, dass es zwischen den notorischen Plattenbauten und sozialistischen Überbleibseln Rumäniens und Bulgariens in Bukarest etwas mehr zentral/westeuropäischen Einfluss gibt, während Sofia auf mich noch ein bisschen mehr dem Balkan zugehörig scheint. 

Die Uni Sofia
Im Hintergrund lauert die Industrie

Anders als ich bei meiner Ankunft in Bulgarien vermutete sollte ich jedoch nicht die ganze folgende Woche in Sofia bleiben, sondern eigentlich nur circa anderthalb Tage. Über meine anderen Abenteuer und Touren in diesem neuen Land folgen natürlich bald weitere Einträge!

Beeindruckende Sonnenaufgänge kann Sofia

Wie viel Ungarn geht in Rumänien?

Weihnachten und Silvester sind passiert. Aber viel wichtiger und offen gestanden auch ziemlich erschütternd für mich – die Hälfte meines Freiwilligendienstes ist nun vorbei. Nie war ich hier so in meinem Element wie die letzten drei Ferienwochen, von einer Reise und Freiwilligenkonstellation stolperte ich in die nächste, seit drei Wochen schlafe ich nicht alleine in einem Bett. 

Daher dieser Eintrag über einen Ort der vielleicht besonders bezeichnend für diese Rastlosigkeit, Reiselust, Rumtreiberei meinerseits steht: Oradea, eine für rumänische Verhältnisse größere Stadt ganz im Nordwesten des Landes. Wer jetzt in Geographie aufgepasst hat weiß, das muss dann wohl ganz in der Nähe von Ungarn sein, und richtig, es sind nicht mal 10 Kilometer. Eine andere Freiwillige wohnt dort, nur schlappe 650 Kilometer mit der Bahn von Bukarest entfernt. Das entspricht ungefähr der Strecke Hamburg – München, eine Strecke vor der ich in Deutschland mächtig Respekt hätte, und trotz der deutlich langsameren Züge hier war ich nun schon zwei Mal dort. 

Wie überall in Rumänien ist man stolz EU-Mitglied zu sein

Woran das liegt? Einmal natürlich an der reizenden Gesellschaft vor Ort (übrigens auch eine (halbwegs) aktive Blogschreiberin: https://kulturweit.blog/ruppmaenien/), andererseits an einem für Rumänien aus meiner Erfahrung ziemlich speziellem Stadtcharme: Oradea ist grüner als die meisten Städte hier, zeigt wie einige der westlicheren Städte deutlichen ungarischen Einfluss und ist, für mich wohl fast am wichtigsten, merklich ruhiger als andere Städte dieser Größenordnung. 

Etwas grün in der Großstadt
Bei Tag sieht man, dass der Fluss als grüne Ader durch die Stadt fließt

Im Zuge meiner zwei Besuche in Oradea sprach ich auch mit Schüler*innen meiner Schule über Oradea und bekam hauptsächlich zwei Dinge mit, eins sehr direkt und eins eher unterschwellig. Sehr offen wurde mir direkt leicht belustigt mitgeteilt, die Menschen in Oradea und Umgebung sein wohl im Kopf und Handeln etwas langsamer. Dies ist aber meiner Erfahrung nach ein relativ häufiges Urteil der schnelllebenden Bukarester über den (nördlichen) Rest des Landes. Indirekt bekam ich schnell mit, dass Ungarn und der ungarische Einfluss im nordwestlichen Teil des Landes immer noch ein sensibles Thema sind, einer leichten Abneigung gegen Ungarn*Ungarinnen inklusive. 

Eine typisch ungarische Fassade

Kleine Geschichtsstunde zwischendurch: Nicht unerhebliche Teile des heutigen Rumäniens, insbesondere Transsilvanien, waren zu unterschiedlichen und längeren Zeiten Teil Ungarns bzw. des Ungarischen Einflussbereiches. Und das ist in Oradea immer noch stark sichtbar. Die ungarische Minderheit ist hier so nicht-Minderheit, dass Ungarisch mindestens genauso wichtig und präsent wie Rumänisch ist. Viele hier Lebende können sogar kaum oder nur brüchig Rumänisch, sodass nahezu alle Hinweis- und Informationsschilder und selbst Ladenschilder auch auf Ungarisch sind. 

Der zentrale Piața Unirii

Noch spannender für mich zu beobachten ist jedoch der ungarische Einfluss auf die Architektur. Oradea hat eine schöne und nicht zu kleine Altstadt, inklusive zentralem Platz mit mehreren u.A. katholischen Kirchen, die so auch in Ungarn oder Österreich stehen könnten. Noch schöner und mit unzähligen Details sind allerdings die sehr gut renovierten Palais der Altstadt, it’s Jugendstil at its best: 

Besonders beeindruckend: Der Palatul Vulturul (Adlerpalast)

Aber ist gibt mehr als die ewigen Kirchen, unweit des zentralen Piața Uniriis kann Mensch eine von außen nicht übermäßig überwältigende aber von innen verspielte jedoch nicht überladene Synagoge inklusive kleiner Kunstausstellung besuchen, was offen gesagt um ein vielfaches spannender ist, als die 1000. vor Gold starrende Orthodoxe oder Katholisch-barocke Kirche. 

Die Synagoge von außen…
von innen…
und im Detail.

Ich habe Oradea und ihre schönen Ecken nun einmal bei um die 0 Grad Celsius Mitte November und einmal bei überraschender Wärme und Sonnenschein zwischen den Jahren erlebt, und bei beiden Besuchen besonders begrünte Bereiche genossen. Dazu zählen hauptmerklich der Fluss mit dem entzückenden Namen Crișul Repede (Schneller Kreisch), welcher direkt von der Wohnung der Freiwilligen umrandet von Bäumen und Wiesen in die Altstadt führt, und mein persönlicher Lieblingsort Oradeas: der Bischoffspalast und -garten. Der Palast ist wohl das am einfachsten als Ungarisch identifizierbare Gebäude der Stadt, die dazugehörige Kirche trotz überladenem Barock schön und im Abendlicht nahezu leuchtend und der Garten sehr ruhig und mit teils seltenen Bäumen bestückt. 

Der Bischofspalast
Mir gefiel die mächtige konkave Fassade
Der Bischofsgarten als Ruheort

Und immernoch habe ich erwähnenswerte Orte dieser Stadt ausgelassen, so zum Beispiel die von vorne sehr gut restaurierte, von hinten zerfallende Festung (Analogie für nahezu alle rumänischen Städte???) und den Ciuperca (Pilz) Hügel, auf dem, wenn Mensch den Aufstieg mit Kiloweise Lehm, der sich an die Schuhe klebt, übersteht, eine lohnende Aussicht über die ganze Stadt wartet. Natürlich fehlen auch die notorischen Plattenbauten nicht, mit einer Stadthalle finde ich allerdings doch noch ein sehr interessantes Stück sozialistische Architektur. 

Die Rückseite der Festung gefällt mir sogar besser
Die Aussicht vom Pilzhügel
EU-Flagge vor sowjetischem Mosaik

Nun aber doch zurück in meiner schon sehr zuhausigen Bukarester WG merke ich beim Schreiben dieses Eintrags und dem Sichten der zugehörigen Fotos, wie ich einige Details und Erlebnisse gerade meines ersten Oradea-Ausfluges schon wieder fast vergesse. Vielleicht waren die letzten Wochen und Monate ja doch etwas viel. Ganz vielleicht. Sollte ich dann eventuell mal etwas kürzer treten? Doch dann der Blick auf mein Zugticket nach Oradea – nur knapp über 20€ – und der Vergleich mit einer Fahrt von Hamburg nach München – 100€ aufwärts. Und, viel wichtiger, die Hälfte meines FSJs ist ja wie zuvor festgestellt schon hinüber. Also, um mal ausnahmsweise Selbstreflektion walten zu lassen, nein, ich werde sicherlich nicht kürzer treten. Aber, mit etwas Glück habe ich ja vielleicht die Motivation ein wenig häufiger darüber zu schreiben – stay tuned. 

🙂

Hamburger Regenwetter in București

Eigentlich soll es in diesem kleinen Blog um all jene Orte gehen, denen ich während meines (hoffentlich) sechsmonatigem Lebensabstechers nach Rumänien begegne und die etwas in mir auslösen, mich inspirieren, mir einfach gut gefallen, ich schlicht und einfach mit anderen teilen möchte.

Passend dazu soll dieser erste Eintrag keinem spezifischen Ort gewidmet sein, da ich nun viel zu lange schon über einen möglichst passenden, repräsentativen Ort für diesen ersten Eintrag nachdenke, der natürlich auch noch in Bukarest sein sollte, weil hey, hier wohne ich schließlich jetzt. Umso passender ist dafür der Zeitpunkt um den es gehen soll: Mein erster ganzer Tag in Bukarest, nach einer Nacht, deren Schlaf sich aus einmal vor Erschöpfung um 5 auf dem Bett einnicken, vier Stunden zufriedenstellenden Schlafes in geteiltem Bett und nach der Notaufnahme einer anderen, nächtlich in Bukarest gestrandeten Freiwilligen bloß noch aus herumwälzen bestand.

Und was macht man an so einem Tag Besseres, als sich die neue Stadt, in der man nun ein ganzes halbes Jahr verbringen soll, etwas ausführlicher zu Gemüte zu führen. Natürlich stilecht unter einem wunderbar hamburgerisch grauem, nieseligen Wolkenhimmel. Aber es konnte nicht bei diesem Nieselregen bleiben und schnell steigerte sich die Aktion in ein immer nässeres Kennenlernen der rumänischen Hauptstadt. Das tat aber dem Erkundungswillen von mir und meiner reizenden Begleiterin, der gestrandeten Sachsin und zukünftigen Craiovaerin (bestimmt genau das richtige Wort), kaum Abstrich. Und somit stand der Regen für mich nimmer sinnbildlicher für die Herausforderung, die es definitiv ist, Bukarest kennenzulernen.

Bukarest macht es Mensch nicht immer einfach es schön zu finden

Tritt man aus dem Haus, wohlgemerkt wohne ich ziemlich zentral, 15-20 Minuten Fußweg in die Altstadt und in einem guten Viertel, stechen sofort die Kabel, die scheinbar ausschließlich oberirdisch verlegt werden, ins Auge. Zusammen laufen sie in teilweise riesigen Bündeln an Pfählen, wer da die Übersicht behält, dem gebührt Respekt.

Ein typisches Kabelknäuel

Je mehr wir uns der Innenstadt nähern, rennen wir von Gegensatz zu Gegensatz: Zwischen den notorischen Plattenbauten eines ex-sozialistischen Staates gibt es extrem viele schöne Altbauten (vom kleinen Mietshaus bis zur luxuriösen Villa) voller Stuck und Verzierungen und inklusive bröckelnder und abblätternder Fassade, und immer wieder die modernen Glas-Beton-Riesen einer millionenstarken Hauptstadt. Man merkt der Stadt ihre Geschichte und extremen Narben mehrerer intensiver Weltkriege deutlich an.

Die schönen…
und weniger schönen Ecken Bukarests

 

 

 

 

 

 

 

Überwindet man aber einen letzten 70er Hotelturm steht man vor der pittoresken Universität und Altstadt. Hier sollte nun eigentlich das liegen, was als Kulisse für 90% der Instagram-Posts aus Bukarest dient: Schöne, gut restaurierte Prachtbauten des Jugendstils und der Renaissance, gepflasterte Fußgängerzone, orthodoxe Kirchen mit goldenen Kuppeln und die Restaurants und Cafés mit auch für deutsche Verhältnisse hohem Preisniveau.

Der Universitätsplatz
…und weitere Kuppeln

Davon kriegen meine Begleiterin und ich allerdings nicht mehr übermäßig viel mit, da wir mittlerweile hauptsächlich unter geteiltem Regenschirm von Regenschutz zu Regenschutz laufen. Das intensivere Kennenlernen der Altstadt sollte mir noch für einen sonnenreicheren Tag erspart bleiben. Und so machten wir uns ziemlich schnell wieder auf den Rückweg, trotz des Regens gut gelaunt, allerdings mehr durch interessante Gespräche und das Weglachen der Situation als durch die berauschende erste Dosis Bukarest.