11. November 2019… wohingegen es in Deutschland jetzt immer kälter wird und ich beim Telefonieren alle nur noch in dicken Pullis und Schals sehe, steigen hier die Temperaturen. Seit ungefähr einer Woche schaut die Sonne jetzt sogar schon morgens um 7 Uhr, während wir zur Schule fahren, durch die Wolken durch. Für mich gehört es schon absolut zum Alltag dazu, dass wir uns zu viert auf die Rückbank des Sammeltaxis quetschen, dass ich überhaupt nicht mehr nach Anschnallgurten suche und ich mich bereits an die vielen Bremsschwellen zur Geschwindigkeitsverminderung der Autos gewöhnt habe. Wenn ich mit einem Peruaner einen festen Termin in 1 Woche zum Abholen von irgendetwas ausgemacht habe, dann weiß ich, dass ich mich nicht zu wundern brauche, wenn 2 Wochen später immer noch nichts passiert ist. Oder dass meine Spanischstunde 3 Minuten vor eigentlichem Beginn nochmal  um 4 Stunden nach hinten verlegt wird. Man sieht, ich werde also auch flexibler und ich komme mit der grundsätzlichen Unpünktlichkeit zum Glück noch klar.
Vor einer Woche war ich dann auch bei einem Klassenausflug mit dabei. Es ging nach Chan Chan, einer Prä-Inka Stadt des Chimu-Reiches, die teilweise noch sehr gut erhalten ist.

Jetzt aber mal zum Titel dieses Blogeintrags: „Vamos turquesaa!“
Ein paar haben es vielleicht mitbekommen, letzte Woche fanden an meiner Schule die alljährlichen MIC-Games statt, auf die sich die Schüler schon Monate vorher freuen. Die MIC-Games kann man in meinen Augen mit keinem Sportfest aus meiner Schulzeit vergleichen. Über vier Tage lang geben die Schüler in verschiedenen Sportdisziplinen – wie zum Beispiel Fußball, Basketball, Volleyball, Sprint, Staffellauf, Tauziehen,… – alles. Dabei ist jeder Schüler während seiner gesamten Schulzeit einem Team zugeordnet – entweder rot, gelb oder türkis. Alle Freiwilligen sind immer automatisch „equipo turquesa“, so auch ich. Jedes Jahr gibt es ein neues Motto, unter dem die MIC-Games ablaufen, letzte Woche ging es dann ausschließlich um Rockbands der 80er und 90er-Jahre. Team Türkis hatte die Band „Soda Stereo“ gewählt, eine argentinische Rockband, die in Peru wohl sehr bekannt zu sein scheint. Jedes Team hatte extra für sie designte T-Shirts in den jeweiligen Farben und eigene „barras“ (Anfeuersprüche), die laut herumgeschrien wurden.
Zum Beispiel:
Es la hora, es la hora de jugar,
salta, corre, dame un pase
y patea el penal,
somos tromes en el volley,
básquet, futbol y ajedrez
carretillas, salta soga
ganaremos esta vez
grítalo fuerte esta vez TURQUESA
somos el equipo que este año ganará.
Erstens musste ich viele barras sogar auswendig lernen um mitschreien zu können und zweitens habe ich mir wirklich mehr als einmal gedacht, dass mir in der nächsten Sekunde gleich das Trommelfell platzen muss.
Die MIC-Games wurden mit einer Eröffnungsshow eingeleitet, mit peruanischer Nationalhymne und allem drum und dran, also auch mal sehr spannend für mich zu sehen.
Am Sonntag war dann auch endlich der Tag, an dem Eltern und Lehrer mitspielen durften, und so habe auch ich im Fußball und Sprinten alles für mein Team gegeben. Es ist wahnsinnig schön zu sehen wie die Schüler sich gegenseitig motivieren und anfeuern und so das eigentliche Ziel der MIC-Games erreicht wird, nämlich Spaß am Sport und vor allem auch Teamfähigkeit. Letztendlich hat dann dieses Jahr Team Türkis gewonnen, worüber wir uns natürlich total gefreut haben, denn die ganze Anstrengung hatte sich ausgezahlt.
Das waren also die berühmten MIC-Games, die mir auf jeden Fall noch lange in Erinnerung bleiben werden.
Am Freitag geht es dann auch schon wieder für mich raus aus Huanchaco, dieses Mal nach Córdoba, Argentinien für das einwöchige Zwischenseminar.
Ursprünglich hätte unser Zwischenseminar in Chile stattfinden sollen, wegen der aktuellen kritischen Lage wurde es jedoch abgesagt. Leider dürfen die Freiwilligen aus Chile nicht ausreisen und kommen somit auch nicht zum Seminar, was aus Sicherheitsgründen wahrscheinlich aber wirklich sinnvoller ist (auch wenn ich sie gerne gesehen hätte).
Wahnsinn wie die Zeit fliegt und ich mir vorstelle, wie die Hälfte meines Freiwilligendienstes schon fast rum ist. Es kommt mir vor, als wäre ich vor einer Woche erst in den Flieger gestiegen.
Deswegen genieße ich die Zeit hier sehr, mal ganz von daheim weg zu sein, alles selber auf die Reihe zu bekommen und das zu tun, was ich selbst für richtig halte. Ich liebe es, jeden Morgen am Meer entlang zur Arbeit zu fahren, die Kinder täglich in der Schule zu sehen, gemeinsam mit meinen Mitbewohnern zu kochen, Sonnenuntergänge anzuschauen, am Strand entlang zu joggen und neue Orte zu entdecken. Ich bin so froh, dass ich mich letztendlich doch für diesen Freiwilligendienst entschieden habe und ich innerhalb der letzten zwei Monate schon so viel gelernt und für mich mitgenommen habe. Die Erfahrungen, die ich hier sammle sind einmalig und werden für mich immer in Erinnerung bleiben.
Ich berichte euch wieder nach meiner Zeit in Argentinien, bis dahin macht’s gut.
Hasta luego!