Tiefblaue Seen, weiße Berge und die Höhenkrankheit – Oktober 2019

08. Oktober 2019…
“All experience is local. All identity is experience.“
Diese Worte stammen von Taiye Selasi, einer Schriftstellerin, mit der wir uns auch auf dem Vorbereitungsseminar beschäftigt haben.
Alle Erfahrungen, die wir machen sind an einen Ort gebunden. Unsere Erfahrungen machen uns letztendlich zu dem, was wir sind.
Die letzte Woche über hatte ich Ferien, bevor morgen auch schon wieder das 4. und damit letzte Bimester für dieses Schuljahr startet.
Ich habe die Zeit genutzt, um Peru von einer anderen Seite kennenzulernen, um die Vielfältigkeit des Landes zu bewundern und um ganz viele Erfahrungen zu machen.
Zuerst ging es für mich mit dem Bus (eine 10h (!!!) Fahrt) in die Hauptstadt Lima zurück, um dort die Freiwilligen Ida, Antonia und Julia zu treffen, mit denen es später weiter nach Huaraz, einer Stadt auf 3.000 Meter Höhe mitten in den Anden gehen sollte. Lima war am Abend mal wieder eins – laut, hektisch, chaotisch.
Am nächsten Tag jedoch fast das komplette Gegenteil: wir haben uns das Stadtviertel „Barranco“ angeschaut, welches bekannt für seine viele StreetArt ist, und sind am Meer entlang gelaufen.
Zum Tag der deutschen Einheit, dem 03. Oktober, wurden wir von der deutschen Botschaft in Lima zu einer Feier eingeladen.
Am Freitag sollte es dann für uns nach Huaraz gehen und somit auch von nur 100 Meter über dem Meeresspiegel auf 3000 Meter in nur 8 Stunden.
Bisher kannte ich ja nur die Küste von Peru und dann waren wir auf einmal mitten in den Anden. Diese Berge sind gefühlt unendlich weit und unglaublich schön. Für mich hat es sich so angefühlt, als würde die Uhr in den Anden langsamer ticken. Wir haben ganz viele liebe Menschen kennengelernt, von Reisenden aus der ganzen Welt bis hin zu der Familie, die das Hostel, in dem wir waren geführt hat. Noch nie waren Menschen zu mir von Anfang an, ohne mich zu kennen, so herzlich und offen.
Ganz oft wurden wir gefragt woher wir denn kommen und als wir dann mit „Alemania“ antworteten leuchteten die Augen der Peruaner auf. Doch ist Peru denn nicht mindestens so schön, wenn nicht sogar schöner als Deutschland? Es kommt natürlich immer darauf an aus welcher Perspektive man das Ganze betrachtet, aber warum fällt es so vielen von uns Europäern so schwer unsere Privilegien wahrzunehmen und wertzuschätzen? Täglich genießen wir Privilegien, die für uns schon selbstverständlich geworden sind, die uns überhaupt nicht mehr auffallen. Und trotzdem wollen wir immer mehr. Hier haben viele Menschen weniger als wir, sind aber genauso glücklich. Hier durfte ich erkennen, was für ein Glück ich habe so aufgewachsen zu sein mit zahlreichen Möglichkeiten was meine Zukunft betrifft.

Für Samstag hatten wir auch schon unsere erste Tour geplant und zwar ging es zur Laguna Parón auf 4.200 Meter. Nach 3 Stunden Autofahrt in einem Minibus über nicht asphaltierte Straße kamen wir endlich an. 4.200 Höhenmeter sind nicht ganz ohne und als wir uns an den Aufstieg machten, war ich viel schneller außer Atem als sonst. Aber die Anstrengung hat sich gelohnt, denn der Ausblick von oben war atemberaubend. Die Kontraste zwischen tiefblauem See und grauen Bergen mit schneebedeckter Spitze kamen besonders gut hervor, deshalb auch hier erstmal einige Bilder.

Am Sonntag war es endlich soweit, wir sind nämlich zur Laguna 69 gefahren, das Bild auf der Startseite von meinem Blog zeigt sogar diesen See. Bevor ich nach Peru gegangen bin habe ich mir gesagt, diese Lagune unbedingt einmal gesehen haben zu müssen und nun kann ich diesen Punkt abhaken nach nur 1 Monat, den ich bereits hier bin, Wahnsinn!
Die Laguna 69 kann man nur zu Fuß erreichen und somit mussten wir insgesamt 14km und 900 Höhenmeter zurücklegen. Eigentlich hatte ich während dem Aufstieg nur drei Gedanken:
1. Atmen
2. Nicht stolpern
3. Die Aussicht genießen
Leider kann man auf den Bildern schwer erkennen, wie weitläufig, groß und vor allem tief die Anden auf mich gewirkt haben.
Ich hab mich ganz klein gefühlt inmitten dieser riesigen Berge und Wasserfälle und konnte die Landschaft sehr genießen.
Beim Aufstieg des letzten Berges änderte sich allerdings meine Stimmung, denn mit jedem Meter pochte mein Kopf mehr, mein Herz raste und meine Beine wollten keinen einzigen Schritt mehr tun. Die Höhe war also doch nicht spurlos an mir vorbei gegangen und ich muss sagen, dass die letzte Stunde echt eine Qual für mich war. Als ich aber die Lagune gesehen habe, zahlte sich die ganze Anstrengung wieder aus. Alle, die oben angekommen waren grinsten vor sich hin und beglückwünschten sich gegenseitig.
Oben wurde es aber schlagartig kalt, bestimmt nur knappe 5 Grad und somit hab ich alles angezogen an Jacken, was ich dabei hatte.

Am Tag darauf hat mich die Höhenkrankheit aber dann doch mehr erwischt, als ich es mir gewünscht hätte, denn ich habe eine blöde Erkältung und Fieber bekommen. Somit habe ich mich an dem Tag hauptsächlich nur ausgeruht, bevor es am Abend nach Huanchaco mit dem Bus zurückging.
Und ich muss ehrlich sagen, dass ich mich dabei erwischt habe Huanchaco während dem Reisen vermisst zu haben. Und dass ich mich darauf gefreut habe, wieder hier zu sein so schön, aber auch anstrengend die vergangene Woche auch war. Huanchaco ist jetzt übergangsweise mein neues „zuhause“ und mittlerweile kommt es mir nicht mehr ganz so komisch vor zum Beispiel nach Schulschluss den Kindern zu erzählen jetzt auch „heim“ zu fahren.

Die letzten Wochen waren also wirklich erlebnisreich und so viel ist passiert, dass ich hier nur einen Bruchteil berichten kann.
Um nochmal auf den Anfang zurückzukommen:
“All experience is local. All identity is experience.“ – Taiye Selasi

Ich wünsche euch schöne kommende Wochen und berichte, sobald neue, spannende Dinge passieren. Jetzt geht aber erstmal die Schule wieder los und ich freue mich schon, einige Kinder wiederzusehen.

One thought on “Tiefblaue Seen, weiße Berge und die Höhenkrankheit – Oktober 2019

  1. Hola Miss Liony ?
    este reportaje me ha gustado mucho. Se nota que estas viviendo un tiempo muy intensivo. Estas haciendo muchas experiencias ?.
    Ya estoy impaciente por leer el siguiente blog… hasta entonces te deseo que lo sigas pasando bien en Peru.
    … y para la fiebre de altura siempre funciona una sopa con caldo de pollo ?
    Saludos
    Javier

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