Von der neuen Freiwilligen und der Schule im Allgemeinen

Nachdem Samstag und Sonntag mehr oder weniger erfolgreich überstanden waren und noch eine ganze Menge Krokodilstränen geflossen sind ging es Montag dann zum ersten Mal in die Schule, das Koch Valéria Középiskola, Általános Iskola, Óvoda és Kollégium. Ein langer Name, der ebenso viele verschiedene Bereiche in sich trägt, wie es klingt. Das Koch Valéria ist nämlich eine Bildungseinrichtung, die die Mittelschule, die Grundschule, den Kindergarten, das Gymnasium und das Schülerwohnheim umfasst. Ein durchaus beachtlicher Campus mit vielen verschiedenen Gebäuden, verwinkelten Gängen und Zahlenkombinationen, die einen schon zum Verzweifeln bringen können. Das Koch Valéria liegt ein wenig außerhalb der Stadt in mitten der bergigen Straßen Pécs und scheint wohl auch innerhalb der Stadt einen sehr guten Ruf zu genießen. Dies kann durchaus daran liegen, dass fast alle Fächer neben dem Fach Deutsch selbst (z.B. Geschichte, Volkskunde, Kunst, Musik, Biologie, Erdkunde, …) rein auf Deutsch unterrichtet werden (zu mindestens versucht man dies auch mit größter Mühe umzusetzen).

Nun aber zurück zu meinem 1. Tag der 8:00 in der Schule begann zurück. Àgnes erwartete mich im Lehrerzimmer des Gymnasiums und stellte mich zunächst den noch anwesenden Kollegen vor. Dann ging es kurz zur Direktorin des Gymnasiums (die 1. Direktorin des gesamten Schulkomplexes), welche jedoch nicht mehr Zeit als für ein „Szia“ hatte und die ich seitdem auch nie wieder gesehen habe. Man erklärte mir, dass es gewünscht sei, dass ich genau wie meine Vorgängerin an der Grundschule (1.-8. Klasse) aufhelfen solle. Dagegen hatte ich zunächst nichts, denn immerhin bin ich hier um zu arbeiten und wenn es dort Arbeit gibt, dann nichts wie hin. So führte uns der Weg durch das Gebäude nun in den Teil, der die Grundschule beherbergte aber auch Eva, die Direktorin der Grundschule hatte keine Zeit sich näher mit mir zu beschäftigen und sagte ich solle am nächsten Tag einfach wieder kommen. So ging es also zurück in das bereits erwähnte Lehrerzimmer , indem ich einen Platz bekam, den ich mir mit einer anderen Lehrerin teilen sollte (bis jetzt habe ich dies 2-mal in 14-Tagen getan) und ab und zu stellten sich ein paar Lehrer vor. Auch wurde ein riesen Tamtam darum gemacht, dass ich Peter den Hausmeister kennen lerne, mit dem ich mich im Notfall jedoch wahrscheinlich sowieso nicht unterhalten kann, da dieser einer der wenigen Personen ist, die kein Deutsch sprechen. So verbrachte ich meinen ersten Tag also damit im Lehrerzimmer rumzusitzen, Essensmarken zu kaufen und bei Zeiten nach Hause zu gehen (dorthin wo es mir so gar nicht gefiel und immer noch nicht gefällt).

Nun bin ich ja schon den einen oder anderen Tag in der Schule gewesen und ich muss sagen, dass sich das Ganze keines Falls so gestaltet, wie ich es mir vorgestellt habe: strenge Lehrer; förmliche Outfits; Schüler, die den Lehrer respektieren; durchgetaktete Stunden; viel für mich zu tun. Nichts davon ist eingetroffen, was man natürlich sowohl positiv, als auch negativ betrachten kann. Positiv aus der Sache zu gewinnen ist in jedem Fall, dass ich mir früh also nicht stundenlang darüber Gedanken machen muss, was ich denn tatsächlich anziehe, um mit meinem Auftreten wenigstens ein bisschen Respekt zu erzeugen. Die meisten Lehrer laufen rum, als würden sie gerade einer Freizeitbeschäftigung nachgehen (und damit meine ich nicht nur die Sportlehrer). Der Respekt der Schüler gegenüber den Lehrern scheint schon in der 4. Klasse flöhten zu gehen. Immerhin kann ich mich nicht an einen einzigen Moment erinnern, an dem ich laut mit meinem Sitznachbarn während einer Arbeit in der 4.Klasse geredet hätte, aber auch die Lehrerin stört sich wenig daran. Umso älter die Schüler, umso weniger Respekt haben sie (Pauschal betrachtet, natürlich gibt es ab und zu immer wieder vereinzelte Ausnahmen). Die Lehrer versuchen in den meisten Fällen dann gar nicht mehr irgendetwas dagegen zu unternehmen. So kann man also auch einen Karton zu einem Schläger umfunktionieren um damit Klopapierrollen durch das Klassenzimmer zu werfen, ohne dass dies weitere Konsequenzen mit sich zieht. Ein Test wird schnell zur Gruppenarbeit und über diese Art von Kommunikation wird großzügig hinweggesehen. Wenn ich in diesen Stunden anwesend bin, dann wird dieses nicht Eingreifen damit erklärt, dass die Kinder im Moment einfach in einer schwierigen Phase sind und sich das schon wieder legt. Also sind alle Klassen, in denen ich bis jetzt war, in einer schwierigen Phase? Schwer zu glauben. Besonderen Wert dahingegen wird jedoch auf den Volkskundeunterricht gelegt und die Bewahrung der Tradition der Ungarnschwaben. So gibt es z.B. den Schwabenball.

Meine Arbeitsfelder sind noch nicht wirklich definiert. Einen Stundenplan für mich erachtet man auch nicht als wichtig, sondern ich werde einfach da hingeschickt wo es für nötig erachtet wird bzw. ich suche mir einfach Jemanden oder verbringe meine Zeit im Lehrerzimmer. Obwohl der Großteil der Lehrer Deutsch spricht wird in meiner Anwesenheit vorrangig ungarisch geredet, was die Kommunikation nicht gerade erleichtert. Es kann auch passieren, dass ich tagelang überhaupt keine Aufgabe habe, ab und zu mal mit im Unterricht sitze, und mir dann ganz kurzfristig vor einer Stunde eröffnet wird, dass ich doch bitte jetzt in eine Klasse mit 24 Schülern gehen soll und den Unterricht übernehem. Dass das nicht wirklich effektiv sein kann leuchtet wohl jedem ein, aber das scheint wie gesagt kein Problem zu sein. Immerhin kann ich ja Deutsch, da wird mir schon spontan was einfallen. Ab und zu darf ich auch ein paar Aufgaben für Tests erstellen, die dann noch einmal gründlich überprüft werden. Lustig ist durchaus auch, dass die Lehrer manchmal stundenlang untereinander diskutieren, wie etwas nun richtig auf Deutsch geschrieben bzw. formuliert wird und ich nur im äußersten Notfall um Hilfe gebeten werde. Wie ihr seht läuft es noch nicht wirklich in der Schule und ich kann nur hoffen, dass sich mit der Zeit meine Aufgabenfelder herauskristallisieren.

Ein Gedanke zu “Von der neuen Freiwilligen und der Schule im Allgemeinen

  1. Hey! Schön von dir zu lesen, habe auch selbst Freiwilligendienst in Pécs gemacht (letztes Jahr). Hoffe dir gefällt es mittlerweile genauso gut wie mir! Pécs ist super, genieß die Zeit, wenn du Hilfe oder Kontakte brauchst, schreib mir! Bis dann 🙂

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