Tihany calling

Das Inselleben ruft. So hieß es am Wochenende, denn der schon seit über einem Monat geplante Ausflug auf die Balaton-Halbinsel Tihany stand endlich an. Das wir wahnsinniges Glück mit dem Wetter hatten brauche ich wohl keinem zu erzählen, denn im Gegensatz zu kalten Temperaturen und Regen konnte man am Wochenende vor Hitze doch fast zerfließen. Die Temperaturen in der Sonne knackten bestimmt die 30°. So kam es uns jeden Falls nach der langen Kältewelle vor. Erst einmal stand am Freitag jedoch eine längere Busfahrt an, um überhaupt auf die Halbinsel zu gelangen. Zuerst ging es nach Veszprém und dann weiter nach Tihany. Nach 6h „Reisezeit“ begrüßte uns Tihany mit einem spektakulären pink-lilafarbenen Sonnenuntergang, welcher der Vorbote für ein tolles Wochenende war. Tihany selbst hat trotz seiner nicht unerheblichen Größe 27,33m² gerade einmal knapp 1400 Einwohner. Die Halbinsulaner (nennt man das so?) sind also darauf angewiesen ihr kleines Paradies doch des Öfteren zu verlassen, denn bis auf einen Mini-Markt zum Einkaufen von Wasser und anderen Kleinigkeiten sind die Einkaufsmöglichkeiten stark beschränkt. Unsere Unterkunft für die drei Tage war ein Zimmer im Haus eines älteren Ehepaares, welche des Öfteren den einen oder anderen Gast aufnehmen. Ein Hund gehörte für diese Zeit auch zu unseren „Mitbewohnern“. Auf Tihany selbst gibt es dann, zusätzlich zu der Tatsache, dass die Halbinsel fast ganz vom Balaton umschlossen ist, noch zwei große Seen. Von dem kleineren der beiden Seen war unsere Unterkunft nur ein paar Schritte entfernt, was noch mehr begeisterte. Noch am Abend unserer Ankunft haben wir erst einmal das kleine Stadtzentrum erkundet, da wir am nächsten Tag keine Zeit verlieren wollten. Was uns jedoch bereits an diesem Tag auffiel war, dass Tihany wohl eher zum Tagesausflugsziel für viele Touristen zählt und nicht als tatsächlicher Urlaubsort. So hatten spätestens 21:00 Uhr fast sämtliche Restaurants/ Cafés geschlossen. Das Wahrzeichen der Insel ist die Kirche, welche durch ihre höher gelegene Lage bereits von Weiten zu sehen ist.

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Am nächsten Tag ging es also bei Zeiten los, denn immerhin war es der einzige ganze Tag, den wir zur Verfügung hatten. Wie bereits am Abend davor mit den Restaurants beobachtet war es auch Früh schwer ein Café zum Frühstücken zu finden, da es nicht einmal eine Bäckerei gab. Nach langer Suche und nahe der Resignation fanden wir endlich ein wirklich tolles kleines Café, in dem man sich wie im Feenwald fühlte. Da es bereits so warm war konnte man das Frühstück getrost kurzärmlig im Freien genießen und Annika fühlte sich kurz darauf wie im Himmel, da tatsächlich ein Lavendelkuchen angeboten wurde. Die ganze Insel schien im Lavendelfieber zu sein, da es gefühlte hundert Läden gab, die zahlreiche Lavendelprodukte anboten. Von Lavendelsäckchen über Cremes, Parfüms, Shampoos oder zusammen gebundenen Lavendelsträußen konnte man alles finden. Selbst sämtliche Lebensmittel schienen Lavendel zu beinhalten. Lavendelhonig, Lavendelkuchen, Lavendelkekse, Lavendellimonade, Lavendeleis. An Lavendel kam man an diesem Wochenende nur schwer vorbei. Die Lavendelfelder haben wir zwar nicht gefunden aber von denen muss es auf der Insel jede Menge geben. Nach der Stärkung ging es dann auch los. Hoch und runter. Hoch und runter. Da die Insel doch sehr hügelig ist und kaum eine Straße gerade verläuft war es doch mit der Zeit ein ziemlicher Sport die Wege zurück zu legen und die Hitze machte es nicht leichter. Zuerst haben wir ein wenig in den kleinen Läden herumgestöbert, da es außer Lavendel zum Glück auch noch das eine oder andere gab. Auch selbstgemachte Töpferwaren schienen äußerst beliebt zu sein.

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Doch dann sollte es endlich zum Wasser gehen. Tihany ist der ungarische Urlaubstraum schlecht hin, zu mindestens fast. Ein kleines Manko gibt es dann doch. Wenn der Strand 500m entfernt ist, dann rechnet man ja nun auch damit Strand im herkömmlichen Sinn zu finden. Viel Sand, Platz zum Liegen und jede Menge Badebegeisterte. Das der „Strand“ 500m von unserer Unterkunft entfernt liegen sollte kommt wohl hin, wenn man den Zugang erst einmal gefunden hat, denn der lag dann doch ein wenig versteckt. Ein kleines Holzschild, welches den Weg zum Strand über einen dichtbewachsenen Hang ankündigte. Unten angekommen musste dann noch die Straße überquert werden und schon stand man am „Strand“. Ein wenig verdutzt schauten wir dann doch schon daher. Wo war jetzt gleich noch mal der Strand? Links und rechts war von Sand nicht viel zu sehen, sondern eher eine Betonwüste. Badebegeisterte konnte man auch nicht ausmachen, was jedoch auch daran liegen mag, dass der Balaton mit 15°C noch nicht wirklich zum Baden einlud. Die Einheimischen machten jeden Falls einen großen Bogen um das Badevergnügen. Ganz im Gegensatz zu den Anglern. Tihany kann man wohl als echtes Anglerparadies bezeichnen, denn in jeder der Betonbuchten schlugen schon früh die Angler ihre Zelte auf und saßen dann gefühlt den gesamten Tag nur an einer Stelle mit ihrer Angel in der Hand und warteten darauf, den einen oder anderen Fisch zu fangen. Tatsachlich sah man des Öfteren einen im Wasser schwimmen, ob tot oder lebendig.

IMG_3203 IMG_3181 IMG_3209  IMG_3213 IMG_3215 IMG_3236 IMG_3241Nach dem wir also nun den Betonstrand begutachtet hatten musste natürlich auch der Tihányer Hafen begutachtet werden. Bereits als wir mit dem Bus am Vortag vorbeigefahren waren war ich vollkommen begeistert von den ganzen Schiffen. Annika teilte meine Begeisterung für die Schiffe eher weniger, sondern widmete sich ihren ornithologischen Fähigkeiten. Die Anzahl der Vogelbilder, die an diesem Wochenende entstanden sind können wohl kaum übertroffen werden. Enten hier, Enten da. Mein nächstes Geburtstagsgeschenk für Annika steht also schon fest. Ein Buch der Vogelkunde. Aber nun zurück zum Hafen. Wenn man schon mal am Balaton ist, dann darf eine Bootsfahrt natürlich nicht fehlen. Wie wir jedoch feststellen mussten gab es von Tihány aus keine Bootstouren bzw. Fahrten, die in Tihany starten und gleichzeitig enden würden. Es gab „nur“ den normalen Transportverkehr nach Siófok oder Balatonfüred.

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Nach dem wir uns in der Touristeninformation schlau gemacht hatten stand der Entschluss fest mit dem Bus ins zwanzigminütig entfernte Balatonfüred zu fahren, denn von da aus konnte man eine einstündige „Erlebnisfahrt“ machen. Der Busfahrer war von unseren Ausweisen zwar nicht so begeistert aber nach langem Hin-und Her gab’s dann doch eine Ermäßigung für uns. In Balatonfüred sind wir zwar eine Haltestelle zu früh ausgestiegen, so dass wir noch ein ganzes Stück laufen mussten aber wir waren froh noch Karten für die Bootsrundfahrt zu ergattern. Kaum das man auf das Boot konnte waren wir auch schon zur Stelle, um uns einen guten Platz zu sichern. Okay, mir ging es wohl eher darum freie Sicht zum Fotografieren zu haben aber letztendlich muss man sagen, dass unsere Plätze perfekt waren. Aus jeglicher Sicht. Wir waren froh, dass die Bootsfahrt ein wenig Abkühlung verschaffte, denn eine Hautrötung durch die stechende Sonne hatten wir uns dann doch eingefangen. Das Balatonfüred eine Touristenhochburg ist hat man deutlich gemerkt und so waren wir abends dann doch froh in unserem wesentlich ruhigeren Tihany zu sein. Dort wurden wir noch einmal mit einem wunderschönen Sonnenuntergang belohnt, wenn auch nicht ganz so spektakulär wie am Vortag. Die spiegelnde Sonne im See bei unserer Unterkunft zu fotografieren hat sich trotzdem gelohnt.

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Gestern hieß es dann aber leider schon wieder Abschied nehmen von der Halbinsel aber natürlich nicht ohne noch einmal den Ausblick auf den Balaton zu genießen, in der Sonne zu baden, ein ausgewogenes Frühstück im „Feenwald“ zu essen, die Tierwelt zu bestaunen und jeden nur möglichen Lavendelladen der Insel aufzusuchen, um doch noch den passenden Einkauf zu tätigen. Rundherum waren es gelungene Tage während denen man sich wie im Urlaub fühlen konnte und die dazu führten, dass wir am liebsten gar nicht mehr weg wollten aber die Schule rief und diesem Ruf mussten wir gezwungener Weise folgen. Ein bisschen verwirrt waren wir dann, als in Veszprém auf der Rückfahrt auf einmal mehrere Busse nach Pécs fuhren aber zum Glück haben wir es wieder zurück geschafft und zwar ziemlich komfortabel.

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Zum Schluss noch einen kleinen Exkurs zum Donnerstag vergangene Woche, denn da war Annika zum ersten Mal hier beim Friseur. Als seelischer Beistand war ich natürlich in Bóly mit dabei und da Annika es beim Schneiden nicht belassen wollte, sondern auch noch Farbwünsche hatte wurde das Ganze dann doch etwas spannend. Fazit ist, dass ich definitiv noch nie Jemanden so schnell Schneiden und Haare färben gesehen habe wie die Salonbesitzerin an diesem Tag. Innerhalb von 1h hatte sie Annikas Haare geschnitten, Ombré gefärbt, zweimal gewaschen und geföhnt. Um ganz ehrlich zu sein war mir bei dem Farbvorgang nicht ganz wohl, da es so aussah, als würde sie scheinbar wahllos die Farbe auf die Haare klatschen. Ja, klatschen ist hier der angemessene Begriff. Gut, dass Annika das Spektakel nicht sehen konnte. Am Ende waren wir beide dann jedoch wirklich vom Ergebnis begeistert und bei dem phänomenalen Preis (umgerechnet unter 20€) kann man einen Friseurbesuch in Ungarn nur empfehlen.