Selenge

– Ein Kurz-Trip in den Norden der Mongolei

Nördlich von Ulaanbaatar liegt der Aimag Selenge. Die Hauptstadt der Provinz ist Sukhbaatar. 25 km weiter östlich liegt der Ort Altanbulag. Hier befindet sich der Grenzübergang nach Russland für Autos.

Von Erzählungen wussten wir, dass es da schön sein soll. Die Ausläufer der Sibirischen Taiga sind zu sehen. Es ist grün 😉 Bei Sukhbaatar fließen die Flüsse Orkhon und Selenge zusammen. Von einigen Felsen („Aussichtsplattform“) aus, hat man einen atemberaubenden Blick über das Tal, in dem die Flüsse zusammenfließen. Auf der anderen Seite des Tals liegt Russland.

Vom 27.05 bis zum 29.05.2016 machten wir uns auf den Weg. Wir, das sind Jelena (sie arbeitet bei der GIZ = Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit), Lisa (sie arbeitet bei der KAS = Konrad-Adenauer-Stiftung), Robin (Freund von Lisa) und ich.

Tag 1

Wir fuhren früh morgens bei schönstem Sonnenschein und milden Temperaturen los. Kaum raus aus der Stadt erfreuten wir uns an den „grünen“ Wiesen. Im Vergleich zu dem Grün im Norden war das nichts. Das stellten wir enttäuscht auf dem Rückweg fest. 😉

Unser erster Stopp: Darkhan. Die zweitgrößte Stadt der Mongolei. Sie wurde 1961 gegründet. Sie war eine wichtige Handels- und Industriestadt. Heute ist sie es auch noch. Ihre Blütezeit ist jedoch vorbei.

Einmal durch die Stadt fahren. Alles Wichtige für die Fahrt noch einkaufen. Mittagessen. Dann setzten wir unsere Fahrt zum Tagesziel fort. Amarbayasgalant. Ein Abstecher zum eindrucksvollsten Kloster in der Steppe der Mongolei. Hier war es grün. Saftig grün. In den letzten Tagen hatte es geregnet. Der Boten war matschig. Nicht ganz ohne. Vor allem für die Autos. Eines zogen wir auf der Fahrt aus dem Schlamm.

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Amarbayasgalant. Auf 2000 m Höhe liegt im Tal-Ende das Kloster. Sein Eingang zeigt nach Süden in die weite Steppe. Im Norden befinden sich Berge. Den Ort des Klosters hatte sich Zanabazar ausgesucht. Er war der erste Bogd Khan – also das erste geistige Oberhaupt – der Mongolei (ab 1650). Erbaut wurde das Kloster von 1727-1735. Zu seiner Blütezeit lebten hier 6000 Mönche und Lamas, die in 50 Tempel beteten. Während der mongolisch-sozialistischen „Säuberung“ im Jahr 1937 wurde auch dieses Kloster zerstört. Seit 1977 werden die verbleibenden 27 Gebäude restauriert. Das Kloster ist eines der Weltkulturerben der UNESCO.

Wir stiegen aus. Es war kalt. Und windig. Die Wolken hingen Tief. Wir zogen die Jacken wieder an.

Es ist ein schönes Kloster. Hinter dem Kloster geht es zu zwei Statuen in die Berge hinauf. Läuft man weiter, so kann man eine Reihe von Ovoos umrunden. Der Ausblick von hier oben war sehr schön. Der Blick weiter in die Berge hinein verhieß nichts Gutes. Die Wolken wurden immer dunkler. Kurz bevor wir das Auto wieder erreichten, fing es an zu Regnen. Es regnete stark.

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Windig.

Wir suchten eine Jurte. Und fanden gleich neben dem Kloster eine. Wir heizten ein. Es war doch ziemlich kühl geworden. Dann ein Blick nach draußen. WAS???? 27.5.2016. Und es SCHNEIT!!! Ich konnte es kaum glauben. Aber so war es. Eine knappe Stunde später strahlte dann nochmal die Sonne mit voller Kraft durch die Wolken. Das Licht war atemberaubend. Und die Berge am Horizont zum Teil mit Schnee bedeckt, zum Teil so grün wie zuvor. Es war ein verrückter Anblick.

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Schnee. Am 27.05.2016.

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Strom? – Gibt es nicht. Dann halt bei romantischem Kerzenschein.

Dieses Wetter ist übrigens in der Mongolei typisch für den Frühling. Man kann an einem Tag alle Jahreszeiten erleben. Gar innerhalb weniger Stunden. Ist ein Mensch sehr temperamentvoll und wechsellaunig, so wird gesagt: „Er ist wie der Frühling.“ Soll heißen: „Er ist unberechenbar.“

 

Tag 2

Gemütliches Aufstehen. Frühstücken. Los fahren. Es ging zurück nach Darkhan und von dort aus weiter in den Norden. Ziel: Sukhbaatar. Und Altanbulag.

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Kaffee-Pause.

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Bei grandioser Landschaft.

Wir fuhren nach Altanbulag. Schließlich sollte da die Aussichtsplattform Saikhanii khötöl (Сайханы хөтөл, auch Saikhanii hutul) sein. Dort angekommen, erklärten wir unserem Fahrer, wo wir hin wollten. Er fragte dann ein paar Leute. Gewisse Ratlosigkeit. Wir fuhren durch die Gegend. Nach was sucht er denn? – Statt Khötöl hatte unser Fahrer Hotel verstanden. Und so fuhren wir einige Minuten durch den Ort und schauten nach einem Hotel. Als wir erneut Leute fragten, klärte sich das Missverständnis auf. Unser Fahrer wusste jetzt auch wo hin. 😉 Wir fuhren auf der Straße Richtung Sukhbaatar zurück. Und dann fing er das Lachen an. Wir lachten auch, als wir feststellten, dass wir gerade den Weg nach Altanbulag umsonst gefahren sind. Die Aussichtsplattform befindet sich nämlich nördlich von Sukhbaatar. 😉

Saikhanii khötöl. Erst mal eine Passkontrolle. Der Aussichtspunkt gehört schon zum Grenzgebiet. Es ist also sinnvoll, sich ausweisen zu können. Dann liefen wir ein Stück. Dann kletterten wir einen Felsen nach oben. Und schon hatten wir einen wunderschönen Blick über das Orkhon-Selenge-Tal. Wir genossen den Ausblick.

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Anschließend wanderten – besser: kletterten – wir ein bisschen herum. Natur. Schöne Landschaft. Bewegung. Es war perfekt.

Wir mussten aber noch weiter. Es war schon relativ spät. Wir wollten noch zu dem romantisch gelegenen Gun Nuur. So steht es im Reiseführer. Ein See, bei dem es auch viele Ger-Camps geben soll. Eine Übernachtung in einem Ger würde also auch klar gehen.

Nur, wo war dieser See? Wir fuhren wieder nach Altanbulag. Unser Fahrer fragte sich durch. Wir verließen Altanbulag Richtung Südosten. Und dann das. Vor der Stadt gab es überall kleinere und größere Pfützen. Oh, man… das konnte ja was werden. Ein romantischer See war noch nicht in Sicht. Noch schnell einen Autofahrer gefragt. Und dann hatten wir ihn gefunden. Unser Fahrer muss sich gedacht haben: „Diese Deutschen. Jetzt stehen sie vor ihrer Pfütze.“ – Wirklich beeindruckend war er nicht. Groß auch nicht. Romantisch. Naja… liegt im Auge des Betrachters. Aber ich verstehe darunter etwas anderes. Wir standen da und schauten ein paar Minuten auf das Wasser. Am anderen Ufer war ein Sandstrand zu sehen. Dort ist es bestimmt romantischer. 😉

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Gun Nuur.

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Ein bisschen Ratlosigkeit herrschte schon. Wo ist die Romantik?

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Also gut. Suchen wir mal eine Übernachtungsmöglichkeit. Ca. 500 Meter vom Ufer entfernt lag inmitten von Sanddünen am Waldrand ein Ger-Camp. Ein Mann erklärte uns, dass es leider geschlossen ist. Wir fuhren weiter. Ein paar Sanddünen weiter befand sich ein Erholungsheim. Hier gab es aber nur Holzhütten. Eine Jurte wäre uns lieber. Also weiter suchen. Auch bei einer Ansammlung von 4 Gers in der näheren Umgebung hatten wir kein Glück. Also zurück zu dem Ger-Camp am Waldrand. Unser Fahrer redete mit dem Mann. Beide lachten. Dann kam unser Fahrer und machte uns verständlich, dass wir auf den Besitzer warten müssen. Der kam extra aus Altanbulag angefahren. Wieder muss sich unser Fahrer gedacht haben: „Diese Deutschen. Machen alles mit, nur um in so einem Ger zu schlafen.“

Wir fingen schon mal das Kochen an. Schön war es hier. Und ein bisschen romantisch. 😀

Dann kamen die Besitzer, zeigten uns eine Jurte. Und wir nahmen sie. Nachteil: Es gab keinen Ofen. Aber wir bekamen Decken. Sollte also alles funktionieren 😉

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Essen fassen.

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Bei untergehender Sonne aßen wir. Es war wirklich schön hier. Dann genossen wir den Sonnenuntergang. Jelena spielte auf ihrer Gitalele (Mischung aus Gitarre und Ukulele) und wir sangen dazu. Und als es dunkel war, ging es ins Bett.

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Tag 3

Nach dem Aufstehen liefen Jelena und ich noch einmal zum Gun Nuur. Schön war er wirklich nicht. Aber unser Ger-Camp dafür umso mehr. 😉 Also zurück und Frühstück vorbereiten. Wir frühstückten draußen. Auf einem Sandhügel. Traumhaft.

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Unser Ger (Jurte).

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Danach packten wir alles zusammen und machten uns auf den Rückweg. Aber nicht ohne uns in Sukhbaatar einen geräucherten Fisch zu kaufen. Die sollen hier sehr gut sein. Und oft bekommt man Fisch in der Mongolei auch nicht.

Kurz nach Shukhbaatar hielten wir nochmal. Beim Mutter-Baum. Der Geist des Baumes soll den Menschen bei Problemen im Alltag helfen und Wünsche erfüllen. Es herrschte reges Treiben. Die Leute opferten Milch, Vodka, Reis, Hirse und sämtliche Süßigkeiten. Wir liefen zunächst um ein Häuschen herum. Anschließend gingen wir nach innen. Hier wird der Stamm des Baumes angebetet. Ich habe im Internet gelesen, dass der Mutterbaum irgendwann den Lasten der Khadags (Seidentücher) nicht mehr standhalten konnte und abknickte. Vom ursprünglichen Baum ist daher nur der Stamm übrig.

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Wir liefen ein Stück weiter. Und auch hier hatte man eine super Aussicht auf ein weites Tal.

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Anschließend kamen wir noch zu einem großen Baum, der auch angebetet wurde. Auch hier wurden Opfergaben geopfert. Und Khadags am Baum angebracht. Die Krone des Baumes war kahl. Kein Blatt hing an den Ästen.IMG_5641

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Die angebrachten Khadags werden durch die Opferung der Milch verfärbt. Bei warmen Temperaturen riecht es immer säuerlich.

Aus der Ferne hörten wir Trommeln. Wir liefen dem Geräusch nach. Und standen dann vor einer Zeremonie von Schamanen. Es sah schon spannend aus. Aber da ich Erzählungen von Mongolen kenne und weiß, wie viel Respekt sie selbst vor Schamanen haben, betrachtete ich das Ganze mit unbehagen.

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Das Trommeln der Trommel dient dazu den Geist zu Rufen. Der Schamane hält die Trommel vor sein Gesicht und ruft dabei den Geist. Ist dieser da und in den Schamanen gefahren, legt dieser die Trommel ab. Nun spricht und handelt der Geist durch den Schamanen. Zunächst wird dem Geist Tee und Essen gegeben. Zum Teil trinkt der Geist in diesem Zustand auch Vodka oder rauchen Kräuter. Dann erfahren die Menschen etwas von dem Geist. Ist das Gespräch zu Ende, geht der Geist wieder. Unter erneutem trommeln. Der Geist verlässt den Schamanen und er hat seine eigene Persönlichkeit wieder.

Die Erzählungen, die ich dazu bisher gehört habe, sind sehr beeindruckend, verwirrend aber immer sehr respektvoll gewesen. So erzählte mir eine Lehrerin, dass ein Schamane während der Zeremonie sehr viel Vodka getrunken hat. Als der Geist den Schamanen verlassen hatte, war er allerdings nicht betrunken. Man merkte ihm nichts von dem Vodka an, den er zuvor zu sich genommen hatte.

Danach machten wir uns auf den Weg nach Hause. Unser Ausflug neigte sich dem Ende.

Am späten Nachmittag hatte uns der dichte Stadtverkehr wieder. Beim Herunterlassen der Fenster schlug uns die wunderbare Stadtluft entgegen. Wir waren wieder zuhause.

 

Grüße aus der Mongolei!

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