Alltag und Gewohnheiten

Schon Oktober! Wie schnell die Zeit doch immer verfliegt. Apropos fliegen – mein Rückflug ist mittlerweile auf das richtige Datum umgebucht. Ende August bin ich wieder zurück in Norddeutschland. Aber bis dahin werde ich hier bestimmt noch so einiges erleben.

Manchmal wundert es mich, wie schnell man sich an einige Dinge im Ausland gewöhnen kann, die es zu Hause nicht gibt oder die definitiv anders ablaufen. Das Sprichwort ‚TIA – This is Africa‘ brachte mich bei dem Verfassen dieser Liste etwas zum Schmunzeln. Das beim kulturweit Vorbereitungsseminar thematisierte faire Bloggen natürlich im Hinterkopf. Ich hoffe ihr, besonders diejenigen die derzeit auf diesem Kontinent zu Hause sind, könnt den Grund dafür nachvollziehen. Es ist nicht meine Absicht zu verallgemeinern. Ich schreibe über meine Beobachtungen über das Leben in Port Elizabeth, Südafrika, die ich während meiner längeren Aufenthalte gemacht habe und nun hier in Maseru, Lesotho wiedererkenne.

– regelmäßiges Ablesen des Stromzählers
– hoffentlich rechtzeitig neuen Strom an der Tankstelle zu kaufen
– auch mal ein, zwei Tage ohne fließend Wasser auszukommen
– seine Wäsche mit kaltem Wasser zu waschen
– die Hausarbeit teilweise nicht selbst erledigen zu müssen
– eine Stunde bevor man duschen möchte den Durchlauferhitzer anzustellen
– keine eingebauten Heizungen im Haus zu haben
– nachts nicht mehr jedes Mal von dem üblicherweise lauten Gewitter aufzuwachen
– weder Züge, Straßenbahnen noch Linienbusse auf der Straße fahren zu sehen
– wenige Passanten in der Stadt auf ihr Smartphone konzentriert zu sehen
– beim Herunterladen einer Datei aufs eigene Handy verbliebenes Datenvolumen zu checken
– Obst und ‚Airtime‘ an jeder Straßenecke angeboten zu bekommen
– Verhandlungen mit dem Taxifahrer zu führen, wie viel man für eine private Fahrt zahlt
– an den Tankstellen auf Angestellte zu warten, da Sprit nicht selbst getankt werden darf
– Geschäfte zu besuchen, die jeden Sonntag geöffnet sind
– Feiertage zu verlegen, damit ein weiterer Urlaubstag dabei rausspringt

Um nun aber auch einige Dinge zu nennen, an die ich mich hier definitiv nicht gewöhnen möchte:

– fehlende Mülltrennung und völlig überfüllte Mülltonnen
– in einigen Köpfen verankerte Mentalität, seinen Müll einfach aus dem Auto oder an den Straßenrand zu werfen
– Plastiktüten, die es zu wirklich JEDEM Einkauf umsonst dazu gibt und in die wirklich jede Kleinigkeit eingepackt wird

Ich stehe manchmal an der Supermarktkasse und muss die Verkäuferin davon überzeugen, dass ich für meine Wasserflasche wirklich keine Tüte brauche. Wie ihr aus den letzten Punkten vielleicht rauslesen konntet, hat dies viel mit Umweltverschmutzung zu tun. Leider ist in Lesotho davon viel vorhanden. Bei der Arbeit gibt es Tonnen, die einmal die Woche entleert werden und die deshalb am Freitag schon so überladen sind, dass die Hälfte daneben liegt. Sehr unschön. Ich habe den Eindruck, dass es einfach zu wenige Menschen kümmert und umweltschonende Verhaltensweisen einzelner Bürger überhaupt nicht auffallen (so wie mir vermutlich bisher auch nicht). Ich werde weiterhin tapfer mit Leuten darüber sprechen und für Stoffbeutel werben.

Da ich im letzten Artikel darüber geschrieben habe, was mir hier in Lesotho fehlt, möchte ich in diesem Beitrag auf einige Aspekte eingehen, die mir am Leben hier besonders gut gefallen.

– geringer Stress im Alltag und ein gesundes Maß an Stress im Arbeitsumfeld
– offene, lebensfrohe Menschen mit viel Sinn für Humor
– die Tatsache, dass fremde Personen als Brüder und Schwestern angesehen werden
– blauer Himmel wenn ich aufstehe und wunderschöne Sonnenuntergänge am Abend
– weite, unberührte Landschaften in denen mehr Menschen auf Eseln und Ponys unterwegs sind als in ihren Autos

Anmerkung zum letzten Punkt: Lesotho zählt zu einem der ärmsten Ländern der Welt. Ein Großteil seiner Bewohner ist noch im Agrarsektor tätig und besonders die ländlichen Gebiete weisen wenig Infrastruktur auf. Das Land ist geprägt von einer hohen Jugendarbeitslosigkeit, geringen Bildungsrate, einer hohen Schwangerschaftsrate unter jungen Frauen und ein Viertel der Bevölkerung ist mit HIV infiziert. Es benötigt viele Anstrengungen und vor allem hohe Beteiligung der Bewohner, diese sozial-ökonomischen Herausforderungen in Angriff zu nehmen.