Archiv des Autors: Leandra Wegener

Adventure Time

Am Freitag, den 15.09.2017, ging meine Entdeckungsreise los. Viltė und ich fuhren mit dem Bus in die Innenstadt von Kaunas, um sie besser kennenzulernen. Bis zur Altstadt sind es ungefähr zwanzig Minuten per Bus. Wir liefen durch die Gassen bis wir auf Viltės Freunde trafen.

 

Nach einem gemütlichen Aufenthalt in einem der vielen Cafés ging es dann auf den großen Platz vorm Rathaus. In Kaunas findet am ersten Wochenende das „Kauno Jaunimo dienos 2017“ statt. Wer daran interessiert ist, hier ist ein Link zu einem YouTube-Video mit Eindrücken des Wochenendes: https://www.youtube.com/watch?v=4IWsXPLurLY

Auf dem Rathausplatz war neben der Bühne auch eine Fläche abgesperrt für eine Stuntshow. Verschiedene Radfahrer traten gegeneinander in einem freundschaftlichen Wettbewerb an. Mit zahlreichen Tricks und Stuntsprüngen unterhielten sie ein gebanntes Publikum, bis schließlich der Sieger auserkoren war.

Nach der Stuntshow trat auf der Bühne eine litauische Band auf. Von den Liedtexten verstand ich kein Wort und der Musikstil war mir fremd. Nichtsdestotrotz habe ich einen interessanten Einblick in die Musikszene Litauens bekommen.

Diese erweiterte sich am Samstagabend, wo ich mich erneut auf den Weg zur Altstadt begab. Viltė konnte diesmal leider nicht mitkommen, hatte dafür aber organisiert, dass ihre Freunde mich treffen und begleiten. So wurde ich von ihrer besten Freundin Guoda abgeholt und lernte noch ein paar weitere Mädchen kennen. Die Band des Abends hieß „Solo“ und war in Litauen sehr bekannt. Zur Musik kam eine vielfarbige Lichtershow, die die Bandmitglieder im künstlichen Nebel verschwinden ließ.

Der Musikstil war mir immer noch fremd und sehr gewöhnungsbedürftig, aber gefiel mir deutlich besser als der des vorherigen Tages. Zusammen mit dem Publikum tanzte ich zum ohrenbetäubenden Beat der Elektroklänge, unter die sich gelegentlich eine Tonsequenz einer der beiden Sänger mischte.

 

Am Sonntag ging es in den botanischen Garten. Dort war ein Volksfest. Der botanische Garten liegt so nah an meiner Wohnung, dass ich mit Viltė dorthin laufen konnte. Schon auf dem Weg kamen uns Menschen in traditionellen Trachten entgegen. Der botanische Garten ist sehr groß und wunderschön. Selbst gegen Ende des Sommers gab es noch eine prächtige Blütenvielfalt. Hinter dem Tropenhaus erstreckten sich die Blumenfelder bevor sich eine Ebene tiefer eine riesige Rasenfläche ausbreitete, welches an diesem Tag als Festgelände diente.

Eine große Bühne befand sich am äußeren Rand und kleine Buden bildeten einen weiten Kreis über die Rasenfläche. Bei unserer Ankunft strömten gerade eine Gruppe Grundschulkinder auf die freie Fläche vor der Bühne. Gekleidet in traditionelle Trachten tanzten sie zusammen zu litauischer Volksmusik. Viltė flüsterte mir zu, dass sie als Kind ebenfalls diesen Tanz gelernt hat.

Dem Auftritt folgten andere musikalische und tänzerische Beiträge, wie zum Beispiel ein Opernsänger mit eindrucksvoller Stimme und ein Chor, der unter anderem „We are the world“ auf Litauisch vortrug.

 

An den Buden gab es litauische Produkte, wie zum Beispiel selbst hergestellte Seifen und Pflegeprodukte, Fleisch, Honig und Kartoffelchips, zu kaufen.

Am weitesten von der Bühne entfernt war es eine riesige Hüpfburg/Rutsche aufgebaut, wo sich Kinder vergnügen konnten. Weiter rechts war ein Stand mit Tieren. Diese waren zur Adoption freigegeben und Viltė musste sich stark davon abhalten, einen der süßen Hunde mitzunehmen. Ich hielt währenddessen ebenso verzaubert ein kleines schwarzes Kätzchen im Arm.

Während wir mit den Tieren beschäftigt waren hatte sich der Großteil des Publikums erhoben, und auf der Mitte des Rasens versammelt. Es wurde gebannt verfolgt, als sich die Grundschulkinder in einer Reihe aufstellten, jeder mit einem kleinen Flugdrachen in den Händen. Diese waren über eine Schnur miteinander verbunden. Am Anfang der Reihe stand ein einzelner Junge mit der Schnur in der Hand. Es wurde gespannt abgewartet, dann gab es das Startsignal und der Junge flitzte los. Einer nach dem anderen lösten sich die Drachen aus den Händen der Kinder bis schließlich alle in der Luft waren und geschätzt 30 Drachen über den Platz flogen.

Während den begeisterten Ausrufen des Publikums rannte der Junge flink Runde um Runde über den Platz, bis seine Ausdauer nachließ. Bevor die Drachen zu Boden gehen konnten stand der nächste Junge bereit, übernahm die Schnur und sprintete voller Energie los. Ich fand es sehr amüsant, den anderen beim Rennen zuzusehen. Unter die Drachenkarawane mischten sich nun auch einzelne größere Drachen und jeder hatte Spaß.

Außerhalb des Hauptgeländes gab es noch verschiedene Stationen des Militärs. So konnten sich Freiwillige, welche hauptsächlich aus kleinen Jungs bestanden, mit Schutzhelm und Übungswaffe in einem spielerischen Kampf erproben oder einen Übungsparcour meistern. Auch die Ausrüstung eines Soldaten wurde zur Besichtigung ausgelegt und ich wurde gleich von einem der Soldaten mit Camouflage-Farbe verschönert. Viltė schloss sich dem neuen Trend an.

Dann erforschten wir noch einen Einsatzwagen des Militärs, den viele Kinder als perfektes Spielgefährt betrachteten und darauf herumturnten.

Die letzte Station war der Stand der Polizei. Neben dem ausgestellten Polizeiauto war die besondere Attraktion dieses Standes eine Brille, die einen betrunken sehen lies. Ein weißes Band war in einer geraden Linie auf dem Boden ausgelegt. Die Aufgabe bestand lediglich darin, an diesem Band entlangzulaufen. Der Haken? Man musste die Brille tragen! Ich kann mit Stolz sagen, dass ich zwar vollkommen vom Weg abgekommen, aber wenigstens nicht hingefallen bin, als sich die Welt um mich herum gedreht hat. 😀

Als wir vom Fest zurückkamen fanden wir in der Küche Alina und Albina beim Arbeiten vor. Alina war mit Freunden in den Wald zum Pilze sammeln gegangen und war erfolgreich. Sehr erfolgreich. Zwei riesige Körbe waren voller Pilze gehäuft. Drei Tage lang haben die beiden diese verarbeitet und die Pilze haben zwischendurch etwa acht Küchentöpfe gefüllt. Das Sammeln und der Verzehr von Pilzen sind in Litauen weit verbreitet.

 

Hobbies habe ich auch bereits gefunden. Ich habe es wundersamerweise geschafft, in all meinem Gepäck meine Klarinette unterzubringen. So habe mich nun schon des Öfteren über die Möglichkeit gefreut, zu musizieren. Darüber hinaus gehe ich jetzt dienstags und donnerstags tanzen. Viltė hatte mir das vorgeschlagen und da ich auch in Deutschland getanzt habe, wollte ich sie gerne begleiten. Der Tanzkurs ist ein Anfängerkurs für die Tänze Bachata, Salsa und Kizomba. Diese gleichen weder den Standardtänzen, die ich im Tanzkurs in Deutschland gelernt habe, noch Modern Dance. Dafür ähneln sie den Lateintänzen, die ich schon kenne. Für Bachata und Salsa können wir mittlerweile die Grundschritte und ein paar Figuren, Kizomba ist mir hingegen immer noch ein Rätsel. Der Tanzkurs besteht aus über 70 herangehenden TänzerInnen und macht jedenfalls höllisch Spaß. Nach der Tanzstunde hat man ein Lächeln auf den Lippen und neue amüsante Erinnerungen im Gedächtnis.

 

Meine Gastmutter Alina ist eine große Opernliebhaberin. Einer meiner Leistungskurse in der Schule war Musik und nach jahrelanger Erfahrung im Orchester bin ich klassischer Musik nicht abgeneigt. Als mir also die Chance gegeben wurde, Alina zusammen mit einer Freundin am 22. September nach Vilnius in die Oper zu begleiten, sagte ich nicht nein. Dort fand die „International Virgilijus Noreika Competition for singers“ statt, welche für SängerInnen aller Nationalitäten offen ist. (Link: http://www.ipmc-lt.com/virgilijus-noreika-competition )

Der Wettbewerb lief schon seit dem 16. September und konnte über das Fernsehen verfolgt werden. Er endete am Freitag mit dem Finale, in dem die sieben besten SängerInnen antraten. Diese waren Badral Chuluunbaatar (Bariton, Mongolien), Valentyn Dytiuk (Tenor, Ukraine), Kyubong Lee (Bariton, Südkorea), Margarita Levchuk (Sopran, Weißrussland), Sehoon Moon (Tenor, Südkorea), Modestas Sedlevičius (Bariton, Litauen) und Tetiana Zhuravel (Sopran, Ukraine).

In der Oper angekommen setzten wir uns erst einmal in das Restaurant im Foyer. Dort wurde mir typische litauische heiße Schokolade vorgesetzt. Heiße Schokolade gibt es auch in Deutschland und ist sehr beliebt. In Deutschland wird die Bezeichnung nur nicht so ernst genommen. Was in Deutschland ein Mix aus Milch und Schokolade beziehungsweise Kakao beschreibt, ist in Litauen erhitzte, flüssige, dunkle Schokolade. Die kleine Tasse heiße Schokolade war köstlich und sehr beliebt unter den Zuschauern des Abends.

Für das Finale waren 41 Arien zur Auswahl gegeben, von denen jeder Finalist zwei auswählen musste. Je eine Arie für die zwei Hälften des Abends, die durch eine zwanzig minütige Pause geteilt wurden. Die SängerInnen waren gigantisch. Perfekte Technik und wunderschöne Klangfarben vereinten sich in emotionsgeladenen Arien zu einem eindrucksvollen Opernerlebnis. Ich konnte auf jeden Fall nachvollziehen, wie die sieben es ins Finale geschafft hatten.

Gewinner des Wettbewerbs wurde Valentyn Dytiuk. Modestas Sedlevičius wurde zweiter und Badrul Chuluunbaatar belegte den dritten Platz.

Die nächtliche Sicht auf die Oper von draußen war großartig. Das Gebäude ist komplett verglast und man kann von außen sogar die aristokratische Einrichtung mit ihren glamourösen Kronleuchtern bewundern.

Am 24. September war herrliches Wetter. Kurzentschlossen machte ich mich also auf dem Weg, um Kaunas zu erkunden. Zuerst schlenderte ich durch die Altstadt, an einer Kirche und vielen Cafés vorbei bis zu den großen Platz vorm Rathaus.

Von dort ging es weiter durch kleine Kopfsteinpflastergassen bis zum Flussufer.

Dort wurde ich prompt von einer Gruppe angesprochen, die eine „Studie“ durchführten. Der Inhalt dieser Studie war fragwürdig aber amüsant und ich half ihnen gerne aus während ich den Blick auf die Memel genoss. Nach einer angeregten Unterhaltung verabschiedete ich mich wieder und wanderte weiter.

Ich kam am Jesuitengymnasium vorbei und der Kirche, die stolz am Flussufer prangt. Sie ist eine der ältesten Kirchen Litauens und ist sehr beliebt für Trauungen. Dann ging es wieder zurück nach Hause.

 

Als wir am 26. September auf dem Weg zum Tanzen waren, liefen wir durch die Altstadt und kamen an einer sehr schönen ökumenischen Kirche vorbei.

Da wir noch Zeit übrig hatten, betraten wir eines der vielen Cafés, ein Büchereicafé, und ich blieb verdutzt im Eingang stehen, da im Café gerade eine Vorlesung auf Deutsch stattfand. Wie sich herausstellte, wollte die Autorin ihren Text in möglichst vielen Sprachen vortragen lassen und wir waren ganz zufällig genau zu dem Zeitpunkt eingetreten, als die deutsche Version vorgelesen wurde. Wir lauschten eine Weile den verschiedenen Sprachen, bevor wir auch schon weiter zum Tanzen mussten.

 

 

Am 29. September war im Kino die Premiere des Films „Flatliners“ und Viltė, Guada und ich machten uns mit Popcorn ausgerüstet bereit auf einen spannenden Film. Das Original aus dem Jahr 1990, „Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben“, hatte positive Bewertungen bekommen und wir hofften auf eine gute Neuverfilmung. Ich für meinen Teil war enttäuscht von dem Film und hoffe, in Zukunft die Chance zu bekommen, das Original zu sehen. Viltė war nur am Lachen. Neben ihr saß ein Pärchen, welches sehr mit sich selbst beschäftigt war. Während wir also einen der Hauptcharaktere während dem Flatlinen oder gefangen in seinen Halluzinationen beobachteten, hatte sie dazu noch passionierte Knutschgeräusche. Es war urkomisch.

Am darauffolgenden Samstag war ein Fest im botanischen Garten. Das Herbstfest war aber deutlich kleiner als das vorhergegangene Volksfest. Kürbisse aller Art waren ausgestellt und Kürbissuppe und andere herbstliche Gerichte verkauft.

Nachdem Alina und ich alles begutachtet hatten wanderten wir nochmal durch den botanischen Garten.

Anschließend trafen wir Viltė vor dem Tor und liefen zurück nach Hause. Kurze Zeit später sammelten wir uns im Auto und fuhren zu einer sehr bekannten und wunderschönen Kirche namens Pažaislio vienuolynas. Diese war aber leider von einer Hochzeitsgesellschaft belegt. Stattdessen wanderten wir hinunter ans Seeufer und schossen ein paar wundervolle Bilder vom Sonnenuntergang.

Anschließend fuhren wir noch in das größte Shoppingzentrum Litauens, natürlich um shoppen zu gehen. Das Shoppingzentrum hat ein riesiges Aquarium neben der Rolltreppe, in dem sogar ein Hai Zuhause ist.

Nach einer lustigen Shoppingtour ging es dann nach Hause und erschöpft ins Bett.

Letzten Montag hatte ich viel Zeit an der Hand und bot Alina meine Unterstützung beim Müslibacken an. Dieses macht sie nämlich, genauso wie das Schwarzbrot, selbst. Beides ist unglaublich lecker und ich werde die Rezepte auf jeden Fall mit nach Hause nehmen.

So, das war es erst einmal. Auch wenn die letzte Woche nicht ohne bedeutende Ereignisse war, sind diese zu umfangreich und verdienen alle einen eigenen Blogeintrag.

Liebe Grüße und bis bald!

Leandra

 

Die ersten Wochen als Freiwillige

Am Dienstag erhielt ich meinen Stundenplan. Meine wichtigste Aufgabe in der ersten Woche ist, Dalia bei der Vorbereitung auf das Finale von „Jugend debattiert international“ zu unterstützen, welches vom 25. – 30. September in Tallinn in Estland stattfindet. Ich betreibe Recherche im Internet, trage Argumente über die Themen zusammen und treffe mich ein paar Mal mit Dalia, um diese zu besprechen. Dalia ist bereits Landessiegerin von „Jugend debattiert international“ in Litauen. Nur war sie zusammen mit Lina in der letzten Woche für das Finale der „Lesefüchse international“ in Berlin und konnte sich nicht auf die Debatten vorbereiten. Jetzt muss sie gleichzeitig zur Vorbereitung auch noch ganz viel Unterricht nacharbeiten. Das ist sehr viel, allein für ein einziges Fach hat sie zwanzig Arbeitsblätter erhalten. Generell ist mir aufgefallen, dass die SchülerInnen sehr viele Hausaufgaben aufbekommen. Auch meine Gastschwester ist jeden Tag mehrere Stunden mit den Hausaufgaben beschäftigt.

Jeden Tag treffe ich mich in der fünften Stunde mit SchülerInnen aus der achten Klasse, um sie auf ihre Prüfung für das DSD Stufe A2 vorzubereiten. Es gibt einen vorgefertigten Fragenkatalog mit Gesprächsthemen. Die SchülerInnen sollen in der Lage sein, über diese zu reden und sich mit dem passenden Vokabular auszudrücken. So sitze ich jeden Tag mit der verschiedenen Gruppen, bestehend aus jeweils drei Schülern, für 15 Minuten an einem Tisch in der Nähe des Lehrerzimmers. Es ist interessant, wie schnell ich die Fähigkeiten der Schüler einzuschätzen lerne. Natürlich kann ich mich auch irren, doch ich habe das Gefühl, sie akkurat einschätzen zu können. Es ist eine ganz neue Erfahrung, nicht selbst Schüler zu sein, sondern vor Schülern zu sitzen und den Takt anzugeben. Ich werde mir plötzlich der Verantwortung bewusst, dass ich diese Schüler zwar nicht unterrichten, aber sie vorbereiten und ihnen helfen soll. Meine Arbeit mit ihnen kann einen Unterschied machen. Muss es zwar nicht, aber ich habe die Chance ihnen etwas zu vermitteln, vielleicht gerade das, was ihnen im Endeffekt helfen wird. Nach dieser Erkenntnis, die von außen betrachtet jetzt nicht unglaublich weltverändernd erscheint, hat sich meine ganze Vorgehensweise während meines Freiwilligendienstes geformt.

Dreimal in der Woche treffe ich mich mit Karolina aus der siebten Klasse. Sie hat einen deutschsprachigen Vater und kann im regulären Unterricht nicht richtig gefördert werden. Ihr Lese- und Hörverständnis ist sehr gut, nur benutzt sie einen eingeschränkten Wortschatz beim Schreiben von Aufsätzen. Ich habe das Ziel, dass sich die Schüler nicht langweilen, wenn ich mit ihnen arbeite. So arbeite ich mit Karolina anfangs an Aufsätzen. Wir besprechen den Aufbau, die Vorbereitung vorm Schreiben des Aufsatzes, also das Sammeln und Ordnen von Argumenten, und stilistische Ausdrucksmittel, die die Qualität verbessern. Der erste Aufsatz behandelt das Thema Schuluniformen, wobei wir keine Quelle haben und uns auf eigene Erfahrungen stützen müssen. Da sie mir gegenüber in Schuluniform sitzt, hat sie genug Material für ihren Aufsatz. In der nächsten Stunde komme ich vorbereitet mit einem Artikel über den Gebrauch von Handys im Unterricht. Dieses Thema habe ich selbst in der Schule besprochen. Was für eine Ironie 😀 Zur Abwechslung bringe ich daraufhin ein Kreuzworträtsel mit. Es ist erstaunlich schwierig für sie, für alle Beschreibungen das passende Wort zu finden und wir verbringen zwei ganze Schulstunden damit, es zu lösen. Wenn sie nicht von selbst auf die Vokabel kommt, helfe ich ihr, indem ich das gesuchte Wort umschreibe. In der letzten Stunde sind wir einen Artikel über das Finden von geeigneten Aufsatzthemen durchgegangen. Ich möchte Karolina nicht immer vorgeben, worüber sie schreiben soll und fand es eine schöne Abwechslung, sie selbst ein Thema, welches sie interessiert, aussuchen zu lassen. Geplant ist auch die Arbeit mit Musik und Poetry Slam, aber das liegt in der Zukunft.

Agnė und Gabija sind Geschwister. Sie sind seit einem Jahr wieder in Litauen, davor haben sie ein Jahr in Deutschland gelebt. Gabija ist in der sechsten Klasse und Agnė ist jetzt in der fünften Klasse. Agnė wurde bereits vor ihrem Schulwechsel von Lina in Deutsch unterrichtet und sitzt nun in einer Klasse, wo alle das deutsche Alphabet lernen während sie in der Lage ist, eine relativ normale Konversation zu führen. Ich habe die Aufgabe, ihre Sprachkenntnisse nicht einrosten zu lassen. Die ersten Treffen bestanden aus Konversationen zum besseren Kennenlernen. Außerdem wollte ich herausfinden, wie gut und weit ihre Sprachkenntnisse reichen. Ziemlich weit, wie sich herausstellte. Ich bin mit ihr ein paar Gesprächsthemen der Achtklässler durchgegangen und sie konnte Fragen zur Schule und Hobby selbstsicher beantworten. Hier und da fehlte gelegentlich eine Vokabel, aber Agnė ist sehr motiviert zu sprechen, strahlt während der ganzen Stunde und ist mit ihrer konstant guten Laune einfach ansteckend. Auch mit ihr habe ich ein einfaches Kreuzworträtsel bearbeitet, welches ihr sehr schwer fiel, sodass wir es schließlich gemeinsam lösten. In einer anderen Stunde haben wir auf YouTube das Märchen Dornröschen als Puppenspiel geschaut und darüber gesprochen.

In meiner zweiten Woche sollte ich Vilma in einer achten Klasse während eines Deutschtests vertreten. Die Aufgabe hörte sich einfach an. Reingehen, die Klasse zur Ordnung rufen, zwei Vokabeln vorlesen lassen, den Test austeilen, keine Fragen beantworten und aufpassen, dass keiner schummelt. Tja, so einfach war das dann aber nicht. Glücklicherweise kannte ich die SchülerInnen, weil ich sie bereits in der vorherigen Woche bei der DSD Vorbereitung hatte. Es war für mich auch eine lustige Erfahrung, weil sie alle zur Begrüßung aufstanden und ich sie dazu auffordern durfte, sich zu setzen. Die Autorität eines Lehrers zu haben kann schon Spaß machen, auch wenn es nur ein kleines Detail wie das respektvolle Aufstehen am Anfang der Stunde betrifft.

In meiner freien Zeit soll ich nach Unterrichtsmaterialien und Aufgaben für Hörverständnis B1 suchen und ebenfalls ein Theaterstück auf Deutsch finden, was nicht länger als 30 Minuten dauert und ein angemessenes Sprachniveau hat. Zudem soll ich eine Präsentation über mich selbst erstellen, um mich in verschiedenen Klassen vorzustellen. Ich beginne ebenfalls mich mit verschiedenen SchülerInnen zu treffen, die an dem Wettbewerb „Lesefüchse international“ teilnehmen. Außerdem werde ich mich noch mit einer Schülerin aus der zwölften Klasse treffen, die ihr Deutsch aufbessern will, nachdem sie das Fach abgewählt hat. Mein Arbeitspensum ist also gedeckt.