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Essen und Trinken

Kūčiukai

Kūčiukai, prėskučiai oder šližikai – ist ein traditionelles litauisches Gebäck an Heiligabend, folglich an Weihnachten. Kūčiukai werden aus einem Hefeteig und Mohn hergestellt. Sie sind etwa so groß wie ein Fingerhut, recht hart, knusprig und ein wenig süß im Geschmack.

Wenn man Kūčiukai mit Backhefe herstellt, sind sie, je nach Aufgehgrad des Teigs, etwas weicher. Je mehr Hefe im Teig ist, desto weicher ist das Gebäck. Ohne Hefe wird das Heiligabendgebäck trocken und hart. Aus diesem Grund werden die runden Kügelchen mit Mohn in Mohnmilch angerichtet und als eine Art Suppe an Heiligabend gegessen. Für die Mohnmilch muss man den Mohn mit kochendem Wasser übergießen und sie so über Nacht stehen lassen.

Kūčiukai sind sehr lange haltbar. Man backt sie traditionell erst am 24. Dezember oder einen Tag vorher. Gegessen werden sie erst am 24. Dezember mit oder ohne Mohnmilch als Vor- aber auch gerne als Nachspeise. Kūčiukai sind in Litauen auch in den Wochen nach Weihnachten sehr beliebt als Snack.

 

Rezept:

HEILIGABEND-KEKSE: Kuciukai

Zutaten:

½ kg Mehl

1 Tasse Milch

50 g Öl

20 g Hefe

2 EL Mohnsamen

100 g Zucker

Salz

 

Zubereitung:

Hefe mit Zucker mischen und in warmer Milch auflösen. Die Hälfte des Mehls zugeben, gut verrühren. Vorteig mit Mehl bestreuen und und an der Wärme 1 Stunde aufgehen lassen. Teig gut rühren und restliches Mehl, Öl und überbrühte Mohnsamen hinzufügen. Den Teig gut mischen und circa 30 Minuten kneten, bis er nicht mehr an den Händen klebt. Nochmals eine Stunde an der Wärme aufgehen lassen. Teig zu 1 cm dicken Würsten ausrollen und in gleich lange Stücke schneiden. Die Teigstücke auf ein mit Mehl bestreutes Blech legen und bei 160 Grad goldbraun backen.

Diese Kekse werden für das Abendessen an Heiligabend gebacken und traditionell mit Mohnmilch gegessen.

 

Das kulinarische Erbe Litauens

Zur Feier des Lehrertages hatte die Schulleitung des Jesuitengymnasiums einen Ausflug zu einem Gutshof organisiert. Ich war positiv überrascht, als ich erfuhr, dass der Ausflug nicht nur für die Lehrer, sondern für alle Mitarbeiter des Gymnasiums war. So saßen in dem Bus Lehrer, Freiwillige, Putzfrauen und Mitarbeiter der Schulmensa. Vor der Abfahrt wurde gemeinsam ein Gebet gesprochen und dann wünschte jeder seinem Nachbarn „Good Luck“, begleitet von einer Umarmung.

Seit Montag bin ich nicht mehr die einzige Freiwillige an der Schule. Thibaut kommt aus Frankreich, hat bereits ein Studium abgeschlossen und unterstützt das Jesuitengymnasium beim Französischunterricht. Wenn eine Unterhaltung auf Französisch stattfindet, verstehe ich sogar den Großteil der Wörter, auch wenn ich mich noch nicht wieder an das Sprechen gewagt habe. Ich konzentriere mich erst einmal auf Litauisch. So unterhielten wir uns die Busfahrt über auf Englisch und tauschten Erfahrungen aus.

Am Ausflugsort unserer Reise angekommen, strömten wir aus dem Bus und wurden mit einem eindrucksvollen Blick auf den Gutshof begrüßt. Links neben dem Hauptgebäude befand sich die „Küche“, welche unser Ziel war.

An der Bar vorbei betraten wir einen abgetrennten Raum, in dem zwei lange Tafeln für unsere Gesellschaft gedeckt waren. Glücklicherweise formte sich an dem hinteren Ende des vorderen Tisches eine sogenannte „Deutschecke“, wo alle Deutschlehrer aufzufinden waren. Thibaut und ein Französischlehrer gesellten sich zu uns.

Als alle einen Platz gefunden hatten, begrüßte uns der Inhaber der Gutshofküche und gab uns einen Einblick in die Geschichte des Anwesens. Hier zeigte sich der logische Vorteil unserer Anordnung, weil die Deutschlehrer neben mir gerne seine Worte übersetzten. Gegenüber von mir wurde auch Thibaut konstant eine Übersetzung ins Ohr geflüstert.

Den Gutshof gibt es bereits seit dem 15. Jahrhundert. Vor der Öffnung des Restaurants wurde einiges restauriert. Die Pflastersteine im ersten Raum, wo die Theke ist, sind zum Beispiel noch original. In unserem Raum sind ebenso die Ornamente an der Wand und ein Geschirrschrank erhalten. Die traditionelle Uniform der KellnerInnen wurde sogar eigens von einer Designerin für das Restaurant entworfen. Da die Designerin kein Internet nutzt, sind sie umso einzigartiger.

In der Räucherei sind noch drei Karten des Anwesens erhalten. Die erste ist aus dem  17. Jahrhundert und die dritte Karte ist aus dem Jahre 1924, wo der Gutshof gekauft wurde. Im Laufe der Jahre hat der Gutshof verschiedenen Nutzen gefunden. So war er einmal ein Krankenhaus, ein Priesterseminarium und der Wohnsitz Adliger. Eine Besonderheit ist, dass der Gutshof niemals Sklaverei gesehen hat. Die einfachen Bauern bekamen Gehalt, manchen wurde sogar Land zugesprochen.

Heutzutage versucht der Gutshof nachzubilden, wie das Essen im 19. Jahrhundert war. Wir erlebten sozusagen eine kulinarische Expedition in das 18. – 19. Jahrhundert und aßen dieselben Speisen, die damals den vornehmen Herren vorgesetzt wurden. Zu dieser Zeit wurde oft Alkohol zum Kochen verwendet. Aus diesem Grund fragen Besucher heutzutage häufig nach der Mahlzeit, ob sie noch Autofahren dürfen. Auch alte Gewürze werden bei der Zubereitung der Gerichte verwendet.

Die traditionelle Reihenfolge der damaligen Zeit ist wie folgt: Es beginnt mit einem Snack, das zweite Gericht ist eine Suppe, darauf folgt eine Salat und dann wird die Hauptspeise serviert. Das ganze wird mit einer sogenannten Aufmunterung abgerundet.

Wir hielten die Reihenfolge nicht perfekt ein. Ein Grund dafür war, dass wir – um das kulinarische Erbe Litauens ganz zu erfaheren – nicht fünf, sondern volle zehn Gänge serviert bekommen würden.

Es begann mit dem Snack. Dieser bestand aus Brot mit Kräuterbutter. Das Brot war nicht das typisch litauische Brot, welches sehr süßlich schmeckt. Im Gegensatz war es ohne jegliche Süße und eher herb mit verschiedenen Kräutern. Da das Gutshof seine eigenen Bäckerei zum Brot und Kuchen backen hat, kann man dieses Brot auch in keinem Supermarkt kaufen.

Darauf folgte das zweite Gericht, Brotpfannkuchen mit Estragon. Pfannkuchen erfreuen sich generell einer großen Beliebtheit in Litauen. Meine Gastfamilie isst oft Pfannkuchen zum Frühstück und ich habe sie in meiner kurzen Zeit hier bereits so oft gegessen, dass ich keine genaue Anzahl zu nennen fähig bin. Litauische Pfannkuchen unterscheiden sich sehr stark von deutschen. Was bei uns meist groß, flach, süß und fettig ist, ist in Litauen ein handflächengroßer, leicht fruchtig, wie Banane gesüßter, Pfannkuchen.

Zu den Gerichten wurden zwei verschiedene Weine serviert. Der erste war ein Rotwein aus sechs Beeren und der zweite war ein Weißwein, ein sogenannter Löwenzahnwein.

 

Das dritte Gericht bestand aus Pastarnokas. Diese sehen aus wie runde Kroketten. Pastarnokas bedeutet übersetzt „weiße Rübe“ und ist eine Art von Gemüse.

Als viertes Gericht wurden uns gebackene Kartoffeln mit einer Heeringsfüllung vorgesetzt.

Als fünftes Gericht gab es dann einen sehr leckeren Spinat-Apfel-Salat, Rotkohl und gebackenen Karpfen auf einem Kohlblatt und Buchweizen. Dazu bekamen wir eine sogenannte Juckasauce, welche die intensive gelbe Färbung hatte, die typisch für Safran ist.

Das sechste Gericht war ein Süppchen und wäre traditionell das zweite Gericht gewesen. Die kalte Suppe war eine Gemüsebrühe mit roter Bete und wurde in einem Stielglas serviert, aus dem man sie getrunken hat.

Das siebte Gericht war der Höhepunkt der zehn Gänge. Es gab Pastarnokaspüree, Kartoffelchips und gebratene Taube mit Kirschsauce. In Litauen war man im 16. – 17. Jahrhundert der Ansicht, dass das Wild, welches man im Wald jagen konnte, Fleisch für die einfachen Bauern war und nicht für Adlige. Denen wurden ausgefallenere Fleischarten, wie Taubenfleisch, serviert. Auf dem Gutshof wurden folglich nicht so viele Gerichte mit Wild zubereitet.

In Litauen gibt es fünf Regionen: Dzūkija, Aukštaitija, Žemaitija, Suvalkija und Mažoji Lietuva, was so viel wie „kleines Litauen“ bedeutet. Alle Gerichte, die wir während unserer mehrstündigen Mahlzeit gekostet haben, sind typisch für Zanavikia, welches ein Teil von der Region Suvalkija ist.

Das achte Gericht präsentierte uns dann aber doch ein rares Stück Wildfleisch. Es gab Reh mit Johannisbeersauce und Buchweizen.

Als typisches Dessert nennt man in Litauen Lebkuchen von Torun. Dieser ist eine nationale Spezialität Polens. Dennoch wurde uns mitgeteilt, dass der Lebkuchen von Torun ein litauischer Lebkuchen ist, der nach litauischer Rezeptur vorbereitet wird.

Bevor wir zu den letzten Gängen kamen, wurde das Lehrerlotto aufgelöst. In dieses konnten die Lehrer ihren Namen geben und einen Preis gewinnen, der von Sponsoren gestellt wurde. Der Preis war ein Wochenende an einem Kurort namens Palanga an der Ostsee für zwei Personen. Pater Aldonas war hocherfreut, als sein Name aus der Bowle gezogen wurde.

Das neunte Gericht war Ente in Brot und gebratener Apfel mit französischen Mohrrüben. Ente in Brot ist eine ganz typisch litauische Spezialität.

Als zehntes und letztes Gericht wurde das Dessert angerichtet. Dieses war eine Art Stracciatella Eis, nur gab es nicht nur Schokoladen- sondern auch Limettenstückchen im Eis. Darüber waren Baumkuchenkrümel gestreut und schwarze Johannisbeersauce rundete das Ganze ab. Die schwarzen Johannisbeeren wurden für die Sauce in Wein gekocht und das Dessert war köstlich.

Insgesamt war die kulinarische Expedition ein voller Erfolg. Da ich Vegetarierin bin, habe ich auf Fleisch und Fisch verzichtet, aber ich habe trotzdem einen tollen Eindruck bekommen! Alles war liebevoll zubereitet und schmeckte ausgezeichnet. Selbst der Wein hat mir gemundet, auch wenn ich sonst nicht so affin für das alkoholische Getränk bin.

Nach dem zweistündigen Speisen besichtigten wir anschließend noch das Hauptgebäude und die angrenzenden Gebäude des Gutshofes, die als Kunstausstellung dienen, bevor es mit dem Bus wieder zurück nach Kaunas ging.