Wir schreiben den ersten März; Aschermittwoch, aschgrauer Himmel, Himbeerteewetter – der perfekte Tag, sich in die dunklen, aber gemütlichen Tage der Weihnachtszeit zurückzuversetzen:
Die Adventszeit 2016 war für mich einerseits geprägt von der Suche nach Geschenken und dem Schreiben von Karten, während aus meiner kleinen Bluetoothbox in Dauerschleife Weihnachtsmusik und auch von Zeit zu Zeit das eine oder andere Hörbuch klangen. Auf dem Pécser Weihnachtsmarkt war ich wohl ein halbes Dutzend Mal, immer wieder fehlte mir noch ein Geschenk. Ich fühlte mich wie ein Weihnachtswichtel. Nebenbei erlebte ich wieder eine Menge: Schul- und Gospelchorkonzerte, das Weihnachtsprogramm der Schule inklusive Abendessen für den Lehrkörper, meine ersten Polkatanzstunden mit der Lehrertanzgruppe, Pécs weihnachtlich geschmückt – in ein Lichterkleid gehüllt, Rentiere im Arkad (zugegeben aus Plüsch) -, nicht zu vergessen die Fahrt zum Grazer Christkindlmarkt…
Andererseits war diese Zeit für mich geprägt von einer starken Vorfreude auf die Wochen zuhause und Sehnsucht nach meiner Familie, meinem Freund und dem windzerzausten Schleswig-Holstein. In meinem kleinen Pécser Zimmer kuschelte ich mich in Kerzenschein und Orangenduft umgeben von lauter Adventspäckchen, immer wieder fand ich einen Abholschein im Briefkasten, an dieser Stelle ein kleines Danke an meine Familie; ihr seid die besten!
Nun aber zu meinen Erlebnissen, Fotos gibt es natürlich auch wieder reichlich.
Aus Zagreb zurück, empfing mich ein strahlend geschmücktes Pécs; ich bummelte über den Weihnachtsmarkt, hörte Konzerte auf dem Széchenyi tér, traf Schüler in der Stadt, half bei dem Schnupperunterricht für Achtklässler und – nicht zu vergessen – entwarf und besprach Unmengen an Arbeitsmaterial über Advent und Weihnachten: Suchsel, Quiz, Vokabellisten und informative Texte; wir erstellten Präsentationen und hörten deutsche Weihnachtslieder.
In dieser Zeit versuchte ich auch, Schüler mit einem liebevoll erstellten Plakat, Schokolade, Keksen und Saft zu einem Deutschclub am Dienstagnachmittag zu motivieren; leider kam jedoch kaum jemand, so dass das Projekt rasch im Sande verlief.
Interessant auch der Versuch, mein Zimmer zu dekorieren – Kerzen, Süßigkeiten und Orangen waren zwar rasch gekauft, kleine Christbaumkugeln für einen Adventsstrauß lagen in dem Adventspaket von meinen Eltern, doch Tannenzweige sowie eine Vase für selbige fand ich lange nicht. Im Blumengeschäft kosteten erstere ein Vermögen, und woanders fand ich keine – bis mir schließlich eine Kollegin, Kriszta, Zweige aus ihrem Garten mitbrachte. Als Vase diente eine große Glaskanne.
Zurück in Pécs, hat auch das Árkád weihnachtlich geschmückt
Nicht mehr mit bunten Tüchern dekoriert: die Pécser Fußgängerzone
Kontrast: Weihnachtsmarkt mit Moschee
Von diesem Töpfer und anderen Kunsthandwerkern auf dem Pècser Weihnachtsmarkt stammen fast alle meine Weihnachtsgeschenke.
Auf dem Széchenyi ter
Der Nikolaus ist gekommen (in Gestalt meiner Mitbewohnerin Dóra…)
Allen widrigen Umständen (in Ungarn ist es nicht üblich, sein Zuhause in der Adventszeit mit Tannenzweigen zu dekorieren) zum Trotz: mein Adventsstrauß
Mein Zimmer mit Kerzen und Adventskalender
Es muss nicht immer modern sein: altmodisches Kinderkarussell auf dem Pécser Weihnachtsmarkt
Rathausturm und Weihnachtsbaum
Blick von der Moschee über den Széchenyi ter
Alle Statuen in Pécs sind in der Vorweihnachtszeit bemützt, selbst der Reiterheld auf dem Széchenyi ter auf seinem im wahrsten Wortsinne hohen Ross…
Fast jeden Abend kann ich aus meinem Zimmerfenster…
… die schönsten Sonnenuntergänge bewundern
Bald folgte die Fahrt nach Graz zum Christkindlmarkt. Kriszta, Timi, eine Busladung Schüler und ich machten uns freitagvormittags auf den Weg. Nach fünf Stunden Busfahrt, Zwischenstopp bei einem riesigen Tesco und einem äußerst mühseligen Weg mit einem viel zu großen Bus durch viel zu kleine und zugeparkte Grazer Straßen erreichten wir schließlich das Schülerwohnheim der Grazer Partnerschule des Leöwey.
Mit Timi, Kriszta und Timis Tochter beim Bummel durch die weihnachtlich geschmückte Altstadt von Graz
Auf ein schnelles Abendessen folgte ein ausgedehnter Bummel durch die Innenstadt über die vielen kleinen Weihnachtmärkte mit gemütlichem Punschtrinken und Unterhaltungen. Zusammen mit Timi, Kriszta und Timis Tochter schlenderte ich durch die festlich beleuchteten Straßen.
Die Eiskrippe auf dem Grazer Weihnachtsmarkt ist tatsächlich komplett aus Eis geschnitzt
Beim Besuch bei der Partnerschule in Graz
Beim Besuch in Graz: Etwas merkwürdig sind sie schon, die kopfüber aufgehängten schwebenden Tannenbäume
Zauberhafte Atmosphäre beim Adventmarkt in Graz
Blick von einer Brücke auf die Mariahilfkirche und ein Riesenrad
Die Weihnachtsbeleuchtung lässt die Straße fast taghell erscheinen
Eher klassisch: Riesenzuckerstangen und Lichterzauber
Eher modern: Der Adventmarkt in Graz besteht aus 14 einzelnen kleineren Weihnachtsmärkten, von denen jeder seine eigene besondere Atmosphäre hat
Am darauffolgenden Tag, Samstag, ging es bereit um zehn wieder in die Stadt. Mit der Schlossbergbahn fuhren wir – nun, zum Schloss. Dort erneut ein kleiner Weihnachtsmarkt, tolle Ausblicke und, im Gegensatz zu den anderen beiden Punkten eher unerwartet, drei flauschige Lamas. Mittags trennten wir uns – Freizeit. Während die Schüler diese wohl weitestgehend mit Shopping oder ähnlichem verbrachten, ging unser Vierergrüppchen auf eine Sightseeingtour. Von der berühmten Grazer Doppelwendeltreppe bis hin zum Dom sahen wir die Highlights des Stadtbildes. Auch für Shopping bei Zara und einige weitere Themenweihnachtsmärkte blieb Zeit – besonders toll fand ich den Kunsthandwerksmarkt und den internationalen Weihnachtsmarkt, auf dem ich als Andenken ein Paar Ohrringe fand. Hungern mussten wir auch nicht, gingen wir doch zu „Nordsee“ zum Mittagessen – und dafür fahre ich nach Ungarn beziehungsweise Österreich?
Unsere Schulreisegruppe steht an der Schlossbergbahn an
Blick vom Grazer Schlossberg
Blick vom Grazer Schlossberg auf die Altstadt
Blick auf die Mariahilfkirche, links das zum Weihnachtsmarkt gehörige Riesenrad
Katharinenkirche mit dem Mausoleum Kaiser Ferdinands II.
Die Doppelwendeltreppe aus dem Jahr 1500 ist ein echtes architektonisches Highlight
Faszinierend und verwirrend: die Doppelwendeltreppe aus dem Jahr 1500 in der Grazer Burg
Das Riesenrad vor der Mariahilfkirche diesmal von unten
Die wunderschöne Altstadt von Graz steht auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste
Am Grazer Glockenspielplatz tanzt dieses Pärchen dreimal täglich zu einer von 24 Glocken gespielten Melodie
Von den vielen Eindrücken der kaum 24 Stunden in Graz redlich müde, stiegen wir in den Bus zurück nach Pécs, der eine halbe Stunde später auch schließlich losfuhr, nachdem alle Mädchen noch einmal schnell zur Toilette gegangen waren – an der Raststätte, an der wir von der (an Adventsonntagen übrigens kostenlosen) Straßenbahn in den Bus wechselten, gab es genau eine.
Bei der Rückkehr nach Pécs erwartet uns Schnee
Verschlafen erreichten wir schließlich Pécs, wo eine Überraschung auf uns wartete: Schnee! Hinter der Schule aber war die weiße Pracht schon zu Ende – eine Schneekante…
Es folgten noch einige Tage Schule, angefüllt mit Festprogrammen wie Weihnachtskonzerten des Schulchors oder einer in die Schule eingeladenen Big Band, Weihnachtsfeiern – offiziell im Festsaal der Schule, privat zwischen den Stunden im Lehrerzimmer, aber dennoch mit großem Buffet-, und am letzten Abend vor den wohlverdienten Ferien die große Feier des gesamten Kollegiums, zu der auch ich eingeladen war. Leckeres Essen und interessante Gespräche – mit einem seltsamen Gefühl im Magen verließ ich schließlich die Schule, die nächsten zweieinhalb Wochen würde ich wieder in Deutschland verbringen.
Weihnachtskonzert des Chors im Festsaal der Schule
Jazzkonzert in der Schule; zu hören waren Weihnachtslieder wie Jingle Bells oder Let it Snow
Weihnachtsbüfett im Deutschlehrerzimmer
Die neunte Klasse singt beim Schulkonzert nicht etwa deutsche Weihnachtslieder, sondern Andreas Bouh(r)anis „Auf uns“
Weihnachtskonzert des Schulchors in einer kleinen Kirche am Széchenyi tér
Die Weihnachtsfeier des Kollegiums in feierlicher Atmosphäre
Die lange Geschichte der Schule spiegelt sich auch in den Räumlichkeiten
Die Entscheidung, über Weihnachten nach Hause zu fahren, bereue ich übrigens in keinster Weise. Sicher wäre es auch interessant gewesen, die Feiertage in Ungarn zu verbringen oder das Jahr 2017 in Budapest zu beginnen, doch ebenso wichtig, wie es ist, neue Erfahrungen zu machen, ist es, über lauter aufregenden neuen Erlebnissen seine Wurzeln und die Menschen, die nicht nur flüchtig das eigene Leben streifen, sondern fest verankert im Herzen sind, nicht zu vergessen. Es war unglaublich schön, meine Familie, Freunde und meinen Freund wiederzusehen, den Hund zu knuddeln oder am Ufer des Meeres zu stehen, eiskalte Salzluft in der Nase, sanftes Rauschen in den Ohren – die Gedanken auf den Schwingen des Windes treiben lassen…
Beruhigend zu wissen, dass, auch wenn sich manches verändert hat, einige Dinge doch immer gleich bleiben.
Zwischen viel Weihnachtsstress und diversen Erledigungen flogen die Tage geradezu vorbei, kaum hatte ich Zeit, mich einmal hinzusetzen; die Großeltern kamen oder wurden besucht, die Freunde zur Feuerzangenbowle eingeladen, mein neues altes Kleid aus Zagreb wurde bei der Hochzeit meiner Patin eingeweiht, und selbst den Stadtbummel mit meiner besten Freundin nutzte ich noch für den Gang zur Versicherung. Nur wenige Tage blieben einzig dem Genuss vorbehalten – dem Spaziergang mit meiner Mutter am Meer oder dem Ausflug mit meinem Freund nach Hamburg.
Dennoch fand ich zwischen all dem Trubel eine alte Ruhe, schnell kamen bekannte Routinen zurück, bald war es, als wäre ich nie weggewesen.
Nach einem erneuten Abschied und einer äußerst abenteuerlichen Zugfahrt inklusive langem Warten am unglaublich kalten Bahnhof – durch die schließlich notwendige Umbuchung auf einen Nachtzug auf Kosten der Bahn blieb mir allerdings angenehmerweise die Zwischenübernachtung in Budapest erspart – hatte mich schließlich Pécs wieder. Das alte Lied: Wer günstig reist, reist unbequem.
Zum Abschluss möchte ich euch nun noch einige Impressionen des Pécser Schneezaubers nicht vorenthalten:
Weißer Blick aus meinem Zimmerfenster
Das Gymnasium wirkt im Schnee auch ganz anders
Wie mit einer Puderzuckerschicht überstäubt liegt der Park da
Auch der auf einem Balkon des Bischofspalasts stehende Franz Liszt hat seinen Bronzeumhang gegen ein weißes Gewand getauscht
Winterwunderland
Auf der Stadtmauer war noch niemand unterwegs
Blick über die Stadtmauer
Einer der Rundtürme; wer genau hinsieht, kann erkennen, dass die ungarische Flagge diejenige ist, die mit ihrem kreisrunden Loch in der Mitte an den Volksaufstand von 1956 erinnert
Ende Februar und schönster Sonnenschein, doch die bereits langsam verblassenden Erinnerungen an das Zwischenseminar und die Weihnachtszeit klopfen an, möchten endlich aufgeschrieben, festgehalten werden, schon beinahe verdrängt von vielen aufregenden und schönen neuen Erlebnissen.
Auf die Herbstferien in Budapest folgte eine kurze trubelige Zeit in Pécs, in der ich kaum Zeit hatte, meine Koffer auszupacken – an einem Freitagnachmittag im November fuhren Isi, Greta, Peter und ich schließlich los nach Budapest, wo wir Lorenz, Marvin und am Samstag auch noch Marius trafen. Bis Sonntagnachmittag durchstreiften wir die Stadt, spazierten an der Donau entlang und wanderten hoch zur Fischerbastei, zogen abends von Bar zu Bar und tranken Cocktails, aßen scharfes Gulasch im Brot und spielten Wizard; ich traf auch noch einen Bekannten aus den Herbstferien. Teuer, aber ein Erlebnis besonderer Art der Besuch in der Széchenyi-Therme: Heißes Wasser, kalte Luft, Dampfwolken ziehen über die Köpfe der Badenden, die gelben Wände leuchten in der Abendsonne (an dieser Stelle ein kleiner Hinweis: Wer im 50-Meter-Becken schwimmen möchte, braucht eine Badekappe); und in den Innenräumen Schwefelbäder, Dampfsauna, Sauna, Eisbad und Eiswürfel.
Beim Bummel durch Budapest: Überlebensgroße Karyatiden schmücken das Portal dieses Nobelgeschäfts
Peter, Lorenz, Greta, Isi und Marvin vor einem Zug der Linie 1, der ältesten des Kontinents – nur Londons U-Bahn ist noch älter…
Ich, Isi, Peter, Marvin, Lorenz und Greta
Ein ganz besonderes Erlebnis: die drei großen Außenbecken der Széchenyi-Therme
Fast noch beeindruckender: die beleuchteten Außenbecken
Stilvoll schwimmen – aber nur mit Badekappe!
Bei spätherbstlichen Temperaturen: Dampfschwaden über den warmen Becken
Trotz des einmaligen Ambientes ist das große Becken fast menschenleer…
… ganz im Gegensatz zu den stets gut gefüllten Thermalbecken!
Innen setzt sich das luxuriöse Ambiente fort: Baden unter Kuppeldach.
Vom heißen Wasser auf das ganz kalte: Schlittschuhläufer im Városliget, dem Stadtwäldchen
Romantischer kann man kaum übers Eis schweben: Blick auf die Burg Vajdahunyad
Gemeinsames Abendessen
Wizard und Wein
Am Sonntagnachmittag schließlich das Treffen mit unseren zwei Teamerinnen, Steffi und Anja, und den übrigen Freiwilligen. Im Anschluss an ein kleines (Wieder-)Kennenlern-Programm und die Frage, wie es uns so ginge, liefen wir durch die Stadt und machten etwas, das ich das letzte Mal wohl vor acht Jahren auf einem Kindergeburtstag gemacht habe: Dinge tauschen. Vom Überraschungsei über Kugelschreiber und Feuerzeuge hin zu Metrotickets und Salzstangen, und ganz nebenbei wurden wir zu einer Hochzeit nach London eingeladen. Später das Musical „Fame“ im Operettentheater – eine typische amerikanische Teeniestory, aber meisterhafte Tanz- und Gesangseinlagen.
Beginnende Weihnachtsstimmung
Dem Maler über die Schulter geschaut: Peter, Isi und ich
Wachsoldaten auf dem Burgberg
Allein…
… und mit Peter, Greta, Isi und Lorenz auf dem Burgberg
Budapest zum Träumen: Donaupanorama mit Parlament
Und wieder einmal ein Budapester Löwe; dieser wirbt für die renommierte Porzellanmanufaktur Herend
Abends im Operettenhaus
Am Ende eines langen Tages, um ein Uhr nachts, bezogen wir unsere Zimmer im beschaulichen Gardony bei Budapest, und das Zwischenseminar begann wirklich.
Auf anderen Blogs wurde bereits viel darüber berichtet, meist ausschließlich positiv. Für mich war es zwar auch eine gute und wichtige Zeit mit vielen wunderbaren Momenten, jedoch recht anstrengend und teils positiv wie negativ sehr emotional. Eine Menge wurde angestoßen, manches aufgewühlt; etliche Fragen gestellt, manche auch beantwortet. Zwischen gemütlichen Momenten in der Küche, dem Versammlungsraum und am Seeufer lagen viel ernsthafte Arbeit und die Reflektion unserer Erfahrungen und unseres Verhaltens. So stellten wir uns die Frage, was für uns Zuhause bedeutet, analysierten unser Auftreten in der Gruppe oder dachten über Probleme und Konfliktlösungen nach.
Äußerst interessant, ja schockierend der Vortrag zur Situation von Sinti und Roma in Ungarn mit dem Fokus auf Antiromaismus, zur weiteren Information gab es eine von Steffi und Anja aufgebaute kleine Ausstellung. Entspannend unser kreativer Nachmittag, amüsant der Talentabend am letzten Tag, für den Chris und ich aus meinen Fotos der letzten Tage ein Video zusammenstellten. Langwierig, letztendlich aber immerhin erfolgreich, Leos und mein Versuch, den bereits kaputten Korken aus einer Weinflasche zu ziehen. Schade meine Erkältung, die sich erstaunlicherweise nicht gut mit pausenloser Action und wenig Schlaf vertrug; aus diesem Grund ging ich an unserem letzten Abend auch als erste schlafen – um zwei Uhr nachts.
Waren wir anfänglich wohl alle etwas enttäuscht, dass unser Zwischenseminar nicht etwa in Budapest oder Bratislava in einer schicken Jugendherberge mit Vollverpflegung, sondern im menschenleeren Gardony in einem kleinen Schullandheim und mit selbst zu kochendem Essen stattfand, so erwies sich diese Entscheidung im Nachhinein als genau richtig: der gemeinsame Großeinkauf für 17 Leute am Montagmorgen; das selbstgekochte Essen, besser als jede Kantinenkost; unser allmorgendliches großzügiges Frühstücksbuffet; die Abgeschiedenheit des Ortes, in der wir – ich etwa beim Spaziergang mit Chris und Lina am Seeufer – das Erlebte wunderbar verarbeiten, Probleme besprechen und über die Welt, unsere Existenz und den Sinn des Lebens philosophieren konnten. All das trug dazu bei, dass diese Tage den perfekten Raum boten, sich einmal auszutauschen, Abstand vom Alltag zu finden und die eigene Situation zu reflektieren.
Zwischenseminar in Gardony am Velencer See
Im November wie ausgestorben: Stege am Velencer See
Seminar am Ende der Welt – aber auch wenn es nicht so aussieht, es gab auch eine Straßenanbindung
Ruhige Minuten am See
„Und jetzt schaut mal alle her!“
Kurze Auszeit
Nicht nur die Katze war von dieser Anglerin fasziniert
Schilf am Velencer See
Lina verträumt im Schilf
Die Herbstsonne lässt das Gelb der Brücke leuchten
Kreatives Chaos
So sieht ein Einkauf für 17 Personen aus
Gruppenfoto am See
…nur echt mit Fischer
Donnerstagnachmittag fuhren die meisten von uns direkt weiter nach Zagreb. Auch wenn ich mich schon lange auf dieses Wochenende gefreut hatte, hätte ich in diesem Moment auch nichts dagegen gehabt, einfach nach Pécs zurückzufahren und zu schlafen, schlafen, schlafen…
In Zagreb bezogen wir unsere Unterkünfte: fünf von uns eine AirBnb-Wohnung, sieben das enge Achter-Zimmer eines Hostels zusammen mit einem einzelnen Argentinier, einem ehemaligen Tennisprofi – immerhin fand an diesem Wochenende das Davis-Cup-Finale zwischen Kroatien und Argentinien in Zagreb statt. Woher ich das weiß? Während die anderen gleich am Donnerstagabend loszogen, verbrachten Ulrike und ich den Abend in der Hostelbar mit ihm und unterhielten uns. Sie verspürte wenig Lust, noch loszugehen und auch ich wollte mich lieber ausruhen, da ich immer noch angeschlagen war.
Voll frischer Energie brachen Ulrike und ich dann am nächsten Morgen mit Leo und Marius zu einer Free Walking Tour durch Zagreb auf; wir waren stundenlang unterwegs und lernten dank eines sehr kompetenten und sympathischen Guides sowohl touristische Punkte als auch versteckte Ecken kennen. Ganz nebenbei erfuhren wir viel über die Geschichte der hübschen Stadt und die politische Situation in Kroatien. Nach so viel Input bummelten wir den Rest des Tages entspannt durch die Innenstadt, verbrachten viel Zeit in einem kleinen Secondhandshop – tolles neues/altes Kleid gekauft!-, trafen Freiwillige des Zagreber Zwischenseminars… und entdeckten anschließend in einer riesigen Gruppe aus kulturweit-Freiwilligen das Zagreber Nachtleben.
Markt auf dem Ban Jelacic Platz in Zagreb
Das Portal der Kathedrale von Zagreb
Die Weihnachtsdekoration ist im vollen Gange – der Brunnen vor der Kathedrale verwandelt sich gerade in einen riesigen Adventskranz
Blick durch eine malerische Gasse in der Altstadt
Mit 108 Metern ist die Kathedrale eines der höchten Gebäude des Landes und dominiert die Stadt
Nicht ganz jahreszeitengemäß
Sie mag altmodisch gekleidet sein, doch Marija Juric Sagorka war die erste kroatische Journalistin und eine berühmte Schriftstellerin
Free Walking Tour mit Ulrike, Leonie und Marius
In den Zagreber Bunkeranlagen
Die St.-Markus-Kirche, Pfarrkirche der Oberstadt, mit dem historischen Wappen des dreieinigen Königreichs Kroatien, Slawonien und Dalmatien und dem Wappen Zagrebs, der weißen Burg auf rotem Grund
Am Bunkerausgang: Zagreb ist berühmt für seine Graffitis
Als wir morgens an ihm vorbeikamen, war es noch ein ganz normaler Brunnen…
Abends auf dem Weihnachtsmarkt
Nostalgischer Charme: Straßenbahn in Zagreb
Am Morgen darauf brunchte unsere Gruppe sehr gemütlich, und als Marius und ich endlich Richtung Unterstadt spazierten, wurde es schon bald dunkel. Lebkuchen knabbernd ließen wir alte, charmant abblätternde Hausfassaden und Sehenswürdigkeiten, die große Zagreber Eisbahn, eine Bühne mit Vielzulautsprechern und den frisch eröffneten Weihnachtsmarkt – Gelegenheit für den Erwerb erster Weihnachtsgeschenke – auf uns wirken; trafen die anderen und gingen gemeinsam etwas essen; Ulrike und ich schlenderten erneut über den Weihnachtsmarkt, wo wir uns mit viel zu süßer heißer Schokolade mit Marshmallows in einen Hauseingang setzten und über unserer Unterhaltung die Zeit vergaßen.
Die roten Marktschirme bringen Farbe in einen grauen Tag
Nicht nur in Ungarn weiß man offensichtlich eingelegtes Gemüse zu schätzen
Erstaunlich, was man so alles weihnachtlich schmücken kann
Der berühmte kroatische Schriftsteller August Senoa trägt Blumen und eine Schleife in Landesfarben
Als ob der Sternenhimmel sich auf den Gehweg gesenkt hätte – weihnachtliches Lichtermeer
Adventliches Zagreb mit Eisbahn, Weihnachtsmarktbuden und – Nikolaussocken?
Weihnachtsstimmung auf dem Ban Jelacic Platz
Weihnachtsbeleuchtung muss nicht immer weiß sein
Weihnachtsbaum vor der St.-Markus-Kirche
„Der Wal“, geschaffen vom französischen Street Art-Künstler Entier, schwimmt über ein Haus in der Oberstadt
Eines der vielen anderen Graffitis
Weihnachtsbeleuchtung in den kroatischen Nationalfarben
Am nächsten Morgen ging es auch schon zum mit den anderen Pécsern zum Zug, wo wir alle schon mal etwas Schlaf nachholten. Bis heute gibt uns die kroatische Ticketpreisgestaltung Rätsel auf, war doch tatsächlich eine Hin- und Rückfahrt günstiger als eine einfache Fahrt…
Als wir schließlich in Pécs ankamen, herrschte auch hier vorweihnachtliche Stimmung – aber davon ein andermal, jetzt ist es zunächst einmal Zeit, wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Liebe Grüße an alle, die mich auf dieser kleinen Reise in die Vergangenheit begleitet haben
Nach langen Überlegungen, was ich mit meinen Herbstferien anfangen sollte, entschied ich mich, nach Budapest zu fahren. Geplant waren ursprünglich nur einige Tage, schließlich blieb ich die gesamten Ferien. Ich hatte das Glück, dass ich bei Fabian, einem deutschen Studenten, den ich im Zug kennengelernt hatte, übernachten konnte.
Tagsüber streifte ich meist allein mit meiner Kamera durch die zauberhafte Stadt, bis mir in meiner viel zu dünnen Jacke wirklich zu kalt geworden war und ich vor dem schneidenden Wind ins Warme floh, erst in die Straßenbahn oder U-Bahn, dann in die Wohnung. Oft blieb ich dort jedoch kaum und zog mit Fabian gleich wieder los, zu einer WG-Party, zu Freunden, in eine Kneipe – so lernte ich nicht nur die für Budapest typischen Ruinenbars kennen, sondern auch eine Menge wirklich netter Leute.
Viel mehr möchte ich an dieser Stelle zu den Herbstferien auch nicht schreiben, stattdessen lasse ich die vielen folgenden Fotos für sich sprechen.
Zusammenfassend kann ich jedoch sagen, dass mir die Zeit in Budapest unglaublich gut tat. Ich habe mich nicht nur in die Stadt verliebt und konnte ohne Termine und Verpflichtungen einfach umherstreifen, entdeckte ständig Neues, sondern konnte mich auch mal wieder entspannt auf Deutsch unterhalten – im gleichen Atemzug über Partys und hochpolitische Themen -, einfach mal wieder tanzen und mich im Kreise eigentlich fremder Personen wirklich wohlfühlen. Es war eine richtig gute Zeit!
Nachdem wir den ersten Abend bereits lange aus gewesen waren und am folgenden Tag in Ruhe eingekauft und gekocht hatten, bekam ich den ersten richtigen Eindruck von der Stadt im Dunkeln; meine Schritte führten mich zuerst in Richtung Heldenplatz, dann stieg ich in die nächstbeste Metro, die an die Donau fuhr – atemberaubend schön!
Blick aus dem Fenster meines Ferienzimmers nah des Oktogon
Blick auf das Milleniumsdenkmal auf dem Heldenplatz bei Nacht
Figuren am Fuß der 36 Meter hohen Säule, die den Mittelpunkt des Milleniumsdenkmals darstellt
Burg Vajdahunyad, im 19. Jh zur Millenium-Ausstellung gebaut, gelegen im Stadtwäldchen nah des Heldenplatzes
Metrostationen – des Nachts Obdach für viele Obdachlose
Willkommen in Budapest!
Lichterzauber
Schiffsanleger, Kettenbrücke, Burgberg
Zurückschreckend vor den vielen kulturellen Highlights, die Budapest zu bieten hat, begann ich meine Erkundungstour ganz entspannt mit einem ausgedehnten Bummel über die Margareteninsel und streifte anschließend noch etwas das Pester Donauufer entlang:
Blick über die Donau auf die Margareteninsel
Reger Schiffsverkehr auf der Donau – hier zwischen Margareteninsel und dem Pester Ufer
Das Parlament – stilvoll mit Stephanskrone
Blick durch Herbstlaub auf das Pester Donauufer
Ausblick von der Margareteninsel auf das Pester Donauufer
Springbrunnen auf der Margareteninsel; der größte Springbrunnen in Budapest – regelmäßig kann man dort Wasserspiele zu klassischer Musik beobachten;im Hintergrund das Zentenariumsdenkmal, das an die Vereinigung der drei Städte Buda, Pest und Óbuda zu Budapest (1873) erinnert.
Wasserspiele und Herbstfarben
Blätterteppich
Ruine eines Franziskanerklosters auf der Margareteninsel
Die Margareteninsel – Oase der Ruhe auch für Anwohner
Alte Metro-Waggons (die älteste U-Bahn-Linie in Budapest, die Linie 1, ist die älteste auf dem europäischen Festland)
Typisch ungarische Grillwaren, frisch gebraten – für meinen Geschmack allerdings recht teuer
Elegante Fassaden, hier im Jugendstil, sind in Budapest nichts Besonderes.
Im 19. Jh erbautes und jüngst renoviertes Ball- und Konzerthaus
Blick auf Buda mit dem Burgberg
Elisabethbrücke und Innerstädtische Pfarrkirche bei Nacht
Mittlerweile trieb mich meine Neugier doch zu dem Touristenhighlight in Budapest – das Burgviertel in Buda. Zu sehen gibt es dort die Fischerbastei, die Matthiaskirche, weite Ausblicke über Buda, die Donau und Pest, hübsche kleine Gassen mit alten Häusern und niedlichen Cafés und Läden und nicht zuletzt den Burgpalast. Ursprünglich hatte ich mir alles für einen Tag vorgenommen, da ich mich jedoch insbesondere bei den Ausblicken zu lange aufhielt, den Aufstieg in einem großen Umweg machte und abends noch verabredet war, verschob ich den Burgpalast auf einen anderen Tag – ich hatte ja noch so viele…
Abends spazierten Finn, ein neu gewonnener Freund, und ich noch durch Pest; er zeigte mir die Stephansbasilika und das Parlament von nahem und später setzten wir uns noch in eine Bar und schnackten.
Blick auf den Gellértberg und die Freiheitsbrücke, im Hintergrund der Burgberg
Das Parlament, im Vordergrund Binnenschifffahrt
Auf dem Weg, Buda zu erkunden
Die zauberhafe Spiegelung der Fischerbastei in der Fassade des Luxushotels Hilton Budapest, an dem m.M. nach die Spiegelung das Schönste ist
Im Vordergrund die St.-Anna- und die Elisabethkirche, über die Donau führt die Margaretenbrücke, hinter selbiger liegt die Margareteninsel
Furchteinflößend, nicht?
Kettenbrücke
Im Hintergrund zu erkennen: Die Stephansbasilika
Durch die Bögen der Fischerbastei: das Parlament
Reiterstandbild des Hl. Stephan, erster König von Ungarn, im Hintergrund die Fischerbastei
Die schnörkeligen Türme der Fischerbastei im Sonnenlicht
Matthiaskirche, links im Bild der Dreifaltigkeitsplatz, rechts das Reiterstandbild des Hl. Stephan
Das farbenprächtige Innere der Matthiaskirche
Detail in der Innenausgestaltung
Auch hier sind Löwen zu finden – so wie überall in Budapest; die bekanntesten wohl an der Kettenbrücke
Die Freiheitsbrücke im schwindenden Licht
Fassade der Stephansbasilika bei Nacht
Das Parlament – einmal nicht über die Donau hinweg gesehen
Zwischenstopp in einer Bar – noch immer wird Halloween gefeiert
Tags darauf zog ich erneut los, das Burgviertel zu erkunden. Dort blieb ich, bis es dunkel geworden war, und die Stadt zu meinen Füßen ein Lichtermeer.
Das Parlament von der Margaretenbrücke aus, rechts der Gellértberg
Häuserzeile auf dem Burgberg, links der Turm des Luxushotels Hilton, rechts der Turm der Matthiaskirche
Rund um den Burgberg verläuft ein Spazierweg, immer an der Mauer entlang, und mit bunten Blättern besonders schön
Ein gemütlicher Platz zum Rasten
Ausblick in Richtung Buda, rechts vom Bildrand die Budaer Berge
Am südlichen Ende des Burgbergs: der Burgpalast
Kettenbrücke und Stephansbasilika
Reger Schiffsverkehr vor dem Parlament
Kettenbrücke, Margaretenbrücke und Parlament
Einer der Innenhöfe des Burgpalasts
Fußweg in die Stadt hinunter
Zauberhaftes Abendlicht
Burgturm im Abendlicht
Burgturm, Elisabeth-, Freiheitsbrücke und Gellértberg
Im Vordergrund die zum Burgpalast gehörenden Parkanlagen, dann die Elisabeth-, Freiheitsbrücke und der Gellértberg
Ketten-, Margaretenbrücke und Parlament bei Nacht
Im Vordergrund die zum Burgpalast gehörenden Parkanlagen, dann die Elisabeth-, Freiheitsbrücke und der Gellértberg; links außerdem die Innerstädtische Pfarrkirche
Mittwoch, der 02. November, die Hälfte meiner Zeit in Budapest vorbei, und noch lange nicht alles entdeckt. Doch an diesem Tag lag etwas anderes Spannendes an: Besuch in der deutschen Botschaft in Budapest.
Nach einem ausführlichen Bummel durch die zentrale Markthalle, in der ich mich auch mit ausreichend Picknick für den Nachmittag eindeckte, traf ich um 14 Uhr Isabella und Greta vor der Tür der deutschen Botschaft. Diese ist übrigens in traumhafter Lage in einem Gebäude auf dem Burgberg untergebracht; langsam bekam ich das Gefühl, mich dort auszukennen…
Im Anschluss an das informative Gespräch in der Botschaft verabschiedete ich mich gleich wieder von Isi und Greta (die beiden waren noch zum Essen verabredet) und machte es mir mit meinem Picknick gemütlich; nun, so gut das in der Kälte eben ging. Halb erfroren bummelte ich noch ein wenig durchs Burgviertel und genoss die Lichter, bis ich schließlich Gefahr lief, ganz zu erfrieren, und in das nächstbeste öffentliche Verkehrsmittel floh. Da es noch recht früh war, verschlug es mich in ein Shoppingcenter, wo ich schließlich auch endlich einen neuen Wintermantel für mich fand – und was war der kuschelig warm!
Blick in die Zentrale Markthalle – ein wunderbarer Bau aus Stahl und Beton, erbaut Ende des 19. Jahrhunderts, um die sanitären Bedingungen auf den Märkten zu verbessern
Vitamine satt in der Budapester Markthalle…
… aber im Land der deftigen Küche dürfen natürlich auch die Fleisch- und Wurstwaren nicht fehlen, von klein bis riesengroß
Ob die Paprika- und Knoblauchketten wohl zum Verzehr oder doch eher zur Dekoration gedacht sind?
Salami wird in Ungarn meistens im Paar verkauft – so kann man sie auch besser aufhängen…
Bunte Bohnen in großer Menge, daneben Plastiksäcke voll Salat – das Angebot unterscheidet sich doch etwas von dem eines deutschen Wochenmarkts
Während das Erdgeschoss nach wie vor dem klassischen Marktbetrieb dient, findet sich im Obergeschoss auch das „typisch ungarische“ Kunsthandwerk für den Touristen
In der deutschen Botschaft sind Greta, Isabella und ich zu einem Informationsgespräch eingeladen gewesen
Wie aus der Zeit gefallen: antiquarische Buchhandlung
Der Burgpalast brannte 1945 komplett nieder, die ehemals barocke Kuppel wurde klassizistisch wieder aufgebaut
Ob das der Vogel Turul ist, von dem der Sage nach das ganze ungarische Volk abstammt?
Der Burgpalast gehört wie das gesamte Burgviertel zum UNESCO-Weltkulturerbe
Einer der vier Löwen, die das Tor zum Burginnenhof des Burgpalasts bewachen
Im Einkaufszentrum auf Budaer Seite gibt es nicht nur prächtige Herbstdeko, sondern zum Glück auch endlich einen warmen Mantel für mich…
Nach so vielen Tagen auf der Budaer Seite blieb ich am Donnerstag in den Straßen von Pest. Ich sah mir den Heldenplatz bei Tag an, unterhielt mich vor den Toren von Burg Vajdahunyad ein Stündchen mit einem netten jungen Mann, spazierte durch das Stadtwäldchen, warf einen Blick auf und in das Széchenyi-Heilbad und nahm schließlich die Metro in Richtung Jüdisches Viertel.
Dieses fand ich jedoch nicht auf Anhieb. Stattdessen lief ich durch eine bei Tag recht ausgestorbene Partygasse und stolperte auf der Suche nach einem Café in einen Club, in dem gerade für den Abend vorbereitet wurde. Schließlich stand ich aber doch im Jüdischen Viertel, einer ausgesprochen charmanten Ecke von Budapest. Mein Plan, die Große Synagoge und vielleicht auch noch eine weitere zu besichtigen, ging jedoch nicht auf – Eintrittspreis und Uhrzeit in Kombination sprachen dagegen. Ich musste am nächsten Tag wiederkommen.
Musizierende Jugendstil-Engel
Milleniumsdenkmal, diesmal bei Tag
Heldische Rösser auf Heldenplatz…
Die Burg macht zwar auf mittelalterlich, stammt aber ebenso wie der benachbarte Heldenplatz vom Ende des 19. Jahrhunderts
Dieser Löwe darf sich nützlich machen und ein Wappen halten
Kirche im Innenhof der Burg Vajdahunyad
Löwen sind allgegenwärtig in Budapest, auch wenn dieser ein eher missglücktes Exemplar ist…
Das Széchenyi-Bad im Stadtwäldchen, eines der schönsten historischen Bäder Budapests
Blick durchs Fenster in den Innenhof – die Männergrüppchen links und rechts am Beckenrand spielen Schach…
Hier ist die Deko dann eher maritim gehalten
Der prunkvolle Haupteingang des Széchenyi-Bads
Prächtige Kuppel im Foyer des Széchenyi-Thermalbads: erst 2004 renoviert, erstrahlt der Bau vom Beginn des 20. Jahrhunderts wieder in altem Glanz
Ob sie wohl auch gerade im Heilwasser badet, das hier mit 70 Grad an die Oberfläche tritt?
Ein echter Badetempel….
Fuß einer Laterne
Prächtige Lyra an der Metrostation Ungarische Staatsoper
Teil des Budapester Charmes – nicht alles ist renoviert
Selbstverständlich koscher: Kneipe im Jüdischen Viertel
Lieblingsplatz: Früher jüdisches Ghetto, heute eines der stimmungsvollsten Viertel Budapests: das Jüdische Viertel
Die Herbstsonne bringt die Fassaden zum Leuchten
Gedenktempel im Garten der Großen Synagoge im Jüdischen Viertel
Engel allerorten: Jugendstilbalkon
Und so kam ich am nächsten Tag wieder – bei mittlerweile nicht mehr ganz so strahlend sonnigem Herbstwetter wie in den ersten Tagen schien es genau das Richtige, erst die Große Synagoge und das anschließende Jüdische Museum zu besichtigen, dann die Staatsoper. Letztere ist übrigens an Prunk und Pracht der Opéra Garnier in Paris ebenbürtig, nur die Decke ist, wenn auch schick, so doch kein Vergleich mit der Chagall-Decke in Paris.
1854-59 errichtet, ist die Große Synagoge heute die größte Europas
Die Große Synagoge bietet Platz für 3000 Personen. Die Frauen sitzen dabei ganz traditionell auf den Emporen
Gegen eine Spende lässt sich auf Lebenszeit ein Sitzplatz erwerben
Detail des Innenraums
Leuchter im Jüdischen Museum neben der Großen Synagoge
Blick durch einen Torbogen auf die Große Synagoge
Im Raoul-Wallenberg-Gedenkpark bei der Großen Synagoge – Raoul Wallenberg war ein schwedischer Diplomat, dessen unermüdlichem Einsatz zahlreiche Budapester Juden ihr Überleben verdanken
Zur Erinnerung an Opfer des Holocaust
„Baum des Lebens“ von Imre Varga – ein Mahnmal, das mich tief beeindruckt hat
Auf jedem Blatt der Trauerweide ist der Name eines jüdischen Opfers des Nationalsozialismus eingraviert
Der „Baum des Lebens“, Denkmal für die Opfer des Holocaust
Die Zwiebeltürme der Großen Synagoge, eine Anspielung auf die zwei Säulen des Salomontempels in Jerusalem
Die Ungarische Staatsoper – es gibt Don Quijote; wenn auch nicht für mich, ich nahm nur an einer Führung durch die Oper teil
Von 1875-84 erbaut, ist die Oper eines der schönsten Bühnenhäuser Europas
Das prächtige Treppenhaus der Ungarischen Staatsoper
Eine der schönsten Logen war für den österreichischen Kaiser Franz Joseph reserviert, hatte er doch den Löwenanteil bezahlt
Blick auf die Bühne und die beeindruckende Decke
Für das Treppenhauskonzert brauchte man ein eigenes Ticket – aber so habe ich wenigstens etwas Musik in der Oper gehört
Selbst für den kleinen Auftritt die große Robe…
Über meinen Besuch in der Oper ist es dunkel geworden…
Samstag, mein letzter Tag und grau. Meine Schritte führten mich zur Kathedrale, die ich von innen besichtigte, bevor ich auf den Kirchturm stieg, auf dem ich lange blieb. Wieder am Boden angelangt, begann es zu regnen, aber egal, ich wollte noch einmal zur Donau. Vorbei an den Klothildenpalästen stiefelte ich über die Freiheitsbrücke, am Gellért-Bad vorbei und, Schutz suchend vor dem Regen, verschlug es mich in eine merkwürdige kleine Höhlenkirche, bevor ich auf den Gellértberg kletterte… Doch seht selbst:
Mit ihrer 96 Meter hohen Kuppel und den 80 Meter hohen Türmen ist die St.-Stephans-Basilika ein beeindruckender Bau
Der Blick von der Aussichtsplattform auf der Basilika offenbart die reizvolle Spannung zwischen alt und neu: das historische Parlament hinter dem modernen Glasgebäude
Selbst bei trübem Wetter leuchten die buntglasierten Dachziegel
Blick auf einen der beiden Türme
Der Blick hinüber zum Burgberg: eher vernebelt
Auf der Aussichtsplattform, ganz Budapest zu meinen Füßen
Auf dem Weg hinunter mal eine andere Perspektive auf die majestätische Kuppel
Statue des braven Soldaten Schwejk – Teile des bekannten Schelmenromans spielen in Ungarn. Offenbar ist es sehr verführerisch, dem Guten den Bauch zu tätscheln…
Die Klothilden-Paläste, zwei vor der Elisabethbrücke stehende Zwillingsbauten
Gedenktafel für den ungarischen Bildhauer Fekete Tamas, gestorben 2007
Die Freiheitsbrücke im Abendlicht
Detail an einer Hausfassade
Hoch über der Freiheitsbrücke: Steinskulptur des heiligen Stephan, des ersten Königs von Ungarn, am Eingang zur Felsenkapelle
Die Felsenkapelle ist eine der merkwürdigsten Budapester Sehenswürdigkeiten: Eine natürliche Höhle im Gellértberg wurde vergrößert und zu einem Gotteshaus erweitert
Während der Zeit des Sozialismus geschlossen, finden heute wieder Gottesdienste in der Felsenkapelle statt
Nach dem Vorbild der Grotte von Lourdes entstand in den 1920er die Felsenkapelle
Lichter spiegeln sich im regennassen Asphalt
Blick vom Gellértberg am letzten Abend…
… an dem es zum ersten Mal regnete, was für eine Stimmung sorgte, die wie mit Weichzeichner bearbeitet wirkt
Nach vielen Worten und Bildern habe ich nun erneut das Ende meiner Zeit in Budapest erreicht. Ich hoffe, euch hat die Reise in Bildern und Gedanken mit mir gefallen! Und wer plant, demnächst Budapest zu besichtigen – was sich allemal lohnt! -, findet hier vielleicht die eine oder andere Anregung…
Nach dem Bericht über meine Arbeitstage hier in Pécs folgt nun natürlich auch ein Text, der euch daran teilhaben lässt, wie ich so meine Wochenenden in Ungarn verbringe.
Der Plan ist jedes Wochenende der gleiche: die Hausarbeit erledigen – einkaufen, aufräumen, die Wohnung putzen, etwas richtig Leckeres kochen, Ungarisch lernen, Pécs oder die Umgebung besichtigen, etwas Sport machen, für den Unterricht Materialien vorbereiten, Organisieren – was ich immer wieder aufschiebe, so z.B. den Antrag auf die Fahrtkostenerstattung -, endlich ein paar Fotos ausdrucken gehen und mein Zimmer damit schmücken, mit verschiedenen Leuten skypen oder telefonieren, an meinem Blog arbeiten… und natürlich mich erholen, um Montagmorgen mit frischer Energie in aller Frühe motiviert aus dem Bett zu federn!
Die Realität sieht zugegeben etwas anders aus. An den letzten Wochenenden hing ich zunehmend müde auf meinem Bett rum – ich schiebe das jetzt einfach mal aufs Wetter. Der Herbst wickelt die Stadt in eine kalte Nebel- und mich in eine warme Kuscheldecke. Besonders an meinen ersten Wochenenden hier habe ich aber schon viel von Stadt und Land gesehen und auch eine ganze Menge schöne Fotos gemacht, die ich euch natürlich nicht vorenthalten möchte.
Noch Ende September waren Dóra und ich an einem Donnerstagnachmittag zusammen um einen See spazieren, bei schönstem Sonnenschein und ersten Herbstblättern.
Blick durch Schilf über den See
Die Stadt ist ganz in der Nähe
Herbstfarben
Abendsonne
Tags darauf sah ich mir – verbunden mit einem gemütlichen Bummel über das Pécser Weinfest und durch die Innenstadt – den frühchristlichen Friedhof von Pécs bzw. das Besucherzentrum Cella Septichora an. Die Bauwerke und Malereien sind wirklich beeindruckend! Auch die Ausstellung ist schön gestaltet, nur die deutschen Kommentare auf den Erklärern sind etwas gewöhnungsbedürftig…
Besucherzentrum Cella Septichora
Ein Highlight des gleichnamigen Besucherzentrums: Die Cella Septichora, eine einzigartige siebenchörige Grabkammer (spätrömisch)
Im Inneren des Besucherzentrums
Grabkammer Peter und Paul: Deckenbemalung
Frühchristliche Ruine, im Hintergrund die Kathedrale
Frühchristliche Ruine
Außerhalb des Besucherzentrums gelegenes altchristliches Mausoleum
Adam und Eva
Blick in den zwischen dem Leőwey Klára Gimnázium und dem Domplatz gelegenen Park
Essenspause – Hazi Retes: Typisch ungarisches Blätterteiggebäck mit Quarkfüllung
Musikalische Darbietung anlässlich des Pécser Weinfestes auf dem Szechény tér
Ein etwas anderer Blick in die Király utca
Entspannte Abendstimmung am Szechény tér
Abends trafen wir uns noch zu fünft – Peter, Isabella, Greta, ihr Freund Andi und ich – zum Pizzaessen.
Auch am Samstag unternahmen wir etwas zusammen, wir fuhren mit dem Bus in die Nähe von Orfü, um eine dort gelegene Höhle zu besichtigen. Nach der gut halbstündigen Führung durch die ganz nette, aber auch nicht gerade umwerfende Höhle machten wir uns auf den Weg nach Orfü. Da wir leider keinen Fußweg fanden, liefen wir die Straße entlang, schöne Ausblicke gab es jedoch auch dort. Schließlich in Orfü angekommen, ging es einen kleinen Fußweg am Wasser entlang bis hin zu der einzigen Gaststätte, die wir finden konnten – es gab dort Pizza. Schließlich bei schon schwindendem Licht und bald im Dunkeln suchten wir eine Bushaltestelle, die wir letzendlich auch fanden, allerdings mussten wir beinahe zwei Stunden in der Kälte warten… Die Zeit vertrieben wir uns jedoch auch irgendwie, sei es mit Musik oder Wortspielen, und trotz dieser „kleinen Unannehmlichkeit“ war es ein schöner Tag.
Eingang zur Abaligeter Höhle
Warten auf die nächste Führung
Willkommen in der Welt der Erwachsenen!
Entspannte Stimmung am See in Abaliget
Blick über den See
Auf dem Weg von Abaliget nach Orfü
Blick zurück über Abaliget
Bekanntschaft am Wegesrand
Nur wenige Kilometer von Pécs entfernt findet man sich auf dem Land wieder
Andi, Margareta, Peter und ich – danke, Isi, für das Foto!
Am Ziel: der Orfüer See
Sonntag zog ich dann allein los, ich wollte auf den Jakab Hegy wandern, den mit 602 Metern höchsten Berg des Mescek-Gebirges.
Motiviert packte ich meinen – für einen solchen Auflug eigentlich viel zu großen – Rucksack, hetzte zum Busbahnhof, um den richtigen Bus noch zu erwischen; und dann die Frage aller Fragen: An welcher der vier Stationen in dem Dorf mit dem klangvollen Namen Kővágószőlős muss ich austeigen? Der Reiseführer gab mir auf diese Frage leider keine Antwort; aber an einer Kirche sollte die Wanderung beginnen. Also stieg ich bei der ersten Kirche, die ich sah, aus, nur leider handelte es sich hierbei nicht um die Kővágószőlőser Kirche, sondern um die von Cserkút, einem direkt neben Kővágószőlős gelegenen kleinen Dorf.
Doch zuerst hatte ich ein anderes, viel größeres Problem zu lösen: Meine Weste mit MP3-Player und vor allen Dingen sämtlichen Schlüsseln war in dem Bus liegen geblieben. Auf erste Panik folgte ein Anruf bei Dóra. Sie sagte, sie versuche jemanden von dem Busunternehmen zu errreichen. Ich wartete, wartete und verfluchte meine eigene Dummheit. Schließlich kam der Rückruf und mit ihm die Erleichterung, die Weste war gefunden worden und lag im Busbahnhof am Schalter, wo ich sie bis sieben abholen sollte. So weit, so gut, nur fuhr der nächste Bus auch erst abends, daher ein Dank an Greta fürs Abholen.
Nun machte ich mich doch noch auf den Weg den Berg hinauf, wenn auch nicht der durch den Reiseführer vorgeschlagenen Route folgend, da ich mich dafür ja im falschen Dorf befand. Von dort ging jedoch auch ein Pfad den Berg hoch, sogar auf der Karte eingezeichnet, erst auch wunderbar gekenneichnt, durch Wanderzeichen, breit ausgetreten, dann plötzlich nur noch Dickicht vor mir: Umdrehen oder Weitergehen? Ich ging weiter. Der Querweg musste bald kreuzen – und tatsächlich, nachdem ich rückwärts beinahe den Abhang wieder runtergerutscht wäre, nasses Laub ist da tückisch, traf ich auf ihn. Von nun an verlief alles nach Plan, ich fand den Weg, die Sonne schien und ließ die Felsformationen leuchten – ein magischer Anblick, bei einer gemütlichen Pause aß ich mein Picknick, genoss wunderschöne Ausblicke und schließlich, nachdem ich das letzte Stück ins Dorf gejoggt war, schaffte ich sogar noch den passenden Bus (und vermied dadurch, zwei Stunden im Dunkeln warten zu müssen).
Festhalten kann ich nach diesem Tag dreierlei: – Stress maximiert die Leistungsfähigkeit; ich bin diese Wanderung in weniger als der angegebenen Zeit gelaufen, trotz etwas längerer Route, Picknick und vielen Fotopausen. – Eine Wanderung auf den Javab-Hegy ist wirklich uneingeschränkt zu empfehlen, besonders im Herbst und wenn man im richtigen Dorf startet – traumhaft schön! – Bin ich wirklich so blöd, meine Schlüssel im Bus zu vergessen, an der falschen Haltestelle auszusteigen, und das zudem zunächst nicht einmal zu merken? Ja, bin ich.
Morgens bei der Cserkúter Kirche
Abends in Kővágószőlős – hier hätte die Wanderung auch beginnen sollen
Fund nahe Cserkút, noch vor dem Anstieg im Wald – zwei zauberhaft bemalte Häuser: Bücherhaus
Brombeerhaus
Vom Querweg aus, zwischen den Bäumen hindurch, die ersten Ausblicke, hier auf die Kővágószőlőser Kirche
Rekonstruierter Turm des Paulinerklosters aus dem 13. Jh
Der Turm des Klosters ist normalerweise begehbar. Gut jedoch, dass ich die Aufschrift auf diesem kreativen Warnschild mithilfe des Internets zuvor übersetzte: Nicht hinaufsteigen, Wespen!
Klosterruine
Spaziergang durch die alten Mauern
In den Fels geschlagene Treppe
Natürliche Felsnase, einem Schwalbennest gleich, genannt Zsongor-kő – traumhafter Ausblick
Blick auf Kővágószőlős
Wohlverdiente Pause zum Genießen der Aussicht
Bizarre Felskonstruktionen, genannt Puppenschwalben, aus rotem Gestein
Dieses rote Gestein lässt sich auf dem Jakab-Hegy überall finden
Ein letzter Ausblick – Die Landschaft in der Abendsonne
Das Wochenende darauf wollte ich endlich auf den Pécser Fernsehturm – motiviert zog ich gleich freitags nach Schulschluss los… und musste feststellen, dass der Bus um kurz nach zwei gerade gefahren war und der nächste und letzte erst abends fuhr. Also streifte ich mit meiner Kamera eher planlos durch Pécs, einmal nicht nur im touristischen Zentrum, doch seht selbst:
Moschee des Pascha Jakowali Hassan, die einzige Pécser Moschee mit einem noch erhaltenen Minarett – eine Besichtigung steht definitiv noch auf meiner To-Do-Liste
Dieses stilvolle Gebäude beherbergt den Hauptsitz der Pécser Post
Vor dem Eisenbahnmuseum nahe des Bahnhofs
Wunderschöner Brunnen – mitten in einem Wohngebiet
Graffiti 1
Graffiti 2
Die kräftige Abendsonne ermöglicht interessante Fotos
Pécser Markthalle
Pécser Synagoge im Abendlicht
Eigenwillige Architektur
In dem Gedicht „New York“ schreibt Edward Fields: „Where I live the streets end in a river of sunlight“. Wer bei Sonnenuntergang die Straßen der Pécser Innenstadt hinunterblickt, kann diese Zeile nachfühlen…
Blick in der Abendsonne auf das sogenannte Elefantenhaus mit einem der Türme des Rathauses im Hintergrund
Spiegelung der Abendsonne in den Fenstern eines Cafés am Szechény ter
In den Brunnen vor dem Theater waren an diesem Tag Blumenblätter gestreut: Seiteneingang
Straßenlaterne
Haupteingang
Eine Zufallsbekanntschaft, die auch fotografierend durch die Straßen lief, erzählte mir, dass am selben Abend das große Abschlusskonzert des Pécser Musikfestivals sein würde – was für ein Festival? Das hatte ich gar nicht gewusst. Aber einmal am Szécheny ter, die Bühne und die an verschiedenen Stellen stehenden, für jedermann benutzbaren Klaviere entdeckt, beschloss ich noch ein wenig zu bleiben – eine gute Entscheidung! Ich sah ein fantastisches Tschaikowsky Konzert, ein mich überrraschendes und daher zuerst erschreckendes Feuerwerk, verschiedene Kapellen und viele glückliche Menschen.
Blick in die Király utca, im Vordergrund eines jener Klaviere
Noch einmal der Brunnen vor dem Theater – entspannte Stimmung an den Tischen einer Kneipe
Begeistertes Publikum auf dem Szechény ter
Das Orchester
Tags darauf brachen Isabella, Peter und ich nach Villány auf, um dort das bekannte Villányer Weinfestival zu besuchen. Wie üblich etwas zu spät, schwang ich mich auf mein Fahrrad und hetzte Richtung Bahnhof.
Schließlich im Zug sitzend überlegten wir uns, eine Station früher auszusteigen, uns noch das hübsche Dorf Villánykövesd anzusehen und die paar Kilometer bis Villány zu laufen. Versehentlich stiegen wir jedoch zwei Stationen früher aus. Dadurch sahen wir zwar zwei pittoreske Dörfer, Villánykövesd und Palkonya, hatten jedoch auch ein paar mehr Kilometer zu bewältigen, weshalb wir in Villánykövesd erst einmal Pause in einem sehr schönen Restaurant machten. Nachdem der Kellner bereits zweimal an unseren Tisch gekommen war, wir jedoch immer noch nicht gewählt hatten, brachte er uns unaufgefordert eine mehrsprachige Speisekarte. Das machte die Auswahl zugegeben einfacher.
Am späten Nachmittag erreichten wir endlich Villány, dort trennten wir uns, so konnte ich in Ruhe fotografieren, ohne dass die beiden auf mich warten mussten. Ich bummelte durch die mit Menschen angefüllten Straßen, schaute mir die vielen Stände mit Wein (natürlich), verschiedenen Köstlichkeiten, Souvenirs, Spielzeug und anderem an, probierte und kaufte Honig, aß eine Art ungarischen Flammkuchen – ziemlich scharf -; und kaum war ich wieder bei der großen Bühne angekommen, um Isi und Peter wiederzutreffen, wollten diese auch schon los. Ich überlegte, alleine noch zwei Stunden bis zu dem nächsten und letzten Zug dort zu bleiben, fuhr aber letzendlich doch mit.
Alles in allem muss ich sagen, dass ich mir das Weinfest in Villány etwas anders vorgestellt hatte – vielleicht besonderer, nicht so sehr den Straßenfesten ähnelnd, die ich kenne; es war aber dennoch schön dort.
Der – kaum als solcher zu erkennende – Bahnhof in Palkonya, an dem wir fälschlichweise ausstiegen
Blick über die Felder auf Palkonya, auffällig die 1816 erbaute Kirche
Die schneeweißen Häuser des Kellerdorfes, erbaut Anfang des 19. Jhs
Blick zurück auf die Häuser des Kellerdorfes
Innenhof eines Villánykövesder Gebäudes, in dem sich auch das Sarga Haz Borgerező & Grill Bisztró (Burgerrestaurant und Grill Bistro Gelbes Haus) befindet, in dem wir zu Mittag aßen
Pittoreskes Villánykövesd
Entspannte, ruhige Stimmung im beinahe menschenleeren Villánykövesd
Letzte Sonnenstrahlen in Villány
Gedränge beim Weinfest in Villány
Fassadendetail
Gelöste Stimmung vor den Villányer Kneipen
Eben noch traditionell ungarische Musik gespielt, nun – nicht ganz so traditionell – am Telefonieren
Es wird langsam dunkel
Honig aus der Region
Essenspause – traditionell ungarisch scharf
Am folgenden Wochenende stieg ich aufgeregt in den Bus – nach Kővágótöttös diesmal. Dort wollte ich nach vielen Jahren wieder mit dem Reiten beginnen. Die Besitzerin des Reiterhofs dort hatte auf meine auf Deutsch und Englisch verfasste E-Mail freundlich auf Englisch geantwortet, sie könne mir auf Englisch Reitunterricht geben.
An diesem Samstagmorgen jedoch war ich etwas beunruhigt, nicht so sehr wegen des Reitens als vielmehr aus Sorge, die richtige Bushaltestelle zu verpassen, da in vielen ungarischen Bussen, so auch in diesem, die Haltestellen weder angesagt noch angezeigt werden. Mithilfe von Google Maps stieg ich schließlich an der eigentlich richtigen Haltestelle aus, von dort aus kann man allerdings den Reiterhof nicht erreichen, da der Weg über Privatgelände führt. Ich ging, mir dessen nicht bewusst, erst durchs Dorf, dann über verschiedene kleine Wege, schließlich kreuz und quer über Felder, wurde von gefährlich aussehenden Hunden an langen Ketten verbellt, den Blick verwirrt auf die Karte gerichtet, da ist ein Zaun im Weg, aah, wo komme ich hier lang?
Ein typisches Farmhaus auf dem Dorf, der Turm der Kővágótöttöser Kirche im Hintergrund
Kalt und neblig
Aussicht über Obstwiesen von Kővágótöttös aus
Eine halbe Stunde zu spät erreichte ich schließlich doch den Hof, auf dem ich eine schöne Zeit verbrachte. Pferde, Hunde, Lamas, ein Minischwein… Eine tolle Aussicht hat man von dort auch. Und es ist unglaublich entspannend, zur Abwechslung einmal nicht von einer Sprachbarriere aufgehalten zu werden – den Tieren ist es nämlich völlig egal, ob man sie auf Ungarisch, Englisch, Deutsch, Französisch oder auch Elbisch anspricht.
Seit diesem Samstag war ich einige weitere Male dort, ich habe allerdings nie Fotos gemacht, von daher überlasse ich den Hof – zumindest erst einmal – eurer Vorstellungskraft.
Tags darauf gab mir das eher graue Wetter endlich einen Anlass, das gleich neben meiner Schule gelegene Csontváry Museum zu besuchen – überraschenderweise musste ich nicht einmal Eintritt zahlen, da der Besuch für unter 26-Jährige einen Sonntag im Monat kostenlos ist.
Der Apotheker Tivadar Kosztka Csontváry erhielt – dem Künstler selbst zufolge – mit 41 Jahren eine Eingebung und widmete sein Leben fortan der Kunst und dem Reisen. Zu seinen Lebzeiten fanden seine im Stile des Impressionismus und frühen Expressionismus gehaltenen Werke jedoch keinen großen Anklang, einzig Picasso begeisterten die Malereien des Ungarn; heute ist er der wohl bekannteste ungarische Maler.
Das Csontváry Museum in Pécs zeigt eine abwechslungsreiche Sammlung der Werke Csontvárys – von Schwarz-Weiß-Zeichnungen über kleinformatige und großformatige Ölgemälde bis hin zu Skizzen.
Entdeckung auf dem Weg zum Museum – ein kreativer Fahrradständer, der wohl auch als Kunst bezeichnet werden kann
Die Fassade des Contváry Museums stimmt bereits auf die Ausstellung ein
Sturm über der großen Hortobagy (Die neunlöchrige Brücke) (1903)
Baalbek (1906) – Man beachte den Flügel als Größenmaßstab
Baalbek (1906) Detail
Marienbrunnen in Nazareth (1908)
Am Eingang der Klagemauer in Jerusalem (1904)
Die einsame Zeder (1907)
Lehrer aus Marokko (1908)
Skizzenarbeit
Im Anschluss an die Ausstellung spazierte ich noch an der Stadtmauer entlang, um ein wenig zu fotografieren, inzwischen war auch die Sonne wieder rausgekommen. Gezeigt hatte mir Timi die Stadtmauer eines Morgens in einer Freistunde, fotografiert hatte ich sie deshalb noch nicht. Von der Schule aus ist es dorthin nicht weit, das wirklich beeindruckende Bauwerk grenzt direkt an die Kathedrale.
Neben der Kathedrale gelegener Barockpavillon, früher eine Taufkapelle, heute ein Café
Frontansicht der Kathedrale
Blick auf die mittelalterliche Universität
Rechts neben den Zinnen der Stadtmauer sind die Türme der Kathedrale zu sehen
Blick über die Stadtmauer auf die Kathedrale
Nach einem Spaziergang an Teilen der Stadtmauer entlang, geht es wieder Richtung Stadtkern
Hinter wuchtigen Mauern zeigt sich der Bischofspalast
Auf dem Weg nach Hause: die nah meiner Schule gelegene kleine Kirche; in dem gelben Haus davor befindet sich eine Bäckerei, deren Kundenstamm vermutlich zu einem Gutteil aus Schülern des Leőwey besteht
Mittlerweile bin ich mit meiner Erzählung Mitte Oktober angelangt; ich unternahm nicht mehr jeden Tag etwas, dazu reichte meine Energie nicht aus. Außerdem hielt langsam, aber sicher der Herbst Einzug und der Alltag meldete sich: Einkäufe mussten erledigt, Essen wollte gekocht, Wäsche gewaschen und die Wohnung geputzt werden. Zeit für einen kleinen Herbstspaziergang mit meiner Kamera fand ich dennoch:
Auf dem Weg ins Zentrum
Die Sackgasse, durch die ich stets mit meinem Fahrrad fahre
Ein anderer Blick auf die Stadt
Árkád in der Abendsonne
Herbststimmung
Spiegelung Stromleitung: selbst Stromleitungen können etwas Magisches haben
Spiegelung Straßenlaterne 1: Es ist noch nicht spät, doch die Lichter der Straßenlaternen gehen bereits an; Herbst
Spiegelung Straßenlaterne 2
Am letzten Wochenende vor den Herbstferien ging es schließlich doch noch zum Fernsehturm. Schließlich begrüßte mich samstagmorgens eine strahlende Sonne und die Sicht war gut, so beurteilte ich es zumindest aus meinem Fenster im vierten Stock. Da es noch verhältnismäßig früh war, plante ich nicht nur den Fernsehturm, sondern auch den Zoo zu besichtigen, da dieser für mich auf dem Weg liegt.
Schnell die Tasche gepackt, einen Screenshot von der auf Google Maps gezeigten Route für Fußgänger gemacht und losmarschiert, denn Bus fahren ist doch langweilig. Und tatsächlich entdeckte ich auf dem Weg einige interessante Dinge. Ich besichtigte die Piuskirche, auch wenn ich mich erst nicht hineintraute, da der Eingang aufgrund von Renovierungsarbeiten durch die Sakristei führt, und sah die Nachbildung eines türkischen Brunnens. Außerdem weiß ich nun, wo die Pécser Brauerei liegt und dass die Häuser am Mecsek zwar wunderschön und sicher teuer sind, ich da abends nach der Arbeit mit meinem Fahrrad aber bestimmt nicht hochfahren möchte. Nach einem ziemlich steilen und recht anstrengenden Weg bergan fand ich mich endlich in den letzten Ausläufern der Pécser Bebauung wieder; bereits von hier bot sich ein traumhafter – und zunehmend diesiger – Ausblick.
So weit so gut, doch ich wäre ja nicht ich, wenn ich ohne Probleme den Weg fände. Und so musste ich feststellen, dass auf meiner Karte vier Straßen existierten, in Realität aber nur drei, kurzum – ich stand wohl an der falschen Kreuzung. Nach mehreren frustrierenden Versuchen, die richtige Stelle zu finden, packte ich die Karte weg und lief aufs Geratewohl weiter bergan.
Nach einer Weile traf ich eine ältere Frau, die mir, wie ich glaube, erzählte, dass die Sicht nicht gut sei. Ah, igen, igen, köszönöm szépen. Vielleicht erzählte sie aber auch von ihrer Katze, die seit neuestem Shakespeare liest. Wer weiß das schon so genau.
Bald begann ich zu zweifeln, ob ich auf dem richtigen Weg war – kein Zoo weit und breit. Als ich schließlich auf einen Wegweiser zum Fernsehturm traf, strich ich den Zoo. Noch ein steiler Anstieg, ein Picknick im Wald, schließlich fuhr ich mit dem Fahrstuhl den Fernsehturm hinauf – und siehe da, die Sicht hatte sich wieder etwas verbessert!
Ich verbrachte sage und schreibe drei Stunden dort oben, bewunderte die atemberaubende Aussicht über bunte Herbstwälder und die Stadt, fotografierte und lernte zwei Studenten kennen, Ayham aus Jordanien und Yelena aus Kasachstan. Wir unterhielten uns so lange in der Kälte, bis wir fast erfroren waren, dann setzten wir uns ins Panoramacafé. Dort hielten sich Lena und ich an unseren warmen Tassen fest, bis die Sonne unterging – Pécser Lichterzauber von hoch oben! Noch bevor es ganz dunkel war, mussten wir aber den Rückweg antreten, der letzte Bus fuhr. Gemütlich plaudernd stapften wir zu dritt durch die Kälte von der Haltestelle nach Hause, denn lustigerweise wohnen wir drei nur wenige Minuten Fußweg auseinander. Den Abend verbrachten wir noch bei Ayham, schauten arabische Musikvideos, aßen kasachische Schokolade und original aus Jordanien mitgebrachten Hummus – und wusstet ihr, dass arabischer Kaffee ganz anders als der uns altbekannte und sehr gut schmeckt?
Abschließend bleibt nur zu sagen, dass der Samstag – unter anderem dank meiner neuen Bekanntschaften und allen Irrwegen und aller Kälte zum Trotz – ein wunderbarer Tag voller schöner Eindrücke und Erlebnisse war.
Hier endlich auch einmal das Haus, in dem sich meine Wohnung befindet – die dazugehörigen Fenster verstecken sich allerdings hinter dem Baum
Die Piuskirche – von außen sehr hübsch, von innen eher unbeeindruckend
Alt und neu, klein und groß…
Blick über eine Parkanlage auf die Kathedrale
Nachbildung eines türkischen Brunnens
Ein steiler Anstieg
Eine kleine Fotopause auf dem letzten Wegstück
Der Fernsehturm endlich einmal aus der Nähe
Atemberaubender Ausblick
Ziel erreicht!
Blick über die in sanften Farben leuchtenden Herbstwälder
Hier ist so einiges zu erkennen: Das Rathaus, die Moschee des Paschas Gasi Kassim, das Csontváry Museum, die Kathedrale und hinter selbiger sogar meine Schule, das Leőwey – um nur einiges zu nennen
Gegenlicht
Sonnenuntergang über Pécs
Die ersten Lichter gehen an, Nebelschwaden liegen über der Stadt – magisch
Lichtermeer
Ein letzter Abschiedsblick den Turm hinauf
Gemütlicher Abend
Gratuliere, Leser, nun bist du beinahe am Ende dieses Artikels angelangt, denn nach einer weiteren Woche, in der ich unter anderem verzweifelt versuchte, diesen Artikel zu beenden, und mit Lena auf eine Halloweenparty an der Uni ging, begannen die Herbstferien. Diese verbrachte ich in Budapest, doch das ist eine andere Geschichte. Es sei nur so viel gesagt: Die Stadt ist wunderschön und die Woche dort mit die beste Zeit, die ich hier in Ungarn bisher verbringen durfte!
Seit ich wieder zurück in Pécs bin, stecke ich bis zum Hals in Arbeit; DSD-Pilotprüfungen und DSD-Vorbereitung, Lehrermangel aufgrund von Fortbildungen, Planung einer Deutsch-AG und einer Schülerzeitung, kulturweit-Unterlagen mussten eingereicht werden, und eigentlich muss ich auch noch zum Einwohnermeldeamt… Das alles wirkte sich natürlich auch auf mein erstes Wochenende nach den Herbstferien aus; für dieses blieb nämlich leider sämtliche Hausarbeit liegen – Auspacken, dazu war ich bisher nicht gekommen, Aufräumen, Putzen, Waschen und Einkaufen. Letzteres tat ich unter anderem auf dem Pécser Sonntagsmarkt, mit wenigen ungarischen Worten, wildem Gestikulieren und steif gefrorenen Händen bei Minusgraden – unter anderem deswegen verließ ich vom Einkaufen abgesehen die kuschelig warme kleine Wohnung letztes Wochenende nicht.
Anbei hier noch zwei letzte Fotos:
Nach einem Nachmittag im Oktober in der Innenstadt – mein Ungarischlehrbuch, etwas Grün für mein Zimmer und von einem kleinen Kunsthandwerksmarkt die dringend benötigten Topfhandschuhe
Ein typischer Einkauf aus dem kleinen Supermarkt direkt um die Ecke
Wer bis hierhin gelesen hat, der muss wirklich interessiert an mir sein; an euch ganz liebe Grüße aus dem schönen Pécs,
Oder eigentlich fing sie bereits vor einigen Tagen, Wochen, Monaten oder sogar Jahren an.
Lasst uns eine kleine Zeitreise machen:
Vor Jahren bereits entschied ich mich, nach meinem Abitur ein Jahr im Ausland zu verbringen, am besten im Rahmen eines Freiwilligendienstes. Nach langem Suchen und dem Besuch mehrerer Messen zum Thema Auslandsaufenthalt war die Organisation kulturweit gefunden.
Ich fieberte dem Zeitpunkt entgegen, an dem ich mich bewerben konnte, doch als er endlich da war, hatte ich so viel um die Ohren, so viel anderes im Kopf, dass ich die Bewerbung nur als eine lästige Pflicht empfand. Stundenlang mussten Dokumente zusammengesucht werden, ich bat um Bescheinigungen für dieses und für jenes und auch um eine Referenz. Texte über meine Motivation, über den Umgang mit verschiedenen Situationen, über meine Vorstellungen und Wünsche wurden geschrieben, verworfen, um Mitternacht neu geschrieben.
Die Bewerbung Ende November endlich abgeschickt, konnte ich mich wieder auf Anderes konzentrieren: Die Vorweihnachtszeit, Weihnachten, die ersten Januarwochen zogen vorbei, bis schließlich Ende Januar die Nachricht kam – ich war zu einem Auswahlgespräch bei der Organisation PAD/ZfA eingeladen worden. Zusammen mit einem Freund von mir, Rune, der sich auch bei kulturweit beworben hatte und bei der gleichen Organisation, am gleichen Tag, zur gleichen Zeit wie ich sein Auswahlgespräch hatte, fuhr ich den von Schleswig-Holstein aus doch recht weiten Weg nach Bonn.
Auswahlgespräch – aufgeregt, aufgedreht… aufgerufen… aufgepasst, aufgetaut, aufgefallen und vorbei.
Für diese halbe Stunde und einige neue Bleistifte so viele Stunden Zugfahrt? Das Warten begann, das Abitur rückte näher – schriftliche Prüfungen, Ferien, Mottowoche und mittendrin die Zusage.
Es folgten die Platzannahme und der motivierte Versuch, erstes Ungarisch zu lernen, der jedoch allzu bald überlagert wurde von Reisen, Treffen mit Freunden und dem Lernen für die mündlichen Abiturprüfungen, schließlich Abistreich, -entlassung, -ball.
Mein Jahrgang bei der Abiturentlassung
So viele Dinge hatte ich noch vor, so viel war noch zu erledigen – von Frankreich aus die Suche nach einer Wohnung mithilfe von Facebook, Googleübersetzer und Englisch; bald schon die ersten Verabschiedungen. Ich versuchte, mich dazu zu motivieren, einen Blog zu erstellen, scheiterte jedoch bereits an der Wahl eines Namens, ich versuchte, mich dazu zu motivieren, die ersten Sachen zu packen, doch was packt man ein, was lässt man da? Stress. Und schon saß ich im Zug Richtung Hamburg, dann Richtung Berlin, Richtung Vorbereitungsseminar.
So schnell war die Zeit vergangen, hatte ich mich nicht eben erst beworben?
Vor dem Berliner Bahnhof traf ich die ersten Mitfreiwilligen, unter anderem Isabella, Margareta und Peter, die anderen „Pécser”. Es folgten gefühlt tausendfach die Fragen: „Wie heißt du? Wohin gehst du? Und wie lange? Auch ein Jahr? Hast du auch gerade Abitur gemacht oder studierst du schon?” Zum Glück bekamen wir nach einer über eine Stunde langen Busfahrt, auf der ich mich mit Nicolas, den ich bereits in Bonn kennengelernt hatte, unterhielt, Schilder mit Namen und Einsatzland, die zumindest die ersten Fragen etwas seltener werden ließen. Außerdem erhielten wir eine Kulturweit-Trinkflasche und unsere Zimmerschlüssel. Eigentlich. Denn auf der Liste für die Zimmer fehlten ein paar Namen, unter anderem der von Lukas, Hannes und mir. Also brachten wir unser Gepäck ins Seminarhaus und gingen erst einmal an den wunderschönen See.
Entspannte Stimmung am WerbellinseeAm Ufer sind neben der großen Badestelle regelmäßig kleine Badebuchten zu entdecken
Bald begann das Seminar offiziell; schon die Einführungsveranstaltung warf Fragen auf und irritierte. Schnell stellte sich heraus, dass das Hauptthema des Vorbereitungsseminars Rassismus, die priviligierte Stellung Weißer sein würde. Im Verlaufe des Seminars hörten wir Vorträge und diskutierten, verschiedene Meinungen kristallisierten sich heraus. Besonders die ersten unserer zehn Tage am Werbellinsee waren durchaus anstrengend, emotional, in jedem Fall aber lernten wir daraus. Später wurde es etwas ruhiger, wir verbrachten viel Zeit in den sogenannten „Mikroblicken”, kleinen Gruppen mit jeweils einem Trainer oder einer Trainerin. Bald kannte man sich, wir sangen zusammen, lösten einen „Gordischen Knoten”, ernste Gespräche fanden aber auch Raum. Aufgelockert wurde die Thematik zusätzlich durch Workshops zu anderen Themen, wie etwa Theater oder Unterrichtsgestaltung.
Das Gästehaus
Doch zurück zu jenem ersten Abend, an dem wir schließlich doch ein Zimmer zugewiesen bekamen; im Gästehaus, etwas abseits von den anderen, aber dafür näher am See und mit gemütlichen Sofaecken ausgestattet, teilte ich mir ein Zimmer mit Benni. Wir packten aus und fielen ins Bett. Dieser Abend sollte der einzige bleiben, an dem ich verhältnismäßig früh schlafen ging, der Tag mit Ausnahme von zwei kalten Regentagen der einzige, an dem ich nicht schwimmen ging. Der Werbellinsee war warm und das Wasser klar. Bei Sonnenschein lagen wir in den Pausen am Wasser, schwammen, redeten, träumten. Abends dann sahen wir vom Steg aus zu den Sternen hinauf, Sternschnuppen so zahlreich, dass sie für unser aller Wünsche genügten, Musik und verständnisvolle Menschen, beginnende Freundschaften, wir teilten Erwartungen und Erinnerungen, blickten in Zukunft und Vergangenheit – bald waren die Abende das vielleicht Schönste. Ein großes Danke an euch, die ihr mit mir diese besonderen Momente teiltet und sie überhaupt erst möglich machtet. Ihr wisst es bestimmt, wenn ihr gemeint seid, deshalb zähle ich an dieser Stelle keine Namen auf. Ich hoffe, dass wir uns nicht aus den Augen verlieren!
Hervorheben möchte ich noch die Werwolfrunden – Chris, du bist ein grandioser Spielleiter – und den Abend, an dem wir mit einer kleinen Gruppe Improtheater spielten, ich habe lange nicht mehr so gelacht. Außerdem das Regionenabendessen und unseren anschließenden Abend zusammen, ich freue mich sehr darauf, euch alle beim Zwischenseminar im November wiederzusehen! Und schließlich unsere Abschiedsfeier am letzten Abend und die Spaziergänge am Seeufer, tags wie auch nachts.
Zauberhafte AbendstimmungDanke, Cécile, für dieses tolle Foto!
Alles in allem war das Vorbereitungsseminar eine wirklich schöne Zeit, die mich bereits verändert hat. Danach wieder nach Hause zu fahren war ein seltsames Gefühl. Mein Zuhause fühlte sich plötzlich zu klein an. Als ich nach zwei Tagen mit viel zu viel Gepäck schließlich losfuhr, wollte ich plötzlich aber doch noch ein wenig bleiben.
Nach etwa 24 Stunden kam ich schließlich hier in Pécs an. Bis Budapest war die Fahrt ruhig gewesen und ich lernte hilfreiche und interessante Menschen kennen, in Budapest jedoch verpasste ich meine Haltestelle (hier ein Dankeschön an die ungarische Bahn dafür, dass die Stationen oft nicht angesagt werden) und musste mit meinem doch recht schweren Gepäck per U-Bahn quer durch Budapest fahren, nur um dann wieder zurückzufahren, da der Bahnhof, an dem ich fälschlicherweise ausgestiegen war, sich schließlich als sinnvollste Alternative erwies. Nachmittags, statt wie geplant mittags, erreichte ich aber doch Pécs – und das mit allen Gepäckstücken.
Meine ausgesprochen nette Ansprechpartnerin, Timi, holte mich ab und fuhr mich zu meinem Zuhause für das nächste Jahr, ein Zimmer in einer kleinen, alten, aber gemütlichen Wohnung etwas außerhalb vom Zentrum im vierten Stock eines Wohnblocks, die ich mir mit einer ungarischen Studentin, Dóra, teile. Sie traf ich dann auch vor der Wohnung und zusammen trugen wir mein Gepäck die Treppen hoch… Anschließend saßen wir zusammen, redeten, ich richtete mich ein und fiel müde ins Bett.
Das Leöwey Klára Gimnazium, meine Einsatzstelle
Am nächsten Morgen brachte mich Dóra mit dem Bus zu meiner Einsatzstelle, dem Leöwey Klára Gimnázium. Mein erster Arbeitstag dort. Gespannt betrat ich die Schule, auf den ersten Blick ein Labyrinth, doch schon bald fand ich mich besser zurecht. Von den anderen Deutschlehrer_innen sowie ausnahmslos allen weiteren Menschen, denen ich vorgestellt wurde, wurde ich sehr freundlich aufgenommen, und schon bald standen erste Sachen auf meinem Schreibtisch, zwei weitere Schlüssel hingen an meinem Schlüsselbund. Hinzu kam der Fahrradschlüssel für mein „Dienstfahrrad”, ein Fahrrad, welches eigentlich dem gesamten Kollegium zur Verfügung steht, das ich aber freundlicherweise dauerhaft benutzen darf. Mittags schlenderte ich das erste Mal durch die Innenstadt von Pécs, die aufgrund ihrer vielen Farben von innen heraus zu strahlen scheint, aß mein erstes Pécser Eis (es gibt hier an jeder Ecke Eisdielen, günstig und viel zu lecker…) und bekam einen ersten traumwandlerischen Eindruck von der Stadt. Später machte ich mich mithilfe einer Karte aus der Touristeninfo mit dem Fahrrad auf den Rückweg und fand auch tatsächlich ohne Probleme heim. Der erste Einkauf (im Laden stand ich verzweifelt vor der Obst- und Gemüsewaage, fand die Zwiebeln nicht, die ich kaufen wollte – Insidertipp: „tovább” heißt weiter), das erste auf dem alten, mehr oder weniger funktionierenden Gasherd gekochte Essen und schließlich, endlich, schlafen.
Nach einem weiteren Tag – noch waren meine Aufgaben in der Schule nicht recht definiert, ich musste meinen Platz noch finden – war bereits Wochenende. Dieses nutze ich dazu, die Stadt zu erkunden, meine Kamera und ich entdeckten neue Straßen, besichtigten den Dom und kletterten auf den Turm, trafen im Zuge des Stadtfestes mehrfach auf einen Karnevalsumzug und besichtigten die Synagoge. Ich traf mich außerdem mit Anna, einer weiteren ungarischen Studentin, die ich über die Wohnungssuche kennengelernt hatte, versuchte, meine ersten Ungarischkenntnisse anzuwenden: „Szeretnék egy Döner”, die Antwort: „Spicy?”, traf mich mit den anderen Freiwilligen und entspannte.
Pécs am Tag:
Sommerlich geschmückte Fußgängerzone
Fassadendetail
Blick auf das alte Postgebäude von Pécs
Der Karnevalsumzug, hier vor einer prächtigen Hausfassade
Aufgrund des Stadtfestes aufgehängte Discokugel – immer mal was Neues
Ich bei meiner Erkundungstour
Eine der vielen gemütlichen Ecken in der Innenstadt
Die Wurzeln der Stadt reichen weit zurück
Ein altes Haus mit dahinterliegendem Hof mitten in der Innenstadt
Detail des berühmten Zsolnay-Brunnens
Südländischer Charme
Die Gasi Kassim Moschee, heute als christliche Kirche genutzt – die Bimmelbahn zeigt die touristische Seite der Stadt
Pécs abends und nachts:
Sonnenuntergang
Die Király utca, die Pécser Kneipen- und Caféstraße
Pécser Brunnen, im Hintergrund der Theatereingang
Lichtreflex
Das Pécser Rathaus bei Nacht, im Vordergrund eine für das Stadtfest aufgebaute Bühne
Die Kathedrale St. Peter und Paul:
Die Kathedrale Sankt Peter und Paul
Blick in den Dom: Die neoromanischen Ausmalungen entstanden Ende des 19. Jh
Der Eingang zur noch aus dem 11. Jh erhaltenen Krypta
Die Aussicht vom Turm der Kathedrale: zu sehen sind unter anderem die Gasi Kassam Moschee und das Rathaus
Blick über den Domplatz
Die Synagoge von Pécs:
Die Synagoge von Pécs
Blick ins Innere
Detail der Ausmalung
Mittlerweile sind wir beinahe im Jetzt angekommen. Es ist Mittwochabend, drei weitere Tage an der Schule sind vergangen, ich lerne langsam die Namen, zumindest die der Lehrkräfte, und es bilden sich Aufgaben heraus – Korrigieren, Hospitieren, DSD-Vorbereitung, Hilfe in der Bücherei…
An sich komme ich inzwischen gut zurecht, Forint werden mir immer geläufiger, es fügen sich einige neue Wörter auf Ungarisch in meinen Wortschatz ein, ich erkenne, welcher Schlüssel zu welchem Schloss gehört, das Fahrrad ist auf meine Größe eingestellt und ich finde mich in Schule und Stadt zurecht. Letzteres zumindest, solange ich nicht versuche, mit Einkäufen bepackt bei Regen einen neuen Weg nach Hause zu nehmen. Das führt nur dazu, dass ich mich am völlig falschen Ende der Stadt unter einem Dach wiederfinde, wartend, dass der Regen aufhört, auf meinen Stadtplan blickend, während es langsam dunkler wird.
Ich schmecke noch die Pfannkuchen nach, die ich eben mit meiner wunderbaren Mitbewohnerin gegessen habe, und ich möchte meine Wohnung etwas außerhalb mit der Viertelstunde Fahrradweg nicht gegen eine Wohnung innerhalb mit fünf Minuten Fußweg tauschen. Ich habe mich sogar beinahe daran gewöhnt, mitten auf der Straße zu fahren und mich wie ein Auto auf einem Abbiegestreifen einzuordnen.
Es bleibt noch der Gang zum Einwohnermeldeamt, das endgültige Organisieren eines Sprachkurses, das Verzieren meiner Wände, vielleicht der Kauf eines Papierkorbes und eines Spiegels und schließlich noch so viel zu lernen, zu entdecken, zu erleben, so viele Leute kennenzulernen!
Meinen ersten, verspäteten, aber dafür ausführlichen Blogeintrag möchte ich jedoch nicht mit einem Blick auf Ungarn, sondern auf Deutschland schließen, genauer gesagt auf die Menschen dort, die mich geprägt und unterstützt haben und so dafür verantwortlich sind, dass ich heute hier, in Pécs, an meinem Schreibtisch sitze und diesen Text schreibe. Danke, dass ihr immer für mich da seid!