Leaving Leőwey (magyarul, deutsch)

Sziasztok!

Probalok magyarul írni, mert szeretném hogy minden magyar ismerősöm a Leőweyben, aki szeret, tud megolvasni azt:

Tegnap volt az utolsó hivatalos munkanap a Leőweyben és en kellett mondani „Viszontlátasra“ mindenkinek. Bisztos vissza fogok jönni és bisztos megtalálkozni néhany kollégámmal a nyáron, de most nem tudom kivel és azért egy kicsit szomorú vagyok, mert tölttem a tényleg nagyon jó időt itt az aranyosok kóllegákkal.

Az előzők hétekben sok utolsók eseményék volttak – például az utolsó fáradt „Guten Morgen“ („Jó reggelt“) egy ostályiban, az utolsó óra, az utolsó iskólánap diakokkal. És az is szomorú volt, mert nem csak a kollégaim, de az édesek diakaim is fogok hyiánzik nekem.

Emelett most nem befejezték az utolsók események; lesznek meg az utolsó beszelgetni magyarul az utcán, az utolsó pizzazni a lakótársammal vagy az utolsó sétalni a Széchényi Téren…

Térmészetesen az nem végül lesz, de a pillanaton. És az éleg szomorú… De szerencsere helyette fog jönni masik új dologok amik is jók lesznek.

Most csak szeretnék megköszönni mindenkinek az iskolában – az jó ismerősöket és baratomaimat – köszönöm egy szuper időt: a néhez és a könnyü feladatokot, az érdékes tapasztalatat, a megbeszéléset és a nevetéset…

Tényleg nagyon fogtak hyiánzik nekem!

Puszi

Silja

PS: A következő szövég, ami írtam tulajdonképpen az iskolá újságotra, mond egy kicsit részletesenebb amit csináltam a Leőweyben, miért jöttem ide magyarországon, mit tetszik és fog hyiánzik nekem a legtöbbet, mit szeretnék csinálni most az önkéntes évet útán és más. De az sajnos németül van, mert, még ha nekem nagyon tetszik a magyar nyelv és szeretnék megtanulni azt, most sajnos nem beszélek éleg jól, hogy tudok írni valamit néhezebb mint azt magyarul.

PPS: Tulajdonképpen akartom azt adni a lakótársamnak, hogy ő tud korrigálni a hibák – és vannak sok, az bisztos – de ő mondat hogy cukik vannak, akkor nem korrigáltunk semmit…


Eine kleine Verschnaufpause vor dem Pécser Dom

Hallo du,

hast du letztes Schuljahr im Leőwey auch manchmal ein Mädchen gesehen, das morgens noch halb im Schlaf auf das Deutschlehrerzimmer zutaumelte, den Kopf schieflegte und angestrengt die Stirn runzelte, wenn Ungarisch gesprochen wurde, oder vor Freude strahlte, wenn es mit den Schülern lachen konnte? Klang aus einigen Klassenzimmern manchmal vielleicht zu lautes Rufen oder Musik von Alligatoah?

Dann war das vermutlich ich.

„Silja Heidbrink és egy német önkéntes iskolában vagyok.“

Das Wort „önkéntes“ lernte ich wohl etwa zur gleichen Zeit wie „Jó napot!“ – Doch obwohl ich sogar auf Ungarisch sagen konnte, was ich in Ungarn mache, wurde es selten wirklich verstanden.

Denn was macht so eine Freiwillige eigentlich? Habe ich Lehramt studiert, bin ich eine Lehrerin? Warum wollte ich gerade nach Ungarn kommen? Gefällt es mir hier, lerne ich Ungarisch? Was möchte ich später machen?

Zuerst einmal: Nein, ich bin keine Lehrerin, ich habe noch nicht studiert, sondern bin erst 18 Jahre alt und habe letztes Jahr mein Abitur in Deutschland gemacht. Danach wollte ich, wie so viele junge Menschen, etwas von der Welt sehen, ich wollte reisen, entdecken, andere Menschen kennenlernen, mich selber finden – das volle Programm.

Um ehrlich mit euch zu sein, an Ungarn hatte ich dabei nicht gedacht. Aber meine Organisation, kulturweit, bietet jedem Bewerber nur eine einzige Stelle in einem Land unserer großen weiten Welt an. Mir wurde Ungarn vorgeschlagen, und da dachte ich plötzlich: „Warum denn nicht?“

Und so kam ich hierher und habe es keine Sekunde bereut, denn ich liebe Ungarn, Pécs und all die wunderbaren Menschen, die ich hier kennenlernen durfte!

És tanulok magyarul is, mert szeretnék beszélni magyar emberekkel és a magyar egy gyönyörü nyelv. Nagyon imádom.

Aber nun zurück zu der Frage, was eine Freiwillige macht, oder auch konkreter: Was mache ich hier am Leőwey? Die Antwort ist: vieles und auch mal nichts. Spannendes und auch mal Langweiliges. Sinnvolles und auch mal Unsinniges.

Ich unterrichte Grammatik – ja, auch das muss sein -, aber lieber spiele ich mit den Schülern Activity oder quatsche mit ihnen über Gott und die Welt (oder vielleicht eher über Szabolcs und die Schule). Ich korrigiere Texte oder Hausaufgaben und übe mit den Schülern für Prüfungen. Ich kopiere aber auch mal Zettel oder hole das Essen für uns Lehrer.

Kurzum – ich versuche zu helfen, wo und wem ich kann.

Und ich bin euch wirklich dankbar für die vielen großen und kleinen Dinge, mit denen ihr mich täglich zum Lächeln bringt:

Sei es der Moment, wo beim Improvisationstheater mit meiner Deutschgruppe aus der 9kn imaginär die Musik angemacht wird und im Nebenraum tatsächlich Musik angeht (magic exists); Tee trinken mit meinen zwei Lieblingsmädels aus der 10f; die 9a, die mir plötzlich spontan ein ungarisches Volkslied vorsingt; die Deutschgruppe aus den Neunten, bei denen ich einige Wochen im Winter regelmäßig den Unterricht vertrat und die sich immer so freuten, mich zu sehen; oder die vielen ernsten und weniger ernsten Gespräche mit den älteren Schülern – im Unterrricht, in Kleingruppen in der Bibliothek oder auch in einer Kneipe –, selbstverständlich nur mit Fanta oder Cola!

Aber um auch meine Kollegen hier nicht zu vergessen: Danke für die mir immer wieder mitgebrachte Schokolade oder die gehäkelte Blume, die eines Morgens auf meinem Tisch lag: „Ich habe für meine Kinder welche gemacht und ich dachte, du freust dich auch“; das Lächeln, das ich an der Pforte geschenkt bekomme und das Lachen zusammen mit Lehrern aus ganz anderen Ecken der Schule, Physik zum Beispiel – etwa über meine Versuche, Ungarisch zu reden; die vielen Diskussionen über so verschiedene Themen, wie Lehrer verschieden sind; das Vertrauen, das ihr in mich gesetzt habt; und all die bunten Ereignisse: unsere Lehrerpolka bei der Bandweihe etwa, mit allem, was dazugehörte – von den Proben bis hin zum Kauf eines Dirndls -, oder die wunderbaren Abende zusammen bei Feiern und nicht zuletzt natürlich die zwei Fahrten nach Graz, insbesondere die Lehrerfahrt.

Und, liebe Schüler – lasst euch eines gesagt sein: Lehrer sind, tatsächlich, ehrlich, keine Lüge, auch nur Menschen. Sie sind nicht immer gut gelaunt, manchmal sicher ungerecht oder wütend, aber eigentlich meist wirklich nett, humorvoll und intelligent. Genau wie ihr also, nur älter.

Während ich diesen Text schreibe – lange Zeit,  bevor ihr ihn lest -, liegt das Schuljahr in den letzten Zügen, rückt mein Abschied immer näher. Und auch wenn ich mich darauf freue, meine Familie und Freunde daheim in Deutschland wieder etwas regelmäßiger zu sehen, so bin ich doch gerade vor allen Dingen traurig:

Ungarn; das Leőwey; meine niedliche kleine Wohnung und meine ungarische Mitbewohnerin; die gefühlt immer sonnige Belváros (ich komme aus Norddeutschland; Regen ist unser bester Freund); Kollegen, Freunde; Schüler, die begeistert „Hallo Silja!“ rufen; kleine, aber schöne Reisen durch ein kleines, aber schönes Land, mal allein, mal mit Freunden aus Ungarn, Deutschland oder ganz anderen Ländern; den ständigen Wechsel zwischen Deutsch, Englisch und Ungarisch und manchmal sogar Französisch („Nagyon magnifique von euch“), die in meinen Ohren wiederklingende Ansage im Bus „Ez a 2/2A Uránváros felé“; der Pálinka, dem aus dem Weg zu gehen unmöglich ist; meine Versuche, Ungarisch zu reden, und meine geduldige Sprachlehrerin; mein häufig besuchtes liebenswertes Budapest und die Bekanntschaften, die ich auch dort gemacht habe; die EINMALIGEN anderen Kulturweitler; das Gefühl, immer spontan irgendwo vorbeikommen zu können…

All das werde ich nun bald hinter mir lassen, zusammen mit einem ordentlichen Stück meines Herzens.

Aber ich komme wieder!

Wenn auch nur für einen Besuch – doch ich vermisse euch bereits jetzt alle, also sage ich Viszontlátasra und nicht Hélo, während in meinem Kopf leise Cat Stevens singt:

„Oh very young, what will you leave us this time
You\’re only dancin\‘ on this earth for a short while
And though your dreams may toss and turn you now
They will vanish away like your dad‘s best jeans
Denim blue, faded up to the sky
And though you want them to last forever
You know they never will
(You know they never will)
And the patches make the goodbye harder still“

Bleibt so tökjó, wie ihr seid!

Eure Silja

Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet

Mittlerweile gehört über die Hälfte meines Freiwilligendienstes der Vergangenheit an.

Auch wenn ich hier auf meinem Blog im letzten Artikel noch über die Weihnachtszeit berichtet habe, so sind doch auch bereits der Januar, Februar und bald der März Geschichte; ich blicke zurück auf kalte Tage, von draußen lacht die Sonne herein; es ist warm geworden. Hinter mir liegen Bandweihe und Abschlussball, auch Schwabenbälle und der Ball des französischen Klassenzuges, Gedenkfeiern, ein weiterer Nationalfeiertag – der 15. März -, ich war Juror bei Wettbewerben wie JdI (Jugend debattiert International) und dem Rezitationswettbewerb der Grundschulen, war in Szeged, Oroshaza und Budapest sowie mit einem Teil des Kollegiums auf Lehrerfahrt in Graz und vielen weiteren Orten – es ging von Ungarn nach Österreich und anschließend über Slowenien zurück nach Ungarn. Ich sah den berühmten Mohácser Karneval, trat einer englischen Improvisationstheatergruppe bei, ging weiter zum Ungarischsprachkurs und machte tatsächlich auch endlich einmal Fortschritte…  Einiges davon erlebte ich sogar gemeinsam mit Joshua, meinem Freund, denn ich hatte drei schöne Wochen lang Besuch von ihm.

Es ist nicht mehr lange hin, bis ich wieder Besuch bekomme, von Luzie, einer sehr guten Freundin aus Deutschland; dann kommen meine Eltern und später auch mein Bruder und wir fahren über Ostern an den Plattensee.

Vorher werde ich noch mit den anderen drei Freiwilligen aus Pécs nach Budapest fahren, um den Geburtstag von Milena, der Freiwilligen aus Iklad, zu feiern. Außerdem wollen wir nach der Landesrunde von JdI nach Bratislava und nächste Woche im Pécser Theater Macbeth sehen; gestern waren wir im Kino, es wurde „Wüstenblume“ auf Englisch mit ungarischen Untertiteln gezeigt, letzten Sonntag hängte ich in meinem Zimmer endlich die Fotos auf, die schon seit Januar hängen sollten, und die Wäsche vom Wochenende ist noch immer ungefaltet, da ich noch keine Zeit dazu fand – heute treffe ich einen Bekannten und habe Sprachkurs, morgen ist noch eine Nachholstunde…

Es ist also weiterhin viel los, ständig geschehen neue Dinge; da sollte man meinen, dass kaum Zeit zum Nachdenken bliebe, doch tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Mittlerweile gehört über die Hälfte meines Freiwilligendienstes der Vergangenheit an.

Dies und auch die vielen aufgeregten ersten Blogeinträge der neu ausreisenden Freiwilligen sowie die Aussagen der Mitfreiwilligen, die wie ich bereits ein halbes Jahr hier sind und wie aus einem Munde erklären, mittlerweile sein sie wirklich angekommen – dies alles lässt mich nachdenklich werden; ich bin nicht wirklich angekommen und werde es wohl auch nicht, auch dies ist keine perfekt glückliche Zeit, auch dieses Jahr erzählt nicht die Geschichte eines Conni-Buches.

Während ich weitestgehend allein durch Ungarn spaziere, wechselnde Begleiter an der Seite, folgen mir auch meine Gedanken auf Schritt und Tritt; angespannt und konzentriert beobachte ich, lese dort, wo ich die Worte nicht verstehe, Gesichter; Gefühle stehen immer zwischen den Zeilen.

Wohin werden uns unsere Leben noch führen? Der eine stürzt sich in immer neue Erlebnisse, vielleicht auch in die Arbeit, der andere spielt sich selbst am besten vor, dass ihm nichts fehle.

Moment um Moment treibt an mir vorbei, kaum geschehen bereits vergangen, so schnell wie ein Wimpernschlag.

Worte fallen aufs Papier, leise spielt Chopin in meinen Ohren; Zeit zieht vorbei: Landschaften, Städte, Häuser, Gesichter – der Geruch nach frischgebackenem Kuchen, nebenan spielt jemand Klavier.

In diesem Zug mit unbekanntem Ziel. Zwischen Traum und Realität, Vergangenheit und Zukunft. Szenen noch so präsent wie ein altes verblasstes Foto, eine Ecke geknickt; in meinem Kopf ein Kinderlachen. Irgendwo scheppert Geschirr. Ich liebe dich; Worte so alt wie die Welt selbst. Unendlich oft gesagt und doch noch immer kraftvoll. „Den Fahrschein bitte.“ Ich erinnere mich nicht, einen gekauft zu haben, doch ich besitze einen, geschrieben auf meiner Haut.

Es geht immer weiter, immer weiter, niemals zurück.

Blende

Die Sonne lacht mir ins Gesicht, warm auf meiner Haut, die Sonne; vor mir eine Straße in Gold getaucht, einen Fuß setze ich vor den anderen, automatisch lenken mich meine Schritte, das Unterbewusstsein übernimmt die Führung. Bilder großer Abenteuer, fantastische Geschichten, Gefühle – rau in meinem Herzen – weben den Stoff, aus dem meine Träume gemacht sind.

Blende

Ich stehe an der Bushaltestelle, den Blick nach innen gerichtet. Es ist Nacht, meine Haare wippen, als ich mich anschicke, zu gehen; der Busfahrer, das große Gefährt – beinahe lebendig, erfüllt von fremden Leben – zurück auf die Straße lenkend, hebt die Hand, winkt und lächelt mir zu. Auch meine Hand hebt sich zum Gruß, ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus; wie leicht ist es doch, ein Lächeln zu schenken.

Blende

Morgens, das Bett so weich, weigert sich jede Faser meines Körpers aufzustehen. Ist es wirklich die Wärme, die uns jeden Morgen unter der Decke hält? Ist es nicht diese Chance, alles zu sein? Einige Augenblicke länger einfach die Arme auszubreiten, um zu fliegen, schwerelos?

Mittlerweile gehört über die Hälfte meines Freiwilligendienstes der Vergangenheit an.

Das Leben ist nie leicht – und doch war es noch nie leichter, hier zählt nur der Moment, was hat denn schon Konsequenzen? Ein Abenteuer, die große Chance, so heißt es oft. Doch was ist dein Leben, wenn das größte daran ist, es für ein Jahr hinter dir zu lassen? Sollte uns nicht unser ganzes Leben Abenteuer und Chance sein?

Ein besonders kräftiger Nordwestwind verschlug mich aus dem Herzen Schleswig-Holsteins in diese Stadt, die Stadt Pécs, hier in Ungarn. Und im verzweifelten Versuch, aus diesem Ort hier ein Zuhause zu machen, merke ich: Es funktioniert. Mit jedem neuen Tag hier lasse ich ein Stück meiner selbst in den Straßen von Pécs. Doch wird es mir nicht fehlen – in der Zukunft?

Wahr ist auch: Meine Zweifel und Fragen, Unsicherheiten und Ängste begleiten mich, wohin ich auch gehe. Ich kann sie weder in Ungarn lassen noch im Haus meiner Kindheit oder in den Armen meines Freundes – jeder muss sich selbst die Hand reichen und sich aus der eigenhändig gegrabenen Grube helfen. Immer und immer wieder.

Ein Auslandsjahr, das ist eine wirklich gute Zeit voller wunderbarer Momente und faszinierender Bekanntschaften. All die Menschen und Erlebnisse, von denen wir auf unseren Blogs berichten, erweitern unseren Horizont und fügen dem nie zu beendenden Puzzle neue Teile hinzu.

Aber ein Auslandsjahr, das ist auch: auf dem Bett sitzen und die Wand anstarren, sich fehl am Platz fühlen. Auch: Augenblicke und Begegnungen festhalten wollen. Auch: sich wünschen, Skype wäre ein magisches Portal.

Im Grunde also fast wie zuhause. Denn wir bleiben die Gleichen, wohin es uns auch verschlägt, wohin wir auch fliehen. „Umarme den Moment, nutze deine Chance, genieß diese Zeit, nie wieder wirst du so viel erleben!“ Diese und ähnliche Aussagen höre ich immer wieder; doch ich möchte nicht nur diesen, sondern alle Momente umarmen, mein Leben als Chance nutzen und jede Zeit genießen; ich hoffe, noch viel mehr zu erleben.

Notizzettel

Du trägst nicht nur deine Zweifel und Fragen, Unsicherheiten und Ängste in dir, sondern ebenso jedes Lächeln und all die Wärme, deine eigene Stärke, Hoffnung, Mut und einen bunten Rucksack voller Ideen, Träume und Liebe.

Das Karussell

Jardin du Luxembourg

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.
Zwar manche sind an Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
ein böser roter Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber –

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
ein kleines kaum begonnenes Profil -.
Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel. . .

Rainer Maria Rilke, Juni 1906, Paris

Flashback I

Ende Februar und schönster Sonnenschein, doch die bereits langsam verblassenden Erinnerungen an das Zwischenseminar und die Weihnachtszeit klopfen an, möchten endlich aufgeschrieben, festgehalten werden, schon beinahe verdrängt von vielen aufregenden und schönen neuen Erlebnissen.

Auf die Herbstferien in Budapest folgte eine kurze trubelige Zeit in Pécs, in der ich kaum Zeit hatte, meine Koffer auszupacken – an einem Freitagnachmittag im November fuhren Isi, Greta, Peter und ich schließlich los nach Budapest, wo wir Lorenz, Marvin und am Samstag auch noch Marius trafen. Bis Sonntagnachmittag durchstreiften wir die Stadt, spazierten an der Donau entlang und wanderten hoch zur Fischerbastei, zogen abends von Bar zu Bar und tranken Cocktails, aßen scharfes Gulasch im Brot und spielten Wizard; ich traf auch noch einen Bekannten aus den Herbstferien. Teuer, aber ein Erlebnis besonderer Art der Besuch in der Széchenyi-Therme: Heißes Wasser, kalte Luft, Dampfwolken ziehen über die Köpfe der Badenden, die gelben Wände leuchten in der Abendsonne (an dieser Stelle ein kleiner Hinweis: Wer im 50-Meter-Becken schwimmen möchte, braucht eine Badekappe); und in den Innenräumen Schwefelbäder, Dampfsauna, Sauna, Eisbad und Eiswürfel.

Am Sonntagnachmittag schließlich das Treffen mit unseren zwei Teamerinnen, Steffi und Anja, und den übrigen Freiwilligen. Im Anschluss an ein kleines (Wieder-)Kennenlern-Programm und die Frage, wie es uns so ginge, liefen wir durch die Stadt und machten etwas, das ich das letzte Mal wohl vor acht Jahren auf einem Kindergeburtstag gemacht habe: Dinge tauschen. Vom Überraschungsei über Kugelschreiber und Feuerzeuge hin zu Metrotickets und Salzstangen, und ganz nebenbei wurden wir zu einer Hochzeit nach London eingeladen. Später das Musical „Fame“ im Operettentheater – eine typische amerikanische Teeniestory, aber meisterhafte Tanz- und Gesangseinlagen.

Am Ende eines langen Tages, um ein Uhr nachts, bezogen wir unsere Zimmer im beschaulichen Gardony bei Budapest, und das Zwischenseminar begann wirklich.

Auf anderen Blogs wurde bereits viel darüber berichtet, meist ausschließlich positiv. Für mich war es zwar auch eine gute und wichtige Zeit mit vielen wunderbaren Momenten, jedoch recht anstrengend und teils positiv wie negativ sehr emotional. Eine Menge wurde angestoßen, manches aufgewühlt; etliche Fragen gestellt, manche auch beantwortet. Zwischen gemütlichen Momenten in der Küche, dem Versammlungsraum und am Seeufer lagen viel ernsthafte Arbeit und die Reflektion unserer Erfahrungen und unseres Verhaltens. So stellten wir uns die Frage, was für uns Zuhause bedeutet, analysierten unser Auftreten in der Gruppe oder dachten über Probleme und Konfliktlösungen nach.

Äußerst interessant, ja schockierend der Vortrag zur Situation von Sinti und Roma in Ungarn mit dem Fokus auf Antiromaismus, zur weiteren Information gab es eine von Steffi und Anja aufgebaute kleine Ausstellung. Entspannend unser kreativer Nachmittag, amüsant der Talentabend am letzten Tag, für den Chris und ich aus meinen Fotos der letzten Tage ein Video zusammenstellten. Langwierig, letztendlich aber immerhin erfolgreich, Leos und mein Versuch, den bereits kaputten Korken aus einer Weinflasche zu ziehen. Schade meine Erkältung, die sich erstaunlicherweise nicht gut mit pausenloser Action und wenig Schlaf vertrug; aus diesem Grund ging ich an unserem letzten Abend auch als erste schlafen – um zwei Uhr nachts.

Waren wir anfänglich wohl alle etwas enttäuscht, dass unser Zwischenseminar nicht etwa in Budapest oder Bratislava in einer schicken Jugendherberge mit Vollverpflegung, sondern im menschenleeren Gardony in einem kleinen Schullandheim und mit selbst zu kochendem Essen stattfand, so erwies sich diese Entscheidung im Nachhinein als genau richtig: der gemeinsame Großeinkauf für 17 Leute am Montagmorgen; das selbstgekochte Essen, besser als jede Kantinenkost; unser allmorgendliches großzügiges Frühstücksbuffet; die Abgeschiedenheit des Ortes, in der wir – ich etwa beim Spaziergang mit Chris und Lina am Seeufer – das Erlebte wunderbar verarbeiten, Probleme besprechen und über die Welt, unsere Existenz und den Sinn des Lebens philosophieren konnten. All das trug dazu bei, dass diese Tage den perfekten Raum boten, sich einmal auszutauschen, Abstand vom Alltag zu finden und die eigene Situation zu reflektieren.

Donnerstagnachmittag fuhren die meisten von uns direkt weiter nach Zagreb. Auch wenn ich mich schon lange auf dieses Wochenende gefreut hatte, hätte ich in diesem Moment auch nichts dagegen gehabt, einfach nach Pécs zurückzufahren und zu schlafen, schlafen, schlafen…

In  Zagreb bezogen wir unsere Unterkünfte: fünf von uns eine AirBnb-Wohnung, sieben das enge Achter-Zimmer eines Hostels zusammen mit einem einzelnen Argentinier, einem ehemaligen Tennisprofi – immerhin fand an diesem Wochenende das Davis-Cup-Finale zwischen Kroatien und Argentinien in Zagreb statt. Woher ich das weiß? Während die anderen gleich am Donnerstagabend loszogen, verbrachten Ulrike und ich den Abend in der Hostelbar mit ihm und unterhielten uns. Sie verspürte wenig Lust, noch loszugehen und auch ich wollte mich lieber ausruhen, da ich immer noch angeschlagen war.

Voll frischer Energie brachen Ulrike und ich dann am nächsten Morgen mit Leo und Marius zu einer Free Walking Tour durch Zagreb auf; wir waren stundenlang unterwegs und lernten dank eines sehr kompetenten und sympathischen Guides sowohl touristische Punkte als auch versteckte Ecken kennen. Ganz nebenbei erfuhren wir viel über die Geschichte der hübschen Stadt und die politische Situation in Kroatien. Nach so viel Input bummelten wir den Rest des Tages entspannt durch die Innenstadt, verbrachten  viel Zeit in einem kleinen Secondhandshop – tolles neues/altes Kleid gekauft!-, trafen Freiwillige des Zagreber Zwischenseminars… und entdeckten anschließend in einer riesigen Gruppe aus kulturweit-Freiwilligen das Zagreber Nachtleben.

Am Morgen darauf brunchte unsere Gruppe sehr gemütlich, und als Marius und ich endlich Richtung Unterstadt spazierten, wurde es schon bald dunkel. Lebkuchen knabbernd ließen wir alte, charmant abblätternde Hausfassaden und Sehenswürdigkeiten, die große Zagreber Eisbahn, eine Bühne mit Vielzulautsprechern und den frisch eröffneten Weihnachtsmarkt – Gelegenheit für den Erwerb erster Weihnachtsgeschenke – auf uns wirken; trafen die anderen und gingen gemeinsam etwas essen; Ulrike und ich schlenderten erneut über den Weihnachtsmarkt, wo wir uns mit viel zu süßer heißer Schokolade mit Marshmallows in einen Hauseingang setzten und über unserer Unterhaltung die Zeit vergaßen.

Am nächsten Morgen ging es auch schon zum mit den anderen Pécsern zum Zug, wo wir alle schon mal etwas Schlaf nachholten. Bis heute gibt uns die kroatische Ticketpreisgestaltung Rätsel auf, war doch tatsächlich eine Hin- und Rückfahrt günstiger als eine einfache Fahrt…

Als wir schließlich in Pécs ankamen, herrschte auch hier vorweihnachtliche Stimmung – aber davon ein andermal, jetzt ist es zunächst einmal Zeit, wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Liebe Grüße an alle, die mich auf dieser kleinen Reise in die Vergangenheit begleitet haben

Eure Silja