Leaving Leőwey (magyarul, deutsch)

Sziasztok!

Probalok magyarul írni, mert szeretném hogy minden magyar ismerősöm a Leőweyben, aki szeret, tud megolvasni azt:

Tegnap volt az utolsó hivatalos munkanap a Leőweyben és en kellett mondani „Viszontlátasra“ mindenkinek. Bisztos vissza fogok jönni és bisztos megtalálkozni néhany kollégámmal a nyáron, de most nem tudom kivel és azért egy kicsit szomorú vagyok, mert tölttem a tényleg nagyon jó időt itt az aranyosok kóllegákkal.

Az előzők hétekben sok utolsók eseményék volttak – például az utolsó fáradt „Guten Morgen“ („Jó reggelt“) egy ostályiban, az utolsó óra, az utolsó iskólánap diakokkal. És az is szomorú volt, mert nem csak a kollégaim, de az édesek diakaim is fogok hyiánzik nekem.

Emelett most nem befejezték az utolsók események; lesznek meg az utolsó beszelgetni magyarul az utcán, az utolsó pizzazni a lakótársammal vagy az utolsó sétalni a Széchényi Téren…

Térmészetesen az nem végül lesz, de a pillanaton. És az éleg szomorú… De szerencsere helyette fog jönni masik új dologok amik is jók lesznek.

Most csak szeretnék megköszönni mindenkinek az iskolában – az jó ismerősöket és baratomaimat – köszönöm egy szuper időt: a néhez és a könnyü feladatokot, az érdékes tapasztalatat, a megbeszéléset és a nevetéset…

Tényleg nagyon fogtak hyiánzik nekem!

Puszi

Silja

PS: A következő szövég, ami írtam tulajdonképpen az iskolá újságotra, mond egy kicsit részletesenebb amit csináltam a Leőweyben, miért jöttem ide magyarországon, mit tetszik és fog hyiánzik nekem a legtöbbet, mit szeretnék csinálni most az önkéntes évet útán és más. De az sajnos németül van, mert, még ha nekem nagyon tetszik a magyar nyelv és szeretnék megtanulni azt, most sajnos nem beszélek éleg jól, hogy tudok írni valamit néhezebb mint azt magyarul.

PPS: Tulajdonképpen akartom azt adni a lakótársamnak, hogy ő tud korrigálni a hibák – és vannak sok, az bisztos – de ő mondat hogy cukik vannak, akkor nem korrigáltunk semmit…


Eine kleine Verschnaufpause vor dem Pécser Dom

Hallo du,

hast du letztes Schuljahr im Leőwey auch manchmal ein Mädchen gesehen, das morgens noch halb im Schlaf auf das Deutschlehrerzimmer zutaumelte, den Kopf schieflegte und angestrengt die Stirn runzelte, wenn Ungarisch gesprochen wurde, oder vor Freude strahlte, wenn es mit den Schülern lachen konnte? Klang aus einigen Klassenzimmern manchmal vielleicht zu lautes Rufen oder Musik von Alligatoah?

Dann war das vermutlich ich.

„Silja Heidbrink és egy német önkéntes iskolában vagyok.“

Das Wort „önkéntes“ lernte ich wohl etwa zur gleichen Zeit wie „Jó napot!“ – Doch obwohl ich sogar auf Ungarisch sagen konnte, was ich in Ungarn mache, wurde es selten wirklich verstanden.

Denn was macht so eine Freiwillige eigentlich? Habe ich Lehramt studiert, bin ich eine Lehrerin? Warum wollte ich gerade nach Ungarn kommen? Gefällt es mir hier, lerne ich Ungarisch? Was möchte ich später machen?

Zuerst einmal: Nein, ich bin keine Lehrerin, ich habe noch nicht studiert, sondern bin erst 18 Jahre alt und habe letztes Jahr mein Abitur in Deutschland gemacht. Danach wollte ich, wie so viele junge Menschen, etwas von der Welt sehen, ich wollte reisen, entdecken, andere Menschen kennenlernen, mich selber finden – das volle Programm.

Um ehrlich mit euch zu sein, an Ungarn hatte ich dabei nicht gedacht. Aber meine Organisation, kulturweit, bietet jedem Bewerber nur eine einzige Stelle in einem Land unserer großen weiten Welt an. Mir wurde Ungarn vorgeschlagen, und da dachte ich plötzlich: „Warum denn nicht?“

Und so kam ich hierher und habe es keine Sekunde bereut, denn ich liebe Ungarn, Pécs und all die wunderbaren Menschen, die ich hier kennenlernen durfte!

És tanulok magyarul is, mert szeretnék beszélni magyar emberekkel és a magyar egy gyönyörü nyelv. Nagyon imádom.

Aber nun zurück zu der Frage, was eine Freiwillige macht, oder auch konkreter: Was mache ich hier am Leőwey? Die Antwort ist: vieles und auch mal nichts. Spannendes und auch mal Langweiliges. Sinnvolles und auch mal Unsinniges.

Ich unterrichte Grammatik – ja, auch das muss sein -, aber lieber spiele ich mit den Schülern Activity oder quatsche mit ihnen über Gott und die Welt (oder vielleicht eher über Szabolcs und die Schule). Ich korrigiere Texte oder Hausaufgaben und übe mit den Schülern für Prüfungen. Ich kopiere aber auch mal Zettel oder hole das Essen für uns Lehrer.

Kurzum – ich versuche zu helfen, wo und wem ich kann.

Und ich bin euch wirklich dankbar für die vielen großen und kleinen Dinge, mit denen ihr mich täglich zum Lächeln bringt:

Sei es der Moment, wo beim Improvisationstheater mit meiner Deutschgruppe aus der 9kn imaginär die Musik angemacht wird und im Nebenraum tatsächlich Musik angeht (magic exists); Tee trinken mit meinen zwei Lieblingsmädels aus der 10f; die 9a, die mir plötzlich spontan ein ungarisches Volkslied vorsingt; die Deutschgruppe aus den Neunten, bei denen ich einige Wochen im Winter regelmäßig den Unterricht vertrat und die sich immer so freuten, mich zu sehen; oder die vielen ernsten und weniger ernsten Gespräche mit den älteren Schülern – im Unterrricht, in Kleingruppen in der Bibliothek oder auch in einer Kneipe –, selbstverständlich nur mit Fanta oder Cola!

Aber um auch meine Kollegen hier nicht zu vergessen: Danke für die mir immer wieder mitgebrachte Schokolade oder die gehäkelte Blume, die eines Morgens auf meinem Tisch lag: „Ich habe für meine Kinder welche gemacht und ich dachte, du freust dich auch“; das Lächeln, das ich an der Pforte geschenkt bekomme und das Lachen zusammen mit Lehrern aus ganz anderen Ecken der Schule, Physik zum Beispiel – etwa über meine Versuche, Ungarisch zu reden; die vielen Diskussionen über so verschiedene Themen, wie Lehrer verschieden sind; das Vertrauen, das ihr in mich gesetzt habt; und all die bunten Ereignisse: unsere Lehrerpolka bei der Bandweihe etwa, mit allem, was dazugehörte – von den Proben bis hin zum Kauf eines Dirndls -, oder die wunderbaren Abende zusammen bei Feiern und nicht zuletzt natürlich die zwei Fahrten nach Graz, insbesondere die Lehrerfahrt.

Und, liebe Schüler – lasst euch eines gesagt sein: Lehrer sind, tatsächlich, ehrlich, keine Lüge, auch nur Menschen. Sie sind nicht immer gut gelaunt, manchmal sicher ungerecht oder wütend, aber eigentlich meist wirklich nett, humorvoll und intelligent. Genau wie ihr also, nur älter.

Während ich diesen Text schreibe – lange Zeit,  bevor ihr ihn lest -, liegt das Schuljahr in den letzten Zügen, rückt mein Abschied immer näher. Und auch wenn ich mich darauf freue, meine Familie und Freunde daheim in Deutschland wieder etwas regelmäßiger zu sehen, so bin ich doch gerade vor allen Dingen traurig:

Ungarn; das Leőwey; meine niedliche kleine Wohnung und meine ungarische Mitbewohnerin; die gefühlt immer sonnige Belváros (ich komme aus Norddeutschland; Regen ist unser bester Freund); Kollegen, Freunde; Schüler, die begeistert „Hallo Silja!“ rufen; kleine, aber schöne Reisen durch ein kleines, aber schönes Land, mal allein, mal mit Freunden aus Ungarn, Deutschland oder ganz anderen Ländern; den ständigen Wechsel zwischen Deutsch, Englisch und Ungarisch und manchmal sogar Französisch („Nagyon magnifique von euch“), die in meinen Ohren wiederklingende Ansage im Bus „Ez a 2/2A Uránváros felé“; der Pálinka, dem aus dem Weg zu gehen unmöglich ist; meine Versuche, Ungarisch zu reden, und meine geduldige Sprachlehrerin; mein häufig besuchtes liebenswertes Budapest und die Bekanntschaften, die ich auch dort gemacht habe; die EINMALIGEN anderen Kulturweitler; das Gefühl, immer spontan irgendwo vorbeikommen zu können…

All das werde ich nun bald hinter mir lassen, zusammen mit einem ordentlichen Stück meines Herzens.

Aber ich komme wieder!

Wenn auch nur für einen Besuch – doch ich vermisse euch bereits jetzt alle, also sage ich Viszontlátasra und nicht Hélo, während in meinem Kopf leise Cat Stevens singt:

„Oh very young, what will you leave us this time
You\’re only dancin\‘ on this earth for a short while
And though your dreams may toss and turn you now
They will vanish away like your dad‘s best jeans
Denim blue, faded up to the sky
And though you want them to last forever
You know they never will
(You know they never will)
And the patches make the goodbye harder still“

Bleibt so tökjó, wie ihr seid!

Eure Silja

Ungarn und Europa. Ungarn und Europa?

Sonnenschein, warme Luft, Freitagmittag: Eiszeit.
Der perfekt unperfekte Moment, um über Politik zu sprechen.

Oft bereits wurde mir als einer deutschen Freiwilligen, die für ein Jahr in Ungarn lebt, die Frage gestellt, wie die Einstellung der ungarischen Bürger zu Europa ist. Ich selber habe mich mittlerweile viel mit dieser Frage beschäftigt. Es liegt mir sehr am Herzen, diese Frage so gut und so fair, wie es mir möglich ist, zu beantworten.

Im Folgenden möchte ich auf drei Punkte eingehen:

  1. Wie ist die Einstellung der Ungarn zu Europa?
  2. Welche Maßnahmen ergreift Orbán, und wie arbeitet er?
    Wie findet das Volk ihn, seine Partei und deren politische Richtung?
  3. Was denken Ungarn über die Flüchtlingsproblematik?

Zuvor ist es mir noch wichtig, darauf hinzuweisen, dass alle hier geschilderten Erfahrungen, Meinungen o.ä. ausschließlich auf meinen eigenen Erlebnissen basieren und dieser Bericht außerdem, besonders aufgrund der Tatsache, dass ich mich zumeist in einer einzelnen Gesellschaftsschicht – dem Bildungsbürgertum – bewege, nur ein unvollständiges Bild voller Lücken und offen bleibender Fragen zeichnen kann. Ebenso wenig wie „den Deutschen“ oder „die Deutschen“ gibt es schließlich „den Ungarn“ oder „die Ungarn“ – alles, was ich im Folgenden schreibe, sind notwendigerweise Verallgemeinerungen, die weder dem einzelnen Menschen noch der komplexen Situation wirklich gerecht werden können.

Dennoch ist es meiner Meinung nach essentiell, einen Eindruck von der aktuellen Situation in Ungarn und der ungarischen Mentalität zu bekommen, um die Gedanken und Gefühle der Menschen hier nachvollziehen zu können.

Im Allgemeinen handelt es sich bei Ungarn um ausgesprochen fröhliche, gastfreundliche und hilfsbereite Menschen, die es jedoch in der Geschichte wie auch heutzutage nicht immer leicht hatten/haben. Sie sind – vermutlich aufgrund einer Vergangenheit, in der Ungarn regelmäßig als Spielball zwischen verschiedenen Mächten diente; oft ungerecht behandelt und zerrissen wurde – auf ihre Identität als Ungarn und somit ihre Nationalität stolz und sehr traditionsbewusst.

Die Familie hat in Ungarn eine zentrale Bedeutung, und die Kleinheit des Landes schützt die Menschen davor, sich aus den Augen zu verlieren. Auch Leistung ist wichtig, ist sie doch der Schlüssel zu einer besseren Zukunft. Aufgrund dessen stellen in den Schulen wie auch auf den Universitäten regelmäßige Wettbewerbe einen Grundbestandteil der Ausbildung dar. Junge Ungarn blicken oft eher desillusioniert in die Zukunft, konzentrieren sich mehr auf messbare Erfolge und Ergebnisse, nicht so sehr auf Träume. Sie entscheiden sich für Sicherheit und gegen Risiken – der klassische Zukunftstraum: ein guter Beruf und ein schönes Haus, um der kleinen Familie ein gutes Leben bieten zu können. Hierzu werden sie durch Eltern und Großeltern, auch aufgrund deren eigener Erfahrungen, ermutigt. Gerade die ältere Generation verfügt oft nur über geringe Mittel, vielfach zu gering zum Leben – die Renten sind niedrig und die Unterstützung durch den Staat nur in Maßen, wenn überhaupt, gewährleistet.

Auch der arbeitsfähige Teil der Bevölkerung hat keine Möglichkeit, etwa beim Verlust des Arbeitsplatzes Unterstützung zu bekommen: Ein Arbeitsloser ist – nach wenigen Monaten, in denen er Arbeitslosengeld erhält, jedoch oft kaum eine neue Anstellung finden kann – auf sich allein gestellt. In Ungarn herrscht teils, besonders auf dem Lande, noch immer große Armut; Häuser sind baufällig, Kinder schwänzen die Schule, und es mangelt an so Essenziellem wie ausreichenden Lebensmitteln. Das wenige Vorhandene wird aber stets großzügig und stolz geteilt. Auch Neues wird in Ungarn freundschaftlich und interessiert, allerdings eher leicht distanziert aufgenommen.

  1. Wie ist die Einstellung der Ungarn zu Europa?

Wie in jedem Land gilt auch hier: Verschiedene Leute, unterschiedliche Meinungen. Allgemein aber sieht vor allem die jüngere Generation Europa zumeist positiv und als eine wunderbare Chance, eine Gemeinschaft voller Möglichkeiten, deren Erhalt wichtig ist. Dass Ungarn an einem Austritt aus der EU interessiert ist, ist nicht mein Eindruck – der Wunsch nach mehr Eigenständigkeit der einzelnen Länder im Rahmen der EU ist zwar spürbar und wird auch von der Regierung propagiert. Die Vorteile der EU liegen aber auf der Hand; gerade für die schwächeren Mitgliedsländer, und dies ist auch den meisten Ungarn deutlich bewusst. Woher rührt also diese Angst vor gemeinsamen Entscheidungen, vor Autonomieverlust? Die Antwort liegt vermutlich in der Geschichte des Landes; wachgerufen wurden das Misstrauen gegenüber Europa und die Abwendung von gemeinsam beschlossenen Maßnahmen durch die Flüchtlingsproblematik (siehe Punkt drei).

  1. Welche Maßnahmen ergreift Orbán und wie arbeitet er?
    Wie findet das Volk ihn, seine Partei und ihre politische Richtung?

Orbán Viktor ist der Parteivorstand der konservativen, jedoch nicht rechtsextremen Partei Fidesz und seit 2010 erneut Ministerpräsident Ungarns. Zuerst ist es mir wichtig, zu betonen, dass die deutsche Berichterstattung zumeist spürbar voreingenommen über die ungarische Politik berichtet, wie auch im Gegenzug die ungarische Berichterstattung über die europäische und besonders die deutsche Politik. Eine deutliche Beeinflussung der Bürger beider Länder durch die jeweiligen Medien ist in Bezug auf diese Thematik in beiden Ländern gegeben, was es schwer macht, objektive Informationen zu erhalten. Bei den ungarischen Bürgern hat dies zwei deutlich wahrnehmbare Konsequenzen: Einerseits ist da ein Gefühl der ungerechten Behandlung, der Stigmatisierung und des Nicht-Verstanden-Werdens durch die (west-)europäischen Nachbarn im Allgemeinen und die Deutschen im Besonderen, was den perfekten Nährboden für eine Abneigung gegenüber der EU und das Driften in eine rechtsextreme Richtung bietet. Andererseits führt die einseitige Berichterstattung in Kombination mit der rechten Propaganda der Regierung unter einem großen Teil der Bevölkerung zu einer sich festsetzenden, von Vorurteilen und Falschinformationen geprägten Meinung. So wird vielfach etwa angenommen, dass sich in Deutschland die Missstände mehren und – salopp formuliert – das Land aufgrund der vielen dort aufgenommenen Flüchtlinge langsam im Chaos versinkt.

Wieso aber propagieren Orbán und seine Partei einen rechten Standpunkt, handelt es sich doch bei Fidesz nicht um eine rechtsextreme Partei? Orbán greift hiermit gekonnt eine sich im Land abzeichnende Stimmung auf, kommt der rechtsextremen Jobbik-Partei entgegen, hält sie somit als politischen Gegner klein und sichert sich Macht. Orbán provoziert gekonnt und kennt seine Grenzen. Im Land wird er deshalb nicht unbedingt negativ aufgenommen, jedoch auch nicht glorifiziert. Im Allgemeinen spielen sich meinem Eindruck nach die Machtspiele der Parteien eher im Hintergrund ab, das Interesse für Politik ist oft eher klein und es fehlt an ausreichender Wissensvermittlung, an Informationen. Umso sichtbarer sind im Gegenzug die Propagandamaßnahmen der Fidesz- oder der Jobbik-Partei. Zurzeit etwa sind überall Plakate mit dem Aufdruck „Stoppt Brüssel“ zu sehen. Diese beziehen sich erneut auf die Flüchtlingsproblematik. Orbán tritt durchaus für einen Verbleib in der EU ein, aber auch für mehr Autonomie der einzelnen Länder innerhalb selbiger. Besonders wirtschaftlich sieht auch er aber die Mitgliedschaft in der EU als äußerst wichtig an. Seit einigen Wochen hat sich Orbán allerdings insbesondere unter jungen Akademikern äußerst unbeliebt gemacht – mit dem Versuch, über die Einführung eines neuen Gesetzes (das Verbot ausländischer Universitäten ohne Sitz in ihrem Heimatland) die in Budapest ansässige amerikanische CEU (Central European University) zu verbieten, also zwangszuschließen. Dies wurde als ein Angriff auf die Bildungsfreiheit aufgefasst, und in wiederholten Demonstrationen gingen tausende junge Ungarn auf die Straße, um ihren Unmut und ihre Entrüstung zu zeigen.

  1. Was denken Ungarn über die Flüchtlingsproblematik?Wenden wir uns nun der Frage zu, auf die auch die vorigen Punkte letztendlich hinausliefen. In Ungarn ist tatsächlich eine große Abneigung gegenüber Flüchtlingen spürbar. Diese baut sich auf begründeten genauso wie auf unbegründeten Ängsten auf. Es ist Tatsache, dass in Ungarn verglichen etwa mit Deutschland teils noch immer große Armut herrscht, besonders Sinti und Roma sind oft schlecht ausgebildet und haben somit keine Zukunftschancen; viele sind arbeitslos und leben in schlechten Zuständen. Dies liegt auch darin begründet, dass bereits die Kinder meist schlecht ausgebildet und unzureichend gefördert werden – ein Thema für sich, aber ein wichtiges Beispiel dafür, dass das Land viele innenpolitische Probleme und Baustellen hat, die behoben werden müssen. Viele Ungarn fühlen sich daher mit der zusätzlichen Aufnahme von Flüchtlingen im Land überfordert; sie befürchten eine sich ausbreitende Unzufriedenheit unter den Aufgenommenen, die nach einer Weile feststellen würden, dass sie keine Zukunft in Ungarn haben.

Auch besteht vielfach die Angst vor einer Überfremdung, einem Verlust der ungarischen Mentalität, des ungarischen Lebensgefühls. Auch hier ist der Grund für diese Angst in der Geschichte des Landes zu suchen, einer Geschichte, die durch Fremdherrschaften geprägt ist, seien es nun die Türken, die Österreicher oder die Sowjetunion. Dabei handelt es sich bei Ungarn tatsächlich um ein zutiefst multikulturelles Land – kaum ein Ungar ohne Vorfahren oder Freunde aus einem anderen Land wie etwa Österreich, Kroatien oder der Slowakei. Allerdings sind alle diese Länder mental wie auch geographisch Ungarn „näher“. Im Allgemeinen sind Ungarn wie bereits erwähnt ausgesprochen gastfreundlich, zumindest so lange keine Angst vor Einmischung, dauerhaftem Bleiben oder auch allzu großer Fremdheit besteht. Vielleicht lässt sich Ungarn mit einer kleinen Familie vergleichen, die Gäste zwar freundlich aufnimmt, jedoch auch froh ist, sobald sie schließlich wieder fort sind und die Familie in ihren gewohnten Rhythmus und ihre vielfältigen kleinen Traditionen zurückkehren kann.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass insbesondere Deutschland und Ungarn in Bezug auf die Fragen nach einer europäischen Politik und Identität, einer nationalen Selbstbestimmung, einer Aufnahme von Flüchtlingen oder einem Einreiseverbot usw. tatsächlich recht kontroverse Einstellungen und Gefühle vertreten. Wichtig ist, zu versuchen, sich von einseitiger Berichterstattung abzuheben, zu versuchen, Verständnis für die jeweils andere Meinung aufzubringen und den offenen Dialog zu suchen. Anstatt uns über dieser Frage zu entzweien, sollten wir versuchen, gemeinsame Lösungen zu finden, den Argumenten des Gegenübers zuzuhören und uns dann auf der Basis unserer eigenen Recherchen, nicht aber auf der Basis medialer Beeinflussung, unsere eigene Meinung zu bilden.

In diesem Sinne wünsche ich dir und allen Menschen auf dieser Welt ein schönes Wochenende, geprägt von entspanntem Miteinander, spontanem Lachen und lieben Worten.

Grüße aus dem warmen Juniungarn

Silja