Geschichten aus Sofia,Blagoevgrad,Rila,Skopje und Bukarest

Spontan (heraus)geputzt im Archäologischen Museum in Sofia

Oktober 2016

„May the road rise to meet you, may the wind…“. Next. „Cantiiicooorum…“. Next. Ich blättere meine Noten um. Eingehüllt in eine viel zu lange und breite, dunkelblaue Chorkleidung (Kommentar meines Chorleiters: liiiittle bit too big, but well, it´s a gown. Haha.), kombiniert mit einem rot-weißen Schal und  mit einer schwarzen Mappe in der Hand stehe ich im geschmückten und (heraus)geputzen (u.a. mit dem dunkelblauen, staubanziehenden Stoff meiner Chorkleidung 😉 )Archäologischen Museum in Sofia. Zu einem Event der AUBG, der Amerikanischen Universität in Blagoevgrad, sind viele Leute in feinen Anzügen, schicken Kleidern und verboten hohen Stöckelschuhen gekommen und wir geben ihnen das Ergebnis unserer langen Probenarbeit zum Besten. Okay, zugegeben- der langen Probenzeit der anderen… Ich staune ehrlich gesagt immer noch darüber, überhaupt hier zu sein: Vor genau zwei Wochen war ich erst in den Chor gekommen, habe alle Stücke bisher nur höchstens zwei Mal gesungen und in meiner dritten(!) Probe erfuhr ich dann, dass ich bei dem nächsten Auftritt schon mitwirken sollte. Ich war ziemlich verblüfft, da ich fest davon ausgegangen war, noch gar nicht mitsingen zu dürfen, freute mich dadurch aber umso mehr auf mein erstes AUBG Choir Konzert. Ja, und so kommt es, dass ich jetzt begeistert in einem Museum stehe und mich durch sämtliche Strophen englischer und lateinischer Lieder kämpfe. Ein Glück, dass sie nicht auf Bulgarisch sind… das hätte ich garantiert nicht so schnell vom Blatt hingekriegt.

Die letzten Töne des Klaviers erklingen. Der Applaus rauscht in meinen Ohren. Geschafft. Sogar fast ohne Textverdreher. Ich lächele. Ich bin froh, finde unseren Auftritt ziemlich gelungen und folge schließlich den anderen Sänger_innen zur Seite, wo unsere Taschen stehen und ziehe mich um. Kurz darauf kommt Helli (Freiwillige in Plovdiv) zu mir, die im Anschluss mit mir nach Blagoevgrad fahren will, und berichtet, dass sie das Event auch sehr schön fand.

Der AUBG-Choir

 

„Schau mal, das ist doch bestimmt der Weg!“

Oktober 2016

Freitagabend bei dem Chorauftritt in Sofia:

„……It´s quite easy. I´m shure you´ll find the way. You just have to find this statue…“ Katy, eine Studentin aus meinem Chor, steht lachend vor Helli und mir, breitet ihre Arme aus und lehnt sich zur Seite. „Ah I know it!“, sage ich sofort,lache und habe dieses Bild vor Augen:

Am Samstagmittag in Blagoevgrad:

Mit Wanderschuhen, Wasserflaschen und natürlich meiner Kamera gewappnet, stehen Helli und ich vor der großen Statue und suchen den Weg zum riesigen weißen Kreuz, das man von so ziemlich jedem Platz der Stadt sichten kann. Auch jetzt, wie wir so vor der Statue stehen, können wir das auf dem Berg thronende weiße Kreuz gut sehen- nur dummerweise den Weg dorthin nicht. Trotzdem steigen wir entschlossen die Treppenstufen hinter der Statue hinauf und nehmen den nächstbesten Pfad, der einigermaßen nach „Weg“ aussieht. Plötzlich stehe ich vor einem grün gestrichenen Geländer und sehe dahinter eine breite Treppe. Ahh, endlich haben wir den richtigen Weg gefunden, denke ich und klettere schnell über das Geländer. Einige Treppenstufen später stehe ich an einem wunderschönen Platz.

Schnell ein paar Fotos, weiter geht´s. Munter laufen Helli und ich den Berg hinauf, klönen fröhlich und freuen uns über den schönen Anblick des bunten Waldes.

Der Tatsache, dass der Weg immer schmaler wird, geben wir dabei nur wenig Beachtung. Doch als wir uns mitten im Gestrüpp wiederfinden und uns regelrecht durch die Büsche schlagen müssen, kommt mir der leise Verdacht, dass wir wieder vom offiziellen Weg abgekommen sein mussten. Unwissend, wo dieser aber sein sollte und mit positiver Überzeugung (auf einen kleinen zugewucherten Pfad zeigend:“Ach, schau mal, das ist doch bestimmt der Weg!“) wandern wir jedoch trotzdem weiter querfeldein, immer das große weiße Kreuz im Visier.

Ich lasse meine Beine baumeln und schaue in die Ferne. Helli und ich sitzen gemütlich auf der Empore, auf der das weiße Gipfelkreuz gebaut wurde, und staunen. Wir staunen darüber, wie viel Spaß es doch gemacht hat, sämtliche Äste energisch beiseite zu schieben und sich etwas uninformiert und planlos selbst einen eigenen Weg zum Ziel zu suchen. Wir staunen darüber, angekommen zu sein. Wir staunen über die wundervolle Aussicht und den Blick auf die ganze Stadt.

Wir staunen. Bis wir beschließen– Zeit für ein Gipfelfoto!!

 

Da ich nicht von jedem einzelnen Erlebnis so ausführlich berichten kann,ohne dass es zu viel und vielleicht langatmig wird,  werde ich die nächsten drei nur kurz zusammenfassen. Dass ich ausgerechnet diesen weniger Platz hier zuteile ist eher willkürlich und heißt nicht, dass sie weniger schön waren und mir nicht so viel bedeuten. Aber ihr könnt euch schon freuen, eine kleine ausführlichere Geschichte zum Miterleben wird es noch geben ;).

Skopje

Oktober/November 2016

In den Herbstferien vom 29.Oktober bis 1.November fuhr ich mit Anja, Anne, Johanna, Helli und Seline  (alles Freiwillige in Bulgarien) nach Skopje, die Hauptstadt Mazedoniens. Dort hatten wir uns mit Leonie, einer Kulturweit-Freiwilligen aus Ungarn, verabredet. Gemeinsam haben wir uns die von unzähligen Statuen bevölkerte und dadurch auf mich sehr „inszeniert“ wirkende Stadt angeschaut, uns dadurch währenddessen ein wenig wie im Europapark gefühlt, als Ausgleich den Canyon Matka, die Tropfsteinhöhle und die wunderschöne Natur genossen und einen gemütlichen Halloween- Abend mit einer lustigen Kürbis-schnitz- Aktion verbracht.

Canyon Matka

In der Tropfsteinhöhle

Danke an Johanna und Helli für die Fotos!

 

Weihnachtsbäckerei und Rila Kloster

An einem Wochenende Mitte November bekam ich dann Besuch von Seline aus Sofia und Helli aus Plovdiv. Gemeinsam haben wir abends frühweihnachtliche Frühlings-weihnachtskekse gebacken (neben Tannenbäumen, Herzen und Sternen auch Blümchen und Häschen auszustechen, ohne dass sich ein Familienmitglied beschwert, war einfach zu verlockend) und am nächsten Tag das Rila Kloster besucht. Dieses Kloster liegt nicht weit von Blagoevgrad entfernt und ist das größte und wichtigste in ganz Bulgarien und war für mich dementsprechend auch sehr eindrucksvoll.

„In der Weihnachtsbäckerei“

Rila Kloster

Aussicht aus dem Busfenster auf der Fahrt nach Rila

 

„Zugfahren ist abenteuerlich!“

November/Dezember 2016

Das Zwischenseminar in Rumänien steht an. Es soll in dem kleinen Dorf Barcut/Bekokten stattfinden. Hmm das wird eine lange Reise. Und wie kommen wir da hin? Ein paar Tage Bukarest als Zwischenstopp wären doch ganz schön. Von dort kann man auch gut mit dem Zug zum Seminarort fahren. Also perfekt, und wie kommen wir nach Bukarest? Erkundigen wir uns mal- es gibt einen Bus und einen Zug von Sofia aus. Ah ja und für die Rückfahrt gibt es einen Nachtzug von Craiova nach Sofia. Super! Glauben wir…

„Zugfahren in Bulgarien ist abenteuerlich. Punkt.“                                                                         „Toni, fast niemand nimmt den Zug. Fast alle Bulgaren fahren mit dem Bus.“                         Jaja. Das habe ich oft gehört.

….. „Aber Zugfahren ist definitiv spannender!“ flüstert uns die Abenteuerlust ins Ohr und entschlossen werden die Zugtickets besorgt.

Auch hier will ich nun nicht weiter in allen erdenklichen Details berichten. Nur so viel:

Meine Fahrt mit Seline gemeinsam nach Bukarest war ein wenig abenteuerlich, da wir zu spät zur Metro gehetzt sind, ewig auf die zwei Metros warten mussten und daher den Zug beinahe verpasst hätten, ihn aber durch einen Endspurt am Bahnhof doch noch gerade so erwischt haben. Tja, und als wir dann im Zug saßen und aufatmeten, bemerkten wir plötzlich, dass unser genialer Plan,kurz vorher beim Billa in der Nähe des Bahnhofes Proviant einzukaufen, nicht aufgegangen ist. So saßen wir also den ganzen Tag im Zug mit (sofern ich mich richtig erinnere)  ca. 10 Erdnüssen, zwei Äpfeln, einer Art Chips und Schokocroissants, die Seline bei einer kurzen Pause schnell am Kiosk am Bahnsteig in Russe besorgen konnte). Ja, und ich glaube, jetzt könnt ihr alle schon erraten, was unser erstes Ziel am Bahnhof war, als unser Zug endlich in Bukarest ankam. Na? Wisst ihr es? Kleiner Tipp; fängt mit B an und hört mit -illa auf! 😉 Und da gibt es sehr leckere Baguettes, Gurken und Frischkäse 😉

In Bukarest sind wir dann am nächsten Tag auf andere Kulturweit-Freiwillige aus Bulgarien gestoßen und haben gemeinsam die Stadt erkundet.

 

Unsere Bukarestreisegruppe 🙂

(Momentan kann ich nur Bilder über mein Handy auf den Blog laden, über den Computer funktioniert es aus irgendwelchen Gründen nicht. Wenn dieses Problem behoben ist, werden noch ein paar Fotos von Bukarest und vom Seminar hinterherkommen 😉 )

Im Anschluss ging es dann, wie schon erwähnt, weiter in das Dorf Barcut/ Bekokten zum Zwischenseminar. Dort haben wir viele interessante Themen besprochen, wie z.B. Rassismus gegenüber Sinti und Roma und Projektplanung und so weiter. Außerdem haben wir viel über unsere Situation reflektiert, uns über so ziemlich alles,was uns gerade so bewegt, ausgetauscht, manchmal mit dem Feuermachen gekämpft und die Gemeinschaft, leckeres (z.T. rumänisches) Essen, eine Wanderung und den ersten Schnee ab dem ersten Dezember genossen. Und dann hieß es auch schon wieder: Auf nach Bulgarien!

Zugfahren ist abenteuerlich. Punkt.

In meine Winterjacke und meinen dicken grünen Schal eingemummelt sitze ich mit anderen Freiwilligen in einem ziemlich kalten Abteil eines Zuges, der noch im Bahnhof in Craiova steht. So langsam realisiere ich, dass mein heimlicher Wunschgedanke, dass sich das kleine Zugabteil ja bald garantiert genügend aufwärmt, wenn wir zu siebt darin hocken, wohl eher nicht in Erfüllung gehen wird. Ein Mann mit Schlagstock geht an unserem Abteil vorbei. Ein weiterer folgt ihm. Ansonsten passiert nicht so viel. Der Zug steht immer noch. Dabei hat er schon eine ganze Stunde Verspätung. Rrrrruuckel…. Endlich fährt der Zug langsam ein Stück vorwärts. Quiiiietsch! Und bleibt kurz darauf wieder stehen und fährt rückwärts. Quiiietsch. Stopp. Wir stehen wieder. Das Ganze wiederholt sich mehrfach. „Da hat der Zugführer wohl etwas vergessen! und „Deswegen dauert die Zugfahrt so lange“ scherzt jemand.Doch mehr Beachtung wird dem nicht geschenkt, da Anne nun auf die Idee gekommen ist, zu googeln, welche Strecke unser Zug in den nächsten 9 Stunden zu bewältigen hat. Luftlinie Craiova- Sofia: 187 km. Autostrecke: 261 km. Warte- NEUN Stunden für nur circa ZWEIHUNDERTFÜNFZIG Kilometer???? Alle fangen an ungläubig zu schmunzeln. Aber naja, man hatte uns ja vor dem Zugfahren in Bulgarien gewarnt und wir wussten, worauf wir uns einlassen.

So sucht sich jeder auf seinem Sitz die bequemste Schlafposition, ruhige Musik tönt leise aus einem Handy und der Zug fährt endlich länger als eine halbe Minute in eine Richtung,aber immer noch im Schneckentempo. Die Kälte hingegen kriecht in einem Affenzahn unter die dicken Winterjacken. Also kuschelt sich Anja schon recht bald in ihren Schlafsack ein, Helli breitet ihre Schaldecke über sich aus und ich ziehe sämtliche warme Klamotten aus meinem Wanderrucksack heraus. Dann kuschel ich mich wieder an Hellis Schulter und sehe im Augenwinkel, wie Seline aus dem Abteil geht ,um sich ein wenig die Beine zu vertreten.

Seline kommt von ihrer Zugerkundung wieder. Hektisch reißt sie die Abteiltür auf. Geschockt steht sie vor uns und berichtet: „Da war nichts mehr.! Offen!Abgrund, einfach so! Ich wäre beinahe rausgefallen!“ Deswegen sind wir also in Craiova zig mal vor und wieder zurück geruckelt!! Tzzz… Da hat man wohl ein paar Waggons hinter uns abgekoppelt, ohne dass wir was davon ahnten… Sofort stehen Johanna, Anne und Helli auf, um es sich anzusehen und anschließend auch ein bisschen durch den Zug zu schlendern. Von hysterischen Lachanfällen geschüttelt stehen sie kurze Zeit später wieder vor unserer Abteiltür und erklären, dass sie gerade nebenbei „mal eben so „auf vier verschiedenen Sprachen von einem Zugbegleiter darüber informiert wurden, dass unser Zug vier Stunden Verspätung haben wird und wir jetzt nachts ein paar Stunden auf dem Abstellgleis stehen werden (Warum genau, habe ich nicht so ganz verstanden). Damit die Nacht auf dem Abstellgleis wenigstens ein bisschen gemütlicher wird, gehen wir in den Schlafwagen, wo jeder von uns ein Bett, mehrere Wolldecken und sogar Wasser und ein Schokocroissant bekommt. Gleich wird der Strom ausgestellt- wird uns noch kurz mitgeteilt. Und dann geht auch schon sämtliches Licht aus.

Ich zupfe meine Wolldecken zurecht und versuche mich einigermaßen bequem hinzulegen. Ich höre leises Zuggeratter. Auf einmal wird es wieder lauter. Quiiietsch. Wir stehen. Wohl jetzt erstmal für die nächsten drei, vier Stunden, denke ich. Doch in genau dem Moment setzt sich der Zug  ächzend wieder in Bewegung. Und zwar rückwärts! Dann wieder vorwärts. Rückwärts und wieder vorwärts. Quiiietsch.  Stopp. Lustige Angewohnheit dieses Zuges. Noch mehr Waggons können sie eigentlich nicht abkoppeln, denke ich müde, während mir langsam die Augen zufallen….

Ja, Zugfahren ist abenteuerlich. Punkt. Aber auch eine witzige Erfahrung, wenn man Freunde hat, die dieses Abenteuer mit einem wagen. Punkt.

Allein würde ich das nicht so unbedingt machen wollen, sooo geheuer waren mir die Männer mit den Schlagstöcken, die an unserem Abteil vorbei liefen, dann doch nicht. Doch mit den anderen Freiwilligen gemeinsam war es ein lustiges Erlebnis und angekommen sind wir ja schließlich auch- wenn auch etwas später als geplant.

 

Und zum Schluss noch ein Foto, dass einen treffenden Eindruck meiner Weihnachtszeit 2016 hier in Blagoevgrad gibt.

Weihnachten in Blagoevgrad

 

Über die aktuellen Erlebnisse und Erfahrungen werde ich euch so bald wie möglich berichten. Jetzt bin ich erstmal froh, diesen großen Nachtrag geschafft zu haben :D.

Bis bald! 🙂

 

 

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Alligatoah trifft Schneewittchen

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Die Schule begann um halb acht in der Früh. Wenig Pausen. Jetzt ist es halb zwei. Ich stehe vor einer meiner zehnten Klassen.  „Guten Tag! Wie geht´s euch?“ – „Guten Tag, Antonia. Nicht gut. Wir sind alle müde! Seeehr müde.“ Na toll, denke ich ein wenig unmotiviert und beginne dabei das Thema, das ich mit ihnen kreativ bearbeiten soll, in großen Buchstaben an die Tafel zu schreiben: SCHÖNHEIT. Keine gute Idee. Ich bin gerade beim „Ö“ angelangt, da verwandelt sich die zuvor ruhige und schläfrige Klasse urplötzlich  in  eine ohrenbetäubend laute, unkontrollierbare Menschenmasse. „*stöhn. stöhn*NEEEEEEIN! NICHT SCHON WIEDER DAS THEMA! *stöhn* WIR MÖGEN ES ÜBERHAUPT NICHT!! KÖNNEN WIR NICHT ETWAS ANDERES MACHEN???“ Ich seufze leise, doch mir bleibt nichts anderes übrig, als diese Rufe zu ignorieren und trotzdem wie geplant fortzufahren. Ich beginne also an den Lautsprecherkabeln herumzuzupfen, um mein Handy anzuschließen und das Lied „Du bist schön“ von Alligatoah anzumachen. Schlagartig wird die Klasse wieder ruhiger und alle warten gespannt, bis endlich die ersten Töne des Liedes zu hören sind… „Gib mir ein schlaues Buch, ich mach die Augen zu. Schöööönheitsschlaaaaf….“

Ich lasse meinen Blick über die ganze Klasse schweifen und muss heimlich in mich hineingrinsen. Von wegen „Schööönheitsschlaaaaf“! Auf einmal sind die meisten, die noch vor ein paar Minuten laut eigenen Aussagen schon „viiiiiel zu müüüüde zum Deeeuuutschleeernen“ (gähnend :D) waren, wieder hellwach. Sie singen ab und zu leise mit, denken sich  kleine Tanzchoreographien aus und fordern den Text. Also teile ich die Kopien aus- allerdings mit einem Lückentext. Und obwohl so mancher protestiert: “ Och nö. Das ist doch viel zu schnell!“, geben sich letztendlich alle große Mühe den Rap zu verstehen.

Mein Blick schweift wieder über die ganze Klasse. Er bleibt an einigen unglaublich fleißigen Schülern hängen, die jedoch eher ein wenig frustriert auf die Vielzahl der unausgefüllten Lücken starren. Hmmm, vielleicht hatten sie doch recht und ist es bei dem rasanten Tempo ein bisschen zu schwierig, Wörter wie „Phänomen“ oder „Gesichtsfalten“ herauszuhören…, überlege ich. Aber nach dem ersten Durchlauf versuche ich sie erst einmal  zu beruhigen: “ Keine Sorge, wir können es jetzt noch ein paar Mal hören. So circa zwei oder…“ Sofort werde ich von einem lachenden Schüler unterbrochen: „oder auch drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht Mal!“ Dann postiert er sich prompt direkt vor den Lautsprecher und hält sein Ohr ganz nah daran, um den Songtext auch ja so deutlich wie möglich verstehen zu können!

„Du bist schööön, aber dafür kannst du niiichts…“ So langsam kann ich das Lied nicht mehr hören… diesen Ohrwurm werde ich wohl die nächsten Tage erstmal nicht mehr los, denke ich und drücke erneut auf „Wiederholen“. Das ist jetzt die fünfte Wiederholung. Zum Glück fehlen den Schülern nur noch ein paar Wörter und wir können bald anfangen, sämtliche Wortspiele und die Kritik in dem Lied zu besprechen.

Drrrriiiing. Driiiing. Driiiiing. Zehn-Minuten-Pause.

Ich verschnaufe kurz und stimme mich auf die nächsten vierzig Minuten ein, in denen wir uns mit dem Märchen, das in dem Lied etwas abgewandelt vorkommt, beschäftigen werden. Ein Märchen in Alligatoah´s Lied??? Ja, genau! „Spieglein, Spieglein im Handy, sag mir, bin ich der King?“

Bei uns war´s dann eher "Spieglein, Spieglein an der Tafel

Bei uns war´s dann eher „Spieglein, Spieglein an der Tafel“

Drrrriiiing. Driiiing. Driiiiing. Die Stunde geht weiter.

Ich teile eine gekürzte Version vom Märchen Schneewittchen aus, bei der das Ende fehlt. Die meisten Schüler_innen beginnen den Text zu lesen. Mein Blick schweift wieder über die Klasse. Alle Blicke sind direkt auf die Arbeitsblätter gerichtet. Oder doch nicht? Manche halten ihre Kopie so seltsam senkrecht vor sich und schauen auf ihren Schoß… Ich drehe eine kleine Runde quer durchs Klassenzimmer und merke, wie plötzlich sämtliche Handys schnell und heimlich wieder in der Hosentasche versteckt werden. Hatte ich also recht!, denke ich und fordere alle noch einmal etwas eindringlicher auf, endlich mit dem Lesen zu beginnen.

„So und jetzt findet euch bitte in kleinen Gruppen zusammen und erfindet ein neues Ende. Bitte schreibt es in Form eines Dialogs. Dieser soll dann in der nächsten Woche wie ein kleines Theaterstück aufgeführt werden.“ Wieder lautes Gestöhne. Und ich dachte, sowas Aktives wie Theaterstücke o.ä. würde ihnen Spaß machen. Tja, hab ich wohl falsch gedacht.  Ein wenig widerwillig teilen sich die Schüler_innen in mehr oder weniger kleine Gruppen ein. Wie so häufig bei Gruppenarbeit, schlängele ich mich mühevoll zwischen den eng aneinander stehenden Stühlen und Tischen hindurch ( ich bin froh, dass hier zumindest niemals eine Tasche auf dem Boden steht, da dies Unglück bringen soll), beantworte die ein oder andere Frage und versuche einige Gruppen zum Anfangen zu motivieren und den Lautstärkepegel so niedrig wie möglich zu halten. Letzteres mit eher weniger Erfolg… von Minute zu Minute wird es lauter und lauter. Ich merke, dass die Achtergruppe nach zwanzig Minuten immer noch nicht mit dem Dialog angefangen hat (Wobei ich sie ja von vorherein davon überzeugen wollte, dass es sehr schwierig ist einen Dialog zu Acht zu schreiben).

Drrrriiiing. Driiiing. Driiiiing. Stundenende.

Puhhh so langsam wurde es aber auch Zeit. Die Lautstärke war in den letzten paar Minuten kaum noch zum Aushalten gewesen. Ich schließe die Stunde etwas genervt mit dem Satz: “ In der nächsten Stunde habt ihr nur noch zwanzig Minuten, bevor ihr es der Klasse vorstellen müsst.“

Eine Woche später…

Es ist Abend, ich sitze in der Küche und esse Reis mit Gemüse. Plötzlich pfeift mein Handy. Eine Nachricht von einer 10.Klässlerin hat mich erreicht:

Hallo Antonia. Bitte sei nicht böse, wenn ich etwas frage. In dem letzten Unterricht haben wir eine Fortsetzung des Märchens „Schneewittchen angefangen. So, wir sind keine Schauspieler. Können wir die Fortsetzung in der nächsten Stunde auch nur vorlesen und nicht spielen?

Am nächsten Tag im Klassenzimmer:

Ich erkläre der gesamten Klasse noch einmal, dass es eigentlich nicht darum ging, ein perfektes Theaterstück auf die Beine zu stellen, sondern nur kleine spontane Sketche, sie aber auch das nicht unbedingt tun müssen, wenn sie ihre Texte lieber nur vorlesen wollen. Dann gebe ich ihnen noch die versprochenen zwanzig Minuten Vorbereitungszeit. Wieder drehe ich meine Runde durch die Klasse und stelle erstaunt fest, dass viele ihre Texte zuhause weiter- oder sogar schon fertig geschrieben haben. Insgesamt gehen sie heute mit viel mehr Elan an die ganze Sache. Ich bin erstaunt und freue mich, dass es nun doch besser klappt. In den letzten fünf Vorbereitungsminuten werden zu meiner Überraschung dann doch schnell noch ein paar Requisiten gebastelt, kleine Kunstwerke an die Tafel gemalt und Tische (Schneewittchens Bettchen) gerückt.

Den Inhalt und Spaß der nächsten zwanzig Minuten zeigen diese Bilder ziemlich gut:

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Der Prinz trauerte so theatralisch um Schneewittchen, dass die ganze Klasse Tränen lachte.

Der Prinz trauerte so theatralisch um Schneewittchen, dass die ganze Klasse Tränen lachte.

So wurde die Schneewittchenstunde doch noch zu einem vollen Erfolg.

Drrrriiiing. Driiiing. Driiiiing. Stundenende.

Alle packen fröhlich ihre Sachen zusammen, auch ich. Alle Schüler_innen strömen aus dem Raum hinaus, ich schließe ab und kann dabei nicht aufhören vor Freude zu grinsen.

Kaum bin ich aus dem Schulgebäude raus, kann ich nicht mehr an mich halten. Ich singe fröhlich vor mich hin und hopse im Wechselschritt nach Hause. Ich bin sooooo glücklich!!!

 

 

 

 

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Spiele, Pantomime und Lieder

Ich mache gerne viele Wanderungen. Ich spiele gern Klavier.

Manchmal bin ich sehr faul. Mein Lieblingshobby ist Schlafen und Ruhe haben.

Ich liebe Bücher und Musik, vor allem vom „Herrscher der Ringe“.

Ich bin schön, lustig und reizvoll.

Ich bin sehr nett und freundlich zu allen.

Ich bin ein positiver Mensch, der fast alles mag.

Das Essen ist meine größte Liebe.

Ich interessiere mich für Geschichte;

und auch schreibe ich in meiner Freizeit Gedichte.

Habe ich nicht fantastische und liebe Schüler_innen?! Bei einem Kennlernspiel in meiner ersten Stunde in einer 10.Klasse sollten die Schüler_innen fünf Merkmale aufschreiben, die sie besonders kennzeichnen, anhand derer dann erraten werden musste, wer das geschrieben hat. Anstatt der von mir erwarteten Sätze „Ich mag… .Meine Hobbys sind…“ formulierten viele solche wunderbaren und kreativen Sätze. Das hat mich unglaublich gefreut, wobei ich natürlich auch sehr über den umfangreichen Wortschatz meiner reizvollen, essenliebenden und positiven Schüler_innen gestaunt habe :D!

In meinen ersten zwei Wochen hier bestand meine Arbeit hauptsächlich aus diesem Spiel und einem fünfzehnminütigen Vortrag über mich und meine Heimatstadt. Mittlerweile  ist meine Arbeit aber zum Glück etwas spannender und abwechslungsreicher. Ich habe nun einen festen Stundenplan und gehe jede Woche in zwei Achte, zwei Neunte und zwei Zehnte Klassen.

Die Achtklässler_innen sind die Jüngsten hier am Fremdsprachengymnasium und lernen erst seitdem ich hier in Blagoevgrad bin Deutsch. Allerdings haben die zwei Klassen, die ich unterrichte, ca. 22 Schulstunden Deutsch pro Woche und lernen die Sprache deshalb ziemlich schnell. Trotzdem ist es natürlich klar, dass sie mich und meine Erklärungen nach diesen paar Wochen Deutschunterricht noch nicht ohne Pantomime verstehen können. Daher hampele ich sehr häufig vor der Klasse herum: Ich rühre wie ein Koch im großen Suppentopf, ich spiele Luft-Geige, ich mache kräftige Schwimmbewegungen und fliege wie ein Vogel mit flatternden Flügeln in die Lüfte. Auf diese Art und Weise habe ich ihnen etwas über mich erzählen und ihnen schon viele neue deutsche Wörter beibringen können. Natürlich ist auch noch eine bulgarische Lehrerin dabei, die notfalls übersetzen kann, aber das versuche ich möglichst zu vermeiden.

Ansonsten machen wir oft Aussprachetraining, wobei deutsche Zungenbrecher besonders gut ankommen. Aber nicht nur meine Schüler_innen müssen sich abmühen schwierige Sätze auf einer Fremdsprache auszusprechen! Auch ich kriege ab und zu mal Zungenbrecher vorgesetzt:

 In den neunten und zehnten Klassen habe ich in den letzten zwei Wochen sogar ganze klasseninterne Zungenbrecher- Wettbewerbe gestartet und dabei festgestellt, dass einige meiner Schüler_innen Wörter wie „Zwetschgenzweige“ schneller aussprechen können als ich :D.

Diese Sätze wurden in einem Affenzahn aufgesagt

Diese Sätze wurden in einem Affenzahn aufgesagt

In meinen beiden zehnten Klassen wurde außerdem schon über einige deutsche Zeitungsartikel diskutiert, bunte Werbeplakate gebastelt und deutsche Lieder besprochen. Letzteres macht glaube ich beiden Seiten am meisten Spaß. Zum Thema Reisen und Urlaub habe ich zum Beispiel neulich das Lied „Deutsche Bahn“ von den Wise Guys mitgebracht. Die Schüler_innen waren total begeistert, begannen auf ihren Plätzen zu tanzen und mitzupfeifen. Als ich dann den Text austeilte kam plötzlich die Frage: “ Dürfen wir mitsingen???“ So hatte ich ein paar Sekunden später sechsundzwanzig fröhlich singende Zehntklässler_innen vor mir sitzen: „Meine Damen, meine Herrn, danke, dass sie mit uns reisen. Zu abgefahrnen Preisen, auf abgefahrnen Gleisen…“ Und ich glaubte vorher sechszehnjährige Zehntklässler_innen bestimmt nicht zum singen überreden zu können…

Insgesamt macht mir meine Arbeit hier superviel Spaß! Auch wenn es natürlich manchmal  echt schwierig ist, hundemüde Schüler_innen in der siebten Stunde zum Mitmachen zu motivieren… doch bisher hat auch das relativ gut geklappt. 🙂

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Sof(i)a ich komme!

Vom 1. bis zum 4. Oktober stand schon wieder ein langes Wochenende in Sofia an. Ich freute mich schon sehr auf das Wiedersehen mit den anderen Freiwilligen und auf Selines Sofa in Sofia. Ein Sofa? Ja genau, ich hatte nämlich am ersten Wochenende herausgefunden, dass ihr ausklappbares Sofa ein Traum ist, im Gegensatz zu den durchgelegenen Matratzen in meiner Wohnung (obwohl ich mich an diese mittlerweile etwas gewöhnt habe).

So, nun aber wieder zu spannenderen Dingen: Nach dem Unterrichten beider 8.Klassen, einem schönen deutschen Gespräch in der 9.Klasse und einem spontanen Vorsingen beim Professor des Chors der Amerikanischen Universität, fuhr ich dann am Freitagabend mit dem Bus nach Sofia. Kurz nachdem ich dort ankam befand ich mich auch schon in einer großen Bowlinghalle, denn einige Lehrer_innen der Deutschen Schule Sofia, an der Seline als Freiwillige arbeitet, hatten uns beide zu einem netten Bowlingabend eingeladen.

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Am Samstag stieß Helli aus Plovdiv zu uns und wir verbrachten zu dritt einen wunderbar gemütlichen und lustigen Tag. Zur Mittagszeit verschlug es uns wieder in einen schönen Park zum picknicken. Das wird hier so allmählich zur Tradition… ;-). Danach kauften wir ein, backten einen nur leicht angebrannten Apfelkuchen und diskutierten, wie so häufig, über Butter (ein sehr kontroverses Thema), die richtige Aussprache von „Kese“ und anderen ulkigen Wörtern, und ob man in Hannover und Göttingen schreckliches  „Hoch-Hochdeutsch“ spricht oder nicht. Abends gab uns der noch warme Apfelkuchen dann wieder so viel Energie, dass die Küche mit Musik erfüllt und bei spontanen Tanzeinlagen ein bisschen verwüstet wurde (ein Pardon an den Mülleimer!!).

Den nächsten Tag wollten wir dann genauso sportlich beginnen, wie wir den vorigen beendet hatten. Der Plan war: möglichst früh loskommen und auf den Berg Vitosha, der direkt neben der Stadt liegt, wandern. Da wir aber erst mittags Richtung Vitosha mit der Metro und dem Bus losfuhren, verwarfen wir unseren Plan bald und entschieden uns an der Gondelstation doch dazu, hinaufzufahren, oben ein kleines Picknick und Nickerchen zu machen und anschließend nur ein kleines Stückchen bergauf zu wandern.

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Da wir nach unserer kleinen Bergwanderung immer noch nicht genug von der Vogelperspektive hatten, beschlossen wir am Abend, bei Seline auf dem Flachdach zu grillen. Nach dem Verbrennen vieler Klopapierrollen, einer ganzen Schachtel Streichhölzer und merkwürdig weichen Grillanzünders, gelang es uns dann (in nur anderthalb Stunden!)doch tatsächlich ein richtiges Feuer zu entfachen. Allerdings war es so klein, dass unsere Zucchini letztendlich doch in der guten alten Pfanne brutzelten und der Grillkäse im Backofen vor sich hin schmolz… Der Grill diente uns dann ersatzweise als wärmende Feuerschale, sodass wir, ohne allzu schnell zu frieren, den fantastischen, nächtlichen Anblick von Sofia genießen konnten:

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Am Montagabend waren wir dann offiziell zum Empfang der Deutschen Botschaft zum Tag der Deutschen Einheit eingeladen. Einige Lehrer hatten Seline erzählt, dass man sich für diese Veranstaltung auf jeden Fall schick machen sollte. Dumm nur, dass meine feine weiße Bluse in Blagoevgrad in meinem Kleiderschrank und nicht in meinem Reiserucksack lag… Aber Seline konnte mir zum Glück eine leihen und mich sogar noch dazu überreden, statt meiner dunklen (aber, wie ich finde, doch sehr schicken:D) Jeans, einen Blümchenrock zu tragen. Danke nochmal, Seline, so mit Jeans und komplett in dunkelblau hätte ich mich wahrscheinlich doch ein bisschen underdressed gefühlt zwischen den ganzen schicken Anzügen und Kleidern! 😀 Aber zurück zum Event: Nach der deutschen Nationalhymne und einer feierlichen deutsch-bulgarischen Rede wurde ein „typisch deutsches“ Buffet mit Sauerkraut, Bratwürstchen und Brezeln eröffnet. Aber keine Sorge, es gab auch bulgarische Baniza! 🙂 Beim Essen haben wir viele neue Bekanntschaften gemacht und haben uns  nett mit ihnen unterhalten. Okay, zugegeben, die meiste Zeit habe ich mich dann doch mit anderen Kulturweit-Freiwilligen über überflutete Badezimmer und Ähnliches unterhalten… Aber nicht nur!!!

Und am nächsten Tag fuhr ich nach einem interessanten Kulturmittlertreffen auch schon wieder mit dem Bus nach Blagoevgrad…

Blick aus dem Busfenster

Blick aus dem Busfenster

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Von Busreisen, Taxis, dem Großstadtdschungel und Mee(h)r

Nach meinem ersten Schultag im Fremdsprachengymnasium ging es dann übers Wochenende auch schon direkt in die Hauptstadt Sofia, wo wir Kulturweit-Freiwilligen zu einer kleinen Einführungsveranstaltung in der Deutschen Botschaft eingeladen waren.

Meine Fahrt nach Sofia war eigentlich ganz gut geplant: Es gibt ein sehr gut ausgebautes Fernbussystem in Bulgarien und der Bus von Blagoevgrad nach Sofia braucht nur ca. 1,5- 2 Stunden. Perfekt, also hatte mir meine Betreuerin am Tag zuvor den Weg zum Busbahnhof gezeigt und ich hatte mir eine Fahrkarte für den Bus um 11:00 Uhr gekauft. So weit so gut. Soooo und alle meine Freund_innen und Verwandten, die mich nur allzu gut kennen, wissen bestimmt schon, was jetzt kommt: zu spät angefangen zu packen, Stress, panische Wo-zum-Teufel-ist-meine-Fahrkarte?-Gedanken… und Halt— “ Wie genau komme ich eigentlich vom Busbahnhof in Sofia zur Deutschen Botschaft??? Egal. Das kriege ich schon irgendwie hin. Nichts wie los zum Busbahnhof! Schließlich wurde mir erzählt, dass der Bus häufiger auch ein paar Minuten früher abfährt!“ Aber ich kann euch beruhigen: Nein, ich habe den Bus nicht verpasst und nein, ich habe mich auf dem Weg zur Deutschen Botschaft auch nicht im Großstadtdschungel verirrt. Es gab nämlich zum Glück zwei überaus nette Menschen, die extra einen Umweg fuhren, nur um mich vom sofioter Busbahnhof abzuholen. 🙂 Und ich konnte wirklich froh sein, dass Helli (Freiwillige in Plovdiv) und  Yanko (ein Schüler, der Helli spontan nach Sofia begleitete) mit mir gemeinsam zur Deutschen Botschaft fuhren, denn mit der Metro in die richtige Richtung zu fahren und dann sogar noch einmal umzusteigen, hätte ich bestimmt nicht allein geschafft, so planlos wie ich war! Da wir also auf direktem Wege zur Botschaft kamen und uns nicht verfuhren, waren wir eine ganze Stunde zu früh dort. Das war aber überhaupt nicht schlimm, denn Helli und ich hatten uns von unserer Ankunft und unseren ersten Eindrücken viel zu erzählen. Außerdem nutzte Yanko die Zeit, uns das längste bulgarische Wort und einen Zungenbrecher beizubringen. Letzteren habe ich leider vergessen. Ich weiß nur noch, dass ich kläglich darin scheiterte ihn auszusprechen, da er aus undenkbar vielen Konsonanten und gefühlt keinem einzigen Vokal bestand. Das längste bulgarische Wort hingegen ließ sich leichter aufsagen:

Непротивоконституцион­ствувателствувайте (viel Spaß beim Kyrillisch entziffern 😉 )

Doch schon nach einer halben Stunde Wartezeit wurden wir in die Deutsche Botschaft hineingelassen und sofort mit Tee und leckeren Keksen versorgt. Nach vielen Informationen über Bulgarien, das bulgarische Schulsystem, das Deutsche Sprachdiplom(DSD) und regen Gesprächen über unsere Unterkünfte, Einsatzstellen und Freiwilligenprojekte, gingen wir Freiwilligen noch gemeinsam ins Happy (ein sehr beliebtes Restaurant) zum Abendessen.

Schopska- Salat und Tarator

Schopska- Salat und Tarator

Am nächsten Tag erkundeten wir Sofia und schlossen uns der empfehlenswerten Free Sofia Tour an,bei der wir einige Sehenswürdigkeiten abklapperten und viel Interessantes über Sofia und ihre Geschichte lernten.

Die...

Statue der Sofia

......

die orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale

mit den anderen Freiwilligen

mit einigen anderen Freiwilligen

Banja-Baschi-Moschee

Banja-Baschi-Moschee

Vitosha Straße

Vitosha Straße

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Nationaltheater Ivan Vasov

Danach ging der Tag ganz gemütlich und entspannt zuende. Erst liefen wir noch ein bisschen durch die Stadt, tranken im Art Café eine Grapefruit-Schorle, machten ein kleines Nickerchen im Park und lauschten noch einem kleinen Jazz-Ensemble. Dann stürmten wir den Supermarkt, um anschließend schön im Park zu picknicken und den gigantischen sofioter Sternenhimmel zu betrachten (wir haben nach langem Hinstarren sogar vier Sterne gesehen! 😉 ).

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Nach zwei Schultagen in Blagoevgrad, an denen ich mich in vielen Klassen vorstellte und in den Deutschunterricht hineinschnuppern durfte, stand schon wieder ein verlängertes Wochenende vor der Tür. Am 22.09 wurde nämlich der bulgarische Unabhängigkeitstag gefeiert und Seline (Freiwillige in Sofia), Helli und ich beschlossen spontan die freien Tage zu nutzen, um quer durch Bulgarien ans Meer zu fahren.

So planten wir, dass Seline und ich am Mittwochabend zu Helli nach Plovdiv fahren und wir von dort aus zu dritt am nächsten Morgen  den frühen Fernbus Richtung Meer um 06:45 Uhr nehmen. Die Durchführung des Plans erwies sich schon am Mittwochabend am Busbahnhof in Sofia mal wieder als etwas komplizierter: Nachdem ich mir erfolgreich auf einem Bulgarisch-Englisch-Mischmasch eine Fahrkarte für den Bus um 18:00 Uhr gekauft hatte, wollte Seline das Gleiche tun….nur erhielt sie statt einer Fahrkarte mehrmals die Antwort: „No more. Number 14. “ Etwas verwirrt gingen wir also zum Schalter 14 und versuchten da unser Glück. Ein paar Minuten später hielt Seline dann endlich eine Fahrkarte in den Händen- allerdings für den Bus um 19:00 Uhr! So musste sie leider eine ganze Stunde alleine am Busbahnhof warten und auch die zweistündige Busfahrt war etwas langweiliger als gedacht.

Am nächsten Morgen standen wir um 05:15 Uhr auf, um den ersten Stadtbus von Hellis etwas außerhalb gelegenen Schülerwohnheim zum plovdiver Busbahnhof zu erwischen. Doch als wir um kurz vor Sechs frierend an der Bushaltestelle standen, tauchte kein einziger Bus auf und einen Fahrplan gab es auch nicht. Natürlich hatten wir für diesen Fall schon Alternativen parat: zwei Taxinummern und zusätzlich noch eine Taxi- App, die sehr zuverlässig funktionieren soll. Erste Nummer: „Hello. Do you speak english?“- Tuut, tuut, tuut. Aufgelegt. Wir probierten es beim nächsten Taxiunternehmen. Das hatte zwar nach langem Erklären verstanden, wo wir warteten, doch gab uns nur die Auskunft: “ No taxi there.“ Blieb uns also noch die hochgelobte Taxi- App. Die zeigte uns nach ein paar Minuten sogar “ Taxi arrived“ an, aber auf der großen, übersichtlichen Straße, war weit und breit kein Taxi zu sehen. Uns blieb also nichts anderes übrig, als wieder ins Schülerwohnheim zu gehen, ein bisschen Schlaf nachzuholen und den späteren Fernbus zu nehmen.

Zwar mehrere Stunden später als geplant, doch trotzdem guter Laune, kamen wir in der Küstenstadtimg_4102 an.

Für alle, die noch kein Kyrillisch können;): img_4103

Das Schwarze Meer

Das Schwarze Meer

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Unser Hostel war zwar nicht gerade das, was wir uns unter einem Hostel vorgestellt haben, sondern „more like home“, wie uns der Besitzer erklärte. Genauer gesagt gab es ein kleines Achterzimmer für die Gäste, eine Küche und ein Badezimmer. Zwar war es generell recht kalt in dem Zimmer, laute Musik lief bis nachts um Vier und der Hund legte sich auch gerne mal auf ein Gästebett, doch es ließ sich für ein Wochenende ganz gut aushalten und für den Preis konnte man sonst nirgends ein Bett, eine warme Dusche und sogar freies Wlan finden.

Das Erste, was wir in Burgas unternahmen, war natürlich den Strand und das Meer aufsuchen. Das Wetter war super, es war sonnig und auch das Wasser war recht warm, was wir mit den Füßen und sogar auch bei einer nächtlichen Badeaktion testeten.


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Ansonsten sind wir durch die Fußgängerzone gelaufen, haben in so manchem Buchladen gestöbert, einen Handmade-Market besucht, uns durch verschiedene Sorten „CupCorns“ probiert, mal wieder gepicknickt, und an einem Abend haben wir sogar noch Mareike(eine Freundin aus Hannover) und ihren Freund Hagen getroffen, die gerade Urlaub in Bulgarien machten. Zuerst genossen wir den wunderbaren Meerblick von ihrem Balkon aus, kochten dann gemeinsam ein leckeres Abendessen, spielten Karten und diskutierten über so essentielle Dinge, wie die Benennung eines Apfelrestes, das vorletzte Intervall vom Peter-Motiv aus „Peter und der Wolf“von Prokovjew, die Schildkröten aus dem Karneval der Tiere (Helli, falls du das liest: Du hast die Wette übrigens leider gewonnen) und den Namen des giftgrünen Getränkes, das vorher in der Flasche noch wie Bier aussah (es wurde später als Waldi-Waldi- Limonade  identifiziert:D). Natürlich hatten wir uns noch sehr viel mehr über unsere bisherigen Erlebnisse in Bulgarien und unsere Zukunftspläne zu erzählen und waren so fleißig am Karten spielen, dass es etwas später wurde…. als wir dann in der Nacht mit dem Taxi wieder an unserem Hostel ankamen, mehrfach klingelten und niemand öffnete, waren wir zunächst etwas ratlos. Wir gingen durch den Garten zur Küchentür, die natürlich auch verschlossen war, klopften energisch an sämtliche Fenster und beteten verzweifelt den Hund des Hostelbesitzers durch  das Küchenfenster an, er solle doch bitte nur einmal für uns bellen, damit uns jemand bemerke. Da uns der Hund jedoch nur verständnislos stumm anblickte, und alles andere auch nicht half, kehrten wir schließlich wieder zur Eingangstür zurück und versuchten noch einmal die Türklinke herunterzudrücken und siehe da: Es funktionierte doch tatsächlich! Wenn auch mit viel Mühe, da die Klinke schon etwas abgebrochen war.

in der Fußgängerzone in Burgas

in der Fußgängerzone in Burgas

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CupCorn: warmer Mais mit Parmesan oder anderen Zutaten

eine süße CupCorn Variante mit Schoko

eine süße CupCorn Variante mit Schoko

Das leckere Abendessen, das wir bei Mareike und Hagen kochten

Das leckere Abendessen, das wir bei Mareike und Hagen kochten

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