Iquitos und der Amazonas bei Peru – Reisebericht

Zum Jahresabschluss musste es natürlich noch einmal auf Tour gehen, weswegen wir Anfang Dezember mit einer kleinen Gruppe Freiwilliger für 4 Tage zum Amazonas bei Iquitos starteten. Der Aufenthalt im peruanischen Regenwald war eine meiner kürzesten Reisen, aber dafür unglaublich vollgepackt mit ein paar der unvergesslichsten Eindrücke und schönsten Fotomotive, die ich in meinem ganze Jahr erlebt habe! Und eben diese Eindrücke sollen natürlich in Bild- und Textform im Blog Platz finden.

Der Flug ging nach Iquitos, eine Kleinstadt im peruanischen Regenwald und Ausgangspunkt für sämtliche Expeditionen auf die peruanischen Gewässer des Amazonas. Die Stadt selber konnten wir uns nach unserem Aufenthalt nochmal näher ansehen. Am Tag unserer Ankunft ging es aber recht zügig vom Flughafen über die Reiseagentur zum Hafen, um dort unsere Jungfernfahrt über den Amazonas zu unserem Camp anzutreten. Das fünfte Glied, dass unsere ursprüngliche Vierergruppe mit der wir anreisten komplett machte, war lustigerweise Franz, ein deutscher Austauschstudent, den ich schon vor einigen Monaten kennen gelernt hatte. Ganz zufällig war er also jetzt Teil der Reisegruppe und zusammen herrschte die Tour über auch eine sehr coole Stimmung untereinander, was für diese Konstellation sprach.

Nach ca. einem Viertel der Fahrt machten wir einen Zwischenstopp in einem kleinen Tierpark, wo wir bereits unsere ersten Begegnungen mit Papageien, Krokodilen, Anacondas und „Paiche“ bzw. „Arapaima“ machen konnten. Letzteres sind die größten Süßwasserfische der Welt und können bis zu 2 Meter lang und 130kg schwer werden. Wir lernten direkt zwei eindrucksvolle, aber wohl vergleichsweise kleine Exemplare bei der Fütterung kennen (siehe Bild rechts). Ausmaße dieser Art bei einer Wasserkreatur habe ich bisher nur den Ozean-Bewohnern zugetraut…
Von hier aus ging es dann 2 Stunden lang mit tuckerndem Motor über den Amazonas zu unserem Basiscamp im jungen Teil des peruanischen Regenwalds, nahe des Ufers.
Bevor wir dort aber ankamen, begrüßte uns das Mikroklima des wasserreichsten Flusses der Welt mit seiner etwas raueren Seite. Während wir beim Aufsteigen aufs Boot gerade die ersten Regentropfen abbekamen, fuhren wir schon sehr bald durch ein monsunartiges Amazonas-Gewitter. Dagegen konnten wir uns nur notdürftig mit den Plastikplanen schützen, die für diese Fälle an den Seiten des Bootes befestigt waren. Denn dank ihrer provisorischen Installierung und den zahlreichen Löchern waren diese auch mehr schlecht als recht…

Aber irgendwann war die Fahrt, die sich ab diesem Zeitpunkt gefühlt ewig zog, dann vorbei und pünktlich kam die Sonne raus, die uns wieder ins Schwitzen brachte. Wir kamen unter in einem sehr einfachen Hütten-Camp, das uns aber mit schöner familiärer Gesellschaft und reichlich Essen verwöhnte. Auf dauerhafte Elektrizität und warmes Wasser mussten wir größtenteils verzichten, aber letztendlich war ja auch ein „Dschungel-Luxusurlaub“ nicht das, was wir wollten. Und warme Duschen waren eh bei der ständig herrschenden schwülen Hitze eher nicht so angesagt… Tatsächlich ist die mittägliche Siesta in der Hängematte in der Selva („Regenwald“ auf Spanisch) weniger Option und mehr ein Muss, um trotz der prallen Sonne halbwegs leistungsfähig zu bleiben.

Als sich die Hitze gegen Abend legte, ging es zum Angeln! Nach einer ca. einstündigen Fahrt ließen wir uns auf Rio Negro nieder und testeten unsere Geduld an der Angelrute. Denn das ist eigentlich die größte Qualität, die man hierbei unter Beweis stellen musste. Aber tatsächlich bissen am Ende eine ganze Menge an Fischen an, darunter auch die berüchtigten Piranhas, die total auf die rohen Fleischköder standen. Dazu genossen wir einfach die schönen Lichtspiele des Sonnenuntergangs und die absolute Stille über der Flussoberfläche.
Der Fang wurde nach unserer Rückkehr zum Camp natürlich sofort von der einheimischen Familie zubereitet und mundete echt sehr, auch wenn gerade an den Piranhas recht wenig essbares Fleisch zu holen war. Aber der Wille zählte: wir hatten uns unser erstes Abendessen selber gefangen und fühlten uns im kompletten MacGyver-Mindset.

Eben dieses sollte sich aber im Laufe der nächsten Tage noch verstärken, an denen eine Expedition in den Regenwald die nächste jagte und wir besonders mit der lokalen Fauna bekannt wurden.
Faultiere zum Beispiel gehören spätestens jetzt zu meinen absoluten Lieblingstieren! So sehr hat mich die Faultier-Dame Magarita, die wir bei einer befreundeten Familie kennen lernten, in ihren Bann gezogen! Das überraschenderweise trotz der äußerlichen Erscheinung extrem weiche Fell, das fest gefrorene, zufriedene Grinsen und überhaupt die gesamte Faultier-Lebensphilosophie, die die gemächliche Lady voll auslebte – alles passte zusammen! Die Familie hielt außerdem noch eine junge und daher sehr aggressive Anaconda, bei der man sich zweimal versichern musste, dass der Kopf auch richtig fixiert ist und sie nicht doch zur Seite schnappen konnte. Denn auch, wenn die Würgeschlange nicht giftig ist, will man so einen Biss ja doch verhindern wissen…
Während beim Umgang mit dem Amphib alles glatt lief, war ich derjenige, der tatsächlich den Baby-Kaiman, den man auch einmal in die Hand nehmen konnte, fallen ließ! Das Jungtier wand sich blitzschnell aus meinem wohl zu lockeren Griff und verschwand in einer Ecke des Hauses. Zum Glück war unser Guide Glenn relativ schnell in der Lage, das Tier wieder einzufangen, so dass ich nicht für schlaflose Nächte innerhalb der Familie gesorgt hatte…

Der darauf folgende Tag war für uns der wahrscheinlich beste und ereignisreichste!
Zunächst ging es nach dem Frühstück in ein Affen-Reservat, das Heim für eine ganze Menge verschiedener lokaler Affenarten, aber auch einigen Papageien, Schlangen und Schildkröten bietet.

Schon auf den ersten Schritten, die wir aufs Ufer setzten, begrüßten uns einige Äffchen, die voller Zutrauen sofort anfingen, uns zu beklettern. Die Hälfte unseres Aufenthalts verbrachten wir mit mindestens einem, manchmal zwei Exemplaren auf den Schultern, die die meiste Zeit friedlich dort saßen oder ihre Banane mampften. Worauf man allerdings aufpassen musste, waren die Dinge, die man mit sich trug. Bereits vorher wurden wir gewarnt, Brillen und lange Ohrringe im Camp zu lassen, da die kleinen Äffchen gerne alles entwenden, was nicht niet- und nagelfest ist. Selbst vor Rucksäcken schreckten sie teilweise nicht zurück und waren auch intelligent genug, um zumindest grundsätzlich zu wissen, wie Reißverschlüsse funktionieren…
Überhaupt war das Beeindruckendste des Besuches für mich, die unglaubliche Intelligenz der Affen und damit verbunden auch ihre Ähnlichkeit zum Menschen zu erleben. Mir kann keiner erzählen, dass er einmal Kontakt mit Affen hatte und deren Anatomie, Bewegungen und Mimik beobachtet hat und trotzdem noch die Evolution abstreitet! Die Parrellelen sind meiner Meinung nach schon rein visuell unbestreitbar! Aber das soll hier natürlich auch nicht in eine Grundsatzdiskussion mit irgendwelchen Randgruppen ausarten…

Neben den Äffchen hatten wir auch die Chance anderen Tieren zu begegnen, zum Beispiel einem ausgewachsenen Anaconda-Weibchen. Dieses hatte zum Glück gerade seine Fütterung hinter sich, die alle 2 Monate statt findet. Denn die Tiere, die grundsätzlich im Wasser zu Hause sind, bewegen sich zwar langsam an Land, sind aber im hungrigen und aggressiven Zustand durchaus in der Lage, einen erwachsenen Menschen zu erwürgen. So erzählte es uns einer der Parkwärter. Aber in diesem Zustand ließ das Kriechtier alles mit sich machen, so dass wir eine Reihe an schönen Fotos mit dem 15-Kilo-Tier auf den Schultern schießen konnten.
Zuletzt stellte uns Leiter des Reservats noch seine Sammlung an selbstgebrannten Schnäpsen aus Pflanzen des Regenwalds vor, die wir verkosteten und teilweise auch kauften, da diese tatsächlich größtenteils sehr bekömmlich waren!

Nach diesem Höhenflug ging es dann wieder aufs bzw. ins Wasser für eine kleine Schwimmeinlage im Amazonas. Zunächst hatte man natürlich Hemmungen, in das braun-trübe Wasser zu springen, ohne zu wissen, was man zu erwarten hat… Aber schnell war die Scheu vergessen und der Wille, später von diesem Tag erzählen zu können, siegte. Das Wasser hatte tatsächlich auch eine überraschend angenehme Bade-Temperatur und der Untergrund war eher sandig als schlammig, wie man es wohl eher erwarten würde.
Und bevor wir in das Camp zurück kehrten, statteten uns sogar noch ein paar Flussdelfine einen Besuch ab – so als hätten wir nicht eh schon genug von der prächtigen Tierwelt des Amazonas gesehen!

Nach einem Zwischenstopp im Camp für das Mittagessen war für die zweite Tageshälfte eine große Expedition geplant: eine Wanderung durch den dichteren Teil des Regenwalds – Hinweg bei Tag, Rückweg als Nachtwanderung!
Wie zu erwarten, eine spannende, dabei aber auch sehr anstrengende Tour. Glenn bereitete uns den Weg per Machete, aber trotzdem ging es quer durchs Dickicht, unter Baumstämmen her und watend durch Bäche oder Sumpflandschaften, in denen wir bis zum Rand der Gummistiefel im Schlamm versanken. Dabei war es aber keine gute Idee, reflexartig nach Stämmen oder Pflanzen zu greifen, um sich wieder aus dem Boden zu hieven. Tatsächlich hatte man durch die ständigen Warnhinweise von Glenn immer mehr das Gefühl, das einem nichts im Regenwald wirklich gut gesonnen ist… Baumrinden sind entweder giftig oder mit Stacheln besetzt und wenn es mal nicht die Pflanze selber ist, die einem Schaden zu fügen will, dann sind es die Organismen, die sich auf dieser niedergelassen hat: Schlangen, Ameisen, Käfer, Spinnen und zahllose andere Tiere mit mehr oder weniger potenten Giften könnten einem beim nächsten Fehlgriff unangenehm nah kommen.
Je mehr man darüber nachdachte (gerade, als es dann irgendwann dunkel wurde), war man sich sicher, dass man eigentlich wirklich nicht wissen will, wie viele Augenpaare einen jetzt gerade beobachten… Als dann irgendwann durch die dichten Baumkronen auch schon relativ früh überhaupt nichts mehr zu sehen war, konzentrierte man sich natürlich noch mehr auf seine anderen Sinne und merkte so, wie laut der Regenwald eigentlich ist.
Das ewige Gezirpe, Gesumme und Gesinge der Millionen Insekten und Vögel, und hier und da Laute von Brüllaffen o.ä. war natürlich eine völlig Geräuschkulisse für uns!
Tatsächlich kamen wir neben der belebenden Wanderung durch die schöne Landschaft dazu, frisches Trinkwasser aus einer angeschnittenen Liane zu trinken und danach mit einem etwas älteren Exemplar ein bisschen Tarzan zu spielen.

Zuletzt wurden wir dann noch Priscilla vorgestellt:
Wir hielten plötzlich an einem bestimmten Baum an und noch bevor wir Glenn fragen konnten, wer den Priscilla sei, tauchte sie auch schon im suchenden Kegel von Glenns Taschenlampe auf: die Vogelspinne Priscilla, die wohl dauerhaft auf diesem Baumstamm wohnte.
Ohne zu zögern, nahm Glenn die Spinnendame aus ihrer Behausung und lud uns dazu ein, sie auf die Hand zu nehmen. Diese Prozedur gefiel ihr wohl offensichtlich nicht so, da sie während sie die Runde machte, mehrmals von den Händen der Freiwilligen absprang – natürlich ganz zu Missgunsten der leichten Spinnenphobiker unser Runde…
Aus diesem Grund machten wir uns recht zügig auf den Rückweg durch den nach wie vor stockdusteren Wald zum Amazonas-Ufer, wo uns das Boot abholte. Nach dieser anstrengenden Tour wurden wir nun von einem atemberaubenden Sternenhimmel belohnt – dank des fehlenden Kunstlichts um den Amazonas. Getrübt wurde die Fahrt nur durch die Unmengen an Insekten, die uns bereits während der kompletten Wanderung trotz Insektenschutzmittel die Hölle heiß machten. Aber das ist etwas, mit dem man sich während einer Reise zum Amazonas definitiv abfinden muss: die Menge an Insekten und deren Maße sind definitiv auf einem ganz anderen Level, als man es aus dem Stadtleben kennt!

Als perfekten Abschluss dieses geilen Tages, nahmen wir drei Jungs aus der Gruppe an einer Ayahuasca-Zermonie teil. Zum Thema Ayahuasca und meinen Erlebnissen während des Rituals verfasse ich gerade einen ausführlichen Bericht, um auch denen zu helfen, die selber die Teilnahme bei einer Zeremonie in Erwägung zu ziehen! Für jetzt aber so viel: Ayahuasca ist ein medizinischer Pflanzensud, der halluzinogene Stoffe enthält und traditioneller Weise Teil religiöser Rituale in der Amazonas-Region ist. Die unterm Strich wohl positive, mit Sicherheit aber extrem interessante Erfahrung bei dieser nächtlichen Zeremonie war der perfekte Abschluss für den wahrscheinlich besten Tag der Tour!

An unserem letzten Tag starteten wir dann noch auf eine letzte Expedition zu einem jahrhundertealten Baum inmitten des Urwalds. Mit dem Boot ging es wieder auf die Gewässer des Rio Negro, wo wir dann an Land gingen und uns durch ähnliches Dickicht schlugen, wie noch den Tag zuvor. Nach ca. 1h Wanderung erreichen wir plötzlich eine Lichtung, die das Ziel unserer Exkursion entblößt: ein ca. 70 Meter hoher, mehrere hundert Jahre alter Baum, der in der Landschaft aufragt. Ich möchte in gerne Mammutbaum nennen, auch wenn ich weiß, dass rein wissenschaftlich gesehen dieses Gewächs nicht zu dieser Familie gehört. Aber mir fällt eben kein besserer Vergleich ein, um euch die wirklich beeindruckenden Dimensionen klar zu machen, die dieser Baum erreichte. Denn auch in einem Foto (siehe rechts) lassen sich diese nur sehr schwer festhalten. Noch nie in meinem Leben habe ich etwas Vergleichbares gesehen, dabei gehörte dieses Exemplar laut unseres Führers Glenn sogar noch zu den eher mittelgroßen…

Danach ging es dann also wieder ans Festland:
Verabschiedung von Glenn und der ganzen Familie des Camps und dann einmal quer über den Fluss, um uns in ein völlig überfülltes, öffentliches Bus-Boot zu quetschen. Tatsächlich wurde die Hitze, die sich unter dem Plastikdach mit 30 anderen Fahrgästen anstaute einzig und allein durch den Fahrtwind erträglich… Umso glücklicher waren wir darüber, nach 90 Minuten Fahrt am Festland anzukommen und unsere Sachen in unserem Hostel abzuladen.
Anschließend fuhren wir nochmal zurück in den Hafen, hauptsächlich um die tollen Fotomotive einzufangen, die dieser besonders charismatische Teil von Iquitos bietet. Allein für diese Momentaufnahmen hat sich die eine Nacht längerer Aufenthalt in der Stadt gelohnt. (Schaut bei der Gelegenheit auf jeden Fall mal im Fotoalbum der Iquitos-Tour vorbei!)
Nach dem erfolgreichen Spaziergang in den Straßen von Iquitos und einer kleinen großen Mahlzeit kehrten wir als Abschluss noch in eine richtige Dorfkneipe ein: eine große, eher hässliche Betonhalle mit hoher Decke und Plastiktischen und -stühlen, erleuchtet von Neonlichtern und beschallt durch zwei Fernseher in den oberen Ecken. Aber trotzdem herrschte hier das absolut blühende Leben mit geselligen Runden jüngerer sowie älterer Menschen, die lachten, Gitarre spielten, Lieder plärrten und dabei das preiswerte kühle Bier genossen. Und so fühlte man sich trotz allem einfach wohl und saß noch bis 1 Uhr nachts in Flip-Flops, Shorts und lockerem Hemd unter den Ventilatoren der Absteige!

Mit dem Rückflug am nächsten Vormittag nach Lima ging dann also die kleine Tour zu Ende:
Vier wenige Tage, die dabei aber so vollgepackt waren mit Abenteuer und Eindrücken, dass ich sie definitiv zu einer meiner spannendsten und eindrucksvollsten Reisen meines Lebens zähle!

Und so hoffe ich, dass ich auch euch – wenn ihr noch mitlest – auf den Geschmack auf den Amazonas gebracht habe – einen der schönsten Landstriche, die unsere Erde zu bieten hat!