Anna Néni

Diese Woche gibt es nicht viel zu erzählen. Am Wochenende (also heute und gestern) war ebenfalls nicht viel los, da ich damit beschäftigt war die neue/ alte Wohnung, in die ich am Mittwoch für die restliche Zeit hier in Ungarn einziehen werde, zu putzen und ein wenig auf Vordermann zu bringen. Das hieß also die letzten zwei Tage Treppen hoch Treppen runter, Treppen hoch, Treppen runter und so weiter. Wer sich nämlich daran erinnern kann so liegt die Wohnung in der 4. Etage und da wird das Erdgeschoss hier natürlich auch nicht mitgezählt. Das Fitnessstudio kann man sich so definitiv sparen und so werde ich es wohl auch dank der zahlreichen Treppen bis zur Wohnung auch während meiner kommenden Monate hier in Ungarn nicht brauchen. Natürlich ist noch nicht einmal ein Großteil meiner Sachen in der Wohnung, da es erst einmal Müllbeutel und Putzmittel zu tragen hieß. Die nächsten zwei Tage heißt es dann also noch einmal sportlich aktiv werden, um am Mittwoch dann alles „umgeräumt“ zu haben. Wer hätte gedacht, dass umziehen so anstrengend sein kann und das ich während meiner Zeit in Ungarn so oft umziehen würde. Jetzt reicht’s dann aber auch mal damit und während der zweiten Hälfte hier in Pécs heißt es dann hoffentlich nicht noch einmal Koffer packen und umziehen. Den nächsten Blogeintrag gibt’s dann also schon wieder von einer anderen Location aus. Aber bis dahin ist ja noch eine Woche Zeit und in der Schule ist diese Woche ja auch das ein oder andere passiert.

Am Dienstag war der schulinterne Abschlusswettbewerb von „Jugend debattiert“. Das heißt, dass in dieser letzten Finalen Runde zwei Schüler (in unserem Fall Schülerinnen) gekürt wurden, um an der darauf folgenden Komitatsrunde teilzunehmen (Ungarn ist nicht wie Deutschland in Bundesländer sondern in Komitate aufgeteilt. Pécs liegt dabei im Komitat Baranya und ist dessen Komitatssitz). „Jugend debattiert international ist dabei ein deutschsprachiger Schülerwettbewerb in Estland, Lettland, Litauen, Polen, Russland, der Slowakei, Slowenien, Tschechien, der Ukraine und Ungarn. Teilnehmen können Schüler ab der 10. Klasse, die mindestens das B2 Niveau besitzen. Letztes Jahr fand das Finale in Riga statt und die zu diskutierende Frage lautete: „Sollen alle Mitgliedsstaaten des Europarats jährlich eine Mindestzahl an Flüchtlingen aufnehmen?“ Gewonnen hat diesen Wettbewerb Anna Ryan aus Budapest und somit ist die Hoffnung auch dieses Jahr hoch wenigstens unter die ersten drei zu kommen. Die Wahrscheinlichkeit dass dabei Jemand aus unserer Schule gewinnt ist vermutlich ziemlich gering, aber schon dabei zu sein ist auf jeden Fall ein Erlebnis. Da ich noch keine Jurorenschulung für „Jugend debattiert“ gemacht habe durfte ich nicht offiziell als Jurorin walten (die Schulung findet nächsten Freitag in Budapest im Goethe Institut statt) aber dennoch den einen oder anderen Kommentar dazu abgeben wie ich die einzelnen Teilnehmer unserer Schule nun fand. Da die „Jugend debattiert AG“ anscheinend auch weiterhin jeden Dienstagnachmittag stattfindet werde ich wohl des Öfteren dort mal vorbei schauen.

Am Mittwochmorgen war ich dann doch ein wenig misstrauisch als ich kaum das Lehrerzimmer betreten hatte und eine der Lehrerinnen mich sofort fragte ob ich denn schon gefrühstückt hätte. Oh je, was kommt denn jetzt dachte ich mir. Hoffentlich nicht wieder etwas Selbstgeschlachtetes. So viel meine Antwort also eher etwas zögerlich aus aber da ich noch nichts gegessen hatte wahrheitsgetreu mit „nein“. Mit dem was sie dann sagte hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Sie freute sich zu hören, dass ich noch nichts gegessen hatte, denn sie brauchte Jemanden, der ihr einen Kirschjoghurt ausaß, da sie diesen zum Basteln benötigte. Nachdem sie hinzufügte ich solle doch bitte versuchen, dass der Deckel beim Öffnen ganz bleibt, war sie auch schon aus dem Zimmer und ich blieb verdutzt und Joghurtessend zurück. Wer sich jetzt fragt, was aus dem Deckel geworden ist. Der ist natürlich wie gewünscht ordnungsgemäß ganz geblieben.

Wie bereits letzte Woche erwähnt fand auch diese Woche ein Wettbewerb in der Schule statt. Nämlich ein Rezitationswettbewerb der 1.-8. Klassen. Auch meine drei Erstklässler mit denen ich so fleißig geübt habe haben daran teilgenommen und siehe da zwei von ihnen sind eine Runde weitergekommen. Dass es die dritte nicht geschafft hat liegt vermutlich nur daran, dass die anderen Erstklässler ja auch eine Chance bekommen mussten 😉 Der Wettbewerb läuft dabei ganz ähnlich wie „Jugend debattiert“ ab. Zuerst gibt es eine schulinterne Runde, dann eine Komitatsrunde und dann eine Landesrunde. Besonders ist jedoch noch, dass man Gedichte bzw. Geschichten auf Hochdeutsch rezitieren kann oder auf Mundart. Mundart kann dann jeder kleine angesiedelte Dialekt hier in Ungarn sein, welcher jedoch auf der deutschen Sprache beruht. Sie gibt es also auch in jeder Klassenstufe zwei extra zu bewertende Leistungen. Zusammen mit einer anderen Lehrerin bildete ich die „Jury“ für die Rezitationen der 5.-7- Klassen. Das hat mich schon im Vorhinein ein wenig ins Schwitzen gebracht, da ich dafür zuständig war Urkunden zu gestalten. Das ist ja nicht weiter das Problem und macht ja eigentlich auch Spaß mal was Kreatives zu machen aber als die Urkunde dann fertig war hieß es, dass der Farbdrucker nicht geht. Na toll also alles nochmal von vorn. Variante Nummer zwei war dann mit einem Bild unterlegt, was jedoch auch in schwarz-weiß ganz gut zur Geltung kommen würde. Dann hieß es jedoch, dass die Urkunden auf gelbes Papier gedruckt werden würden und so viel Variante zwei natürlich auch ins Wasser, da das Bild auf gelben Untergrund natürlich einen hässlichen weißen Rahmen gehabt hätte. So hieß es also noch eine Urkunden Variante zu entwerfen, die weder weiße Ränder verursachen würde noch bunt sein musste. Als ich aber einen Tag vor dem Wettbewerb immer noch kein gelbes Papier hatte, da im Moment keins da zu sein schien, bin ich einfach in den nächsten Copyshop und hab Variante eins (also bunt) auf weißes Kartonpapier für umgerechnet nicht einmal 60ct ausdrucken lassen. Komisch ist übrigens auch, dass hier nur die Schüler Urkunden bekommen, die keine Runde weiter gekommen sind. Für die Sieger gibt es nichts. Nun ja in der 5. Klasse hatten wir 10 Teilnehmer oder besser gesagt 9 Teilnehmerinnen und einen Jungen. Zu bewerten waren dabei natürlich zum ersten die Aussprache, Mimik, Gestik, Betonung etc. (man kennt das ja alles aus Schulzeiten). Jedoch wurde auch noch die Länge des Gedichtes und ob das Gedicht altersgerecht ist in die Bewertung eingeschlossen, da sich die Schüler ihre Gedichte selbst ausgesucht haben. Die Hälfte ist dabei in die nächste Runde gekommen, die nächsten Samstag in einem kleinen Dorf ca. 45min von Pécs aus stattfinden wird. Auch da darf ich tatsächlich als Vertretung der Grundschule Jurorin sein (und dafür brauche ich keine Jurorenausbildung 😉 ). Die Schüler, die einen Mundartbeitrag vorbereitet hatten sind übrigens automatisch in die nächste Runde gekommen, da jeweils nicht mehr als drei aus jeder Klassenstufe einen Beitrag vorbereitet hatten.

Wie bereits in vergangenen Beiträgen erwähnt rücken ja die DSD-Prüfungen der 8-Klässler immer näher, doch auch die 7-Klässler können sich nicht entspannen. Da es bei ihnen ja im darauffolgenden Jahr soweit ist absolvieren die 7-Klässler Pilotprüfungen. Das heißt sie halten genauso eine Präsentation wie die 8-Klässler nur vorläufig ohne Bewertung bzw. vor offiziellen Prüfern. Gehalten werden die Prüfungen im Fall der 7-Klässler vor den 8-Klässlern und den Deutschlehrern. Dies findet kommenden Dienstag statt. Damit das Ganze nicht in die Hose geht wurde ich am Freitag hinzugezogen und habe mir zu mindestens schon einmal eine der Präsentationen angehört, da alle anderen ihre scheinbar zufällig vergessen hatten. Es hält sich jedoch mehr das Gerücht, dass die Schüler Angst davor haben vor mir, als Muttersprachlerin, die Prüfung zu halten. Naja die eine Schülerin, die sich „aufgeopfert“ hat ihre Präsentation zu halten war wirklich gut. Die Pro7-Serie „Galileo“ war dabei ihr Thema. Die Angst vor mir als Muttersprachlerin schien auch in der 8.Klasse diese Woche hochaktuell, nachdem ich nämlich schon wieder zwei Stunden mit ihnen Hörübungen gemacht habe sollte ich noch ein paar Schüler mündlich prüfen. Ja, ich durfte Noten verteilen. Eine Schülerin fragte mich tatsächlich davor, ob sie Angst haben müsste. Da konnte ich mir ein Lachen dann tatsächlich nicht verkneifen. Ich weiß ja nicht was die von mir denken, aber auch ich hatte Fremdsprachenunterricht in der Schule und kann mich nur zu gut daran erinnern, wie ich es gehasst habe vor meiner Französischlehrerin fünf Minuten über ein Thema zu reden und die war nicht mal Muttersprachlerin. Außerdem ist deren Deutsch-Niveau hier in der 8.Klasse so hoch wie mein Französisch-Niveau noch nicht einmal in der 12. war 😉 (auch wenn ich irgendwie B2-Niveau hab).

Schockiert hat mich dann noch die Aussage einer 12.Klässlerin diese Woche. Die 12.Klässler haben ihre DSD-Prüfungen ja bereits im November abgelegt und warten jetzt auf ihr Zertifikat. Die Schülerin, um die es geht, hofft dabei darauf C1-Niveau bestätig zu bekommen, da sie in Deutschland studieren möchte. Dieses Studium peilt sie wohl schon seit einigen Jahren an. Der springende Punkt kommt jedoch jetzt. Als eine Lehrerin sie gefragt hat, ob sie sich denn nun schon beworben hat beantwortete sie diese Frage mit nein, da sie sich nicht mehr sicher sei, ob die bei den ganzen Flüchtlingen noch nach Deutschland möchte. Sie ist keines Falls besorgt darüber, dass sie als Ungarin und somit in Deutschland als Ausländerin auffallen könnte bzw. die Leute sie dementsprechend behandeln würden, sondern sie hat tatsächlich Angst davor mit Flüchtlingen in Kontakt zu kommen. Die Antwort der Lehrerin war nicht weniger schockierend, denn die riet ihr sich dann eine Stadt als Studienort zu suchen, wo „das „Flüchtlingsproblem“ noch nicht so ausgeprägt ist. Also keines Falls Berlin oder so“. Da hat Orbán wohl „beste Arbeit geleistet“….

So das war’s dann auch erst einmal für diese Woche. Da ich wie gesagt durch den anstehenden Umzug ein wenig im Stress bin kam auch das Fotografieren diese Woche ein wenig kurz also hier nur ein paar Pécs Impressionen. Der Blogtitel „Anna néni“ bedeutet übrigens Tante Anna. So nennen einen die Schüler hier. Lehrerinnen sind Tanten und Lehrer Onkel.

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