Zwei Wettbewerbe, zweimal Jury

Am Montag habe ich die wohl größte „Merci-Schachtel” geschenkt bekommen, die ich je gesehen habe. Von wem? Die süßen Schokoladenstücke in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen wurden mir zusammen mit einer selbstgemachten Holzschüssel von den drei Erstklässlern übergeben, mit denen ich über Wochen ihre Gedichte geübt habe. Natürlich wäre es nicht nötig gewesen sich auf diese Art und Weise bei mir zu bedanken, denn schließlich bin ich doch genau dafür da oder? Die Lehrer zu unterstützen und dazu gehört eben auch die Kinder auf Wettbewerbe vorzubereiten. Gefreut habe ich mich trotzdem allemal und so gab’s auch eine Umarmung für die Erstklässler. Die Woche kann gerne immer so anfangen. Dagegen hätte ich nichts einzuwenden.

Am Mittwoch stand dann der tatsächliche Umzug vor der Tür. Es gab also kein Zurück mehr, denn der „Vermieter“ kam, um sich die Wohnung an zuschauen, um sicher zu stellen, dass wir nichts beschädigt hatten und um die Schlüssel entgegen zu nehmen. Gemessen an der Tatsache, dass es ewig gedauert hat, um einen Termin auszumachen war die Sache dann umso schneller erledigt. Nicht einmal fünf Minuten hat die ganze Prozedur gedauert. Einmal schnell durch die Wohnung gelaufen, in die Zimmer reingeschaut und schon war die Sache erledigt. So schnell kann’s also gehen und so schnell lässt man also wieder einen Teil hinter sich und muss wieder von vorn anfangen. Okay, vielleicht nicht ganz von vorn, denn die Schule wechsele ich ja nicht und in Pécs bleibe ich ja auch und vielleicht wäre die Umstellung mit dem Umzug auch nicht so groß, wenn Jule nicht auch gegangen wäre, da ihr halbes Jahr rum ist. Aber hey so verfällt das Leben hier eben nicht in Monotonie sondern bleibt „spannend“ wie eh und je.

Zu sagen, dass das die letzten zwei Tage nicht wahnsinnig angstengend gewesen sind wäre wohl definitiv gelogen. Jeden Falls bin ich gestern mit Kopfschmerzen wieder in Pécs gelandet. Freitag und Samstag sahen nämlich ungefähr so aus. Von Pécs nach Budapest. Von Budapest nach Vémend und von Vémend wieder nach Pécs und das in nicht einmal 48h aber wieso der ganze Aufwand?

Freitag früh (nach meinem Geschmack dann doch etwas zu zeitig) ging es für mich mit dem Zug mal wieder auf die dreistündige Zugfahrt nach Budapest. Diesmal jedoch nicht weil ich das Wochenende dort verbringen wollte sondern weil die „Jugend debattiert international“-Schulung im Goethe Institut stattfand. Punkt 12:00 Uhr sollte eben benannte Schulung losgehen und so setzte ich mich 7:15Uhr in den Zug. Da dieser jedoch fast zwei Stunden eher in Budapest ankam stellte sich nun zunächst die Frage, was ich in der Zeit machen sollte. Zum Glück gibt es ein großes Einkaufszentrum in der Nähe, so dass ich meinen Koffer abgeben konnte und ein wenig durchgeschlendert bin. Zum Frühstück habe ich mir dann dort auch gleich noch einen Palatschinken gegönnt. Nachdem die zu überbrückende Zeit, dann doch relativ schnell vergangen war (vermutlich durch mein langsames Essen 😉 ) ging es erst mit der Metro und dann noch ein wenig zu Fuß weiter bis zum Goethe Institut und ich muss sagen dort kann man sich durchaus wohl fühlen. Ein hochgewachsener Komplex mit vielen Glasscheiben und großzügig geschnittenen Räumen. Dort würde ich auch gerne arbeiten. Nachdem ich den Raum gefunden hatte und tatsächlich trotz meines Besuchs im Einkaufszentrum noch etwas zu zeitig da war habe ich mich brav hingesetzt, gewartet und die Zeit verging und verging doch es kam Niemand. Irgendwann tauchte dann Susan Kersten auf (Fachschaftsberaterin der ZfA) und somit diejenige, die das Seminar halten sollte und erklärte mir, dass ich tatsächlich die einzige „übriggebliebene Kulturweitlerin“ für dieses Seminar bin. So sind wir also eine Etage höher in ihr Büro wo sie mir dann die Grundlagen für „Jugend debattiert Juroren“ näher gebracht hat. Ich muss sagen, dass so im „kleinen Kreis“ gesagt zu bekommen ist jetzt auch nicht allzu schlecht und es geht auf jeden Fall schneller voran (außerdem konnte so kein anderer meine dummen Fragen hören 😉 ). Ab und zu schaute dann noch Tünde, Landeskoordinatorin von Jugend debattiert international des Goethe Institutes Budapest, vorbei (ja, eine ganz schön lange Bezeichnung) mit der wir dann auch Mittagessen gegangen sind. Beim Mittagessen sind dann noch ein paar der Jdi-Alumni zu uns gestoßen, die am zweiten Teil des „Trainings“ teilnehmen wollten. Die Jdi-Alumni haben es also alle in den letzten Jahren bis zum Landeshalbfinale geschafft. Unter ihnen war auch Anna Ryan, die letztes Jahr, den gesamten „Jugend debattiert international Wettbewerb“ für Ungarn in Riga gewonnen hat. Es war wirklich interessant zu hören, was sie für Erfahrungen während ihrer Teilnahme gemacht haben und wie das ganze so abläuft. Auch sie werden dieses Jahr als Juroren beim Wettbewerb teilnehmen und nicht mehr als Debattanten/innen. Nach dem Mittagessen ging es dann also mit dem zweiten Teil weiter, bei dem wir uns einen Film eines Landesfinales angeschaut haben und mit den Original-Jurybögen das ganze bewerten sollten. Ich glaube das bewerten an sich ist gar nicht einmal so schwer, da sich während der Debatte ja meistens ziemlich schnell herausstellt wer wortgewandt ist und wer tatsächlich debattieren kann. Das Schwierigste wird wohl sein, dass man als Juror mindestens einem Debattant/in ein persönliches Feedback geben muss, bei dem natürlich jeder zuhört. Sowohl die Debatte, als auch das Juryurteil wird übrigens auf Video aufgenommen. Mal schauen wie das so alles werden wird. In unserer gemütlichen Runde am Freitag war das Ganze jedoch noch wesentlich entspannter und wir haben in kleinen Gruppen ein Ranking erstellt, wie wir die jeweiligen Debattanten sehen. Unsere Gruppe fällte dabei tatsächlich dasselbe Urteil, wie die „richtige“ Jury damals. Das Training/Seminar hat durchaus geholfen und ein bisschen Sicherheit gebracht aber ich glaube das erste Mal, wenn man dann tatsächlich selbst juriert wird man zunächst erst einmal ins kalte Wasser geworfen und kann dann aus dieser Erfahrung heraus am Ende tatsächlich etwas für den weiteren Wettbewerb mitnehmen. Gegen 17:00Uhr war dann der offizielle Teil beendet, so dass ich erst einmal schnell zu meiner Unterkunft für die Nacht bin, die tatsächlich nur einen Katzensprung vom Goethe Institut entfernt war. Nach dem Einchecken ging’s dann aber für mich schnell wieder zurück zum GI, da dort noch bis ca. 19:00Uhr das Alumni-Treffen stattfinden sollte, zu dem auch ich kommen durfte. Dort sind dann noch zwei weitere Alumni hinzugestoßen und bei ein paar kleinen Snacks, Kaffee und Wasser wurde noch ein bisschen über die anstehenden Termine geredet und was noch alles so in Planung ist. Der Tag war rundum  wirklich gelungen und ich war so erschöpft, dass ich nicht böse war kurz nach 19:00 Uhr dann in meinem Zimmer für die Nacht zu sein. Als kleinen Trost, dass es wieder keine Bilder gibt, gibt es hier eine Impression wie mein Blick aus meinem Zimmer für die Nacht in Budapest aussah (das GI habe ich natürlich nicht gesehen aber so sieht es aus)

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Am darauffolgenden Morgen (also gestern) ging es wieder zeitig los. Nachdem mein Koffer wieder schnell gepackt war und ich noch ein kleines Frühstück genießen konnte ging es dann auch schon los nach Vémend zum Rezitationswettbewerb. Susan Kersten, die ebenfalls als Jurorin an diesem Wettbewerb teilnehmen sollte, war so nett und hat mich in ihrem Auto mit nach Vémend genommen. Da wir bereits ca. 9:45 da sein sollten und man von Budapest aus doch etwas über zwei Stunden bis dahin fährt hieß es Budapest bei Zeiten zu verlassen obwohl dies als viel zu schade erschien, da die Sonne schien und man den Tag sicherlich auch gut in Budapest hätte verbringen können. Aber es nützte ja nichts, denn wir waren ja als Juroren fest eingeplant. Die Autofahrt ging schnell rum (wesentlich schneller und angenehmer als die ewigen Zugfahrten) und in Vémend angekommen stand zwar das ein oder andere Auto da aber es sah nicht wirklich so aus als ob das ganze lange dauern würde. Weit gefehlt wie sich schnell herausstellen sollte. In der Vémender Grundschule, wo der Rezitationswettbewerb stattfand, wurden wir schon erwartet und uns wurden sogleich unsere Aufgaben erklärt. Dabei sollte ich zusammen mit Zoltán Schmidt (Vorsitzender vom Verband der Branauer Deutschen Selbstverwaltungen) die Jury für die Rezitationen  der 2. Klassen bilden. Naja das konnten ja nicht so viele sein, dachte ich mir, aber siehe da es waren tatsächlich allein für die 2. Klasse 27! Kinder gekommen. 27 Kinder deren Rezitationen wir uns anhören mussten/durften. Zunächst einmal wurde jedoch die gesamte Jury vorgestellt. Natürlich musste mein Name wieder einmal Probleme bereiten aber nachdem viele Namensvarianten am Mikrofon ausprobiert wurden, wurde ich dann einfach als Lehrerin des Koch Váleria Schulzentrums vorgestellt (übrigens von meinem späteren Jurypartner). So schnell kann man also zu einer Beförderung kommen. Zwei Lehrerinnen aus meiner Schule, die ebenfalls Juroren waren, fanden das Ganze tatsächlich so lustig, dass sie später zu mir kamen und mir zur Beförderung gratulierten. Dann ging es also schon mit dem Wettbewerb los, der in allen Klassenstufen parallel ablief, so dass jede Klasse einen eignen Raum hatte, in denen die Rezitationen vorgeführt wurden. Bei uns hieß dies also, wie bereits oben erwähnt, 27 Zweitklässler anzuhören und das ohne Pause. Ich kann euch sagen, dass schlaucht ganz schön. Unsere Aufgabe war es dabei uns zu jedem Kind Notizen zu machen und Punkte zu vergeben. Jedes Kind konnte max. 20 Punkte von jedem Jurymitglied erhalten als 40Pkt. insgesamt. Von den 27 Kindern sollten wir zunächst einmal 5 auswählen. Diese fünf Kinder kamen dann in die zweite Runde. In der zweiten Runde mussten wir uns dann die fünf Besten der 1.Klasse und unsere fünf Besten noch einmal anhören, denn von den nun wieder 10 Kindern durften wieder nur fünf weiter zum Landeswettbewerb, nach Budapest schicken. Natürlich haben erst einmal alle 27 Zweitklässler eine Urkunde für ihre Teilnahme von uns bekommen + ein kleines Heft mit Geschichten + einen Saft + einen kleinen abgepackten Kuchen. Doch auch all diese Sachen konnten jedoch nicht verhindern, dass bei einigen nachher die Tränen flossen, als sich herausstellte, dass sie nicht in der zweiten Runde waren. Leider ist die Chance bei 5 aus 27 weiter zu kommen, dann vergleichsweise doch eher relativ gering. Die Kinder, die eine Runde weiter waren haben sich dann aber umso mehr gefreut. Gefreut habe ich mich auch, als ich dann in unserer zweiten Jurorenrunde gesehen habe, dass unter den fünf besten Erstklässlern auch Konrad ist, mit dem ich so lange in der Schule geübt habe. Nun war es jedoch an der Zeit mit den Juroren der 1. Klasse noch einmal ein Urteil zu fällen und die besten 5 der verbliebenen 1.-und 2.Klässler auszuwählen, nachdem wir uns alle noch einmal angehört haben. Natürlich war ich ein wenig voreingenommen, als Konrad an der Reihe war aber durch seinen Vortrag hat er auch die anderen 3 Juroren überzeugt, so dass er tatsächlich nun auch zum Landeswettbewerb nach Budapest fahren darf. Eine Entscheidung zu treffen war nicht wirklich immer leicht aber zum Glück waren wir uns als Jury in 90% der Fälle jedes Mal sofort einig, so dass dies die Sache ein wenig erleichtert hat. Nachdem unsere Urteile nun gefällt waren kamen auch ein paar Lehrerinnen aus meiner Schule zu mir, die mit ihren Schülern/innen teilgenommen hatten und meinten, dass es bestimmt nicht einfach gewesen wäre ein Urteil zu fällen. Nein, das war es bestimmt nicht. Zu zweit zu entscheiden wer von 27 die fünf Besten sind hört sich leichter an, als es tatsächlich ist aber ich habe gelernt, dass eigene Urteil nie in Frage zu stellen sondern immer dahinter zu stehen, egal was andere vielleicht darüber zu denken scheinen. Nachdem alle Gruppen fertig waren gab es dann noch ein kleines Mittagessen (bzw. wohl auch schon eher Kaffeetrinken) für die Juroren, denn wir sind tatsächlich erst gegen 15:30 in Vémend wieder losgekommen. Obwohl der Wettbewerb dann doch wesentlich länger ging als zunächst angenommen hat es wirklich Spaß gemacht und es war eine tolle Erfahrung. Leider habe ich von diesem Tag keine Bilder, da ich als Jurorin mich schlecht selber fotografieren konnte aber irgendwo schwirren jetzt garantiert gefühlte hunderte Bilder von mir herum, da Eltern ständig Bilder von mir gemacht haben. Vielleicht um später sagen zu können, die hat damals die Zukunft meines Kindes versaut, als sie ihn beim Rezitationswettbewerb nicht weiter gelassen hat oder aus welchen Gründen auch immer. Ein begehrtes Fotomotiv war ich allemal. Leider habe ich jedoch keines dieser Bilder, welches ich euch hier zeigen kann.

Den heutigen Tag bin ich dann wesentlich entspannter angegangen und habe nur eine ca. dreistündige „Wanderung“ durchs Mecsek-Gebirge gemacht, um das frühlingshafte Wetter zu genießen, denn die nächsten Tage soll es dann dem Wetterbericht nach erst einmal nur noch regnen. Die ein/zwei Bilder von mir sind dabei übrigens dem Selbstauslöser der Kamera und einem Monument mit ebener Fläche zu verdanken 😉 Da leider mit Jule nicht nur meine Mitbewohnerin und engste Freundin hier gegangen ist sondern auch meine „Fotoassistentin“ (man möge mir für diesen Ausdruck nicht böse sein), die immer fleißig Bilder von mir gemacht hat wird es deshalb demnächst also nicht mehr so viele Bilder von mir geben.

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Nichts desto trotz wünsche ich euch eine schön nicht allzu kalte und schneereiche kommende Woche.