„Ich bin dann mal weg“

Nein, ich bin natürlich nicht wirklich weg. Wie bereits letzte Woche erwähnt gibt es hier bis Ostern keine Ferien aber Hape Kerkeling hat mich in gesprochener Form mit seinem „Ich bin dann mal weg“ durch die Woche begleitet und in mir den Wunsch geschürt den „Camino de Santiago“ erneut zu laufen (bezwingen erschien mir in diesem Moment ein wenig zu harsch). Vielleicht sogar den ganzen und nicht die Teilstrecke, die ich vor 2,5 Jahren (knapp die Hälfte von über 300km zusammen mit Mama) gelaufen bin. Ich weiß, dass hat jetzt nicht wirklich etwas mit dem Aufenthalt hier in Ungarn zu tun und ich sehe den Großteil der Leute schon die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sagen „mein Gott, das Kind ist ja noch nicht einmal aus Ungarn wieder heim und denkt schon daran neue Abenteuer zu suchen“. Ja, das Leben hier ist abenteuerlich aber wenn wir mal ehrlich sind nicht abenteuerlich genug. Jedenfalls nicht für mich und solange mich meine Füße noch tragen werde ich diesen Weg gehen. Wie oft noch? Gott, weiß es. Vermutlich noch mehr als einmal. Wenn wir uns also nicht hier in Ungarn sehen oder in Deutschland treffen dann vielleicht noch dieses Jahr auf dem Camino Richtung Santiago de Compostela.

Irgendwie habe ich so das Gefühl hier ganz nebenbei, heimlich, eine Ausbildung zur Graphologin zu machen. Besonders in dieser Woche beschleicht mich eben genanntes Gefühl. Irgendwie ist das dann manchmal auch nicht mehr so lustig wie es klingen mag. Okay, meine Schrift wurde vor allem von meiner Deutschlehrerin gehasst, dass aber wohl auch dank der Tatsache, dass sich einige Buchstaben in meiner Schreibweise ähneln (Hier bekomme ich übrigens nur Komplimente für meine Schrift. Die sehe nämlich wie aus einem Märchenbuch aus. Ich bin mal arrogant und sage: Finde ich auch). Nun gut. Eine Sauklaue habe ich also noch nie gehabt aber das kann man leider von einigen Schülern hier so ganz und gar nicht behaupten! Wenn man so davor sitzt kann man nur noch den Kopf schütteln. Man, bei den ihrer Schreibweise können die doch alle nur Ärzte werden (Ja, wir verfallen mal wieder ins Klischeehafte). Von mir aus können die ja schreiben wie sie wollen. Ist ja irgendwie auch ein Ausdruck von Kreativität solange ich das Ganze dann nicht korrigieren muss. Das kann sich dann nämlich ganz schnell mal zum puren Albtraum entwickeln und das ist kein Scherz. Für zwei Seiten kann man dann gut und gerne schon mal fast eine Stunde vertrödeln (Gut, so böse bin ich dann im Nachhinein auch nicht. Hab ja sonst nix zu tun, wenn dann nicht die höllischen Kopfschmerzen nachher wären). Noch spannender wird es dann, wenn man sich irgendwann nicht mehr sicher ist ob man da gerade tatsächlich etwas auf Deutsch liest. Liegt das jetzt an der Schrift oder gibt’s das Wort im Deutschen tatsächlich nicht? Graphologin ich sag’s ja! Eindeutig. Kleines Beispiel noch am Rande dazu (man stelle sich eine krakelige Handschrift vor): VICICH. Na, wer oder was ist das? Ja, genauso hab ich auch geschaut. Zum Glück kenne ich mich ja nun schon mit dem ungarischen Alphabet und der Sprechweise aus, denn sonst kommt man wohl kaum drauf. Diese Eigenkreation soll Deutsch sein und meint eigentlich: WITZIG. Ja, genau. VICICH=WITZIG. So sieht’s nämlich aus. Man sehe also. Auch die Schüler haben manchmal kleine aber witzige 😉 Aussetzer. (Wenn man das ganze übrigens mit ungarischen Lauten ausspricht kommt man in Sekundenschnelle tatsächlich zu witzig. Schon witzig wie es manchmal so läuft 😉 )

Ach und das passiert übrigens, wenn die Schüler (6. Klasse) in ihre Texte mit aufnehmen sollen, was ihnen an der Schule nicht so gut gefällt und was man somit ändern könnte. Hier das Beispiel eines Schülers: „Die Schulfeste würde ich verkürzen, da ich sie langweilig finde. Ich möchte mehr auf dem Hof sein und auf die Bäume klettern. Ich würde mich freuen, wenn die Toiletten sauberer wären. Das Essen schmeckt mir nicht gut, dass würde ich ändern. Das Büfett ist zu klein. Meine Schultasche könnte auch leichter sein. Ein Stundenplan ohne sieben Stunden am Montag wäre noch besser. Ich würde gerne mehr Sport haben und die Tanzstunde weglassen. Sie gefällt mir nicht. Die Hausaufgaben könnten auch weniger sein und die Tests nicht so schwer. Tests mit schon vorgegebenen Antworten wären die Besten. Manche Lehrer sind nett aber meistens sind sie zu streng. Unser Klassenzimmer ist zu unordentlich und die Bänke nehmen zu viel Platz weg. Es gibt zu wenig Tischtennistische, damit alle spielen können. Die Pausenzeiten sind zu kurz und die Schule sollte erst um 9.00 Uhr anfangen. Das würde ich ändern.“

Durchaus ein klares Statement (würde ich jetzt mal sagen). In einigen Dingen (wie z.B. die Pausenzeiten) hat er durchaus recht aber hey wir wollen doch nicht kleinlich werden oder?!

Am Freitag fand die Bandweihe-Zeremonie in der Schule statt. Leider konnte ich bei diesem Ereignis nicht dabei sein, jedoch einen kleinen Blick bei der „Probe“ darauf werfen. Bei dieser „hochoffiziellen“ und wichtigen Zeremonie bekommen die Zwölftklässler feierlich ein rotes schleifenähnliches Band an ihre Sachen gepinnt. Dies soll zeigen, dass die Schüler nun zum Abitur zugelassen sind. Nebenher werden dann noch Reden gehalten und die Klassen führen jeweils einen eigenen Tanz auf. (Diesen Teil müssen wir uns jetzt aber alle mittels unser hoffentlich stark ausgeprägten Fantasie vorstellen, da ich dies wie bereits erwähnt ebenfalls nicht gesehen habe).

Ihr seht also die Schule rotiert auch ohne mich weiter und Niemand bricht in helle Panik aus, wenn ich nicht da bin. Ist also alles beim Alten.

Von gestern Mittag bis heute am späten Vormittag war Katharina (Kulturweit-Freiwillige in Iklad) hier in Pécs, um sich diese ungarische „Metropolenstadt“ auch einmal anzuschauen. So hieß es dieses Wochenende also für uns nicht, wir fahren weg, sondern uns kommt Jemand besuchen (für mich war dies übrigens der erste “Besuch“ hier in Pécs). So stellte sich nun also die Frage, was wir Kathi zeigen sollten. Da wir selbst immer noch Neues hier in Pécs entdecken war es gar nicht so einfach auf einmal die Seite des „Tour-guides“ zu übernehmen, aber dem Fernsehturm einen Besuch abzustatten klang nicht schlecht. So kann man sich wenigstens gleich mal einen Überblick von Pécs von hoch oben verschaffen. Doch so richtig scheint das Glück nicht auf unserer Seite zu liegen, wenn es um den Fernsehturm geht. Denn natürlich musste sich der bis vorher strahlend blaue Himmel zuziehen, als wir unseren Weg zum Fernsehturm machten. Dafür hatten wir den Bus auserkoren, da man bereits mit dem Bus 30min bis nach Oben braucht (zeitsparen war also angesagt). Aber natürlich sollte auch dies an jenem Tag nicht der Fall sein. Denn schon kurz nach der Hälfte auf dem Weg zum Fernsehturm stoppte der Busfahrer auf einmal und teilte uns mit, dass es dies nun gewesen sei. Na toll. Das musste ja wieder uns passieren. Bereits unser erster zum Fernsehturm endete damit, dass wir einen Großteil selber laufen mussten. So ging es also blindlinks irgendeinen Waldweg lang, der uns dann tatsächlich bis nach Oben führte. Ein wenig rutschig und vor allem kalt war die Sache dann doch, da wir auf eine längere Wanderschafft nicht eingestellt waren. Überraschend kam dann noch hinzu, dass weiter oben tatsächlich noch Schnee lag. Der ist bei 14°C, die am Montag in der Innenstadt herrschten natürlich dort schon längst weggeschmolzen gewesen. Nach einem unfreiwilligen Fußmarsch sind wir also dann doch irgendwann am Fernsehturm angekommen nur leider war der Ausblick, aufgrund des trüben Wetters, mal wieder nicht so wie vorgestellt und der Wind und die Kälte haben einem doch ganz schön zu schaffen gemacht. Nach einer heißen Schokolade ging’s dann, wieder zu Fuß, da der Bus natürlich auch nicht nach unten fahren würde, ins Tal hinab.

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Nach diesem anstrengenden Fußmarsch haben wir Katharina dann noch den Széchenyi tér, den zentralen Treffpunkt und das Zentrum, Pécs‘ gezeigt. Dort befindet sich ebenfalls eine Moschee, das Rathaus, eine Reiterstatur und eine kleine Kirche mit einem Zsolnay Brunnen davor. Auch die Kathedrale und der St. Istvan tér scheinen Kathi gefallen zu haben. Natürlich hat auch das Árkád, dass Einkaufszentrum, seine Wirkung nicht verfehlt, da Kathi hier in Ungarn in einer 4000 Einwohnergemeinde wohnt. Nach einem Abendessen in der Király utca und dem Bestaunen des Theaters ging es dann zu uns in die Wohnung, wo Kathy und ich uns noch lange unterhalten haben. Jule hat sich schon früh ins Bett verabschiedet, da sie bereits 5.00Uhr heute Morgen einen Zug nach Budapest genommen hat, weil sie Besuch von einer Freundin bekommt.

Auch Kathi konnte nicht mehr allzu lange bleiben, da ihr Zug ebenfalls schon gegen Mittag fahren würde. Trotzdem habe ich es noch geschafft ihr meinen Lieblingsplatz hier in Pécs zu zeigen. Und siehe da von dort aus war die Aussicht heute früh gar nicht so schlecht (wären wir wahrscheinlich heute auf den Fernsehturm gegangen hätte sich das Wetter wieder zusammengezogen 😉 ) Nach einem Frühstück beim Bäcker habe ich Kathi dann auch schon zum Zug gebracht und weg war sie wieder.

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So heißt es dann morgen schon wieder ab in die Schule. Ich hoffe ihr hattet eine schöne Woche und wir hören uns nächste Woche wieder.