Das ist ja mal wieder typisch …

„Wie lange bleibst du denn noch bis vor Weihnachten hier?” Bei der Frage könnt ihr euch meinen irritierten Gesichtsausdruck sicher vorstellen. Was ist das denn bitte für eine Frage? Wenn die Schule bis zum 18. Dezember geht, dann bleibe ich natürlich auch mindestens bis zum 18. Mein Gesichtsausdruck schob dann sogleich die nächste Frage hinterher: „Aber Weihnachten bis du dann doch mal endlich zu Hause oder?” Ja, Herr Gott. Da bin ich zu Hause und keine zehn Pferde könnten mich davon abbringen, also tief durchatmen und ein Lächeln aufsetzen.

Und nun geht’s los mit den kleinen Anekdoten oder den typischen alltäglichen Gegebenheiten oder wie man es auch immer nennen mag.

Manchmal kommt man sich hier echt wie in einer Großstadt vor. Wie in der Bronx, im Harlem. Ganz egal wo. Wieso? Man hört Sirenen gefühlt im Sekundentakt. Sirenen hier, Sirenen da, Sirenen dort. Als ob man direkt vor der meistangefahrenen Notaufnahme der Welt wohnt. Mir ist das noch nie so extrem aufgefallen wie hier. Liegt vielleicht auch daran, dass man Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr nicht einmal annähernd auseinander halten kann. Ständig hört man das Sirenengeheul. Mehrmals am Tag, immer öfter, fast schon ständig. Das Großstadtfeeling kann also auch im jeden Fall in Pécs aufkommen. Ob einem das so gefällt ist die andere Frage aber für alle Großstadtfans ist Pécs sicherlich der richtige Ort.

Was hier schon ein bisschen nerven kann ist die Tatsache, dass egal wo man hin kommt oder was man zu erledigen hat (natürlich Einkaufen ausgeschlossen) man Nummern ziehen muss. Ob auf der Post,  im Vodafone-Shop oder in der Apotheke. So kleine fiese Dinger, die einen nichtsahnend in die Schranken weisen. Mit den ganzen Nummernzetteln die ich bereits habe kann ich fast schon eine ganze Wand tapezieren. Gut. Ich verstehe, dass somit der Sache aus dem Weg gegangen wird, dass sich Jemand vordrängelt (als wären wir hier im Kindergarten) bzw. die ganze Sache einfach geordneter abläuft. Aber dadurch dauert die ganze Prozedur ewig. Hier ein kleines Beispiel. Auf der Post gibt es zehn verschiedene Knöpfe, die man drücken kann, um sein Anliegen auf einem Zettel verewigt zu haben. Natürlich stehe ich immer nichtwissend davor und brauche erst einmal eine Weile, bis ich Jemanden gefunden habe, der den richtigen Knopf für mich drückt. Dann erscheint also die eigene Zahl auf einem Zettel, die dann logischer Weise mit eins oder neun anfängt. Durch diese Unterteilung ist dann meist nur ein Schalter für ein bestimmtes Anliegen zuständig. Da es aber Anliegen (wie Briefe verschicken, Pakete abgeben) gibt, die häufiger vorkommen als andere wartet man dort dementsprechend eine gefühlte Ewigkeit. (Okay, nicht nur gefühlt. Letztens habe ich über 30min gewartet, um einen Brief abzugeben). Das Problem dieses Systems sind also nicht die Nummern, die die Reihenfolge festlegen, sondern die nochmalige Differenzierung wodurch man somit an einigen Stellen ewig warten muss und an anderen Stellen sofort dran ist. Man kann es also auch durchaus komplizierter machen als es tatsächlich sein muss und der Witz des Ganzen ist, dass selbst die Ungarn von diesem System genervt sind.

Was mir über die letzten Wochen aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass die Kinder hier wahnsinnig viele Arbeiten schreiben. Da bin ich dann doch froh in Deutschland in die Schule gegangen zu sein. Jede Woche eine Arbeit und eine mündliche Kontrolle in fast jedem Fach sind dabei keine Ausnahme. Die Schüler müssen hier also nicht gerade wenig leisten. Wieso die Schüler so viele Arbeiten/Tests wöchentlich schreiben. Die Antwort der Lehrerin war eindeutig: „Sonst lernen sie ja nicht.“

Ihr wolltet schon immer mal die häufigsten ungarischen Vornamen wissen? Euer Wunsch geht in diesem Moment in Erfüllung. Es ist schon erstaunlich wie sich in jeder Klasse dieselben Namen häufen. Bei den Jungen sowie bei den Mädchen und auch im Lehrerkollegium ist dies nicht anders. Hier also eine kleine Zusammenstellung. Bei den Frauen/ Mädchen sind die häufigsten Namen (zu mindestens an meiner Schule). Ágnes (führt im Lehrerkollegium klar und deutlich), Éva, Eszter, Katalin, Nikolett, Petra und Virág. Die meisten dieser Namen gibt es wohl auch in Deutschland obwohl sie sich in vielen Fällen ein wenig von der Schreibweise her unterscheiden. Und weiter geht’s mit den Jungen/Männern. Unangefochten auf Platz 1 und in den meisten Klassen gleich mehrmals vertreten ist: Bence. Weiterhin beliebt sind: Balázs, Ádám, Péter, István, Akos, Ferenc, Bálint, László und György. Die Herrennamen scheinen also ein wenig ausgefallener zu sein. Wenn man sie jedoch in Deutsche transferiert, dann findet man auch immer wiederkehrende Babynamen-Klassiker aus Deutschland (z.B. Ferenc = Franz, Bence = Vinzent, István = Stefan).

Ach und wenn es um das Fahrradfahren im Dunkeln geht, dann ist das Prinzip hier: Wenn es für eine Lampe am Fahrrad nicht gereicht hat, dann wird die Taschenlampe einfach während des Fahrens in der Hand gehalten. Ein besonders „ungefährliches” Unterfangen.

Nun gut zum Schluss dieses kurzen Beitrages gibt es noch eine kleine „Quizfrage“? Was passiert, wenn Anna mit Stroh bastelt? Na? Ach kommt schon. Ihr kommt schon drauf. Immer noch nicht? Na gut, ich will ja nicht so sein. Die Auflösung erfolgt in Bildern. Sehet und staunet.

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Okay eine kleine Erklärung bin ich wohl immer noch schuldig bevor ich mich ins Zwischenseminar verabschiede. Heute war basteln in der Schule angesagt. „Lehrerbasteln“. Das Motto hieß: Strohsterne. Dass ich zwei linke Hände habe kann man wohl nicht behaupten, denn ich für meinen Teil finde meine Sterne durchaus gelungen. Nur bei der Umsetzung bin ich nicht ganz ohne Blessuren davon gekommen. Mein so schon angeschlagenes Selbst hat den Kampf gegen das Stroh (was tatsächlich widerstandsfähiger ist als es aussieht) an einigen Stellen verloren und an den Finger gab es ein paar Blasen aber immerhin habe ich jetzt schöne Strohsterne und es hat Spaß gemacht. Auch wenn zum Ende hin die Finger ganz schön geschmerzt haben. „Das kommt eben davon, wenn man noch nie in seinem Leben hart gearbeitet hat“, Ich höre es schon aus allen Ecken schallen. Das soll mich im Moment aber nicht weiter stören. Damit melde ich mich erst einmal ab, denn wie bereits erwähnt geht es dann morgen früh erst einmal für 5 Tage zum Zwischenseminar. Wir hören uns danach wieder. Bis dahin passt auf euch auf!